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Untersuchungen zur Übertragung von Koi-Herpesvirus-Infektionen durch symptomlose Carrierfische

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Academic year: 2022

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Aus der Abteilung Fischkrankheiten und Fischhaltung des Zentrums für Infektionsmedizin

der Tierärztlichen Hochschule Hannover

und dem Friedrich-Loeffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit

Untersuchungen zur Übertragung von Koi-Herpesvirus- Infektionen durch

symptomlose Carrierfische

INAUGURAL-DISSERTATION zur Erlangung des Grades einer DOKTORIN DER VETERINÄRMEDIZIN

(Dr. med. vet.)

durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

Vorgelegt von Kirsten Meyer

aus Eutin

Hannover 2007

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Wissenschaftliche Betreuung: A. pl .-Prof. Dr. Dieter Steinhagen

Dr. Sven Michael Bergmann

1. Gutachter: A. pl.-Prof. Dr. Dieter Steinhagen 2. Gutachter: PD Dr. Martin Runge

Tag der mündlichen Prüfung: 22.05.2007

Die Studie wurde durch die Wirtschaftsgemeinschaft des Zentralverbandes Zoologischer Fachbetriebe, Langen, finanziell unterstützt.

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Meiner Familie gewidmet

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1 EINLEITUNG... 11

2 LITERATURÜBERSICHT... 13

2.1 Ätiologie... 13

2.2 Vorkommen und Verbreitung des Koi Herpesvirus und anderer Herpesviren16 2.3 Wirtsspektrum... 27

2.4 Epidemiologie ... 29

2.5 Klinik ... 31

2.6 Pathogenese... 33

2.7 Histologie... 39

2.8 Immunologie ... 41

2.9 Diagnose ... 42

2.10 Differentialdiagnose ... 46

2.11 Bekämpfung und Impfung ... 47

3 MATERIAL UND METHODEN... 51

3.1 Virus ... 51

3.1.1 Herkunft ... 51

3.1.2 Zellkultur ... 51

3.1.3 Virusvermehrung ... 51

3.1.4 Virustitration... 52

3.1.5 Inaktivierung... 52

3.1.6 Virusnachweis... 53

3.1.6.1 DNA-Extraktion ... 53

3.1.6.2 Spektroskopische Bestimmung der DNA-Konzentration ... 55

3.1.6.3 PCR ... 56

3.1.6.4 Agarosegelelektrophorese der PCR-Produkte... 58

3.2 Trypanoplasma borreli ... 59

3.3 Versuchstiere ... 60

3.3.1 Fische... 60

(6)

3.3.3 Handling ... 61

3.3.4 Narkose und Töten... 61

3.3.5 Organentnahme... 62

3.3.5.1 Entnahme von Gewebepoolproben ... 62

3.3.5.2 Entnahme von Kiemenbiopsien ... 62

3.3.5.3 Entnahme und Separation von Leukozyten... 62

3.4 Stressversuche... 63

3.4.1 Versuchsreihe 1 ... 65

3.4.2 Versuchsreihe 2 ... 65

3.4.3 Versuchsreihe 3 ... 65

3.5 Untersuchung zum Wirtsspektrum des KHV ... 66

3.5.1 Untersuchung der Empfänglichkeit von Graskarpfen und Schleien für das KHV und der Rolle als Überträger... 66

3.5.2 Untersuchung der Rolle von Goldfischen und Silberkarpfen als symptomlose Überträger des KHV ... 67

3.6 Versuche zur Vakzinierung... 67

3.6.1 Impfversuch 1 ... 68

3.6.2 Impfversuch 2 ... 68

3.6.3 Impfversuch 3 ... 69

3.7 Validierung der PCR-gestützten Nachweismethode ... 70

4 ERGEBNISSE... 71

4.1 Validierung der PCR-gestützten Nachweismethode ... 71

4.2 Stressversuch ... 77

4.2.1 Versuchsreihe 1 ... 77

4.2.2 Versuchsreihe 2 ... 78

4.2.3 Versuchsreihe 3 ... 79

4.3 Untersuchung zum Wirtsspektrum des KHV ... 83

4.3.1 Untersuchung der Empfänglichkeit von Graskarpfen und Schleien für das KHV und ihrer Rolle als Überträger ... 83 4.2.2 Untersuchung der Rolle von Goldfischen und Silberkarpfen als symptomlose

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4.4.1 Impfversuch 1 ... 85

4.4.2 Impfversuch 2 ... 86

4.4.3 Impfversuch 3 ... 86

5 DISKUSSION... 90

5.1 Validierung der PCR-gestützten Nachweismethode ... 91

5.2 Stressversuch ... 96

5.3 Untersuchung zum Wirtsspektrum des KHV ... 102

5.4 Versuche zur Vakzinierung... 105

6 ZUSAMMENFASSUNG... 108

7 SUMMARY ... 110

8 LITERATURVERZEICHNIS ... 112

9 DANKSAGUNG ... 131

(8)

A. dest. Aqua destillatum

°C Grad Celsius bp Basenpaare bzw. beziehungsweise

ca. circa

CCB common carp brain Zelllinie CCG common carp gill Zelllinie CCV channel catfish virus

cm Zentimeter

CPE cytopathogener Effekt

CyHV-1 cyprinides Herpesvirus-1, Herpesvirus cyprini, Virus der Karpfenpocken CyHV-2 cyprinides Herpesvirus-2, Virus der hämatopoetischen Nekrose der Goldfische CyHV-3 cyprinides Herpesvirus-3, Koi Herpesvirus

DNA desoxyribonucleic acid (Desoxyribonukleinsäure) dNTP Desoxyribonukleotidtriphosphat

EBV Epstein-Barr-Virus, Virus des Pfeifferschen Drüsenfiebers EDTA Ethylendiamintetraacetat

EHV-1 equines Herpesvirus-1 EK-1 eel kidney-1 Zelllinie

EPC epithelioma papulosum cyprini, Karpfenepithelzelllinie FHM fatheadminnow, Zelllinie der Dickkopfelritze

(9)

HHV-6 humanes Herpesvirus-6, Virus des Dreitagefiebers HSV-1 Herpes simplex Virus-1

HVA Herpesvirus anguillae IcHV-1 ictalurid herpesvirus-1, CCV IE internationale Einheiten i.p. intraperitoneal

kbp Kilobasenpaare

KF-1 Koi-Flossen-1-Zelllinie KHV Koi Herpesvirus

KID50 Zellkultur-infektiöse Dosen

l Liter

M Mol

min Minuten

mg Milligramm

MgCl2 Magnesiumchlorid MgSO4 Magnesiumsulfat ml Milliliter

mM millimolar

mRNA messenger ribonucleic acid, Überbringer-Ribonukleinsäure NaCl Natriumchlorid

NeVTA Nerkavirus des Towada lake

nm Nanometer

OD optische Dichte

(10)

PBS phosphate buffered saline (Phosphatpuffer)

PCR Polymerase chain reaction (Polymerase-Kettenreaktion) p. i. nach der Infektion, post infectionem

pmol Pikomol

RNA ribonucleic acid, Ribonukleinsäure RTG-2 rainbow trout gonad-2-Zelllinie

s Sekunden

SHV steelhead virus, Herpesvirus der anadromen Regenbogenforelle SPF spezifisch-pathogen-frei

TBE Trisborsäureethylendiamintetraacetat Tris Trishydroxymethylaminomethanpuffer

u und

U Unit

UV Ultraviolett

µg Mikrogramm

µl Mikroliter

µWs Mikrowattsekunde

YTV Yamame Tumor Virus, onkogenes Herpesvirus des Kirschenlachses

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1 EINLEITUNG

Die Koi-Herpesvirusinfektion zählt derzeit weltweit zu den wirtschaftlich bedeutendsten Infektionskrankheiten der Cypriniden. Infektionen mit dem Koi Herpesvirus (KHV) haben in den letzten Jahren bei Koi und Speisekarpfen wiederholt zu schweren Erkrankungen mit Mortalitäten zwischen 80 und 100% geführt (WALSTER 1999, BRETZINGER et al. 1999).

Das Koi Herpesvirus stellt zunehmend einen Risikofaktor für die Nutz- und Wildkarpfenbestände dar. Es wurde in der Vergangenheit häufig durch Carrierfische, die als solche nicht erkannt wurden, in Bestände eingeschleppt (WALSTER 1999). Die Erkrankung äußert sich in Kiemen- und Nierenschäden, Verlust der Schleimhaut und zentralnervösen Störungen (WALSTER 1999). Sie tritt bei Temperaturen zwischen 16 und 28°C auf. Bei Temperaturveränderungen in den nicht permissiven Bereich wird der Verlauf der Erkrankung abgeschwächt, es überleben zahlreiche infizierte Fische als vermutliche Virusträger. In einigen Erzeugerländern von Koi sind viele Zuchtanlagen mit dem Virus durchseucht, so dass während der Aufzucht ein Kontakt mit dem KHV unvermeidbar ist. In einigen dieser Länder wird zur Herstellung ,,natürlich immuner Fische“ eine kontrollierte Durchseuchung angewendet, wobei junge Koi durch Kohabitation mit infizierten Koi angesteckt werden und eine Abschwächung des Krankheitsverlaufes durch eine Temperaturerhöhung erreicht wird.

Bei Carrierfischen kann das KHV nach Abklingen der Krankheitssymptome mit den bisher gängigen Methoden nur selten nachgewiesen werden. Herpesviren etablieren häufig eine Latenz in ihrem Wirt (FRASER et al. 1981, ROCK u. FRASER 1983). Die virale Genexpression ist in diesem latenten Stadium stark heruntergeregelt (GALLOWAY et al.

1982), was den Nachweis des latenten Herpesvirus erheblich erschweren kann. Es ist wahrscheinlich, dass sich das KHV im Carrierfisch - wie es von anderen Herpesviren der Menschen und Tiere inklusive der Fische bekannt ist (ROIZMANN 1996)- nach belastenden Situationen, wie einem Transport, der Winterung oder der Infektion mit zusätzlichen Krankheitserregern erneut vermehrt und als infektionsfähiges Virus ausgeschieden wird.

