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Archiv "Glukokortikosteroide in der Dermatologie: Kontrollierter Einsatz erforderlich" (01.11.1996)

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G

lukokortikosteroide wirken auch auf die Haut antiinflam- matorisch, immunsuppressiv und antiproliferativ. Sie ver- binden sich mit ihren Rezeptoren (3), die in der Epidermis in höherer Dichte vorhanden sind als im Korium (6). Sie hemmen in der Haut die Proliferation der Epidermiszellen, was zu einer Nor- malisierung der Verhornungsvorgänge führt. An den Fibroblasten kommt es zu einer Inhibition der Kollagen- und Mucopolysaccharidsynthese, Lympho- zyten und Granulozyten fallen ab, Mastzellen setzen ihre Mediatoren in geringerem Maße frei, am Gefäßsy- stem zeigt sich eine Vasokonstriktion, Melanozyten bilden weniger Pigment.

Darüber hinaus kann es unter dem Einfluß von Glukokortikosteroiden zu einer Fettgewebsatrophie kommen.

Äußerliche Anwendung

Für die äußerliche Anwendung wurden im Laufe der Zeit verschiede- ne Generationen externer Kortiko- steroide entwickelt. Zur ersten Gene- ration gehören Substanzen wie Hy- drocortison oder Prednisolon. Die zweite Generation ist durch eine ein- fache Fluorierung charakterisiert und die dritte Generation durch eine dop- pelte Halogenierung im Sterangrund- gerüst.

In den letzten Jahren gelang es, durch weitere chemische Abwand- lung eine neue Substanzklasse zu syn- thetisieren, nämlich nichthalogenier- te, doppelt veresterte Glukokortikoi- de. Dies sind Hydrocortisonbuteprat, Hydrocortisonaceponat und auch Hy- drocortisonbutyrat als Derivate des Hydrocortisons sowie Prednicarbat und Methyprednisoloanaceponat als Derivate des Prednisolons. Diese Substanzen zeigen eine ausgeprägte antientzündliche, aber nicht eine entsprechend starke antiproliferative Wirkung. Daraus resultiert eine ver- besserte Nutzen-Risiko-Relation, da etwa eine Hautverdünnung, die als Folge der antiproliferativen Wirkung

entsteht, nicht beziehungsweise nur in geringem Maße auftritt. Diese Sub- stanzgruppe stellt die vierte Generati- on der Steroide dar, die besonders ge- eignet ist zur Behandlung entzündli- cher Hauterkrankungen, die keine antiproliferative Wirksamkeit benöti- gen oder wo eine solche sogar uner- wünscht ist. Schwerpunkt der Thera- pie dürften somit alle Arten von Ek- zemen sein.

Wirksamkeit externer Glukokortikosteroide

Der limitierende Faktor für die Penetration ist in erster Linie das Stratum corneum, das eine Barriere gegen das Eindringen der Kortiko- steroide bildet. Der Vorgang der Pe- netration dauert zwischen einer Vier- telstunde und zwei Stunden. Die obe- ren Lagen der Hornschicht speichern

das Steroid über längere Zeit und bil- den ein Reservoir, aus dem es sukzes- sive wieder abgegeben werden kann.

Daher reicht eine einmalige Applika- tion pro Tag aus, um gute Therapieer- gebnisse zu erzielen.

Die unterschiedliche Penetrati- onsrate der äußerlichen Steroide wur- de von Feldman und Maibach (2) vor fast 30 Jahren ermittelt. Demnach ist die Resorption von Hydrocortison im Bereich der Kopfhaut um den Faktor 3,5 gegenüber dem ventralen Unter- arm gesteigert. In der Achselhöhle findet sich ein Steigerungsfaktor von 3,6, an der Stirn von 6,0, im Gesicht von 13 und an den Genitalen von 42.

Unter Okklusion kann die Penetrati- on um den Faktor 10 zunehmen. Als Problemareale muß man also die In- tertrigines nennen, in denen natürli- che Okklusionsbedingungen vorherr- schen, da Haut auf Haut liegt.

Die Bildung eines Depots im Stratum corneum ist ein seit langem bekanntes Phänomen. Dieser nicht unerwünschte Effekt relativiert sich allerdings, wenn man Hornschichtde- fekte bei erkrankter Haut berücksich- tigt. Dabei geht der Depoteffekt zum Teil wieder verloren, mit der Konse- quenz, daß eine einmal tägliche Appli- kation für diese Fälle nicht ausreicht.

