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Vorkommen und Verbreitung des Koi Herpesvirus und anderer Herpesviren16

Die durch das KHV hervorgerufene Krankheit wurde 1998 nach unkontrollierten Einfuhren von Koi aus Europa in Israel und den USA sowohl bei Koi, der farbigen Fariante des Karpfen, als auch bei gewöhnlichen Karpfen, das erste Mal diagnostiziert (ARIAV et al.

1999). In einigen Ländern breitete sich das KHV durch intensiven Fischverkehr rasant aus, so waren zum Beispiel bis Ende 2000 bis zu 90% der israelischen Fischfarmen infiziert. Der israelischen Aquakultur entstanden jährliche Verluste von 300 Millionen US $ (PERELBERG et al. 2003). BLOOM (1998), WALSTER (1999), BRETZINGER et al. (1999) und HOFFMANN (2001) vermuteten, dass die Erkrankung bereits seit einigen Jahren bei Koi auftrat. Mittlerweile ist das KHV weltweit verbreitet, Krankheitsausbrüche wurden beispielsweise in Deutschland, Österreich, Belgien, Dänemark, Frankreich, Italien, den Niederlanden, der Schweiz, dem Vereinigten Königreich, Polen, Indonesien, Japan, Südafrika, Taiwan, den USA und Thailand beobachtet (HAENEN et al. 2004). Histologische (ARIAV et al. 1999), elektronenmikroskopische (BRETZINGER et al. 1999) und virologische Befunde (HEDRICK et al. 2000) zeigten, dass es sich bei dem Erreger um ein bisher noch unbekanntes Herpesvirus handelt. Die Erstisolation erfolgte 1998 in den USA durch HEDRICK und Mitarbeiter. Ein molekularer Vergleich von sechs verschiedenen KHV-Isolaten offenbarte eine starke Übereinstimmung. Deshalb wurde angenommen, dass es sich um die rapide Verbreitung eines einzigen Virusisolates handelte (GILAD et al. 2003). ST-HILAIRE et al. (2005) wiesen nach, dass das KHV eine Latenz etablieren kann, in der die Nachweisbarkeit nicht gegeben ist, und das KHV deshalb durch den unreglementierten Handel mit lebenden, symptomlosen Fischen so rasant verbreitet werden konnte.

Der Name der Virusfamilie, der das KHV zugeordnet wird, wurde von ,,herpein“, dem griechischen Ausdruck für kriechen abgeleitet, nachdem man erkannt hatte, dass die durch das Herpes simplex-Virus ausgelösten Herpesbläschen immer wiederkehren können (ROLLE u. MAYR 1993). Gemeinsame Merkmale vermutlich aller Herpesviren sind die lebenslange Persistenz im Organismus, die Latenz (FRASER et al. 1981, ROCK u. FRASER 1983, DAVISON 2002) und wiederkehrende Erkrankungen (KIRCHNER 1982).

Das Genom der Viren kann in das Zellgenom bestimmter Zellen integrieren. Diese okkulten Infektionen lassen sich durch Stressoren oder eine Immunsuppression aktivieren, das Provirus wird erneut exprimiert (ROLLE u. MAYR 1993). Herpesviren konnten von fast allen diesbezüglich untersuchten Tierarten als Erreger sowohl seuchenhafter Krankheiten als auch latenter Infektionen isoliert werden. Die Vielzahl der Virusarten mit über 100 Spezies macht die Familie der Herpesviren zu einer der zahlenmäßig größten im System der Viren. Nur der betriebene Aufwand der Suche nach Herpesviren und der Stand der Technik scheint die Zahl der bekannten Spezies zu begrenzen. Auffällig ist die Vielfalt der von den verschiedenen Herpesviren bevorzugt befallenen Zell- und Organsystemen und der resultierenden Krankheitsbilder. Neben Haut und Schleimhäuten von Respirations- und Genitaltrakt sind häufig Nieren und Zentralnervensystem, lymphatische Organe und Immunzellen betroffen.

Folgen sind Allgemeinerkrankungen, Aborte, Tumor- und Autoimmunkrankheiten (ROLLE u. MAYR 1993).

Herpesviren stellen einen spektakulären evolutionären Erfolg dar. Jedes Herpesvirus ist eng mit einer einzigen Wirtsspezies verbunden, an die es sehr gut adaptiert ist. In immunkompetenten Individuen werden selten schwere Krankheiten ausgelöst. Einzelne hochpathogene Exemplare der Menschen und Nutztiere sind das Resultat eines durch menschliche Aktivität gestörten ökologischen Gleichgewichtes (DAVISON 2002).