Werden diese Carrierfische in Teiche eingesetzt, in denen sich Fische befinden, die noch keinen Kontakt mit dem Virus hatten, besteht die Gefahr, dass die naiven Fische erkranken und im Verlauf der Erkrankung verenden. Da die Koi Herpesvirusinfektion erst seit ca. zehn Jahren bekannt ist (ARIAV et al. 1999), ist eine Aussage über die Dauer der Persistenz des Virus und die Dauer der Ausscheidung von infektiösem Virus schwierig. Ob durch Karpfen

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nach überstandener Infektion mit dem KHV eine Gefährdung für gesunde Karpfenbestände auch dann ausgeht, wenn bei diesen Fischen das Virus nicht mehr nachgewiesen werden kann, soll in dieser Dissertation untersucht werden. Dazu erfolgt eine Belastung symptomloser, durchseuchter Karpfen mit verschiedenen Stressoren, wie einem simulierten Transport, einem simulierten Abfischen, einer kortikosteroidinduzierten Immunsuppression und einer Exposition mit einem zusätzlichen Krankheitserreger, dem Blutparasiten Trypanoplasma borreli. Die Untersuchung der Ausscheidung von infektionsfähigem Virus wird durch Infektionsversuche vorgenommen. Carrierfische sollen dem KHV reexponiert werden, um zu prüfen, ob es bei ihnen zu einer erneuten Infektion verbunden mit dem Ausscheiden von Virus kommen kann, ohne dass Krankheitssymptome sichtbar werden. Zur Erkennung weiterer Risikofaktoren für die Verschleppung des Virus durch symptomlose Carrierfische soll die Empfänglichkeit verschiedener anderer Fischspezies für das KHV geprüft werden. Zusätzlich sollen Vakzinationsversuche mit einem inaktivierten Impfstoff an Karpfen durchgeführt werden. Da derzeit in den Untersuchungseinrichtungen keine einheitliche PCR-Methode verwendet wird, soll geprüft werden, ob eine Vergleichbarkeit von mit verschiedenen PCR-Methoden gewonnenen Untersuchungsergebnissen gegeben ist. Die Ergebnisse, die Gewebeproben von KHV-infizierten Fischen bei Verwendung unterschiedlicher DNA-Extraktionsverfahren, Primer und Polymerasen liefern, sollen miteinander verglichen werden.

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2 LITERATURÜBERSICHT 2.1 Ätiologie

Das Koi Herpesvirus (KHV) gehört der Familie der Herpesviridae an.

Die Zuordnung zu der Familie der Herpesviridae erfolgte anfangs anhand der Virusmorphologie. Seit 1980 wurden die Herpesviren aufgrund ihrer Biologie in vier Unterfamilien eingeteilt, die Alpha-, Beta- und Gammaherpesvirinae und die „nicht klassifizierten Herpesvirinae“. In letztgenannter Subfamilie wurden die Herpesviren zusammengefaßt, die noch nicht so weit charakterisiert waren, dass sie in eine der anderen Subfamilien eingeordnet werden konnten.

Zu den Alphaherpesvirinae gehören die menschlichen Herpes-Simplex-Viren, das Varizella- Zoster-Virus und das Virus der equinen Rhinopneumonitis, der bovinen infektiösen Rhinotracheitis, pustulösen Vulvovaginitis und Balanoposthitis sowie das Aujetzky-Virus. Sie lassen sich in Zellkulturen unter Ausbildung eines CPE anzüchten. Das Wirtsspektrum variiert von breit bis eng. Affinitäten bestehen zu Respirations- und Genitaltrakt, Zentralnervensystem und Haut (ROLLE u. MAYR 1993). Obwohl bei Alphaherpesviren die Latenz hauptsächlich in den ganglionären Neuronen etabliert wird, treten latente oder persistierende Infektionen auch in anderen Geweben wie Tonsillen, Lymphknoten, Milz und peripheren Blutzellen auf (JONES et al. 2006).

Die Betaherpesvirinae umfassen die Zytomegalie-Viren der Säuger. In Zellkultur entwickeln sie einen langsam fortschreitenden CPE. Das Wirtsspektrum ist in der Regel auf eine Spezies beschränkt, die Organmanifestation variabel. Häufig lösen sie Allgemeinerkrankungen mit besonderer Beteiligung von Niere und Leber aus. Latente Infektionen werden in Speicheldrüsen, Lymphgewebe, Zentralnervensystem und Niere etabliert (ROLLE u. MAYR 1993).

Die Gammaherpesvirinae, zu denen das menschliche Epstein-Barr-Virus, der Erreger des Pfeifferschen Drüsenfiebers, und das Virus der Marekschen Krankheit der Hühner gehört, lassen sich in Lymphozytenkulturen oder Monolayern bestimmter Gewebe der jeweiligen Wirtsspezies züchten. Die Virusvermehrung geht nicht regelmäßig mit einem CPE einher.

Das Wirtsspektrum beschränkt sich in der Regel auf eine Spezies. Es besteht eine Affinität für

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B- und T-Lymphozyten. Dort und in anderen lymphatischen Geweben persistiert das Virus mit keiner oder minimaler Expression des Genoms (ROLLE u. MAYR 1993).

Mittlerweile sind viele vollständige Genomsequenzen und Teilsequenzen der Herpesviren bekannt (MC GEOCH et al. 2006). Dabei fiel anhand von zur Untersuchung von phylogenetischen und taxonomischen Verwandtschaften zwischen Herpesviren der Säugetiere und Vögel und für die Zuordnung von neu charakterisierten Viren in die Familie der Herpesviren durchgeführten Sequenzvergleichen auf, dass die Herpesviren der Säugetiere und Vögel von einem gemeinsamen Ursprung abzustammen scheinen. Die Herpesviren der Säugetiere findet man in allen drei Subfamilien, während die charakterisierten Herpesviren der Vögel und Reptilien nur in der Subfamilie der Alphaherpesvirinae zu finden sind. Die Herpesviren der Fische und Amphibien dagegen scheinen nicht mit den Herpesviren der Säugetiere, Vögel und Reptilien verwandt zu sein, sie bilden eine eigene Gruppe. Ähnlich verhält es sich mit den Herpesviren der Wirbellosen, die mit keiner der genannten Gruppen verwandt zu sein scheinen (DAVISON 2002).

MC GEOCH et al. (2006) schlugen deshalb eine neue Taxonomie der Herpesviren vor. Die Zugehörigkeit zu den Herpesviridae erhalten nur noch die Herpesviren der Säugetiere, Vögel und Reptilien. Diese werden weiterhin in die Alpha-, Beta- oder Gammaherpesvirinae eingeteilt. Die Familie der Herpesviren der Fische und Amphibien wird als Alloherpesviridae bezeichnet, die der Wirbellosen als Malacoherpesviridae. Diese drei Familien werden in der Ordnung der Herpesvirales zusammengefasst.

Das Koi Herpesvirus wurde nach dem Wirt der Erstisolation benannt. Bei systematischer Einordnung handelt es sich um das cyprinide Herpesvirus-3 (CyHV-3, WALTZEK et al.

2005). Nach den Krankheitserscheinungen wird es als ,,carp nephritis and gill necrosis virus“

(Ronen et al. 2003) bezeichnet.

Im Kern des 100-110 nm im Durchmesser großen Nukleokapsids liegt das sich aus 277 kbp zusammensetzende Genom. Reife Virionen besitzen eine lockere Hülle aus einer Lipoproteindoppelmembran, die ihnen eine Größe von 170-230 nm im Durchmesser verleiht (POKOROVA et al. 2005).

Vor der Entdeckung des KHV sind bereits zwei Herpesvirusinfektionen der Cypriniden beschrieben worden. Die seit dem Mittelalter bekannten Karpfenpocken werden durch das

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erste cyprinide Herpesvirus (CyHV-1) hervorgerufen. Eine Herpesvirusinfektion bei Goldfischen, das Virus der hämatopoetischen Nekrose der Goldfische, stellt das zweite cyprinide Herpesvirus (CyHV-2) dar (WALTZEK et al. 2005) Das am gründlichsten erforschte Herpesvirus der Fische, das erste Herpesvirus der Ictaluridae (IcHV-1), kommt beim getüpfelten Gabelwels vor (DAVISON 2002).

Das KHV besteht aus 31 viralen Polypeptiden, von denen zwölf ähnliche Molekulargewichte wie das CyHV-1 haben und zehn denen des IcHV-1 ähneln (GILAD et al. 2002). Einige der bereits identifizierten putativen Gene zeigen eine signifikante Homologie zu Genen des IcHV-1 und denen anderer Herpesviren (WAY et al. 2004). Das KHV ist eng mit dem CyHV-1 und -2 verwandt, zu deren Nukleotiden es eine 80%-ige Homologie aufweist, und etwas entfernter mit dem IcHV-1 und anderen Herpesviren von Nichtcypriniden und Fröschen (WALTZEK et al. 2005). Es unterscheidet sich in Klinik, Wirtsspektrum, Antigen- und Wachstumseigenschaften sowie im Typ des in der Zellkultur auftretenden CPE von diesen Herpesviren (HEDRICK et al. 2005). Vier komplette Gene von substantieller Größe sind in Herpesviren der niederen Vertebraten konserviert (WALTZEK et al. 2005).

Die zur Zeit gängige Einordnung von Viren in die Familie der Herpesviren basiert auf der Anwesenheit einer linearen, doppelsträngigen DNA in einem ikosaedrischen Kapsid, das von einer Proteinhülle und einer vom Wirt gebildeten Lipidhülle umgeben ist (MINSON et al.

2000). Die Tatsache, dass das KHV ein für ein Herpesvirus sehr großes Genom besitzt, wurde mehrfach als Grund diskutiert, dieses Virus trotz seiner Morphologie nicht den Herpesviridae zuzuordnen (RONEN et al. 2003). Die Herpesviren der Cypriniden besitzen das größte Genom in der Familie der Herpesviridae, beispielsweise ist das Genom des CyHV-1 295 kbp groß. Die Genomgröße wird jedoch nicht als Kriterium zum Ein- oder Ausschluß in eine Virusfamilie angesehen (MINSON et al. 2000).

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2.2 Vorkommen und Verbreitung des Koi Herpesvirus und anderer Herpesviren Momentan stellt das Koi Herpesvirus eine der größten Gefahren der Karpfenaquakultur dar.

Die durch das KHV hervorgerufene Krankheit wurde 1998 nach unkontrollierten Einfuhren von Koi aus Europa in Israel und den USA sowohl bei Koi, der farbigen Fariante des Karpfen, als auch bei gewöhnlichen Karpfen, das erste Mal diagnostiziert (ARIAV et al.

