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Archiv "Frau Judas siegt im Jahr 2032" (04.06.1986)

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Frau Judas

siegt im Jahr 2032

Amerika und die Welt im Jahre 2032: die nächste Eiszeit bahnt sich an; weite Teile der Erde sind nicht mehr bewohnbar; die noch nicht unwirtlich geworde- nen Landesteile ernähren die Menschheit nicht mehr, die verordnete Ein-Kind- Ehe 'ist nur der erste Ver- such zum Überleben; Hoff- nungslosigkeit und Ver- zweiflung regieren die Be- völkerung. Da finden die Manager der Macht per Computer den vorläufigen Retter: den Mann mit ein- zigartigem Charisma, der Glauben und Hoffnung predigt, seine Person auf-

opfert und für eine Weile der strahlende Stern der Welt ist; zunächst von einer

„Karrierefrau" dazu ge- macht, entgleitet er der Ma- rionetten-Rolle, verselb- ständigt sich, und die Din- ge nehmen ihren unge- planten Verlauf, bis sie im persönlichen Geschick der Hauptfigur (vorläufig) en- den.

Was im neuen Buch der Autorin von Bestsellern wie

„Dornenvögel" zunächst mit einem Orwellschen Hauch von „1984" anzu- fangen scheint, das wird dann rasch zu einem per- sonalisierten Problem.

Der aus der Computerkü- che herausgefilterte Heils- bringer ist nämlich keines- wegs der seelenlose „Gro-

ße Bruder", sondern ein Mensch, der die wissen- schaftlich geplante Verlok- kung als wirkliche messia- nische Sendung empfindet und schließlich in den Kon- flikt zwischen Manipulation und (mißverstandener?) Christusnachfolge einmün- det. Ein zunächst trivialer Anfang endet in einem von der Schriftstellerin gewoll- ten überhöhten Abschluß.

Der Anspruch geht aber noch weiter: In den Haupt- personen „Joshua Chri- stian" und „Judith Carriol"

werden nicht nur im Wort Angleichungen an Jesus Christus und Judas Ischa- rioth provoziert (wie auch in den Namen und Institu- tionen der anderen Roman- figuren an solche der bibli- schen Heilsgeschichte);

der Opfergang des „Jo- shua" nach Washington ist dem des Nazareners nach Golgatha äußerlich nicht unähnlich. — Ist Jesu Pas- sion wiederholbar?

Trotz aller Verknüpfungen bis ins Detail hinein möch- te dies Colleen McCul- lough doch nicht behaup- ten; ihr „Held" sagt dies auch recht klar und baut sich sein Kreuz selbst. Der (diesmal weibliche) Judas siegt wohl auch nur zum Schein, und die nur relative Betroffenheit der rest- lichen „Heilsfamilie"

macht den Unterschied deutlich. Rudolf Clade

Colleen McCullough: Credo, Roman, C. Bertelsmann Ver- lag, München, 1986, 384 Sei- ten, Leinen, 39,80 DM

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AsrMITSUBISHI ELECTRIC EUROPE GMBH

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Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 23 vom 4. Juni 1986 (77) 1719

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