Herpesviren sind die am häufigsten vorkommenden DNA-Viren bei den Knochenfischen (HEDRICK et al. 1990). Nur ein kleiner Teil dieser Herpesviren löst ernsthafte Erkrankungen aus (WOLF 1988). Bei den papillomatösen, ulzerativen, hyper- oder neoplastischen Hautveränderungen, die häufig im Verlauf von Herpesvirusinfektionen der Fische auftreten (HEDRICK u. SANO 1989), könnte es sich um Zeichen einer Virusreaktivierung handeln (KIMURA et al. 1981b).

Herpesviren konnten bei Regenbogenforelle (Oncorhynchus mykiss), Haken- bzw. Nerkalachs (Oncorhynchus nerka), Kirschenlachs (Oncorhynchus masou), Coholachs (Oncorhynchus kisutch), getüpfeltem Gabelwels (Ictalurus punctatus), schwarzem Katzenwels (Ictalurus melas), Karpfen (Cyprinus carpio L.), Goldfisch (Carassius auratus), amerikanischem Zander (Stizostedion vitreum), europäischem Aal (Anguilla anguilla), japanischem Aal

(Anguilla japonica) und weißem Stör (Acipenser transmontanus) durch Virusisolation nachgewiesen werden (ROBERTS 2001).

Ein Nachweis durch elektronenmikroskopische Untersuchungen konnte bei Karpfen, Goldorfe (Leuciscus idus), pazifischen Kabeljau (Gadus macrocephalus), Hecht (Esox lucius), Steinbutt (Scophthalmus maximum L), Waller (Silurus glanis), Katzenhai (Mustelus canis), Stint (Osmerus eperlanus), Seeforelle (Salvelinus namaycush), atlantischem Lachs (Salmo salar), Altumskalar (Pterophyllum altum), japanischer Flunder (Paralichthys olivaceus) und Sardine (Sardinops sagax) geführt werden (ROBERTS 2001).

Durch Herpesviren hervorgerufene systemische Erkrankungen wie beim KHV treten bei getüpfeltem Gabelwels, Goldfisch, Salmoniden, Aal, Sardine und Steinbutt auf (ROBERTS 2001).

Die Herpesvirusinfektion des getüpfelten Gabelwelses, das „channel catfish virus“ (CCV), tritt vor allem in südamerikanischen Aquakulturen auf. Das CCV verursacht bei Jungfischen innerhalb eines Temperaturfensters von 22-30°C Erkrankungen, die häufig mit Stresssituationen assoziiert sind (PLUMB 1978, GRAY et al. 1999). Die Übertragung erfolgt horizontal und vertikal. Überlebende Gabelwelse bleiben lebenslang Virusträger und – ausscheider. Wie beim KHV ist die Mortalität stark von der Wassertemperatur abhängig. Bei 28°C kann sie bis 100% betragen, bei 19°C wurde eine Mortalität von 24% beobachtet (PLUMB 1973). Erkrankte Fische zeigen Exophthalmus, Orientierungslosigkeit, Apathie und Aszites. Durch hämorrhagische Diathesen in Haut, Flossenansätzen, Serosen, Organen und Muskulatur resultiert häufig eine Anämie. Vor allem in Kopfniere, Milz, Gastrointestinaltrakt, Skelettmuskulatur, Pankreas, Nervengewebe, dem exkretorischen Nierengewebe und Leber, wo massenhaft Viruspartikel nachgewiesen wurden, treten Nekrosen auf. Es kommt zu Elektrolytdysfunktionen und nichteitrigen Enzephalitiden (GRAY et al. 1999a).

Bei experimenteller Infektion über das Bad erwies sich drei bis acht Tage alte Welsbrut am resistentesten, danach nahm die Empfänglichkeit zu. Eine schützende Immunität nach dem Überleben einer Infektion erwarb die Brut erst ab einem Alter von 60 Tagen (HANSON et al.

2004).

Das CCV tritt durch Kieme oder Darm in den Körper ein und konzentriert sich in Darm, Leber und Niere (PLUMB 1971, NUSBAUM u. GRIZZLE 1987, HEDRICK et al. 1987b).