1999). In einigen Ländern breitete sich das KHV durch intensiven Fischverkehr rasant aus, so waren zum Beispiel bis Ende 2000 bis zu 90% der israelischen Fischfarmen infiziert. Der israelischen Aquakultur entstanden jährliche Verluste von 300 Millionen US $ (PERELBERG et al. 2003). BLOOM (1998), WALSTER (1999), BRETZINGER et al. (1999) und HOFFMANN (2001) vermuteten, dass die Erkrankung bereits seit einigen Jahren bei Koi auftrat. Mittlerweile ist das KHV weltweit verbreitet, Krankheitsausbrüche wurden beispielsweise in Deutschland, Österreich, Belgien, Dänemark, Frankreich, Italien, den Niederlanden, der Schweiz, dem Vereinigten Königreich, Polen, Indonesien, Japan, Südafrika, Taiwan, den USA und Thailand beobachtet (HAENEN et al. 2004). Histologische (ARIAV et al. 1999), elektronenmikroskopische (BRETZINGER et al. 1999) und virologische Befunde (HEDRICK et al. 2000) zeigten, dass es sich bei dem Erreger um ein bisher noch unbekanntes Herpesvirus handelt. Die Erstisolation erfolgte 1998 in den USA durch HEDRICK und Mitarbeiter. Ein molekularer Vergleich von sechs verschiedenen KHV- Isolaten offenbarte eine starke Übereinstimmung. Deshalb wurde angenommen, dass es sich um die rapide Verbreitung eines einzigen Virusisolates handelte (GILAD et al. 2003). ST- HILAIRE et al. (2005) wiesen nach, dass das KHV eine Latenz etablieren kann, in der die Nachweisbarkeit nicht gegeben ist, und das KHV deshalb durch den unreglementierten Handel mit lebenden, symptomlosen Fischen so rasant verbreitet werden konnte.

Der Name der Virusfamilie, der das KHV zugeordnet wird, wurde von ,,herpein“, dem griechischen Ausdruck für kriechen abgeleitet, nachdem man erkannt hatte, dass die durch das Herpes simplex-Virus ausgelösten Herpesbläschen immer wiederkehren können (ROLLE u. MAYR 1993). Gemeinsame Merkmale vermutlich aller Herpesviren sind die lebenslange Persistenz im Organismus, die Latenz (FRASER et al. 1981, ROCK u. FRASER 1983, DAVISON 2002) und wiederkehrende Erkrankungen (KIRCHNER 1982).

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Das Genom der Viren kann in das Zellgenom bestimmter Zellen integrieren. Diese okkulten Infektionen lassen sich durch Stressoren oder eine Immunsuppression aktivieren, das Provirus wird erneut exprimiert (ROLLE u. MAYR 1993). Herpesviren konnten von fast allen diesbezüglich untersuchten Tierarten als Erreger sowohl seuchenhafter Krankheiten als auch latenter Infektionen isoliert werden. Die Vielzahl der Virusarten mit über 100 Spezies macht die Familie der Herpesviren zu einer der zahlenmäßig größten im System der Viren. Nur der betriebene Aufwand der Suche nach Herpesviren und der Stand der Technik scheint die Zahl der bekannten Spezies zu begrenzen. Auffällig ist die Vielfalt der von den verschiedenen Herpesviren bevorzugt befallenen Zell- und Organsystemen und der resultierenden Krankheitsbilder. Neben Haut und Schleimhäuten von Respirations- und Genitaltrakt sind häufig Nieren und Zentralnervensystem, lymphatische Organe und Immunzellen betroffen.

Folgen sind Allgemeinerkrankungen, Aborte, Tumor- und Autoimmunkrankheiten (ROLLE u. MAYR 1993).

Herpesviren stellen einen spektakulären evolutionären Erfolg dar. Jedes Herpesvirus ist eng mit einer einzigen Wirtsspezies verbunden, an die es sehr gut adaptiert ist. In immunkompetenten Individuen werden selten schwere Krankheiten ausgelöst. Einzelne hochpathogene Exemplare der Menschen und Nutztiere sind das Resultat eines durch menschliche Aktivität gestörten ökologischen Gleichgewichtes (DAVISON 2002).

Herpesviren sind die am häufigsten vorkommenden DNA-Viren bei den Knochenfischen (HEDRICK et al. 1990). Nur ein kleiner Teil dieser Herpesviren löst ernsthafte Erkrankungen aus (WOLF 1988). Bei den papillomatösen, ulzerativen, hyper- oder neoplastischen Hautveränderungen, die häufig im Verlauf von Herpesvirusinfektionen der Fische auftreten (HEDRICK u. SANO 1989), könnte es sich um Zeichen einer Virusreaktivierung handeln (KIMURA et al. 1981b).

Herpesviren konnten bei Regenbogenforelle (Oncorhynchus mykiss), Haken- bzw. Nerkalachs (Oncorhynchus nerka), Kirschenlachs (Oncorhynchus masou), Coholachs (Oncorhynchus kisutch), getüpfeltem Gabelwels (Ictalurus punctatus), schwarzem Katzenwels (Ictalurus melas), Karpfen (Cyprinus carpio L.), Goldfisch (Carassius auratus), amerikanischem Zander (Stizostedion vitreum), europäischem Aal (Anguilla anguilla), japanischem Aal

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(Anguilla japonica) und weißem Stör (Acipenser transmontanus) durch Virusisolation nachgewiesen werden (ROBERTS 2001).

Ein Nachweis durch elektronenmikroskopische Untersuchungen konnte bei Karpfen, Goldorfe (Leuciscus idus), pazifischen Kabeljau (Gadus macrocephalus), Hecht (Esox lucius), Steinbutt (Scophthalmus maximum L), Waller (Silurus glanis), Katzenhai (Mustelus canis), Stint (Osmerus eperlanus), Seeforelle (Salvelinus namaycush), atlantischem Lachs (Salmo salar), Altumskalar (Pterophyllum altum), japanischer Flunder (Paralichthys olivaceus) und Sardine (Sardinops sagax) geführt werden (ROBERTS 2001).

Durch Herpesviren hervorgerufene systemische Erkrankungen wie beim KHV treten bei getüpfeltem Gabelwels, Goldfisch, Salmoniden, Aal, Sardine und Steinbutt auf (ROBERTS 2001).

Die Herpesvirusinfektion des getüpfelten Gabelwelses, das „channel catfish virus“ (CCV), tritt vor allem in südamerikanischen Aquakulturen auf. Das CCV verursacht bei Jungfischen innerhalb eines Temperaturfensters von 22-30°C Erkrankungen, die häufig mit Stresssituationen assoziiert sind (PLUMB 1978, GRAY et al. 1999). Die Übertragung erfolgt horizontal und vertikal. Überlebende Gabelwelse bleiben lebenslang Virusträger und – ausscheider. Wie beim KHV ist die Mortalität stark von der Wassertemperatur abhängig. Bei 28°C kann sie bis 100% betragen, bei 19°C wurde eine Mortalität von 24% beobachtet (PLUMB 1973). Erkrankte Fische zeigen Exophthalmus, Orientierungslosigkeit, Apathie und Aszites. Durch hämorrhagische Diathesen in Haut, Flossenansätzen, Serosen, Organen und Muskulatur resultiert häufig eine Anämie. Vor allem in Kopfniere, Milz, Gastrointestinaltrakt, Skelettmuskulatur, Pankreas, Nervengewebe, dem exkretorischen Nierengewebe und Leber, wo massenhaft Viruspartikel nachgewiesen wurden, treten Nekrosen auf. Es kommt zu Elektrolytdysfunktionen und nichteitrigen Enzephalitiden (GRAY et al. 1999a).

Bei experimenteller Infektion über das Bad erwies sich drei bis acht Tage alte Welsbrut am resistentesten, danach nahm die Empfänglichkeit zu. Eine schützende Immunität nach dem Überleben einer Infektion erwarb die Brut erst ab einem Alter von 60 Tagen (HANSON et al.

2004).

Das CCV tritt durch Kieme oder Darm in den Körper ein und konzentriert sich in Darm, Leber und Niere (PLUMB 1971, NUSBAUM u. GRIZZLE 1987, HEDRICK et al. 1987b).

(19)

KANCHARLA u. HANSON (1996) fanden infektiöses CCV einen Tag nach einer Infektion über das Bad in Kieme, Haut, Vorderniere und Darm. Am zweiten Tag p. i. war es auch in Leber und Milz nachweisbar. Der Virusgehalt der Organe war am dritten Tag am höchsten.

Vom zweiten bis vierten Tag befand sich infektiöses Virus im Haltungswasser. CCV-DNA lag während des zwölf Tage dauernden Experimentes im Haltungswasser vor.

Nach experimenteller Infektion von Welsbrut über eine Immersion tritt das CCV über die Kieme in den Körper ein und verteilt sich sehr schnell im Körper. Infektiöses Virus und virale DNA kann 24 Stunden p.i. in vielen Geweben, wie Haut, Niere, Leber, Darm und Milz nachgewiesen werden (NUSBAUM u. GRIZZLE 1987).

STINGLEY et al. (2003) wiesen eine während der ersten Tage p. i. stattfindende Vermehrung des CCV in Blut, Gehirn, Niere und Leber nach. 24 Tage p.i. konnten sie keine Anhaltspunkte für eine stattfindende Virusvermehrung mehr erhalten.

Während bei klinisch erkrankten Gabelwelsen die Isolation des Virus anders als beim KHV nicht schwierig ist, konnte bis 1981 das Virus nicht aus symptomlosen Fischen isoliert werden. Bis dahin wurde der Antikörpernachweis zur Detektion von CCV-exponierten Fischen genutzt. Bei einer drei Wochen vor der Fortpflanzungszeit erfolgten kortikosteroidinduzierten Immunsuppression konnten adulte Virusträger durch einen Immunfluoreszenztest erkannt werden (PLUMB et al. 1981). Dies war der erste Hinweis auf das Vorliegen von CCV-Antigenen in Geweben adulter Welse. 1996 entwickelten BEAK u.

BOYLE eine Polymerasekettenreaktion (PCR)-gestützte Nachweismethode zur Detektion von latentem CCV aus Blutproben adulter, symptomloser Welse. GRAY et al. (1999b) gelang bei experimentell mit CCV infizierten Welsen 140 Tage p.i. der Nachweis von CCV-DNA in Blut, Gehirn, Darm, Niere, Leber und peripheren Blutleukozyten. Die Autoren vermuteten, dass das CCV eine latente Infektion in Lymphozyten etablieren kann. Infektiöses CCV konnte aus Leukozyten symptomloser adulter Welse, die mit Dexamethason immunsupprimiert wurden, kultiviert werden. Die immunsupprimierten Fische hatten keine detektierbaren Antikörper gegen das CCV (BOWSER et al. 1985). WISE et al. (1985) detektierten in einer Welspopulation ohne CCV-Vorgeschichte in der Leber von jedem der untersuchten 22 symptomlosen adulten Fische CCV-Nukleinsäuren. Bei der Untersuchung eines zweiten Bestandes, der sich aus Überlebenden eines fünf Jahre zuvor aufgetretenen CCV-Ausbruches

(20)

zusammensetzte, konnte bei elf von 14 Welsen CCV-DNA mit unterschiedlicher Gewebeverteilung gefunden werden. Basierend auf vorigen Untersuchungen an Herpesviren würde man erwarten, latentes Herpesvirus im Nervengewebe zu finden (BASTIAN et al.