Das Eindringen der Kortikoste- roide in die Haut ist, abgesehen von der Hornschicht selber, abhängig vom Alter des Patienten. Kinder bis zum sechsten Lebensmonat haben noch keine voll entwickelte Barriere. Des- halb sollte man mit Kortikosteroiden in diesem Alter zurückhaltend sein.

Einer der wichtigsten Aspekte betrifft das Ausmaß der Dermatitis. Wester und Maibach (7) haben dazu Daten erarbeitet, die belegen, daß die Re- sorption von äußerlich angewende- tem Hydrocortison bei einem Klein- kind mit ausgeprägter Dermatitis um den Faktor 80 erhöht ist gegenüber der Resorption nach Anwendung bei Erwachsenen mit einer nur leichten Dermatitis.

Glukokortikosteroide in der Dermatologie

Kontrollierter Einsatz erforderlich

Roland Niedner

Wie in nahezu allen medizinischen Dis- ziplinen spielen Glukokortikosteroide auch in der Dermatologie eine heraus- ragende Rolle. Dies um so mehr, als bis zu 20 Prozent aller Erkrankungen in ei- ner Allgemeinpraxis Dermatosen sind.

„Kortison“ ist ein geradezu angstbe- setztes Reizwort geworden, so daß ein Arzt oft große Überzeugungsarbeit lei- sten muß, bevor er die so segensreiche und letztlich unverzichtbare Präparate- gruppe einsetzen kann. Um dem Verruf entgegenzuwirken, sollte klar zwischen einem ungezielten oder gar mißbräuch- lichen und einem vernünftigen Einsatz topischer und systemischer Gluko- kortikosteroide unterschieden werden.

Klinik für Dermatologie (Chefarzt: Prof. Dr.

med. Roland Niedner), Klinikum Ernst von Bergmann, Potsdam

(2)

Tabelle 1

Klassifikation externer Glukokortikosteroide

Generika Konzentration (%) Handelsname Zubereitung

Klasse I

Hydrocortison 0,333 Sanatison Mono 1/3% S

0,500 Ficortril mite 0,5%; Ficortril Lotio; Hydrocortison Wolff 0,5% S; Lo; C, Lo

Munitren H fettend/fettarm S

1,000 Ficortril Salbe 1%; Sanatison Mono 1% S; S

Hydrocortison Wolff 1%; Cutisol; Cutisol crinale C; C; L

Hydrocortisonacetat 0,250 Ekzesin S

0,050 Velopurol S

1,000 HC Salbe Mago KG; Sagittagcortin; Cordes H S; S; C, S

Prednisolon 0,250 Prednisoloncreme LAW; Prednisolonsalbe LAW C; S

0,400 Linola H; Linola H fett E(O/W); E(O/W)

Hydrocortison 2,000 Ficortril Spray Spray

2,500 Ficortril Salbe 2,5 % S

Fluocortinbutyl 0,750 Vaspit S, FS, C

Triamcinolonacetonid 0,0018 Volonimat Spray Spray

0,0066 Arutrin-Spray Spray

Dexamethason 0,030 Anemul mono S, C

0,035 Tuttozem N Spezial-Ekzemsalbe S

0,050 Dexamethasoncreme LAW; Dexamethasonsalbe LAW C; S

Clocortolonpivalat je 0,030 Kabanimat S, C

plus -hexanoat Klasse II

Clobetasonbutyrat 0,050 Emovate S,C

Hydrocortisonaceponat 0,100 Retef S, C, FS

Dexamethason 0,080 Dexamethason Wolff C

Dexamethason plus je 0,050 Duodexa N S

-sulfobenzoat

Alclomethason- 0,050 Delonal S, C

dipropionat

Flumethasonpivalat 0,020 Locacorten; Cerson Creme 0,02; Cerson Salbe 0,02 S, C, Lo, Sch; C; S

