sigkeit auf der einen, Überarbeitung auf der anderen Seite“, erklärte Montgomery. Wegen Mißachtung des Arbeitszeitgesetzes durch Kranken- hausverwaltungen seien viele Assi- stenzärzte gezwungen, durchschnitt- lich 80 Stunden pro Woche zu arbeiten, in vielen Fällen unentgeltlich.
„Wenn die Vorschriften korrekt eingehalten würden und aus Über- stunden neue Stellen entstünden, hät- ten wir bis zu 25 000 Arbeitsstellen zu- sätzlich“, rechnete der MB-Vorsitzen- de vor. Montgomery plädierte dafür, die Niederlassungsbeschränkungen – wie von Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer auf dem letzten Deut- schen Ärztetag angedeutet – aufzuhe- ben, Beschäftigungschancen im Aus- land zu eröffnen und künftig auch Vertragsärzte, Akademien und Kon- gresse in die Weiterbildung konse- quent einzubinden.
Nach Ansicht junger Mediziner beginnt die Schieflage jedoch schon viel früher, nämlich in den Hochschu- len. „Die Lehre ist zu einer Feier- abendbeschäftigung verkommen“, ur- teilte Thomas Isenberg vom Forum für kritische Sozial- und Gesundheits- politik. Der Medizinstudent würde es begrüßen, wenn die hausärztliche Versorgung, Prävention und Gesund- heitsberatung wieder ein stärkeres Gewicht bekämen.
Hoffnung für
angehende Hausärzte
Dr. Gudrun Blaul, bis vor kurzem Vorsitzende der Kassenärztlichen Ver- einigung (KV) Pfalz, machte den jun- gen Leuten Hoffnung, daß trotz Zulas- sungssperren der Weg in die Niederlas- sung – gerade als Hausarzt – nicht aus-
sichtslos ist, zumal durch die vom Bun- desverfassungsgericht festgelegte Al- tersgrenze von 68 Jahren jährlich schätzungsweise 2 400 Ärzte ihre Ver- tragszulassung abgeben müßten. Die Augenärztin rät angehenden Ärztin- nen und Ärzten, sich frühzeitig für eine haus- oder fachärztliche Ausrichtung zu entscheiden und gegebenenfalls auch einen Teilzeitjob zu erwägen.
Zumindest für Frauen bietet das Job-sharing eine Möglichkeit, trotz Familie nicht gänzlich auf den Berufs- wunsch verzichten zu müssen. „Ärz- tinnen sind nämlich stärker als ihre männlichen Kollegen von Arbeitslo- sigkeit oder Einschränkungen in der Berufsausübung betroffen“, bemerk- te die Vorsitzende des Ärztinnenbun- des, Dr. Astrid Bühren. Nach Anga- ben der Bundesanstalt für Arbeit liegt der Anteil arbeitsloser Medizinerin- nen bei über 60 Prozent.
Frauen bekämen außerdem in der Regel kürzere Arbeitsverträge und stünden bei Entlassungen an erster Stelle, sagte Bühren. Die Vorsitzende des Ärztinnenbundes riet den zahlrei- chen Teilnehmerinnen, sich bei der Berufswahl auf ihre typisch weiblichen Eigenschaften zu besinnen: „Wegen ihrer sozialen und kommunikativen Fähigkeiten sind Medizinerinnen prä- destiniert für präventive Bereiche.“
Dr. Elisabeth Hauenstein vom Vorstand der BÄK zitierte eine Ar- beitsamtstatistik, wonach gerade in den neuen Bundesländern die Ar- beitslosigkeit von Ärztinnen seit der Wende überproportional stark zuge- nommen hat. Zur Verbesserung der Situation gerade bei weiblichen Be- rufseinsteigern könnte nach Ansicht der Allgemeinärztin das kürzlich be- schlossene Initiativprogramm zur Förderung der Allgemeinmedizin bei- tragen, das vorsieht, in den nächsten fünf Jahren 7 000 neue Stellen zu schaffen. Der Vorsitzende des Haus- ärzteverbandes BDA, Dr. Klaus-Die- ter Kossow, räumte jedoch ein: „Ob alle künftigen Hausärzte schließlich auch wirklich in Lohn und Brot kom- men, ist noch nicht abzusehen.“
Doch nicht nur Berufsanfänger müssen sich mit Problemen auseinan- dersetzen. Dr. Wolfgang Martin von der Zentralstelle für Arbeitsvermitt- lung in Frankfurt berichtete, daß die Stellenangebote für Oberärzte allein A-1578
P O L I T I K LEITARTIKEL
(18) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 25, 19. Juni 1998
Das Thema Mediziner in Medienberufen, zu dem der Chefredakteur des Deutschen Ärzteblattes, Norbert Ja- chertz, referierte, stieß auf großes Interesse (Foto). Zum Bereich Medien (Schaubild) zählen neben den Print- medien sowie Funk und Fernsehen neuerdings auch Online-Dienste. Journalisten sind ferner als freie Journali- sten und in Agenturen, aber auch in Pressestellen und zum Teil in der Werbung tätig. Gesundheit spielt in allen Medien eine erhebliche Rolle, dennoch sind Mediziner relativ schwach vertreten. Das lag lange an den Medizi- nern selbst, die nur in Ausnahmefällen in den Journalismus strebten. Häufiger trifft man Mediziner in der ärzt- lich-medizinischen Fachpresse an. Jachertz schätzte die Zahl der hier tätigen Journalisten auf „unter 1 000“.