1972, FRASER et al. 1981, ROCK u. FRASER 1983). Der Nachweis von CCV-DNA gelang hier aber nur unregelmäßig. Während man den Nachweis von latentem CCV in den Organen so erklären kann, dass das Virus dort nicht in dem Organ per se auftritt, sondern in dem peripheren Nervensystem, durch das das Organ innerviert wird, fehlt eine Erklärung für den Fund von CCV-DNA in roten Blutkörperchen (WISE et al. 1985).

DAVIS et al. (2002) untersuchten den Effekt von haltungsbedingtem Stress auf die Empfänglichkeit der Welse für eine Infektion mit dem CCV. Die Mortalität hing von der Infektionsdosis ab, ein Effekt eines vorausgehenden Crowding-Stresses konnte nicht beobachtet werden. Das Fehlen eines Effektes erklären DAVIS und Mitarbeiter mit einem Schutz durch ein induzierbares System, das durch den Stressor nicht beeinflusst wurde, oder damit, dass die letalen Wirkungen des Virus zu schnell voranschritten, um von dem Stressor beeinflusst werden zu können. Ebensowenig konnte eine Fütterung von 100 bzw. 200 mg Kortison/kg Futter die Mortalität einer experimentellen CCV-Infektion nicht beeinflussen (DAVIS et al. 2003). THOMPSON et al. (2005) stellten fest, dass latentes CCV von infizierten Elterntieren vertikal auf den Nachwuchs übertragen wird und subklinische Übertragungen des CCV vorkommen.

BIRD et al. (1988) folgerten daraus, dass sie CCV-RNA in Gewebe von latent infizierten Welsen nachweisen konnten, dass das CCV Genom während der Latenz transkribiert wird.

Bei Goldfischen traten seit 1992 in Japan Epizootien mit hohen Mortalitäten auf (JUNG u.

MIYAZAKI 1995). Das verursachende Herpesvirus wurde als Virus der hämatopoetischen Nekrose der Goldfische bezeichnet, es handelte sich um das zweite beschriebene Herpesvirus der Cypriniden (CyHV-2). Auch in Australien, Taiwan und den USA kam es zu Ausbrüchen (STEPHENS et al. 2004). Erkrankte Goldfische zeigten Apathie, Aszites, Spleno- und Nephromegalie. Krankheitsausbrüche wurden wie beim KHV bei Fischen aller Altersklassen bei Temperaturen zwischen 15 und 25 °C beobachtet. Die Mortalität ist in der Regel hoch (JUNG u. MIYAZAKI 1995). STEPHENS et al. (2004) und JUNG u. MIYAZAKI (1995) berichteten von Nekrosen des hämatopoetischen Gewebes der Milz und der ortsansässigen

(21)

Lymphozyten, des Thymus und der Niere, in Pankreas und Darmschleimhaut sowie Hyperplasien, Hypertrophien und vereinzelten Nekrosen des Kiemenepithels. Zusätzlich traten fokale Hyperplasien des Epithels der Haut mit Verlust der Schleimzellen auf. Die Nekrosen des hämatopoetischen Gewebes lagen regelmäßig vor, während Haut, Kieme und Darm nicht regelmäßig affektiert waren. Die Haut- und Kiemenveränderungen ähnelten denen, die bei der KHV-Infektion zu Tage treten. Auch bei dem CyHV-2 geht man davon aus, dass es latente Infektionen ausbildet und es nach Stresssituationen zu Ausbrüchen kommt (STEPHENS et al. 2004). Das CyHV-2 erwies sich als apathogen für Karpfen (JUNG u.

MIYAZAKI 1995). Es zeigte bezüglich der Vermehrungsfähigkeit und des Wachstums in der Zellkultur Ähnlichkeiten mit dem CyHV-1. 2006 wurde von GOODWIN et al. eine quantitative PCR-Methode zur Detektion des CyHV-2 beschrieben, das bis dahin lediglich durch histologische und elektronenmikroskopische Untersuchungen diagnostiziert wurde. Das CyHV-2 läßt sich zwar isolieren, stellt sein Wachstum aber nach der vierten Passage in vitro ein (JUNG u. MIYAZAKI 1995). Bei symptomlosen, infizierten Goldfischen schwankte die Menge an viraler DNA, die die Fische latent in sich trugen, erheblich. Die größte Menge viraler DNA wurde in Milz und Niere nachgewiesen. Häufig lag virale DNA in Leber, Gonaden, Schwimmblase und Gehirn vor (GOODWIN et al. 2006).

In Nordamerika kommen zwei Herpesviren bei Salmoniden vor.

1975 wurde das Herpesvirus salmonis (HPS) aus der Ovarialflüssigkeit adulter Regenbogenforellen bei Mortalitäten nach der Fortpflanzungszeit isoliert. Unter Forellenbrut, aber auch der Brut einiger anderer Salmoniden, ruft es hohe Verluste hervor (WOLF et al.

1978). Es schädigt neben einer Reihe von Organsystemen besonders die Leber. Das HPS vermehrte sich auf der Regenbogenforellengonadenzelllinie RTG-2 bei 5 und 10°C, also bei Temperaturen, die tiefer liegen als die routinemäßig für die Virusanzucht bei Kaltwasserfischen eingesetzten. Hier führte es wie das KHV zur Bildung von Synzytien mit intranukleären Einschlußkörperchen (WOLF et al. 1978). 1986 wurde das relativ avirulente steelhead herpesvirus (SHV) aus der Ovarialflüssigkeit von geschlechtsreifen anadromen Regenbogenforellen isoliert.

Vier Herpesviren wurden in Japan bei Salmoniden isoliert.

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Das Nerkavirus des Towada lake in der Akita Aomori Prefektur (NeVTA) wurde 1976 aus moribunder Brut des Nerkalachses isoliert. Seit 1970 war es hier jedes Jahr im Sommer zu hohen Mortalitäten gekommen. Betroffene Fische zeigten Dunkelfärbung, Apathie und Anorexie (SANO 1976).

Das 1978 aus einem symtomlosen adulten Kirschenlachs isolierte „Oncorhynchus masou virus“ (OMV) (KIMURA et al. 1981a) ruft Mortalitäten unter der Brut des Ketalachses, Kirschenlachses, Nerkalachses, Coholachses und der Regenbogenforelle hervor (TANAKA et al. 1984). Es verursacht bei mehr als 60% der eine experimentelle Infektion überlebenden Fische epitheliale Tumore (KIMURA et al. 1981b).

Das aus Basalzellen eines im Maul eines Kirschenlachses vorkommenden Tumors isolierte

„Yamame tumor virus“ (YTV) ähnelt serologisch dem NeVTA (SANO et al. 1983). Das YTV wurde danach ebenfalls aus der Ovarialflüssigkeit eines Kirschenlachses isoliert (HAYASHI et al. 1986).

1988 wurde ein Herpesvirus aus Leber, Niere und Neoplasien des Coholachses isoliert, dass die Coholachskultur ökonomisch stark schädigte. Betroffene Fische hatten Hautulzerationen, weiße Punkte auf der Leber und Neoplasien an Maul und Körper.

Serologische Vergleiche zeigten, dass das japanische OMV, YTV und NeVTA eng miteinander verwandt sind, sich aber von den sich ähnelnden nordamerikanischen HPS und SHV unterscheiden (HEDRICK et al. 1987). Somit wurde vermutet, dass es sich bei den beiden Virusgruppen nicht um eine Verschleppung durch infizierte Eier oder Fische zwischen den Kontinenten handeln könne (HEDRICK et al. 1987).

Beim Stint traten während der Laichzeit in mehreren Seen in New Hampshire mit einer Prävalenz bis zu 30% nichtinvasiv wachsende epidermale Tumore auf (HERMAN et al.

1997). Aufgrund dem Vorkommen bei sexuell aktiven Fischen vermuteten die Autoren, dass Hormone das Virus demaskieren, Immunantworten unterdrücken oder direkt das Epithel zum unkontrollierten Wachstum anregen.

Herpesviren besitzen seit einiger Zeit auch für Aalaquakulturen und den Aalbestand in natürlichen Gewässern klinische Relevanz. In Asien wurde das Herpesvirus anguillae (HVA) 1985 bei japanischen und europäischen Aalen mit Haut- und Kiemenblutungen und Nekrosen

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der Haut, Kieme und Leber isoliert (SANO et al. 1990b). Das später in Taiwan bei japanischen Aalen mit Hautveränderungen von UENO et al. (1992) nachgewiesene, dem HVA sehr ähnliche Eel Herpesvirus in Formosa (EHVF) löste auch bei Karpfen nach experimenteller Infektion die typischen Krankheitssymptome aus. 1999 beschrieben LEE et al. das Auftreten einer HVA-bedingten Kiemen- und Hauterkrankung bei japanischen Aalen mit einem für ein Herpesvirus untypischen Tropismus für Fibrozyten und Fibroblasten der Haut und Kieme. Auch in Europa wurde das HVA bei erkrankten und symptomlosen Aalen aller Altersstufen (BEKESI et al. 1986, JOERGENSEN et al. 1994, DAVIDSE et al. 1999) nachgewiesen. Durch den Nachweis einer durch exogenen oder endogenen Stress ausgelösten Virusreaktivierung bei symptomlosen Aalen wurde bestätigt, dass das HVA eine Latenz etablieren kann (VAN NIEUWSTADT et al. 2001). Das HVA vermehrt sich auf der Aalnierenzelllinie „eel-kidney-1“ (EK-1). Die Regenbogenforellengonadenzelllinie

„rainbowtrout gonad-2“ (RTG-2)-, die Zelllinie der Dickkopfelritze „fathead minnow“

(FHM)- und die Karpfenepithelzelllinie „Epithelioma papulosum cyprini“ (EPC) sind nur wenig empfänglich (HAENEN et al. 2002). Erkrankte Aale zeigen häufig eine intensive Rötung im Bereich des Kopfes, weshalb die Krankheit auch als ,,Rotkopfkrankheit“

bezeichnet wird. Zusätzlich können Hämorrhagien an Flossenansätzen, Bauch, Fettgewebe und Kiemendeckeln sowie Ulzerationen bestehen (DAVIDSE 1999). Wie an KHV erkrankte Karpfen leiden erkrankte Aale an Freßunlust. Es können Leber-, Milz- und Nierenschwellungen und Aszites bestehen. Die Morbidität ist in der Regel hoch, die Mortalität liegt häufig unter 10% (SANO et al. 1990b, LEE et al. 1999), in Verbindung mit haltungsbedingtem Stress kann sie aber hoch sein (VAN NIEUWSTADT et al. 2001, HAENEN et al. 2002).

