A3502 Deutsches ÄrzteblattJg. 104Heft 5014. Dezember 2007
G E L D A N L A G E
K
apital sei, einem uralten Bör- senkalauer zufolge, scheu wie ein Reh, aber gierig wie ein Bock.Das mag wohl sein, funktioniert aber vermutlich auch nur deswegen so gut, weil die Produktmacher und Ideen- verkäufer in schöner Regelmäßigkeit die ebenso berühmten Sauen durchs Dorf jagen, um größtmögliches Inter- esse zu erregen, mit anschließenden Kaufimpulsen, versteht sich.
Das war vor Jahrzehnten schon so. Ich erinnere mich noch gut an den Hype um spanische Versiche- rungsaktien (Seguros Mas) und den Kaufrausch in Nippon-Werten, und dieses System hat sich bis heute in bester Frische erhalten.
Mit „BRIC“ wurde den Investo- ren in letzter Zeit aus dem bunten Strauß weltweiter Anlagemöglich- keiten ein Investmentzückerchen offeriert, mit dem sich gutes Geld verdienen ließe, verbunden mit dem klasse Gefühl, ein kosmopolitischer Investor zu sein. Dass die Realität
um BRIC-Produkte (Brasilien, Russ- land, Indien, China) zuweilen an- ders aussieht, wen interessiert das schon beim Anlagegespräch, Haupt- sache, die Investmentstory stimmt.
Der neueste Clou soll aber
„Next 11“ sein, dahinter verbirgt sich die zweite Schwellenländergenerati- on, der fulminante Wachstumsraten nachgesagt werden, und es demnach nun höchste Zeit sei, als Anleger dar- an zu partizipieren. Bei der Deut- schen Bank hat die Tochter DWS GO als erste Emittentin das Thema aufgegriffen und das „Next 11 Trend Total Return Index Zertifikat“ auf- gelegt. Bei „Next 11“ handelt es sich um die Länder Ägypten, Bangla- desch, Indonesien, Iran, Korea, Mexi- ko, Nigeria, Pakistan, Philippinen, Türkei und Vietnam. Ein ziemliches Durcheinander. Ich fürchte, ohne den schmucken Titel hätte sich kaum ein Anleger hinterm Ofen vorlocken lassen, so sehr gehört anscheinend Klappern doch zum Handwerk.
Merrill Lynch sieht dagegen Chancen mit seinem „TIP Zerti- fikat“, das steht für Thailand, In- donesien und die Philippinen. Die Landesbank Berlin hat ein Zertifikat aufgelegt, das die Beteiligung an indischen Immobilienaktien ermög- licht. Die österreichische Erste Bank findet dagegen ihr Basket-Discount- Zertifikat auf kroatische Aktien prima, während die Raiffeisen CEN- TROBANK in ihren Korb noch die liquidesten serbischen Börsenwerte einzulegen verspricht.
Mir persönlich war neu, dass et- wa im Iran, in Bangladesch und in Nigeria überhaupt ein vernünftiger Börsenhandel stattfinden soll. In- vestoren sollten sich aber schon klarmachen, dass in diesen exo- tischen Märkten mit wenig Liqui- dität die Risiken enorm hoch sind.
Oft genug kommen solche Produk- te dann ins Spiel, wenn die eta- blierten Anlagemöglichkeiten aus- gereizt sind.
Also: Nicht jede Sau, die durchs Dorf gejagt wird, bringt saftigen Er- trag. Schon gar nicht, wenn sie, wie bestellt, jedes Mal an einer anderen Stelle des blauen Planeten auf-
taucht. I
BÖRSEBIUS