KANCHARLA u. HANSON (1996) fanden infektiöses CCV einen Tag nach einer Infektion über das Bad in Kieme, Haut, Vorderniere und Darm. Am zweiten Tag p. i. war es auch in Leber und Milz nachweisbar. Der Virusgehalt der Organe war am dritten Tag am höchsten.

Vom zweiten bis vierten Tag befand sich infektiöses Virus im Haltungswasser. CCV-DNA lag während des zwölf Tage dauernden Experimentes im Haltungswasser vor.

Nach experimenteller Infektion von Welsbrut über eine Immersion tritt das CCV über die Kieme in den Körper ein und verteilt sich sehr schnell im Körper. Infektiöses Virus und virale DNA kann 24 Stunden p.i. in vielen Geweben, wie Haut, Niere, Leber, Darm und Milz nachgewiesen werden (NUSBAUM u. GRIZZLE 1987).

STINGLEY et al. (2003) wiesen eine während der ersten Tage p. i. stattfindende Vermehrung des CCV in Blut, Gehirn, Niere und Leber nach. 24 Tage p.i. konnten sie keine Anhaltspunkte für eine stattfindende Virusvermehrung mehr erhalten.

Während bei klinisch erkrankten Gabelwelsen die Isolation des Virus anders als beim KHV nicht schwierig ist, konnte bis 1981 das Virus nicht aus symptomlosen Fischen isoliert werden. Bis dahin wurde der Antikörpernachweis zur Detektion von CCV-exponierten Fischen genutzt. Bei einer drei Wochen vor der Fortpflanzungszeit erfolgten kortikosteroidinduzierten Immunsuppression konnten adulte Virusträger durch einen Immunfluoreszenztest erkannt werden (PLUMB et al. 1981). Dies war der erste Hinweis auf das Vorliegen von CCV-Antigenen in Geweben adulter Welse. 1996 entwickelten BEAK u.

BOYLE eine Polymerasekettenreaktion (PCR)-gestützte Nachweismethode zur Detektion von latentem CCV aus Blutproben adulter, symptomloser Welse. GRAY et al. (1999b) gelang bei experimentell mit CCV infizierten Welsen 140 Tage p.i. der Nachweis von CCV-DNA in Blut, Gehirn, Darm, Niere, Leber und peripheren Blutleukozyten. Die Autoren vermuteten, dass das CCV eine latente Infektion in Lymphozyten etablieren kann. Infektiöses CCV konnte aus Leukozyten symptomloser adulter Welse, die mit Dexamethason immunsupprimiert wurden, kultiviert werden. Die immunsupprimierten Fische hatten keine detektierbaren Antikörper gegen das CCV (BOWSER et al. 1985). WISE et al. (1985) detektierten in einer Welspopulation ohne CCV-Vorgeschichte in der Leber von jedem der untersuchten 22 symptomlosen adulten Fische CCV-Nukleinsäuren. Bei der Untersuchung eines zweiten Bestandes, der sich aus Überlebenden eines fünf Jahre zuvor aufgetretenen CCV-Ausbruches

zusammensetzte, konnte bei elf von 14 Welsen CCV-DNA mit unterschiedlicher Gewebeverteilung gefunden werden. Basierend auf vorigen Untersuchungen an Herpesviren würde man erwarten, latentes Herpesvirus im Nervengewebe zu finden (BASTIAN et al.

1972, FRASER et al. 1981, ROCK u. FRASER 1983). Der Nachweis von CCV-DNA gelang hier aber nur unregelmäßig. Während man den Nachweis von latentem CCV in den Organen so erklären kann, dass das Virus dort nicht in dem Organ per se auftritt, sondern in dem peripheren Nervensystem, durch das das Organ innerviert wird, fehlt eine Erklärung für den Fund von CCV-DNA in roten Blutkörperchen (WISE et al. 1985).

DAVIS et al. (2002) untersuchten den Effekt von haltungsbedingtem Stress auf die Empfänglichkeit der Welse für eine Infektion mit dem CCV. Die Mortalität hing von der Infektionsdosis ab, ein Effekt eines vorausgehenden Crowding-Stresses konnte nicht beobachtet werden. Das Fehlen eines Effektes erklären DAVIS und Mitarbeiter mit einem Schutz durch ein induzierbares System, das durch den Stressor nicht beeinflusst wurde, oder damit, dass die letalen Wirkungen des Virus zu schnell voranschritten, um von dem Stressor beeinflusst werden zu können. Ebensowenig konnte eine Fütterung von 100 bzw. 200 mg Kortison/kg Futter die Mortalität einer experimentellen CCV-Infektion nicht beeinflussen (DAVIS et al. 2003). THOMPSON et al. (2005) stellten fest, dass latentes CCV von infizierten Elterntieren vertikal auf den Nachwuchs übertragen wird und subklinische Übertragungen des CCV vorkommen.

BIRD et al. (1988) folgerten daraus, dass sie CCV-RNA in Gewebe von latent infizierten Welsen nachweisen konnten, dass das CCV Genom während der Latenz transkribiert wird.

Bei Goldfischen traten seit 1992 in Japan Epizootien mit hohen Mortalitäten auf (JUNG u.

MIYAZAKI 1995). Das verursachende Herpesvirus wurde als Virus der hämatopoetischen Nekrose der Goldfische bezeichnet, es handelte sich um das zweite beschriebene Herpesvirus der Cypriniden (CyHV-2). Auch in Australien, Taiwan und den USA kam es zu Ausbrüchen (STEPHENS et al. 2004). Erkrankte Goldfische zeigten Apathie, Aszites, Spleno- und Nephromegalie. Krankheitsausbrüche wurden wie beim KHV bei Fischen aller Altersklassen bei Temperaturen zwischen 15 und 25 °C beobachtet. Die Mortalität ist in der Regel hoch (JUNG u. MIYAZAKI 1995). STEPHENS et al. (2004) und JUNG u. MIYAZAKI (1995) berichteten von Nekrosen des hämatopoetischen Gewebes der Milz und der ortsansässigen

Lymphozyten, des Thymus und der Niere, in Pankreas und Darmschleimhaut sowie Hyperplasien, Hypertrophien und vereinzelten Nekrosen des Kiemenepithels. Zusätzlich traten fokale Hyperplasien des Epithels der Haut mit Verlust der Schleimzellen auf. Die Nekrosen des hämatopoetischen Gewebes lagen regelmäßig vor, während Haut, Kieme und Darm nicht regelmäßig affektiert waren. Die Haut- und Kiemenveränderungen ähnelten denen, die bei der KHV-Infektion zu Tage treten. Auch bei dem CyHV-2 geht man davon aus, dass es latente Infektionen ausbildet und es nach Stresssituationen zu Ausbrüchen kommt (STEPHENS et al. 2004). Das CyHV-2 erwies sich als apathogen für Karpfen (JUNG u.

MIYAZAKI 1995). Es zeigte bezüglich der Vermehrungsfähigkeit und des Wachstums in der Zellkultur Ähnlichkeiten mit dem CyHV-1. 2006 wurde von GOODWIN et al. eine quantitative PCR-Methode zur Detektion des CyHV-2 beschrieben, das bis dahin lediglich durch histologische und elektronenmikroskopische Untersuchungen diagnostiziert wurde. Das CyHV-2 läßt sich zwar isolieren, stellt sein Wachstum aber nach der vierten Passage in vitro ein (JUNG u. MIYAZAKI 1995). Bei symptomlosen, infizierten Goldfischen schwankte die Menge an viraler DNA, die die Fische latent in sich trugen, erheblich. Die größte Menge viraler DNA wurde in Milz und Niere nachgewiesen. Häufig lag virale DNA in Leber, Gonaden, Schwimmblase und Gehirn vor (GOODWIN et al. 2006).

In Nordamerika kommen zwei Herpesviren bei Salmoniden vor.

1975 wurde das Herpesvirus salmonis (HPS) aus der Ovarialflüssigkeit adulter Regenbogenforellen bei Mortalitäten nach der Fortpflanzungszeit isoliert. Unter Forellenbrut, aber auch der Brut einiger anderer Salmoniden, ruft es hohe Verluste hervor (WOLF et al.

1978). Es schädigt neben einer Reihe von Organsystemen besonders die Leber. Das HPS vermehrte sich auf der Regenbogenforellengonadenzelllinie RTG-2 bei 5 und 10°C, also bei Temperaturen, die tiefer liegen als die routinemäßig für die Virusanzucht bei Kaltwasserfischen eingesetzten. Hier führte es wie das KHV zur Bildung von Synzytien mit intranukleären Einschlußkörperchen (WOLF et al. 1978). 1986 wurde das relativ avirulente steelhead herpesvirus (SHV) aus der Ovarialflüssigkeit von geschlechtsreifen anadromen Regenbogenforellen isoliert.