Die meisten Ausbrüche des HVA treten bei 23-26°C auf. Bei einem Abfallen der Temperatur sinkt die Mortalität in der Regel geringgradig. Da sich das HVA in vitro bei 20°C nicht wesentlich schlechter vermehren lässt als bei 26°C, ging VAN NIEUWSTADT davon aus, dass es sich hierbei um ein immunologisches Phänomen handelt (HAENEN et al. 2002).

Beim HAV wird die Kieme als Eintrittspforte des Virus erwogen (HAENEN et al. 2002).

Wie beim KHV kommt es bei HVA-infizierten Aalen mit herdförmigen Nekrosen zu den ausgeprägtesten Veränderungen im Kiemengewebe. Die Kiemenlamellen zeigten

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Hämorrhagien und Blutstauungen, die Spitzen der Sekundärlamellen Nekrosen und Entzündungen des Bindegewebes und des zentralen Sinus der Lamellen. An der Haut kam es zu Epithelhyperplasien mit intrazytoplasmatischen Einschlußkörperchen. Das subkutane Bindegewebe der Bauchflossen war nekrotisiert, es bestanden ausgeprägte Hämorrhagien und Entzündungszellinfiltrationen. In der Leber waren Schwellungen und Atrophien der Hepatozyten erkennbar, in der Niere Schwellungen der Tubulusepithelzellen und in der Milz erniedrigte Erythrozytenzahlen, während die Sinusoide leer und dilatiert waren.

Makrophagenanhäufungen fanden sich in Leber, Niere und Milz (LEE et al. 1999, CHANG et al. 2002). Bei japanischen Aalen wurden nekrotische Fibrozyten in Haut, subkutanem Fettgewebe und Muskulatur, begleitet von Nekrosen der Melanozyten mit Entzündungszellinfiltration beobachtet. In Fibrozyten und mesenchymalen Zellen konnten Herpesviruspartikel nachgewiesen werden. (KOBAYASHI und MIYAZAKI 1997).

Durch in situ Hybridisierung konnten SHIH et al. (2003) HVA-spezifische Nukleinsäuren in Melanomakrophagen der Haut, Leber, Milz und Niere nachweisen. HVA-infizierte Fibrozyten lagen in Kieme und Leberzellen vor. HAENEN et al. (2002) stellten fest, dass sich das HVA aus der Kieme häufiger isolieren ließ als aus einem Pool aus Niere, Milz und Leber.

Auch bei Sardinen wurden herpesvirusbedingte Erkrankungen beschrieben. 1995 und 1998 traten im Süden Australiens massenhafte Mortalitäten auf. Sie breiteten sich in dem betroffenen Küstenabschnitt mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 30 Kilometer pro Tag, was ungefähr der maximalen Schwimmgeschwindigkeit der Sardinen entspricht, aus und erreichten auch Neuseeland. Die Mortalität hielt an einzelnen Lokalitäten meistens nur wenige Tage an (MURRAY et al. 2001). Die Erkrankung verbreitete sich sowohl mit als auch entgegen den Strömungen und betraf gewöhnlich Fische ab einer Körperlänge von 11 cm. In der Kieme konnte ein Herpesvirus nachgewiesen werden. Durch die Lyse der Kiemenepithelzellen wurden die sich hier vermehrenden Herpesviren freigesetzt (HYATT et al. 1997).

Subklinische stressbedingte Herpesvirusinfektionen bei jungen Steinbutt wurden durch elektronenmikroskopische Untersuchungen nachgewiesen (HELLBERG et al. 2002). Die Virionen waren im Epithel von Haut und Kieme lokalisiert. Erkrankungen, die durch das Herpesvirus scophthalmi verursacht wurden und sich in hoher Lethalität, Lethargie,

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Anorexie, Inkoordinationen, Ödemen, Aszites und einem gelegentlichen Rektalprolaps äußerten, wurden schon 1978 im Vereinigten Königreich von BUCHANAN und MADELY und 1994 in Dänemark von BLOCH und LARSEN bei jungen Steinbutt beschrieben.

Onkogene Herpesviren, die einen anderen Zelltropismus besitzen und epidermale Proliferationen verursachen (LEE et al. 1999), sind bei Karpfen, Goldorfe, Steinbutt, amerikanischem Zander, Seeforelle, pazifischem Kabeljau, Waller, Stint, Hecht, Kirschenlachs und japanischen Aal beschrieben worden.

Bei den seit dem Mittelalter bekannten Karpfenpocken handelt es sich um wachsartige epidermale Tumore, die saisonabhängig auftreten. SCHUBERT (1964 und 1966) beschrieb die Gewebeveränderungen und die in den Tumoren nachgewiesenen Viruspartikel, die sich ihm durch transmissionselektronenmikroskopische Untersuchungen offenbarten. Erst Anfang der 80-er Jahre gelang die Isolation eines Herpesvirus aus dem papillomatösen Gewebe (SANO et al. 1985). Es wird als Herpesvirus cyprini bzw. cyprinides Herpesvirus-1 (CyHV- 1) bezeichnet. Erkrankte Karpfenbrut zeigt Koordinationsstörungen, Apathie, Anorexie, Aszites, Exophthalmus, Dunkelfärbung und Hämorrhagien an Bauch und Kiemendeckeln. Die Ausbildung der Karpfenpocken verläuft bei Karpfenbrut schneller als bei über ein Jahr alten Karpfen, die Lokalisation ist aber dieselbe (SANO et al. 1991). Das saisonale Auftreten der Karpfenpocken rührt vermutlich von einer Reaktivierung des latenten Virus im Nervengewebe nach einer Immunsuppression durch niedrige Temperaturen oder andere Stressfaktoren her (MORITA u. SANO 1990, SANO et al. 1993). Das CyHV-1 verursacht bei experimenteller Infektion von Karpfenbrut bis zu einem Alter von einem Monat Mortalitäten, nicht aber bei der Brut von Karauschen, Graskarpfen oder der Rotflossenorfe. Von letztgenannten Fischen konnte kein Virus reisoliert werden und Neoplasien wurden nicht ausgebildet (SANO et al. 1991). Erkrankte Karpfenbrut litt an ausgedehnten Nekrosen des Leberparenchyms mit Bildung von Einschlußkörperchen und ballonierender Degeneration der Hepathozyten, einer nekrotischen Nephritis und Nekrosen der Darm- und Oesophagusschleimhaut. Die zellulären Veränderungen der Leber ähnelten den Leberveränderungen bei Herpes simplex-Virus-1 (SANO et al. 1990). Beim CyHV-1 gelang die Isolation des Virus nur aus den Neoplasien, nie aus inneren Organen oder Blut.

Virusantigen allerdings konnte von Tag 2 bis 21 p. i. in Kieme, Leber, Niere und Darm

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nachgewiesen werden und nicht mehr in Gehirn, Kieme oder anderen inneren Organen (SANO et al. 1991).

STEINHAGEN et al. (1992) beschrieben bei acht Monate alten Goldorfen epidermale Hyperplasien an Haut und Flossen. Während die Virusisolation nicht gelang, konnten durch elektronenmikroskopische Untersuchungen herpesvirusähnliche Partikel in den Neoplasien nachgewiesen werden. Die Neoplasien traten wie beim CyHV-1 bei kalten Wassertemperaturen auf und bildeten sich bei Erwärmung des Wassers zurück.

Bei Mortalitäten bis 50% unter jungen weißen Stören, die mit Akanthosen und Nekrosen des Epithels der Haut und der oropharyngealen Schleimhaut und einem flüssigkeitsgefüllten Magendarmtrakt assoziiert waren, wurden durch ein bis dahin unbekanntes Herpesvirus hervorgerufen. Andere Gewebe schienen nicht betroffen zu sein. Das Virus konnte auf einer Hautzelllinie des weißen Störes mit Synzytienbildung isoliert werden (HEDRICK et al.

1991).

Auch bei einem Klippenbarsch wurde eine herpesvirusbedingte Erkrankung beschrieben. Der erkrankte Fisch litt an einer Leberschwellung mit Hämorrhagien und massiven histologischen Veränderungen in Form von Synzytien, intranukleären Einschlußkörperchen, Ansammlungen von Monozyten, koagulierender Nekrose, Blutstauung und Thrombose. Die Leberveränderungen hatten einen entzündlichen Charakter. In den Kernen der Hepathozyten wurden herpesvirusähnliche Viruspartikel nachgewiesen (KENT u. MYERS 2000).

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2.3 Wirtsspektrum

Viele Herpesviren besitzen ein enges Wirtsspektrum (ROLLE u. MAYR 1993, DAVISON 2002). Dieses wird von einigen Autoren auch für das KHV vermutet.

BLOOM (1998) beschrieb die Erkrankung von Koi israelischer, chinesischer, japanischer und europäischer Herkunft. Bei Goldfischen, Stören und Nerflingen beobachtete er keine Krankheitssymptome. Ebensowenig konnten von anderen Autoren (HOFFMANN et al. 2000) bei Krankheitsausbrüchen in Teichen oder bei experimentellen Infektionen (BRETZINGER et al. 1999) Erkrankungen und Todesfälle unter Goldfischen, Stören, Schleien, Goldorfen, Grasfischen, Hechten oder Zandern beobachtet werden.

Auch ARIAV et al. (1999) und WALSTER (1999) bestätigten, das trotz der hohen Kontagiösität und Virulenz der Krankheit Morbiditäten und Mortalitäten auf die Spezies Cyprinus carpio beschränkt waren, wobei die am stärksten betroffenen Fische häufig eine Größe von 25-30 cm hatten (WALSTER 1999).

Im Gegensatz dazu beobachteten PERELBERG et al. (2003) bei experimenteller Infektion von Karpfen höhere Morbiditäten bei Fischen zwischen 2,5 und 6 g (92,5%) als bei adulten, durchschnittlich 230 g schweren Karpfen (56%). 99-100% der Fische, die mit Zellkulturvirus per injectionem oder über das Bad infiziert wurden, starben innerhalb von 14 Tagen. Virus, das vier Stunden vor dem Zusetzen von Fischen in das Wasser gegeben wurde, konnte noch Erkrankungen auslösen, Virus, das 21 Stunden vorher in das Wasser gegeben wurde, nicht. In diesen Studien kohabitierten PERELBERG et al. (2003) ebenfalls Tilapien, Silberbarsche, Silberkarpfen, Goldfische, Graskarpfen und Karpfen mit infizierten Karpfen. Um zu überprüfen, ob diese Fische das Virus auf andere Fische übertragen können, wurden einige der Fische nach Kohabitation mit naiven Karpfen zusammen gehalten. Fische aus den obengenannten Arten außer Karpfen überlebten die Kohabitation mit den infizierten Karpfen und lösten bei den naiven Karpfen auch keine Erkrankung aus. Die infizierten Karpfen konnten das Virus auf naive Karpfen übertragen, es kam zu einer Mortalität von 68% unter den naiven Karpfen. Aus diesen Beobachtungen schlossen die Autoren, dass das Koi Herpesvirus ein enges Wirtsspektrum besitzt.