Triamcinolonacetonid 0,0089 Volon A Spray Spray

0,025 Extracort; Volonimat N C, S; C, S

Fluoprednidenacetat 0,050 Decoderm S

0,100 Decoderm; Vobaderm C, Lo; C, T, P

Fluorandrenolon 0,025 Sermake 1/2 S, C

Hydrocortisonbutyrat 0,100 Alfason S, C, CreSa, L

Hydrocortisonbuteprat 0,100 Pandel S, C

Betamethasonbenzoat 0,025 Euvaderm C

Fluocortolon 0,200 Syracort S, C, G

Clocortolonpivalat je 0,100 Kaban S, C, FS, Lo

plus -hexanoat

Desonid 0,050 Tridesilon S,C

0,100 Topifug; Sterax 0,1 % C; C

Fluoroandrenolon 0,050 Sermake S, C, Lo, Folie

Betamethasonvalerat 0,050 Betnesol V crinalite; Betnesol V mite; Celestan V mite L; S, C; S, C

Triamcinolonacetonid 0,100 Delphicort; Kortikoid ratiopharm; S, C; S, C

Triamcinolon Wolff; Tri-Anemal; Volon A C; S; S, HS, C, Lo

Methylprednisolonaceponat 0,100 Advantan S, C

Prednicarbat 0,250 Dermatop S, FS, C, L

Fluocinolonacetonid 0,010 Jellin Gamma C

Desoximethason 0,050 Topisolon mite S

Halcinonid 0,025 Halcimat C

Klasse III

Mometasonfuroat 0,100 Ecural FC, C, L

Betamethasonvalerat 0,100 Cordes Beta; Betamethason Wolff; Betnesol V crinale S, C; C; L

Betnesol V; Celestan V crinale; Celestan V; Eltina S, C, Lo; L; S, C; C, S

Fluticasonpropionat 0,005 Flutivate-Salbe S

Fluticasonpropionat 0,05 Flutivate-Creme C

Halometason 0,050 Sicorten S, C

Betamethason- 0,050 Diprosone S, C, L

dipropionat Diprosis S, G

Fluocortolon je 0,250 Ultralan C, S, FS, Spray, M

plus Fluocortolonhexanoat

Fluocinolonacetonid 0,025 Jellin S, C, Sch, G, L, Lo

Diflorasondiacetat 0,050 Florone S, C, L

Desoximethason 0,250 Topisolon S, FS, Lo

Fluocinonid 0,050 Topsym S, FS, L

Amcinonid 0,100 Amciderm S, C, FS, Lo

Halcinonid 0,100 Halog S, FS, L

Diflucortolonvalerat 0,100 Nerisona S, FS, C

Klasse IV

Diflucortolonvalerat 0,300 Nerisona forte; Temetex forte FS; FS

Clobetasolpropionat 0,050 Dermoxinale; Dermoxin L; S, C

Klasse I = schwach wirksam, Klasse II = mittelstark wirksam, Klasse III = stark wirksam, Klasse IV = sehr stark wirksam

C = Creme, E = Emulsion, FC = Fettcreme, FS = Fettsalbe, G = Gel, HS = Haftsalbe, L = Lösung, Lo = Lotio, M = Milch, P = Paste, S = Salbe, Sch = Schaum, T = Tinktur

(3)

Klassifikation

Die Einteilung der äußerlichen Steroide in Klassen richtet sich nach ihrer Stärke, unabhängig von der Zu- gehörigkeit zu einer der vier Genera- tionen (Tabelle 1). Um die Wirkstärke zu beurteilen und eine vernünftige Klassifikation zu erstellen, muß die Beeinflussung der Pharmako- kinetik durch Hautdicke, Barrie- re, Reservoir, Hornhautschädi- gung, Lokalisation der Dermato- se, galenische Zubereitung und so weiter (5) berücksichtigt werden.

Es ist dabei sicherlich nicht so wichtig, ob ein Steroid inner- halb einer Klasse weiter oben oder unten angesiedelt wird. Von Bedeutung ist jedoch zu wissen, wie stark seine antiinflammatori- sche Potenz im Verhältnis zu sei- ner antiproliferativen ist (Wirk- profil).

Indikationen

Äußerliche Glukokortiko- steroide können zwar recht breit eingesetzt werden, doch wider- steht so manche Dermatose dem Einsatz auch stärkerer Kortikoi- de. Cornell und Stoughton (1) teilen deswegen die Dermatosen in drei unterschiedlich steroid- sensitive Gruppen ein, die im Textkasten „Therapeutische Ansprech- barkeit“ wiedergegeben werden.