Vier Herpesviren wurden in Japan bei Salmoniden isoliert.

Das Nerkavirus des Towada lake in der Akita Aomori Prefektur (NeVTA) wurde 1976 aus moribunder Brut des Nerkalachses isoliert. Seit 1970 war es hier jedes Jahr im Sommer zu hohen Mortalitäten gekommen. Betroffene Fische zeigten Dunkelfärbung, Apathie und Anorexie (SANO 1976).

Das 1978 aus einem symtomlosen adulten Kirschenlachs isolierte „Oncorhynchus masou virus“ (OMV) (KIMURA et al. 1981a) ruft Mortalitäten unter der Brut des Ketalachses, Kirschenlachses, Nerkalachses, Coholachses und der Regenbogenforelle hervor (TANAKA et al. 1984). Es verursacht bei mehr als 60% der eine experimentelle Infektion überlebenden Fische epitheliale Tumore (KIMURA et al. 1981b).

Das aus Basalzellen eines im Maul eines Kirschenlachses vorkommenden Tumors isolierte

„Yamame tumor virus“ (YTV) ähnelt serologisch dem NeVTA (SANO et al. 1983). Das YTV wurde danach ebenfalls aus der Ovarialflüssigkeit eines Kirschenlachses isoliert (HAYASHI et al. 1986).

1988 wurde ein Herpesvirus aus Leber, Niere und Neoplasien des Coholachses isoliert, dass die Coholachskultur ökonomisch stark schädigte. Betroffene Fische hatten Hautulzerationen, weiße Punkte auf der Leber und Neoplasien an Maul und Körper.

Serologische Vergleiche zeigten, dass das japanische OMV, YTV und NeVTA eng miteinander verwandt sind, sich aber von den sich ähnelnden nordamerikanischen HPS und SHV unterscheiden (HEDRICK et al. 1987). Somit wurde vermutet, dass es sich bei den beiden Virusgruppen nicht um eine Verschleppung durch infizierte Eier oder Fische zwischen den Kontinenten handeln könne (HEDRICK et al. 1987).

Beim Stint traten während der Laichzeit in mehreren Seen in New Hampshire mit einer Prävalenz bis zu 30% nichtinvasiv wachsende epidermale Tumore auf (HERMAN et al.

1997). Aufgrund dem Vorkommen bei sexuell aktiven Fischen vermuteten die Autoren, dass Hormone das Virus demaskieren, Immunantworten unterdrücken oder direkt das Epithel zum unkontrollierten Wachstum anregen.

Herpesviren besitzen seit einiger Zeit auch für Aalaquakulturen und den Aalbestand in natürlichen Gewässern klinische Relevanz. In Asien wurde das Herpesvirus anguillae (HVA) 1985 bei japanischen und europäischen Aalen mit Haut- und Kiemenblutungen und Nekrosen

der Haut, Kieme und Leber isoliert (SANO et al. 1990b). Das später in Taiwan bei japanischen Aalen mit Hautveränderungen von UENO et al. (1992) nachgewiesene, dem HVA sehr ähnliche Eel Herpesvirus in Formosa (EHVF) löste auch bei Karpfen nach experimenteller Infektion die typischen Krankheitssymptome aus. 1999 beschrieben LEE et al. das Auftreten einer HVA-bedingten Kiemen- und Hauterkrankung bei japanischen Aalen mit einem für ein Herpesvirus untypischen Tropismus für Fibrozyten und Fibroblasten der Haut und Kieme. Auch in Europa wurde das HVA bei erkrankten und symptomlosen Aalen aller Altersstufen (BEKESI et al. 1986, JOERGENSEN et al. 1994, DAVIDSE et al. 1999) nachgewiesen. Durch den Nachweis einer durch exogenen oder endogenen Stress ausgelösten Virusreaktivierung bei symptomlosen Aalen wurde bestätigt, dass das HVA eine Latenz etablieren kann (VAN NIEUWSTADT et al. 2001). Das HVA vermehrt sich auf der Aalnierenzelllinie „eel-kidney-1“ (EK-1). Die Regenbogenforellengonadenzelllinie

„rainbowtrout gonad-2“ (RTG-2)-, die Zelllinie der Dickkopfelritze „fathead minnow“