Im Gegensatz zu den bisher zitierten Studien, in denen überlebende Fische nicht

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BERGMANN bei Karauschen mittels PCR KHV-DNA nachweisen, obwohl die Fische keine klinisch sichtbaren Krankheitsanzeichen oder Mortalitäten zeigten. KHV-DNA war bis zu einem Jahr p.i. in den Leukozyten detektierbar. Bei infizierten Goldfischen wurden KHV- DNA, mRNA und spezifische KHV-Proteine nachgewiesen, und es konnte Virus isoliert werden (siehe HAENEN u. HEDRICK 2006). DIXON gab zu bedenken, dass eine Übertragung des KHV auf Goldfische, Orfen und Schleien von ihm nicht bestätigt werden konnte (siehe HAENEN u. HEDRICK 2006).

HEDRICK et al. (2006) untersuchten die Empfänglichkeit von Koi, Karpfen, Goldfischen und Goldfisch-Karpfen-Hybriden für Infektionen mit dem CyHV-2 und CyHV-3. Hybride aus einem männlichen Goldfisch und einem weiblichen Karpfen entwickelten keine Mortalität nach experimenteller Infektion mit dem CyHV-2 und eine reduzierte Mortalität nach experimenteller Infektion mit dem CyHV-3. Die Autoren sahen darin eine Möglichkeit, die schweren Folgen der KHV-Infektion zu umgehen. Sie stellten aber auch fest, dass eine, wenn auch geringe, Restempfänglichkeit der Hybriden für das KHV besteht. Auf einer von den Hybriden abgeleiteten Zellkultur war ein Wachstum des KHV möglich.

SHAPIRA et al. (2005) führten Versuche durch, um durch Kreuzungen von zwei domestizierten Karpfenlinien mit einem KHV-resistenten Wildtyp des Karpfens KHV- resistente Fische zu selektieren. Die beiden domestizierten Karpfenlinien wurden mit dem Sperma des Wildtypkarpfens inokuliert. Die Wachstumsrate und Lebensmittelqualität einerseits und die Überlebensrate im Labor und im Teich nach KHV-Infektion durch Kohabitation mit KHV-infizierten Fischen wurden miteinander verglichen. Die Kreuzung der einen domestizierten Karpfenlinie mit dem Wildtyp bewirkte eine stark reduzierte Mortalität.

Die Kreuzung einer zweiten domestizierten Karpfenlinie mit dem Wildtyp und die Kreuzungen der domestizierten Linien untereinander brachten keine Vorteile.

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2.4 Epidemiologie

Die rapide globale Verbreitung des KHV wurde durch Ausstellungen von Koi, einen internationalen Fischhandel ohne Gesundheitsüberprüfungen und die intensive Aquakultur bedingt (GILAD et al. 2003). Besonders symptomlose Carrierfische stellen ein erhebliches Risiko für die weitere Verbreitung des KHV dar (GILAD et al. 2002, GILAD et al. 2003).

WALSTER (1999) und NEUKIRCH u. KUNZ (2001) bemerkten, dass die meisten Ausbrüche nach der Einführung neuer Fische in einen Bestand auftraten, dieses aber in einigen Fällen auch Monate oder sogar Jahre her sein konnte. Sie erklärten wie auch BLOOM (1999), dass die Einführung eines einzigen Fisches ausreichen würde. Selbst eine Quarantänehaltung konnte dieses teilweise nicht verhindern. Auch BRETZINGER et al.

(1999) konnten bei sieben von acht untersuchten KHV-Ausbrüchen in Koibeständen Neuzugänge als Auslöser ausmachen.

WALSTER (1999) argumentierte, dass gemäß israelischen Untersuchungen vermutet wurde, dass Fische, die einen KHV-Ausbruch überlebt haben, die Krankheit nicht auf andere empfängliche Fische übertragen können. Er stufte Kescher, Hände und Aerosole als alleinige mögliche Übertragungswege ein. Einen Befall mit der Karpfenlaus, Argulus sp., bekannt als Überträger viraler Infektionen, konnte er in 17 Fällen vor Ausbrüchen in Hobbyteichhaltungen bestätigen.

Expositionen empfänglicher Fische mit dem KHV, die außerhalb des permissiven Temperaturfensters von 16-28°C stattfanden, schienen häufig einen Carrierstatus zu induzieren, der bei einer Temperaturveränderung in den Bereich, der eine Virusvermehrung erlaubt, in einen akuten Ausbruch übergehen konnte (HEDRICK et al. 2000).

PERELBERG et al. (2003) vermuteten, dass das KHV über kontaminiertes Wasser übertragen werden könne, wo es mindestens vier Stunden lang infektiös blieb. Bei ihren Experimenten war die Mortalität bei einer Infektion über das Wasser höher als bei einer Infektion per injectionem und die Zeitspanne von der Infektion bis zum Auftreten erster Todesfälle war kürzer.

DISHON et al. (2005) wiesen das KHV, virale DNA und virales Antigen im Kot infizierter Fische nach. Die Autoren vermuteten Niere und Darm als vorrangigen Ort der

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Virusvermehrung, was sie zu einer virologischen Untersuchung von Kotproben bewog. Über das Bad infizierte Fische schieden ab dem fünften Tag p.i. KHV-DNA mit dem Kot aus. Bei i.p. infizierten Fischen konnte ab dem vierten Tag p.i. virale DNA im Darm der Fische nachgewiesen werden, virale DNA wurde ab dem fünften Tag mit dem Kot ausgeschieden.

Ab dem siebten Tag wurde infektiöses Virus mit dem Kot ausgeschieden.

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2.5 Klinik

Typisch für einen KHV-Ausbruch im Feld ist bei betroffenen Koi oder Karpfen eine Morbidität von 80-100% und eine Mortalität von 70-80% bei einem perakuten bis akuten Verlauf (WALSTER 1999, BRETZINGER et al. 1999). HOFFMANN et al. (2000) nannten gar eine Mortalität bis 100%. BRETZINGER et al. (1999) beschrieben die Eradikation gesamter Bestände innerhalb weniger Tage. Die Inkubationszeit ist stark temperaturabhängig und kann deshalb nicht genau angegeben werden. WALSTER (1999) nannte eine Inkubationszeit von typischerweise zwei bis drei Wochen, bei dem Einsetzen naiver Fische in einen erkrankten Bestand kann es aber bereits innerhalb von drei Tagen zum Auftreten von Krankheitsanzeichen kommen (WALSTER 1999). HOFFMANN (2001) nannte eine Inkubationszeit von wenigen Tagen, nach der innerhalb von ein bis zwei Tagen die Erkrankung auf alle Tiere übergriff.

Die meisten Ausbrüche treten laut WALSTER (1999) bei Temperaturen zwischen 20 und 23°C auf, wobei es innerhalb von 48 Stunden nach Ausbildung von Kiemenschäden zu Mortalitäten kommt. Insgesamt gab WALSTER (1999) ein Temperaturfenster von 15-28°C an, in dem es zu Ausbrüchen kommt. Er bemerkte, dass die Krankheit bei niedrigeren Temperaturen langsamer voranschritt und bei außergewöhnlich niedrigen oder hohen Temperaturen latent erschien. Äußerlich erkennbare Symptome können stark variieren und beinhalten einen Enophthalmus, eine vermehrte Schleimproduktion auf Haut und Kiemen, wobei bräunliche Schleimfäden aus den Kiemen heraushängen können, sowie gelegentlich auftretende Hämorrhagien der Haut. Im weiteren Verlauf treten eine verringerte Schleimproduktion mit der Ausbildung einer ,,Sandpapierhaut“ und eine Dyspnoe, die durch eine Kiemenschwellung und fokale oder ausgedehnte Nekrosen des Kiemengewebes hervorgerufen wird, zu Tage. Verhaltensabnormalitäten beinhalten Apathie, Flossenklemmen, Anorexie, ein bevorzugtes Aufhalten in strömungsschwachen Wasserzonen, Koordinationsverlust und eine sporadische Hyperaktivität mit ziellosem Herumschwimmen, wobei letztgenannte Symptome häufig nur von einem Teil der erkrankten Fische ausgebildet werden (BLOOM 1998, ARIAV et al. 1999, WALSTER, 1999). WALSTER (1999) beobachtete, dass eine Anorexie häufig schon bis zu zehn Tage vor dem Gewahrwerden anderer klinischer Symptome auftrat. HOFFMANN et al. (2000) beschrieben ebenfalls

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massive Kiemenschwellungen mit Verschleimung, Dyspnoe und Apathie. Sektionsbefunde waren selten auffällig und bestanden in vereinzelten petechialen Blutungen in Leber und Niere und einem Aszites (WALSTER 1999). Erkrankte Fische waren hochsensibel gegenüber zahlreichen Sekundärinfektionen parasitologischen, bakteriologischen und mykotischen Ursprungs (BLOOM 1998, ARIAV et al. 1999). Auch BRETZINGER et al. (1999) stellten fest, dass erkrankte Karpfen häufig von opportunistischen Parasiten befallen waren, besonders in der Kieme kam es zu hohen Befallsraten. In Verbindung mit der Vielzahl klinischer Symptome vermutete BLOOM (1998) daran den Zusammenbruch des Fischimmunsystems, weshalb er den Namen ,,koi immune system suppressing disease“ für die KHV-Infektion vorschlug. Die auf an dem KHV erkrankten Fischen parasitierenden Protozoen konnten durch Behandlungen mit Malachitgrünoxalat und Formalin nicht therapiert werden (BLOOM 1998, WALSTER 1999). Dasselbe Phänomen beobachteten CHANG et al. (2002) bei an dem Aalherpesvirus erkrankten europäischen Aalen, die eine Vielzahl von Kiemenwürmern in der Kieme trugen. Dass es sich bei der KHV-Infektion um eine hochinfektiöse Krankheit handelte, erkannte BLOOM (1998) an der Tatsache, dass die Einführung eines einzigen betroffenen Fisches in ein jahrelang bestehendes Ökosystem mit gesunden, immunkompetenten Fischen zu einem Krankheitsausbruch führte. WALSTER (1999) beobachtete, dass höhere Besatzdichten und eine mangelhafte Wasserqualität den Erkrankungsverlauf erschwerten.