Kontraindikationen

Virusbedingte Hauterkrankun- gen sind von der Therapie mit Stero- iden ausgenommen, da anderenfalls mit einer nicht unerheblichen Exazer- bation gerechnet werden muß. Hierzu gehören Varizellen, Herpes simplex und Herpes zoster. Darüber hinaus sollen aber auch Epizoonosen wie Krätze oder Verlausung nicht primär mit Steroiden behandelt werden.

Wichtige Kontraindikationen sind vor allem syphilitische und tuberkulöse Hautveränderungen, aber auch die periorale rosazeaartige Dermatitis.

Therapeutische Richtlinien

Um eine optimale Wirkung zu er- zielen und gleichzeitig unerwünschte

Wirkungen zu minimieren, sollten fol- gende Grundsätze bei der Anwen- dung äußerlicher Glukokortikoide beachtet werden:

!Man sollte eine Dermatose von Beginn an immer mit dem stärksten Präparat behandeln, das die Dermato- se unter Berücksichtigung der Lokali-

sation und der Ausprägung gerade noch zuläßt. Nach dem Ansprechen der Therapie kann die Dosis bereits wieder ausgeschlichen werden. Es ist günstiger, mit einem starken Präparat eine Dermatose wirksam zu stoppen, als wegen falsch verstandener Ängst- lichkeit mit einem zu schwachen Präparat zu wenig Wirkung zu erzielen und dann doch wegen der notwendi- gen längeren Anwendungsdauer uner- wünschte Wirkungen zu provozieren.

!Problemareale, die wegen ver- stärkter Penetration des Steroids Schwierigkeiten machen können, sind alle Intertrigines wie Halsfalte, Axil- larregion, Inguinalregion, Genitale, Ellenbeugen, Kniekehlen und andere.

Darüber hinaus ist das Gesicht eine Problemzone par excellence, dort ver- bietet sich eine Anwendung der Stero- ide cum grano salis vollständig. Un- problematische Areale sind insbeson- dere Capillitium, Palmae und Plantae.

!Man beachte die teilweise er- heblich gesteigerte Resorption bei Kindern im allgemeinen und bei aus- geprägten Dermatitiden im besonde- ren.! Externe Kortikosteroide wer-

den im Stratum corneum adsorbiert und bilden dadurch ein Reservoir.

Deswegen reicht eine einmalige tägli- che Applikation in der Regel aus.

!Läßt die Wirkung eines Stero- ids nach, muß dies nicht unbedingt an der mangelnden Wirksamkeit des Präparates liegen. Es kann vielmehr eine Tachyphylaxie eingetreten sein, also ein Nachlassen der Wirkung trotz Fortsetzen der Therapie. Kommt es sogar zur Verschlimmerung eines Ek- zems, muß man an eine epikutane Sensibilisierung gegen das eingesetzte Steroid denken.

! Ein externes Kortikosteroid darf genau wie ein intern zu applizie- rendes nicht abrupt abgesetzt werden, da es sonst zu einem Rebound-Effekt mit Wiederaufflammen der Dermato- se kommt. Das notwendige Ausschlei- chen aus der Steroidtherapie gelingt am wirksamsten, wenn man beispiels- weise von Kortikosteroiden der Wirk- stärkeklasse III auf Klasse II übergeht und schließlich dann sogar mit Klasse I auskommt (Stufentherapie) (6).

Eine weitere Verminderung der Steroidzufuhr wird durch die Reduk- tion der Applikationsfrequenz er- reicht. Dabei appliziert man das Steroid nicht mehr täglich, sondern macht zunächst eine eintägige Pause, in der man steroidfreie Salben- oder Cremegrundlagen anwendet, dehnt diese Pause dann auf drei bis vier Ta- ge aus, um schließlich nur noch mit dem Basistherapeutikum weiterzube- handeln (Intervalltherapie).

!Die Therapie akuter Derma- tosen dauert in der Regel maximal zwei Wochen. Daher sollten die exter- nen Kortikosteroidpräparate in zwar ausreichender, aber doch begrenzter Menge rezeptiert werden.