Mediziner konkurrieren hier mit Naturwissenschaftlern und Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlern, aber auch mit Philologen und Journalisten anderer Herkunft. Die Re-
ferenten, darunter auch Journalisten wie Dr. med. Stefanie Conrads von der Zeitschrift „Via medici“ und Dr. med. Chri- stoph Fischer von der Bildzeitung (rechts auf dem Foto), empfahlen jungen Medizinern, die in den Journalismus wol- len, zunächst ihre Ausbildung bis zur Approbation zu Ende zu führen. Sie sollten aber schon während des Studiums Kontakte zur Presse aufnehmen und jede Gelegenheit zum
„Schreiben“ nutzen. Ein Berufseinstieg in den Journalismus ohne vorangehende Kontakte ist nämlich schwierig, unter anderem deshalb, weil Bewerber in solchen Fällen nicht mit Arbeitsproben aufwarten können. EB
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1 Tagespresse 1 Publikumszeitschriften 1 Fachpresse
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Foto: Hartmut Schug
im vergangenen Jahr um 21 Prozent zurückgegangen sind. Besonders be- troffen seien Anästhesisten, Kinder- und Frauenärzte. Psychiater und Neu- rologen blieben von der Entwicklung weitgehend unberührt. Martin regt an, künftig auch neue Beschäftigungsfel- der zu erschließen, um die Engpässe zu entzerren. Als Beispiel nannte er das Qualitätsmanagement: „Hier ha- ben gerade Klinikärztinnen und -ärzte einen entscheidenden Standortvorteil vor anderen Berufsgruppen, den sie so schnell wie möglich nutzen sollten.“
Wer sich, wie es Karsten Vilmar forderte, vom traditionellen Arztbild verabschieden kann, dem bieten sich auch durchaus Chancen in nicht kura- tiven Berufsfeldern. Der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, Dr. Ingo Flenker, ist jedenfalls über- zeugt, daß alternative Berufsfelder für Ärztinnen und Ärzte mehr sind als nur ein „Notnagel“, um die Arbeits- marktsituation zu entlasten.
Neue Betätigungsfelder:
Von der Arbeitmedizin bis zum Qualitätsmanagement
Neben den typischen nicht kura- tiven Berufsfeldern im Öffentlichen Gesundheitsdienst, im werksärztli- chen Bereich, in der pharmazeuti- schen Industrie und bei Verbänden, Körperschaften und Behörden sieht Flenker künftig Schwerpunkte insbe- sondere in der Qualitätssicherung und im Qualitätsmanagement sowie im Gesundheitsmanagement allgemein.
„Profunde Verwaltungskompetenzen werden mehr und mehr zur Schlüssel- qualifikation für Ärzte in Leitungs- funktionen“, unterstrich der Ärz- tekammerpräsident. Berufliche Per- spektiven sieht er darüber hinaus in der medizinischen Informatik und Pu- blizistik wie in der Gesundheitsför- derung, -erziehung und Prävention, den klassischen Feldern der Public- Health-Studiengänge. Die überaus re- ge Diskussion der Vorträge und die engagierte Teilnahme an den Work- shops bestätigten das große Informa- tionsbedürfnis der jungen Mediziner.