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2.6 Pathogenese

Die Wassertemperatur bestimmt bei wechselwarmen Tieren über die Zeit bis zum Auftreten und die Schwere des Verlaufs von Virusinfektionen durch Beeinflussung der Virusvermehrung und des humoralen und zellulären Immunsystems des betroffenen Organismus (BLY u. CLEM 1992).

Die Wassertemperatur vermochte den Krankheitsverlauf stärker zu beeinflussen als die Viruskonzentration im Wasser (GILAD et al. 2003). Experimentell erwiesen sich Karpfen bereits für geringe Viruskonzentrationen (1,2 KID50/ml) als hochempfänglich. Koi wurden mit 1,2 KID50/ml bzw. 12 KID50/ml über das Bad infiziert und bei 13, 18, 23 und 28°C gehalten. Bei 28°C starben bei beiden Dosierungen 17 von 20 Fischen, die durchschnittliche Zeit von der Infektion bis zum Tod betrug neun bzw. sieben Tage. Bei 23°C starben 39 von 41 Fischen innerhalb von neun Tagen nach der Infektion, ohne dass ein Unterschied zwischen den verschiedenen Dosierungen erkennbar war. Bei 18°C starben 17 von 19 Koi bzw. 20 von 21 Koi innerhalb von 23 bzw. 18 Tagen. Fische, die bei 13°C gehalten wurden, zeigten keine Krankheitssymptome. Jeweils fünf von sechs Koi, die nach der Infektion über 30 Tage bei 13°C gehalten wurden, starben bei einer Anhebung der Wassertemperatur auf 23°C innerhalb von zwölf bzw. sieben Tagen. Koi, die nach der Infektion zwei Monate bei 13°C gehalten wurden, starben nach einer Anhebung der Wassertemperatur auf 23°C nicht. Es bestand bei den Fischen, die bei 23°C gehalten wurden, und den Fischen, deren Haltungstemperatur nach 30 Tagen bei 13°C auf 23°C angehoben wurde, kein signifikanter Unterschied in der Zeit von der Infektion bis zum Tod. Die Untersuchung offenbarte, dass eine im Frühjahr oder Sommer durch das KHV hervorgerufene Mortalität eine Aktivierung einer Virusinfektion darstellen kann, die bei Temperaturen anging, bei denen sich das Virus nicht vermehren konnte, und deshalb klinisch nicht zu Tage trat (GILAD et al. 2003).

Eine Infektion über das Bad, bei der bereits am ersten Tag p.i. virale DNA in Niere und Blut gefunden wurde, schien effektiver zu sein als die durch Kohabitation. Die Menge an Virus- DNA in der Niere stieg ab dem dritten und im Blut ab dem fünften Tag an. Die Niere schien das Organ zu sein, in dem sich das Virus am effektivsten vermehrte. KHV-DNA wurde regelmäßig in Kieme, Gastrointestinaltrakt und Leber experimentell infizierter Fische gefunden. Im Gegensatz dazu konnte im zentralen Nervensystem dieser Fische nicht

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regelmäßig virale DNA nachgewiesen werden (PIKARSKY et al. 2004). Deshalb vermuteten die Autoren, dass virale DNA hier nur in geringer Menge vorlag. Einige Herpesviren rufen während der Primärinfektion keine pathologischen Veränderungen im Nervengewebe hervor, können aber eine latente Infektion in Neuronen etablieren. Bisher ist unklar, ob dieses auch bei dem KHV zutrifft (GRAY et al. 2002).

Es ist bisher ungeklärt, ob das Virus durch Kieme oder Darm in den Körper eintritt (HEDRICK et al. 2000, PERELBERG et al. 2003). PIKARSKY et al. (2004) vermuteten, dass das Virus über die Kieme in den Körper gelangt und hier bei der Vermehrung zu einer Schleimhautschädigung und Nekrose führt, was sich in einer zunehmenden Morbidität des betroffenen Fisches äußert. Das Virus könnte dann von der Kieme ins Wasser freigegeben sowie über den Blutstrom in Leukozyten zur Niere transportiert werden.

GILAD et al. (2004) untersuchten die Menge an KHV-DNA bei virusexponierten Koi bei einer Haltung bei 13, 18, 23 und 28°C in Kieme, Niere, Milz, Leber, Gehirn, Darm und Hautschleim. Virale DNA wurde bei allen Temperaturen nachgewiesen. Bei 13°C traten, anders als bei den anderen Temperaturen, keine Mortalitäten auf. Die Zahl der KHV- Genomkopien wuchs mit dem Fortschreiten der Infektion und war bei höherer Haltungstemperatur größer. Der Nachweis viraler DNA in vielen Geweben bereits einen Tag p. i. offenbarte eine schnelle systemische Verbreitung im Organismus. Die höchsten DNA- Konzentrationen wurden in Kieme, Niere und Milz bei 23°C mit 108 bis 109 Genomäquivalenten pro 106 Wirtszellen gemessen. Auf dem Gipfel der Infektion lagen bei 18, 23 und 28°C 107 bis 109 Genomkopien pro 106 Wirtszellen vor. Große Mengen wurden auch in Hautschleim, Leber, Darm und Gehirn detektiert. Eine sequentielle Gewebeverteilung konnte nicht erkannt werden.

Ein bereits einen Tag p.i. erfolgender Nachweis großer Mengen KHV-DNA im Schleim ließ GILAD et al. (2004) vermuten, dass die Haut neben der Kieme in die frühe virale Pathogenese aktiv involviert ist. Eine Virusvermehrung in diesem Gewebe könnte die Hypersekretion von Hautschleim in frühen Infektionsstadien und die sandpapierartige Hauttextur zu späteren Zeitpunkten (BRETZINGER et al. 1999, HEDRICK et al. 2000, PERELBERG et al. 2003) erklären (GILAD et al. 2004). Die Autoren hielten es für möglich, dass von der Haut infektiöses Virus in das Wasser abgegeben wird. Die Rolle der Haut bei

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Herpesvirusinfektionen ist bei vielen Tieren inklusive der Fische bekannt (HEDRICK u.

SANO 1989). Eine initiale und auch persistierende Beeinträchtigung von Haut und Kieme konnte bei mit dem IcHV-1 infizierten Welsen, bei an Karpfenpocken leidenden Karpfen und bei an HVA erkrankten Aalen beobachtet werden (WISE et al. 1985, NUSBAUM u.

GRIZZLE 1987, SANO et al. 1993b, BAEK u. BOYLE 1996, KOBAYASHI u. MIYAZAKI 1997, LEE et al. 1999, GRAY et al. 1999b). GILAD et al. (2004) vermuteten, dass ein Verlust osmoregulatorischer Funktionen von Kieme, Darm und Niere zu den Mortalitäten beiträgt.

62 Tage p. i. trugen Koi noch geringe Mengen viraler Genomäquivalente in Kieme, Niere und Gehirn. Auch GOODWIN konnte mittels PCR bei 17% der Individuen einer Gruppe von vor vier Monaten infizierten Karpfen noch KHV-DNA nachweisen, während acht Monate p.i. bei keinem der infizierten Fische der KHV-Nachweis gelang (siehe HAENEN u. HEDRICK 2006).

Bei Gabelwelsen, die eine Infektion mit dem CCV überlebt hatten, konnte virale DNA vier Monate p.i. in Blut, Gehirn, Darm, Niere, Leber und peripheren Blutleukozyten nachgewiesen werden (SANO et al. 1993, GRAY et al. 1999b).

Bei Karpfen, die eine Infektion mit dem CyHV-1, dem die Karpfenpocken auslösenden Virus, überlebt hatten, konnte virale DNA 35 Wochen p.i. in Haut, Kieme, Gehirn, Kopf- und Spinalnerven, Oesophagus, Leber und Niere detektiert werden.

Durch den Nachweis der geringen Zahl an Genomkopien, die am 62. Tag p.i. nachgewiesen wurde, vermuteten GILAD et al. (2004), dass die Virusvermehrung eingestellt oder stark reduziert wurde. Der Nachweis viraler DNA in symptomlosen Fischen reicht nicht für den Beweis einer latenten oder persistierenden Infektion. Hierfür wird der Nachweis einer Übertragung des Viruses auf naive Fische oder einer stressinduzierten Virusreaktivierung benötigt (GILAD et al. 2004).

Von Koiproduzenten wird eine Exposition von Karpfen mit dem KHV bei nicht permissiven Temperaturen (geringer als 16°C oder höher als 28°C) genutzt, um eine Immunität gegen das Virus zu induzieren (RONEN et al. 2003). Es wird vermutet, dass die bei den hohen nicht- permissiven Temperaturen exponierten Fische eine spezifische Immunität erwerben, die vor einer Belastungsinfektion schützt (RONEN et al. 2003). Andere Autoren (NEUKIRCH

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2003b) befürchteten, dass durch dieses Vorgehen latent infizierte Virusträger geschaffen werden, die das Virus an naive Karpfen weitergeben können.

ST-HILAIRE et al. (2005) untersuchten, ob das KHV latente Infektionen etablieren kann.

Bisher war nur wenig über eine mögliche Latenz des KHV bekannt (GRAY et al. 2002, WALSTER 2003). Sie beobachteten eine mehrere Monate p.i. auftretende Virusreaktivierung.

Die Fische schieden bei Temperaturen oberhalb von 20°C infektiöses Virus aus und übertrugen das KHV auf naive Karpfen. Damit wiesen sie nach, dass dem KHV exponierte Karpfen persistierende Infektionen etablieren können. Diese Ergebnisse veranlaßten ST- HILAIRE et al. (2005), von einer Exposition naiver Karpfen mit dem Virus zur Erzeugung natürlich immuner Fische abzuraten, wenn diese Fische abgegeben und mit naiven Fischen zusammengehalten werden werden sollen. Dennoch werden weitere, tiefergreifende Studien zur Latenz des KHV benötigt (HEDRICK et al. 2006).

Die Latenz des equinen Herpesvirus-1 (EHV-1), des bovinen Herpesvirus-1 (BHV-1) sowie humaner Herpesviren wurde bereits gründlicher untersucht.