Nebenwirkungen

Nebenwirkungen, die in den Jah- ren der euphorischen und häufig auch kritiklosen Anwendung äußerlicher Steroide nicht selten zu verzeichnen waren, haben diese Substanzgruppe vor allem in der Laienpresse in Verruf Therapeutische Ansprechbarkeit

verschiedener Dermatosen auf externe Kortikosteroide

Wenig Steroid-sensitive Dermatosen Psoriasis vom Plaque-Typ

Lichen simplex chronicus Dyshidrosiforme Ekzeme Lichen ruber planus Granuloma anulare

Necrobiosis lipoidica diabeticorum Mittelgradig Steroid-sensitive Dermatosen Psoriasis vom Nicht-Plaque-Typ

Dermatitis atopica der Erwachsenen Nummuläres Ekzem

Urticaria-Papeln nach Insektenstichen Discoider Lupus erythematodes Steroid-sensitive Dermatosen Psoriasis, intertriginöse Areale Dermatitis atopica der Kinder Seborrhoische Dermatitis Sonnenbrand

Intertrigo

Pruritus ani, vulvae, scrotae Pityriasis rosea (Pruritus)

(4)

gebracht. Trotz sicherer und effekti- ver Wirkung in der Hand des umsich- tigen Therapeuten muß derzeit eine Menge Überzeugungsarbeit geleistet werden, um einem Patienten die Vor- teile einer Therapie mit externen Glu- kokortikosteroiden plausibel zu ma- chen. Ein wesentlicher Aspekt ist zum Beispiel, daß die Nebenwirkungen ei- gentlich keine Nebenwirkungen im engeren Sinne sind, sondern – abgese- hen von der Kortikoidallergie – im- mer aus einem Zuviel an gewolltem Effekt resultieren. Das Zeitintervall vom Beginn einer äußerlichen Korti- kosteroid-Therapie bis zum Auftre- ten von Nebenwirkungen kann in et- wa mit zwei Wochen angegeben wer- den. Von diesen Nebenwirkungen soll besonders auf die Atrophie hingewie- sen werden, die überproportional häufig bei jüngerer, aber auch beson- ders bei alter Haut auftritt. Weiterhin sind zu nennen Rubeosis, Teleangiek- tasien, Purpura und Striae rubrae di- stensae sowie die periorale rosazeaar- tige Dermatitis, die regelmäßig bei mißbräuchlicher Anwendung von Steroiden im Gesichtsbereich auftritt.

Eine nicht seltene Nebenwirkung ist die Allergie gegen Kortikosteroide selbst, die natürlich nicht leicht zu ve- rifizieren ist, da Steroide generell eine allergische Reaktion an der Haut un- terdrücken.

Eine Suppression der Hypothala- mus-Hypophysenvorderlappen-Ne- bennierenrindenachse wird man nur ausnahmsweise bei außerordentlich großflächiger Anwendung mit hoch- potenten Steroiden, bei Okklusion oder bei Kindern sehen.

Kombinationspräparate

Zahlreiche äußerliche Steroide enthalten zusätzlich antimikrobielle Substanzen wie Antibiotika, Antimy- zetika oder Antiseptika. Solche Kom- binationspräparate sollten nicht kritik- los eingesetzt werden. Jedoch kann ein derartiges Präparat durchaus sinnvoll sein, wenn zum Beispiel ein superinfi- ziertes Ekzem vorliegt. Es sollte je- doch nur nach eingehender Diagnostik verabreicht werden. Abzulehnen ist ei- ne Kombination von Steroiden mit Antibiotika plus Antimyzetika, ist sie doch nur ein Zeichen einer nicht kor- rekt gestellten Diagnose.

Zusätze von Keratolytika und Keratoplastika wie Salicylsäure und Harnstoff führen infolge verbesserter Penetration zu einer Verstärkung des Steroideffektes. Das gilt auch, wenn Penetrationsvermittler wie Propy- lenglykol oder ähnliches zugesetzt werden.

Systemische Anwendung

Die Krankheitsintensität und der Befall tiefer gelegener Hautkompar- timente sowie das Ausmaß der befal- lenen Hautareale sind wegweisend für die Entscheidung zur systemi- schen Kortikoidtherapie (relative In- dikation). Wenn zum Beispiel eine

tief gelegene Vaskulitis vorliegt oder wenn die Dermatose mehr als 20 Pro- zent der Körperoberfläche einnimmt, wäre es umständlich und unwirt- schaftlich, nur äußerlich zu therapie- ren. Bei einer Reihe von Erkrankun- gen wie malignen Lymphomen wer- den Kortikoide mit der zytostatischen Medikation zusammen appliziert (et- wa MOPP- oder COPP-Schema).