(FHM)- und die Karpfenepithelzelllinie „Epithelioma papulosum cyprini“ (EPC) sind nur wenig empfänglich (HAENEN et al. 2002). Erkrankte Aale zeigen häufig eine intensive Rötung im Bereich des Kopfes, weshalb die Krankheit auch als ,,Rotkopfkrankheit“

bezeichnet wird. Zusätzlich können Hämorrhagien an Flossenansätzen, Bauch, Fettgewebe und Kiemendeckeln sowie Ulzerationen bestehen (DAVIDSE 1999). Wie an KHV erkrankte Karpfen leiden erkrankte Aale an Freßunlust. Es können Leber-, Milz- und Nierenschwellungen und Aszites bestehen. Die Morbidität ist in der Regel hoch, die Mortalität liegt häufig unter 10% (SANO et al. 1990b, LEE et al. 1999), in Verbindung mit haltungsbedingtem Stress kann sie aber hoch sein (VAN NIEUWSTADT et al. 2001, HAENEN et al. 2002).

Die meisten Ausbrüche des HVA treten bei 23-26°C auf. Bei einem Abfallen der Temperatur sinkt die Mortalität in der Regel geringgradig. Da sich das HVA in vitro bei 20°C nicht wesentlich schlechter vermehren lässt als bei 26°C, ging VAN NIEUWSTADT davon aus, dass es sich hierbei um ein immunologisches Phänomen handelt (HAENEN et al. 2002).

Beim HAV wird die Kieme als Eintrittspforte des Virus erwogen (HAENEN et al. 2002).

Wie beim KHV kommt es bei HVA-infizierten Aalen mit herdförmigen Nekrosen zu den ausgeprägtesten Veränderungen im Kiemengewebe. Die Kiemenlamellen zeigten

Hämorrhagien und Blutstauungen, die Spitzen der Sekundärlamellen Nekrosen und Entzündungen des Bindegewebes und des zentralen Sinus der Lamellen. An der Haut kam es zu Epithelhyperplasien mit intrazytoplasmatischen Einschlußkörperchen. Das subkutane Bindegewebe der Bauchflossen war nekrotisiert, es bestanden ausgeprägte Hämorrhagien und Entzündungszellinfiltrationen. In der Leber waren Schwellungen und Atrophien der Hepatozyten erkennbar, in der Niere Schwellungen der Tubulusepithelzellen und in der Milz erniedrigte Erythrozytenzahlen, während die Sinusoide leer und dilatiert waren.

Makrophagenanhäufungen fanden sich in Leber, Niere und Milz (LEE et al. 1999, CHANG et al. 2002). Bei japanischen Aalen wurden nekrotische Fibrozyten in Haut, subkutanem Fettgewebe und Muskulatur, begleitet von Nekrosen der Melanozyten mit Entzündungszellinfiltration beobachtet. In Fibrozyten und mesenchymalen Zellen konnten Herpesviruspartikel nachgewiesen werden. (KOBAYASHI und MIYAZAKI 1997).

Durch in situ Hybridisierung konnten SHIH et al. (2003) HVA-spezifische Nukleinsäuren in Melanomakrophagen der Haut, Leber, Milz und Niere nachweisen. HVA-infizierte Fibrozyten lagen in Kieme und Leberzellen vor. HAENEN et al. (2002) stellten fest, dass sich das HVA aus der Kieme häufiger isolieren ließ als aus einem Pool aus Niere, Milz und Leber.

Auch bei Sardinen wurden herpesvirusbedingte Erkrankungen beschrieben. 1995 und 1998 traten im Süden Australiens massenhafte Mortalitäten auf. Sie breiteten sich in dem betroffenen Küstenabschnitt mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 30 Kilometer pro Tag, was ungefähr der maximalen Schwimmgeschwindigkeit der Sardinen entspricht, aus und erreichten auch Neuseeland. Die Mortalität hielt an einzelnen Lokalitäten meistens nur wenige Tage an (MURRAY et al. 2001). Die Erkrankung verbreitete sich sowohl mit als auch entgegen den Strömungen und betraf gewöhnlich Fische ab einer Körperlänge von 11 cm. In der Kieme konnte ein Herpesvirus nachgewiesen werden. Durch die Lyse der Kiemenepithelzellen wurden die sich hier vermehrenden Herpesviren freigesetzt (HYATT et al. 1997).