Das EHV-1 ruft aus einer lytischen Infektion der Endothelzellen der Blutkapillaren eine nekrotisierende Vaskulitis und Thrombose hervor. Aborte, Paresen und neonatale Fohlenverluste resultieren. Der Ursprung der Infektion scheint reaktiviertes EHV-1 aus latent infizierten Leukozyten zu sein. Die primäre EHV-1-Vermehrung im oberen Respirationstrakt und den lokalen Lymphknoten bewirkt eine leukozytenassoziierte Virämie. Darauf findet eine weitere Vermehrung auch in den Endothelzellen der Blutkapillaren des Zentralnervensystems und des trächtigen Uterus statt (PATEL u. HELDENS 2005). Sowohl vom eqinen Herpesvirus-1 als auch -4, dem Verursacher von respiratorischen Erkrankungen, ist bekannt, dass eine Latenz im Lymph- und Nervengewebe etabliert wird (WELSH et al. 1992, GIBSON et al. 1992, EDINGTON et al. 1994, SLATER et al. 1994). Das EHV-1 konnte bei infizierten SPF- und konventionellen Pferden durch Immunsuppression reaktiviert werden. Infektiöses Virus konnte bei mit Kortikosteroiden behandelten konventionellen Pferden immer in Leukozyten und nur gelegentlich im Nasensekret nachgewiesen werden (EDINGTON et al.

1985). Bei mit Kortikosteroiden oder Zyklophosphamiden behandelten SPF-Pferden wurden beachtliche Virusmengen im Nasensekret gefunden, ohne dass es zur Virämie kam oder

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Krankheitsanzeichen auftraten (SLATER et al. 1994). Eine spontane Virusausscheidung kann nach Krankheit, Kastration, Geburt oder einem Umstellen auftreten (BURROWS et al. 1984).

Das BHV-1 etabliert nach der initialen Replikation im Schleimhautepithel eine lebenslange, von T-Lymphozyten kontrollierte (SIMMONS et al. 1992) Latenz in den sensorischen Neuronen des Trigeminalganglions und den Pharyngealtonsillen (JONES et al. 2006). In periodischen Schüben, häufig nach natürlichem oder kortikosteroidinduzierten Stress, reaktiviert das BHV-1 und infektiöses Virus wird ausgeschieden (SHEFFY u. DAVIES 1972, ROCK et al. 1992). Das BHV-1 verursacht wie das KHV eine Immunsuppression, in deren Folge es zu bakteriellen Sekundärinfektionen kommt. Beim BHV-1 korreliert diese erhöhte Anfälligkeit gegenüber Sekundärinfektionen mit einer reduzierten zellvermittelten Immunität (CARTER et al. 1989).

Das Varizella-Zoster-Virus bildet nach der Primärinfektion eine Latenz in Ganglien aus. Eine Virusreaktivierung tritt vornehmlich bei älteren Menschen, Organtransplantatempfängern, Krebs- und AIDS-Patienten bei Absinken der zellvermittelten Immunität auf. Bei Untersuchungen an Astronauten wurde beobachtet, dass es während einer Raumfahrt zu einer subklinischen Reaktivierung des Varizella-Zoster-Virus kam (MEHTA et al. 2004). Ähnlich verhielt es sich mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV). Bei Astronauten stieg während und unmittelbar nach Weltraumfahrten die Zahl der EBV-Genomkopien im Speichel und EBV- spezifischer Antikörper im Blut (PIERSON et al. 2005).

Weitere Beweise für eine durch psychischen Stress hervorgerufene Virusreaktivierung lieferten GLASER et al. (1999). Sie untersuchten an einer Militärakademie den Einfluß von Trainingsstress während einem Basistraining für Kadetten und von dem finalen Prüfungsstress auf die Reaktivierung des EBV, Herpes-simplex-Virus-1 (HSV-1) und des humanen Herpesvirus-6 (HHV-6), dem Erreger des Dreitagefiebers. Weder beim HSV-1 noch beim HHV-6 konnte eine Virusreaktivierung durch das Training oder den Prüfungsstress nachgewiesen werden. Beim EBV kam es nicht durch das Training, aber den Prüfungsstress zu einer Virusreaktivierung.

Das HSV-1 kann während der frühen Kindheit eine latente Infektion in sensorischen Neuronen etablieren, die als Virusreservoir für rekurrierende Infektionen dient. Rekurriende Herpesvirusinfektionen resultieren häufiger aus einer Reaktivierung des latenten Virus als aus

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exogenen Reinfektionen. Nach einer Primärinfektion der Haut oder Schleimhaut tritt das HSV-1 in sensorische Neurone ein und gelang durch retrograden axonalen Transport zu den neuronalen Zellen des sensorischen Ganglions. Das Virus vermehrt sich in den sensorischen Neuronen und etabliert eine latente Infektion. Eine Virusreaktivierung kann zu einem anterograden Transport und einer Freisetzung von infektiösen Virionen in die Gewebe, die durch diese Neuronen innerviert werden, führen. Gelegentlich kommt es aber auch zu einem Transport zum zentralen Nervensystem, der zu einer lethalen Enzephalitis führen kann (KHANNA et al. 2004).

Hyperthermie-Stress kann bei latent mit dem HSV-1 infizierten Mäusen eine Virusreaktivierung induzieren und die Freisetzung von Kortikosteronen durch die Nebennieren durch Aktivierung der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Axe stimulieren. Wurden vor der Belastung der latent infizierten Mäuse Cyanoketone, Glukokortikoid-Synthesehemmer, verabreicht, wurde der stressinduzierte Anstieg von Kortikosteronen dosisabhängig blockiert. Die Hemmung der Kortikosteronsynthese korrelierte mit reduzierter Reaktivierung des HSV-1 (NOISAKRAN et al. 1998). In Primärzellkulturen von Trigeminalganglienzellen von latent mit HSV-1 infizierten Mäusen konnte innerhalb von 120 Stunden nach Hitzestress in 75% der Kulturüberstände infektiöses Virus nachgewiesen werden. Das HSV-1-Antigen erschien zuerst in den Neuronen, was anzeigte, dass die Neurone die Quelle der Reaktivierung waren. Die Verabreichung von Dexamethason konnte ebenfalls dosisabhängig eine Virusreaktivierung in der Zellkultur induzieren und bei der Verabreichung vor der Belastung mit dem Hitzestress konnte es die stressinduzierte Reaktivierung beschleunigen (HALFORD et al. 1996).

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2.7 Histologie

Histologische Untersuchungen offenbarten in vielen Organen von an KHV erkrankten Fischen unspezifische Entzündungsreaktionen. Das Kiemengewebe zeigte die ausgeprägtesten pathologischen Veränderungen (WALSTER 1999, HEDRICK et al. 2000).

Die histologische Untersuchung des Kiemengewebes offenbarte akute Epitheldegenerationen mit hydropischer Schwellung und mittelgradiger entzündlicher Reaktion. Es kam zu Proliferationen des respiratorischen Epithels mit zum Teil ausgedehnten Nekroseherden (HOFFMANN et al. 2000). Die Primärlamellen der Kieme waren massiv mit Lymphozyten infiltriert. In schweren Fällen traten eosinophile Granulozyten im Kiemenepithel auf. Die Spitzen der Primärlamellen unterlagen teilweise einer kompletten Nekrose und massenhaften Bakterienbesiedlung. Häufig wurde in der Kieme eine Ablösung des Epithels von der Basalmembran festgestellt (BRETZINGER et al. 1999, HOFFMANN et al. 2000). HEDRICK et al. (2000) bemerkten Hyperplasien, Hypertrophien und Nekrosen des Epithels und Verschmelzungen der Sekundärlamellen. Das Nierengewebe wies moderate Schäden auf. An KHV erkrankte Fische zeigten eine Nephritis mit Nekrosen des hämatopoetischen Nierengewebes. Bei einigen Fischen konnten in der Niere zwischen den Veränderungen des Interstitiums auch Nekrosen und Synzytien der Tubulusepithelzellen nachgewiesen werden (HEDRICK et al. 2000, HOFFMANN et al. 2000). Es bestanden teilweise massive Lymphozyteninfiltrationen in Leber und Pankreas. Nekrotische Herde traten auch in der Darmschleimhaut auf. Häufig wurde in der Haut zusätzlich zu einer Ablösung des Epithels von der Basalmembran ein Verlust der spezialisierten Zellen wie Schleimzellen und Clubzellen nachgewiesen (BRETZINGER et al. 1999). HEDRICK et al. (2000) diagnostizierten eine Splenitis mit Nekroseherden im Parenchym, die sich über einzelne Zellen oder Zellverbände erstreckten, moderate bis ausgeprägte Nekrosen der Drüsenzellen des Pankreas und eine milde bis schwere Enteritis. Das Epithel der Maulhöhle zeigte Hyperplasien und Nekroseherde. HOFFMANN et al. (2000) beobachteten eine Milzatrophie und submuköse Infiltrate in den vorderen Darmabschnitten. In den makroskopisch unauffälligen inneren Organen wurden von ihnen vereinzelt in Leber und hämatopoetischem Gewebe der Milz einzelne bis zu fünf Zellen umfassende Nekroseherde gefunden.

Entzündungsbedingte Veränderungen konnten bei einem Teil der untersuchten Fische auch in Gehirn und Ganglienzellen gefunden werden (WALSTER 1999).

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PIKARSKI et al. (2004) diagnostizierten bereits am zweiten Tag p.i. eine interstitielle Nephritis, die sich innerhalb der nächsten Tage verschlimmerte. Ab Tag sechs kam es zu einer Blutstauung, ab Tag acht zu massiven Entzündungszellinfiltraten. In vielen Nephronen traten Degenerationen des Tubulusepithels auf. Pathologische Kiemenveränderungen in Form von einem Verlust von Sekundärlamellen und Entzündungszellinfiltraten traten ab dem zweiten Tag p.i. auf. Ab Tag sechs p.i. verstärkten sich die Kiemenschäden, es kam zu einem kompletten Zusammenbruch der Kiemenarchitektur und schweren Entzündungsreaktionen in fast allen Organen. Die Leber zeigte schwache Entzündungszeichen, die vor allem im Parenchym auftraten, während die histologische Untersuchung des Zentralnervensystems fokale meningeale und parameningeale Entzündungen offenbarte.

Für Herpesviren typische eosinophile intranukleäre Einschlußkörperchen beobachteten BRETZINGER et al. (1999), ARIAV et al. (1999), HOFFMANN et al. (2000) und HEDRICK et al. (2000) in nekrotischem oder degeneriertem Kiemen- und Maulhöhlenepithel, Milzparenchym und hämatopoetischem Nierengewebe.

Durch transmissionselektronenmikroskopische Untersuchungen konnten herpesvirusähnliche Partikeln in den Zellkernen und dem Zytoplasma von Kiemenepithelzellen, in Darm, Hepathozyten und zirkulierenden Leukozyten detektiert werden (BRETZINGER 1999, HEDRICK et al. 2000, HOFFMANN et al. 2000, PERELBERG et al. 2003).

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