Die Kriterien für die innerliche Gabe von Kortikosteroiden bei Der- matosen unterscheiden sich nicht von denen bei anderen Erkrankungen.

Zahlreiche, zum Teil sehr schwere oder in der Tiefe gelegene dermatolo- gische Erkrankungen bedürfen obli- gat der Kortikosteroidtherapie (abso- lute Indikation), wie akute lebensbe- drohliche Erkrankungen (anaphylak- tischer Schock, toxische epidermale Nekrolyse und ähnliches) oder auch Autoimmunerkrankungen (Pemphi- gusgruppe, Lupus erythematodes, Dermatomyositis) (Textkasten „Indi- kationen für eine systemische Kortiko- idtherapie“).

Wie auch bei äußerlicher An- wendung führt die systemische Gabe von Steroiden zu Nebenwirkungen an der Haut. Besonders zu nennen sind Hirsutismus, Ekchymosen, Stero- idakne und periorale rosazeaartige Dermatitis sowie Atrophie des Haut- organs, die sich an den Augenlidern, Axillen und Thorax als Striae disten- sae oder zigarettenpapierdünne Haut zeigen. Auch Pseudonarben (pseudo- cicatrices stellaires spontanées) mit erhöhter Verletzlichkeit der Haut sind zu beobachten.

Dosierung

Die Dosierung der Kortikoide ist abhängig von der Art und dem Aus- maß der Erkrankung. Als hohe Do- sierung sind Mengen von 80 bis 150 mg Prednisolon pro Tag anzusehen, eine mittlere Dosis beträgt 40 bis 80 mg und eine niedrige 7,5 bis 40 mg Prednisolonäquivalent. Gelegentlich kommt man mit noch geringeren Do- sen aus (vier, drei oder gar nur zwei Milligramm). Diese Dosis herauszuti- trieren ist eine mühsame, aber loh- nenswerte Kunst, die viel Geduld und Fingerspitzengefühl erfordert. Die Dosierungen zu den einzelnen Der- matosen finden sich in Tabelle 2.

Indikationen für eine

systemische Kortikoidtherapie

Allergische Dermatosen mit systemischer Beteiligung Schwere akute Urtikaria Quincke-Ödem

Toxische epidermale Nekrolyse Schwere Arzneimittelexantheme Autoimmunerkrankungen Pemphigus

Bullöses Pemphigold

Systemischer Lupus erythematodes Panarteriitis nodosa

Arteriitis temporalis Progressive systemische Sklerodermie

Mixed connective tissue disease Dermatitis herpetiformis Duhring Entzündliche Dermatosen

Schwere großflächige Dermatitiden Schwere Dyshidrose

Erythema exsudtivum multiforme Erythema nodosum

Erythrodermien

Lichen ruber exanthematicus Akute febrile neutrophile Dermatose (Sweet)

Granulomatöse Erkrankungen der Haut

Sarkoidose

Cheilitis granulomatosa Andere Hauterkrankungen Postzosterische Neuralgie Jarisch-Herxheimer-Reaktion bei Therapie der Lues

Kavernöses Hämangiom Morbus Behcet

Pyoderma gangraenosum Maligne Lymphome

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Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1996; 93: A-2868–2872 [Heft 44]

Literatur

1. Cornell RC, Maibach HI: Clinical indicati- ons: Real and assumed. In: Maibach HI, Surber C (eds): Topical Corticosteroids.

Basel: Karger, 1992; 154–162

2. Feldman RJ, Maibach HI: Regional variati- on in percutaneous penetration of cortisol in man. J Invest Dermatol 1967; 48: 181–183

3. Gustafsson JA, Wikström AC, Denis M:

The non-activated glucocorticoid receptor structure and activation. J Steroid Biochem 1989; 34: 53–62

4. Leiferman KM, Schroeter A, Kirschner MK, Spelsberg TC: Characterization of the glucocorticoid receptor in human skin. J In- vest Dermatol 1983; 81: 355–361

5. Niedner R: Externe und systemische An- wendung von Kortikosteroiden bei Hauter- krankungen. Bay Internist 1993; 4: 50–59 6. Pflugshaupt C: Diskontinuierliche topische

Corticoidtherapie. Zbl Haut u Geschlkr 1983; 148: 1229– 1236

7. Wester RC, Maibach HI: Percutaneous ab- sorption in diseased skin. In: Maibach HI, Surber C (eds): Topical Corticosteroids.