Subklinische stressbedingte Herpesvirusinfektionen bei jungen Steinbutt wurden durch elektronenmikroskopische Untersuchungen nachgewiesen (HELLBERG et al. 2002). Die Virionen waren im Epithel von Haut und Kieme lokalisiert. Erkrankungen, die durch das Herpesvirus scophthalmi verursacht wurden und sich in hoher Lethalität, Lethargie,

Anorexie, Inkoordinationen, Ödemen, Aszites und einem gelegentlichen Rektalprolaps äußerten, wurden schon 1978 im Vereinigten Königreich von BUCHANAN und MADELY und 1994 in Dänemark von BLOCH und LARSEN bei jungen Steinbutt beschrieben.

Onkogene Herpesviren, die einen anderen Zelltropismus besitzen und epidermale Proliferationen verursachen (LEE et al. 1999), sind bei Karpfen, Goldorfe, Steinbutt, amerikanischem Zander, Seeforelle, pazifischem Kabeljau, Waller, Stint, Hecht, Kirschenlachs und japanischen Aal beschrieben worden.

Bei den seit dem Mittelalter bekannten Karpfenpocken handelt es sich um wachsartige epidermale Tumore, die saisonabhängig auftreten. SCHUBERT (1964 und 1966) beschrieb die Gewebeveränderungen und die in den Tumoren nachgewiesenen Viruspartikel, die sich ihm durch transmissionselektronenmikroskopische Untersuchungen offenbarten. Erst Anfang der 80-er Jahre gelang die Isolation eines Herpesvirus aus dem papillomatösen Gewebe (SANO et al. 1985). Es wird als Herpesvirus cyprini bzw. cyprinides Herpesvirus-1 (CyHV-1) bezeichnet. Erkrankte Karpfenbrut zeigt Koordinationsstörungen, Apathie, Anorexie, Aszites, Exophthalmus, Dunkelfärbung und Hämorrhagien an Bauch und Kiemendeckeln. Die Ausbildung der Karpfenpocken verläuft bei Karpfenbrut schneller als bei über ein Jahr alten Karpfen, die Lokalisation ist aber dieselbe (SANO et al. 1991). Das saisonale Auftreten der Karpfenpocken rührt vermutlich von einer Reaktivierung des latenten Virus im Nervengewebe nach einer Immunsuppression durch niedrige Temperaturen oder andere Stressfaktoren her (MORITA u. SANO 1990, SANO et al. 1993). Das CyHV-1 verursacht bei experimenteller Infektion von Karpfenbrut bis zu einem Alter von einem Monat Mortalitäten, nicht aber bei der Brut von Karauschen, Graskarpfen oder der Rotflossenorfe. Von letztgenannten Fischen konnte kein Virus reisoliert werden und Neoplasien wurden nicht ausgebildet (SANO et al. 1991). Erkrankte Karpfenbrut litt an ausgedehnten Nekrosen des Leberparenchyms mit Bildung von Einschlußkörperchen und ballonierender Degeneration der Hepathozyten, einer nekrotischen Nephritis und Nekrosen der Darm- und Oesophagusschleimhaut. Die zellulären Veränderungen der Leber ähnelten den Leberveränderungen bei Herpes simplex-Virus-1 (SANO et al. 1990). Beim CyHV-1 gelang die Isolation des Virus nur aus den Neoplasien, nie aus inneren Organen oder Blut.

Virusantigen allerdings konnte von Tag 2 bis 21 p. i. in Kieme, Leber, Niere und Darm

nachgewiesen werden und nicht mehr in Gehirn, Kieme oder anderen inneren Organen (SANO et al. 1991).

STEINHAGEN et al. (1992) beschrieben bei acht Monate alten Goldorfen epidermale Hyperplasien an Haut und Flossen. Während die Virusisolation nicht gelang, konnten durch elektronenmikroskopische Untersuchungen herpesvirusähnliche Partikel in den Neoplasien nachgewiesen werden. Die Neoplasien traten wie beim CyHV-1 bei kalten Wassertemperaturen auf und bildeten sich bei Erwärmung des Wassers zurück.

Bei Mortalitäten bis 50% unter jungen weißen Stören, die mit Akanthosen und Nekrosen des Epithels der Haut und der oropharyngealen Schleimhaut und einem flüssigkeitsgefüllten

Bei Mortalitäten bis 50% unter jungen weißen Stören, die mit Akanthosen und Nekrosen des Epithels der Haut und der oropharyngealen Schleimhaut und einem flüssigkeitsgefüllten