Dafür spricht auch die enorm hohe Zahl von insgesamt 7 000 Interessen- ten, die dem Kongreß gerne beige- wohnt hätten. Petra Spielberg
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P O L I T I K LEITARTIKEL/AKTUELL
Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 25, 19. Juni 1998 (19) r gilt als Meilenstein der beruf-
lichen Weiterbildung, und es heißt, er fördere die persönli- che Entwicklung: Der Aufenthalt im Ausland ist zur Norm geworden. Wer sich für einen Forschungsaufenthalt jenseits der Grenzen entscheidet, hat jedoch auch mit Schwierigkeiten zu kämpfen: finanzielle Sorgen schon während der Zeit im Ausland oder Probleme, nach der Rückkehr eine Stelle zu finden. Bisher hat noch nie- mand die Zeit im
Ausland aus Sicht der Betroffenen sy- stematisch analy- siert. Der Marbur- ger Bund will diese Lücke mit einer Fragebogenaktion schließen.
Gründe, ins Ausland zu gehen, gibt es viele.
„Überwiegend mö- gen sie beruflicher Natur sein, um et- wa neue wissen-
schaftliche Methoden und Strukturen kennenzulernen“, sagt Dr. med. El- mar Lindhorst, Vorstandsmitglied des Marburger Bundes Hessen. Sanfter Druck vom Chef oder die Anforde- rung, spezielle Qualifikationen vor- weisen zu müssen, spielten ebenso ei- ne Rolle; wichtig seien auch private Motive.
Nach Einschätzung von Lindhorst werden Forschungsphasen im Ausland immer wichtiger, da der Arbeitsmarkt für Akademiker immer stärker inter- national geprägt ist. „Gleichzeitig wer- den Fördermittel knapper. Es ist also eher mit einer Zu- als Abnahme von Schwierigkeiten zu rechnen“, sagt er.
Die Situation deutscher Stipendiaten in den USA scheint seine Einschät- zung zu bestätigen (vgl. DÄ 48/1997):
Sie berichteten von existentiellen Sor- gen, was ihre weitere Karriereplanung
betraf. Zumindest für einen Teil sei es schwierig, überhaupt wieder einen Ar- beitsplatz in Deutschland zu finden und Forschungprojekte hier fortzuset- zen. Zudem bringe ein Auslands- aufenthalt häufig private und soziale Probleme mit sich, etwa wenn der Part- ner Karrierenachteile in Kauf nehme oder die Familie sozial abgesichert werden müsse. „Enttäuschungen wer- den meist nur hinter vorgehaltener Hand berichtet. Sie müssen aber offen angesprochen wer- den, um die Mög- lichkeiten aller Be- teiligten zu verbes- sern“, fordert Lind- horst.
Mit seiner Fra- gebogenaktion will der Marburger Bund dazu beitra- gen. Erfaßt werden sollen alle For- schungsaufenthalte, egal ob aus eigenen Mitteln, von För- derwerken oder Ar- beitgebern finanziert. Eine primär kli- nische Weiterbildung mit zusätzlicher Forschung ist jedoch nicht Gegenstand der Aktion. Teilnehmen sollen alle Ärzte, die in Deutschland in operati- ven und nichtoperativen Fächern arbeiten, der Forschungsaufenthalt selbst kann aber auch interdisziplinär angelegt und in einem nicht klinischen Fachgebiet wie Biochemie oder Bio- medizinische Technik gewesen sein.
Die Auslandsphasen sollten für eine Mindestdauer von sechs Mona- ten geplant gewesen sein. Eventuelle frühzeitige Abbrüche will der Mar- burger Bund mitsamt ihren Gründen ebenfalls erfassen. Der Aufenthalt sollte innerhalb der letzten zehn Jahre stattgefunden haben. Die Auswer- tung wird anonym stattfinden, promi- nente Einzelfälle werden nicht er-
kennbar sein. AE
Forschungsaufenthalte im Ausland
Karrieresprungbrett oder Bremsklotz im Beruf?
E
l Der Fragebogen kann per Postkarte angefordert werden beim Marburger Bund, Landesverband Hessen, Praunheimer Landstraße 32, 60488 Frankfurt. Auf Wunsch verschicken die Initiatoren auch mehrere Exemplare auf einmal. Das Rückporto für den ausgefüllten Bogen ist ga- rantiert. Der Marburger Bund bittet darum, sämtliche betrof- fenen Ärzte auf die Studie auf- merksam zu machen.