Basel: Karger, 1992; 128–141

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Roland Niedner Klinik für Dermatologie Kliniken Ernst von Bergmann Charlottenstraße 72

14467 Potsdam Tabelle 2

Dosis und Dauer der systemischen Kortikoidtherapie bei Dermatosen

Diagnose Tagesdosis (mg Therapiedauer Erhaltungsdosis (mg Dauer der Prednisolonäquivalent (Wochen) Prednisolonäquivalent) Erhaltungs-

initial) therapie (Wochen)

Ak. febrile neutroph. Dermatose

(Sweet) 40–80 1–2 15–20 2–6

allergische Urtikaria 20–60 1–3 Tage

Alopecia areata totalis 20–40 2–3 5–7 4–26

Arteriitis temporalis 120 2–3 10–15 über 1–2 Jahre

Arzneimittelexantheme 60–80 wenige Tage

M. Behcet 60 1–2 5–10 Monate

Benignes Schleimhautpemphigoid 40–120 3

bullöses Pemphigoid 60–100 1–3 10 Monate

Cheilitits granulomatosa 40–60 1–2 Reduktion über Wochen

Dermatitis herpetiformis Duhring 20 Wo bis Mo (besser DADPS)

Dermatomyositis 80–100 2–4 15 1–2 Jahre

Druckurticaria 30–40 gemäß Klinik

Dyshidrosis 40 1–2 5–15 ggfl. Monate

Ekzeme

akutes toxisches Kontaktekzem 40–60 Tage

allergisches Kontaktekzem 40–60 1–6

seborrhoisches Ekzem 40–60 1–3 (plus

Antimyzetikum)

mikrobielles Ekzem 40–80 2–5 (plus

Antibiotikum)

atopisches Ekzem 40 1–2

Eosinophile Fasciitis Shulman 60 4–6 10–20 Wochen

Epidermolysis bullosa hereditaria

simplex 60–120 1–2 5 Wochen

Erosive pustulöse Dermatose der

Kopfhaut 60–100 1–2 10–15 Wochen

Erythema exsudativum multiforme 60–80–100 1–3

Erythema nodosum 40–80 1–2

Erythrodermie 80–120 bis 6 5–15 Monate

Granuloma anulare 30–40 2 5–15 Wochen

Hämangiom 2–3 mg/kg KG 2–4–6

Herpes gestationes 10–40 bis Abheilung

Herxheimerreaktion bei Lues 40 einmalig

Impetigo herpetiformis 60–120 gem. Klinik

Jarisch-Herxheimer-Reaktion 40 einmalig

Lichen ruber exanthematicus 15–30 3 < 10 Wochen

Lupus erythematodes chroniucus

discoides 60 wenige Wochen

Lupus erythematodes, systemischer 100–200 einige Wochen 100–200 Monate

Mycosis fungoides 40 2

Panarteriitis nodosa 80–120 2 10–20 Monate

Pemphigus vulgaris 100–200–400 6–10

Parapsoriasis 20–40 2 5–10 Wochen

Pityriasis rubra pilaris 20–40 2 5–10 Wochen

Pseudoallergische Arzneimittel-

reaktion 60–80 wenige Tage

Psoriasis pustulosa 40–80 4–6

Pustulosa acuta generalisata 60–100 1–2

Pyoderma gangraenosum 60–80 bis Abheilung 5 Wochen

Quincke-Ödem 100–200 einmalig

Relapsing polychondritis 80–100 2–3 25 Wochen

Sarkoidose 40–60 8–12 10–20 Wochen

Sézary-Syndrom 20–40 > 1 Jahr

Sklerodermie 5–15 während indurativer Phase

Toxische epidermale Nekrolyse 500 2 bis 5 Tage, nie länger

Vasculitis allergica Ruiter 20–80 gemäß Klinik

Zoster 20–60 (100 max.) bis 2 Wochen

Referenzen

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