TAZigaZIMUM
FÜR SIE GELESEN
Der Wert der subkutanen Low-Dose- Heparin-Verabreichung (2 bis 3 mal 5000 IU) zur Thromboseprophylaxe, besonders nach schweren operati- ven Eingriffen, ist unbestritten. Die- se Maßnahme ist jedoch nicht frei von Nebenwirkungen; Hämatome am Injektionsort und gelegentlich auch schwere Blutungen können auftreten. Außerdem ist die zwei- bis dreimalige Injektion pro Tag mit er- heblichem pflegerischen Aufwand verbunden.
Englische Autoren verabreichten deshalb Heparin auf intravenösem Wege in einer sehr geringen Dosie- rung von 1 IU/kg/Stunde und prägten für diese Dosierung den Namen Ul- tra-Low-Dose Heparin. Sie führten eine randomisierte Doppelblindstu- die an 95 Patienten durch, die sich meist schweren Operationen unter- ziehen mußten. 50 Patienten (23 Männer, 27 Frauen) bildeten die Kontrollgruppe und erhielten hepa- rinfreies Kochsalz; 45 Patienten (26 Männer, 19 Frauen) bekamen Hepa- rin in der oben angegebenen Dosie- rung.
Die Verabreichung begann mit Ein- leitung der Anästhesie über eine In- fusionspumpe (Infusomat) und wur- de solange fortgesetzt, bis der Pa- tient keine Infusionen mehr brauch- te (3 bis 5 Tage). Die Diagnose der tiefen Beinvenenthrombose wurde klinisch und durch Radiofibrinogen- test gestellt.
Thromboembolische Ereignisse signifikant verhindert
Ultra-Low-Dose-Heparin konnte thromboembolische Ereignisse si- gnifikant (p<0,01) verhindern. In der Kontrollgruppe traten bei 11 der 50 Patienten (22 Prozent) thromboem- bolische Komplikationen auf (10 Beinvenenthrombosen, 2 leichte Lungenembolien, 1 tödliche Lun- genembolie), in der Ultra-Low-Dose- Heparin-Gruppe hingegen nur bei 2
der 45 Patienten (4 Prozent, 2 Bein- venenthrombosen). Dies entspricht einer Reduktion der Thromboembo- lierate um 80 Prozent, ähnliche Er- gebnisse wurden in mehreren Low- Dose-Heparin-Studien erzielt.
Abgesehen von drei kleinen Wund- hämatomen (2 unter Heparin, 1 in der Kontrollgruppe) traten keine heparininduzierten Komplikationen auf, insbesondere keine Blutungen.
Erklärung der Wirkung noch Spekulation
Die Erklärung der Wirkung der Ultra-Low-Dose-Heparin-Prophylaxe bleibt noch spekulativ. Bei der gerin- gen Dosierung (bei einem 70 kg schweren Patienten sind es nur 1680 IU pro Tag) kommt eine direkte Ein- flußnahme auf die Gerinnungsfakto- ren kaum in Frage. Ultra-Low-Dose- Heparin reduziert die postoperative Thrombozytenadhäsivität und mag durch Erhöhung der Lipoprotein-Li- pase und Freisetzung von endogen gebildeten Glykosaminoglykanen in- direkt auf die Gerinnung wirken.
Bei Patienten mit schweren operati- ven Eingriffen, die für mehrere Tage postoperativ infundiert werden, scheint die Verabreichung von Ultra-
Low-Dose-Heparin von Vorteil zu sein: Die prophylaktischen Ergeb- nisse sind dieselben wie bei bisheri- gen Methoden, die Komplikationsra- te ist niedriger und der pflegerische Aufwand geringer. In diesem Zusam- menhang erwähnen die Autoren, daß als Alternative zur Infusions- pumpe auch eine Verabreichung mit der laufenden Infusion, zum Beispiel Kochsalz, möglich ist
Zur endgültigen Beurteilung dieser sicher interessanten Thrombosepro- phylaxe sind größere klinische Stu- dien erforderlich. Cme
Negus, D. et al.: Ultra-low dose intravenous heparin in the prevention of postoperative deep-vein thrombosis, lancet I (1980) 891-894
Thalassämien
liegen und zu im Prinzip gleicharti- gen Krankheiten führen können: die Thalassämie als Symptom einer gan- zen Anzahl genetischer Defekte. Die Erkenntnis der Störungen im Gen- bereich und auf dem Gebiet der Genexpression stellen im Moment noch Grundlagenforschung dar. Die heftige Diskussion, die um diesen Forschungszweig bereits entstan- den ist, reflektiert die potentielle Be- deutung der Genforschung. Bisher können wir, wie gesagt, nur einzelne Zellen transformieren. Zweifellos stellt jedoch die molekulare Genfor- schung für die künftige Medizin eine neue Dimension dar.
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Anschrift des Verfassers:
Privatdozent Dr. med.
Rüdiger Hehlmann
Medizinische Poliklinik der Universität München Pettenkoferstraße 8a 8000 München 2
Ultra-Low-Dose-Heparin
zur postoperativen Thromboseprophylaxe
2848 Heft 48 vom 27. November 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT