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Donnerstag (Vormittag), 13. Juni 2013 Gesundheits- und Fürsorgedirektion 56 2010.9359 Gesetz Spitalversorgungsgesetz (SpVG) (Änderung)

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Sitzungstitel7 2010.9359 1

Der Grosse Rat des Kantons Bern

Le Grand Conseil du canton de Berne

Donnerstag (Vormittag), 13. Juni 2013

Gesundheits- und Fürsorgedirektion

56 2010.9359 Gesetz

Spitalversorgungsgesetz (SpVG) (Änderung)

Beilage Nr. 20 2. Lesung Detailberatung Fortsetzung

Präsident. Gestern verblieben wir in der Beratung des Gesetzes bei Artikel 65 und 66. Zuerst zwei, drei Mitteilungen zum heutigen Tag: Vorweg begrüsse ich Lernende von Gemeindeverwaltungen, begleitet von zwei Personen der Berufsfindungskommission Seeland, Abteilung öffentliche Verwal- tung. Herzlich willkommen bei uns im Rathaus in Bern! (Applaus)

Momentan sind wir mit der Beratung insgesamt im Rückstand mit ungefähr viereinhalb bis fünf Stunden. Das heisst, dass wir sie nicht wie vorgesehen werden abschliessen können. Das Ziel ist, heute möglichst weit zu kommen. Wir stellen das Programm nicht um, sondern fahren genau nach Plan weiter. Dass wir keine Motion behandeln werden, deren Beratung wir dann eventuell unterbre- chen müssten, ist klar. Wir werden vielleicht dann noch die eine oder andere Interpellation oder ei- nen unbestrittenen Vorstoss erledigen.

Um elf Uhr werde ich drei Personen der Rathausverwaltung und im Lauf des Nachmittags acht Grossrätinnen und Grossräte verabschieden; dafür möchte ich mir etwas Zeit reservieren, sodass wir nicht, wie angedroht, bis 18.00 tagen werden, sondern um 16.00 abschliessen können. Sie ha- ben es nun selbst noch etwas in der Hand, wie viel wir auf die Septembersession verschieben müs- sen. Die September- und die Novembersession sind gegenwärtig noch ziemlich im Nebel wegen der anstehenden Finanzdebatten. Reservieren Sie sich vorsorglich – es gibt noch keinen Beschluss und keinen Antrag –, die beiden Donnerstage der zweiten Wochen. Ich möchte sie nicht beanspru- chen, doch gehen wir davon aus, dass das sympathischer ist, als irgendeine eingeschobene Son- dersession von zwei, drei Tagen. Momentan ist noch nicht absehbar, mit wie vielen Vorstössen Sie uns überschwemmen werden, wenn der Bericht vorliegt. Diese müssten wir ja in der Finanzdebatte behandeln. Weil die Zeit zwischen November- und Januarsession sehr knapp ist, wird die Januar- session mit Vorstössen aufgefüllt, die wir in der September- und Novembersession verschieben müssen. Somit würden wir halt im Januar schwergewichtig Vorstösse behandeln.

Nun können wir einsteigen in die Beratung von Artikel 65 und 66, zu denen wir eine gemeinsame Debatte führen. Ich erteile das Wort den Antragstellern respektive Herrn Augstburger. Ich habe ver- nommen, dass die Herren Burren wie Brönnimann als Mitantragsteller auf das Wort verzichten. An- schliessend werden die Kommissionspräsidentin und danach die Fraktionssprechenden zu Wort kommen.

Art. 65

Antrag Augstburger, Gerzensee (SVP) / Burren, Lanzenhäusern (SVP) / Brönnimann, Zimmerwald (BDP)

Gemäss ursprünglichem Kommissionsantrag

Die Gesundheits- und Fürsorgedirektion gilt im Rahmen der dafür bewilligten Ausgaben versor- gungsnotwendige Vorhalteleistungen von Listenspitälern und Listengeburtshäusern ab.

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Art. 66

Antrag Augstburger, Gerzensee (SVP) / Burren, Lanzenhäusern (SVP) / Brönnimann, Zimmerwald (BDP)

Gemäss ursprünglichem Kommissionsantrag Vorhalteleistungen werden abgegolten, wenn sie

a aufgrund der kantonalen Versorgungsplanung versorgungsnotwendig sind und

b trotz effizientem Betrieb nicht mit Versicherungsleistungen und Leistungen der Selbstzahler finanziert werden können.

Ueli Augstburger, Gerzensee (SVP). Auch wir wissen, dass wir mit dem neuen Spitalversor- gungsgesetz im Verzug sind und jetzt endlich zu einer Lösung gelangen sollten. Was aber zu den noch offenen Punkten im Zusammenhang mit diesem Geschäft in der Zeit zwischen dem Versand der Unterlagen zur Vorbereitung dieser Session und dessen Behandlung am gestrigen und heutigen Tag von Seiten der Verwaltung, der Kommission und teils anscheinend auch der Regierung in Gang gesetzt wurde, um die Antragsteller mundtot zu machen, ist fast schon einmalig. Das Rezept dazu präsentierte Ihnen die Kommissionspräsidentin noch gestern Abend.

Die Kommission warf zum Teil ihre erst am 8: Mai, nach dem Versand der Unterlagen an den Gros- sen Rat, gefassten Beschlüsse am 29. Mai bereits wieder um. Ich möchte der Kommission nicht zu nahe treten, frage mich aber dennoch, wie seriös dieser Sinneswandel ist.

Mit dem neuen Spitalversorgungsgesetz soll weiterhin am Konzept einer dezentralen Konzentration festgehalten werden. Leistungen einer umfassenden Grundversorgung sollen grundsätzlich dezen- tral angeboten werden, wie jedenfalls die Regierung im Vorwort zum Gesetz in erster Lesung fest- hält. In der Versorgungsplanung stellt man auf vier Eckpfeiler ab: Zugänglichkeit, Bedarfsgerechtig- keit, Qualität – was auch immer das heisst – und Wirtschaftlichkeit, um überhaupt in den Genuss von Vorhalteleistungen kommen zu können. Hier fehlt mir aber auch ein wenig der Aspekt der Ge- samtheitlichkeit, vor allem in Bezug auf die Patienten und Besucherströme, auf die Folgen bezüglich eines künftigen Ausbaus des ÖV oder der Nutzung bestehender Spitalinfrastruktur bei einer Kon- zentration in Zentren, um nur zwei Bereiche zu nennen.

In Artikel 65 versuchten wir unter Beibehaltung des ursprünglichen Wortlauts, mit der Änderung «gilt ab» und in Artikel 66 mit «werden abgegolten», für Spitäler – gerade im ländlichen Raum – eine etwas verbindlichere Definition zum Erhalt künftiger Vorhalteleistungen zu schaffen. Dass man jetzt innert Wochenfrist versucht, den Regionen Frutigen und Zweisimmen mit ihren Spitälern und mit der vom Regierungsrat überhaupt noch nicht abgesegneten Zugehörigkeit in die Versorgungsnotwen- digkeit den Speck durchs Maul zu ziehen und unsere Kollegen aus dem Oberland mit den Verspre- chungen derart unter Druck zu setzen, dass sie fast genötigt werden, den Antrag zurückzuziehen, ist alles andere als feine Art. Bereits vorgestern kritisierte Heinz Siegenthaler im Zusammenhang mit der Pensionskasse und dem Lehreranstellungsgesetz diese Art, Druck auszuüben. Damit ge- lang es einmal mehr, die Landspitäler, und zwar vom Oberland via Riggisberg über Münsingen nach Aarberg, gegeneinander auszuspielen. Ich gebe zu, dass Kollegin Mühlheim ein Meisterstück in Sachen Taktik gelungen ist. Es kann aber durchaus auch so weit kommen, dass zuletzt alle Spitäler im ländlichen Raum als Verlierer dastehen werden.

Mit der Formulierung in Artikel 65 und 66, wie sie die Kommission in den Unterlagen zu Sessions- beginn empfohlen und als richtig empfunden hatte, gäben Sie allen heutigen Spitälern, sofern diese die entsprechenden Qualitätskriterien erfüllen, eine noch etwas bessere Perspektive, um Vorhalte- leistungen zu erhalten, falls jemals etwas in diesem Topf sein sollte. Ich bitte Sie deshalb, den bei- den Artikeln 65 und 66 wie ursprünglich von der Kommission empfohlen und auch unserem Antrag entsprechend zuzustimmen.

Barbara Mühlheim, Bern (glp), Kommissionspräsidentin. Kommen wir in die Realität zurück! Wa- rum zog die Kommission, und insbesondere die Antragsteller selber, diesen Antrag, der tatsächlich auch dort gestellt worden war, an der nächsten Sitzung zurück? Weil man gescheiter geworden war und genau die Diskussion, die jetzt geführt wird, voraussah. Nämlich, dass man zur Rettung eines Spitals diesen Gesetzesartikel werde ummodeln wollen. Das kann es nicht sein. Weil wir wussten – das Votum von Kollege Augstburger hat es eben bestätigt –, dass dieser Artikel falsche Begehrlich- keiten weckt und zu einem Strukturerhalt in unserer Spitallandschaft führen könnte, zogen wir ihn zurück. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, Sie können das Spital Riggisberg, das übrigens zum

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heutigen Zeitpunkt besteht und bei dem niemand irgendwie abbauen will, mit diesem Artikel nicht retten. Das ist ein Partikularinteresse, das nichts zu tun hat mit dem Sinn und Zweck der Artikel 65 und 66, wie sie von der Kommission verfasst wurden.

Worum geht es darin? Insgesamt muss ein Spital vier Kriterien erfüllen, um in der Berner Spital- landschaft erfolgreich wirtschaften zu können. Diese sind nicht von Gott, sondern vom KVG vorge- geben: erstens die Versorgungsnotwendigkeit respektive Zugänglichkeit, zweitens die Bedarfsge- rechtigkeit, drittens die Qualität und viertens die Wirtschaftlichkeit. Wir in diesem Parlament haben nur etwas zu sagen zum Thema Zugänglichkeit und Versorgungsnotwendigkeit. Die Versorgungs- notwendigkeit leitete dieser Kanton respektive seine Regierung ab, um die Zugänglichkeit definieren zu können. Spricht man von versorgungsnotwendigen Vorhalteleistungen, betrifft das noch nicht die Gesamtleistung, sondern lediglich die Funktionen, die ein Spital erbringen muss – im weitesten Sinn Piquetfunktionen von Ärzten, Ressourcen –, damit es in einem Notfall funktionieren kann. Sind sie versorgungsnotwendig, kann der Staat dem Spital unter die Arme greifen, hingegen sagt der Artikel nichts darüber aus, in welcher Form oder welchem Umfang.

Warum kommt die Kommission auf eine Kann-Bestimmung zurück? Weil in der gesamten Finanz- landschaft des Kantons Bern, unabhängig davon, ob es um Spitäler, Behindertenheime oder etwas anderes geht, immer eine Kann-Bestimmung gilt, wenn der Staat subventioniert. Von dieser Regel wollten wir hier nicht abweichen. Belassen wir die Kann-Bestimmung nicht im Artikel, ermitteln wir einen Rechtsanspruch, der tatsächlich versorgungsnotwendigen Spitälern überhaupt nichts bringt, sondern sie sogar blockiert. Dies weil irgendein Spital finden kann, es wolle sich ab sofort ebenfalls versorgungsnotwendig definieren, und mit seinem Antrag an die GEF gelangt, der ausser Spesen, rechtlichen Diskussionen, Klagen, Verfügungen und Verwaltungsgerichtsentscheiden nichts bringt.

Genau das wollten wir nicht. Heute Morgen früh fanden wir uns noch zu einer einstündigen Sitzung zusammen. Wir hatten die Versorgungsnotwendigkeit in einem gesamten Spitalkomplex überprüft, und wir konnten uns der Variante der Regierung, die sie nächste Woche vorbesprechen und be- schliessen wird, eigentlich anschliessen; nämlich, dass nebst der Versorgungsnotwendigkeit immer vier Kriterien erfüllt sein müssen. Hingegen sagten wir heute Morgen auch klar, dass wir der in der Versorgungsplanung festgelegten alten Regel, wonach 80 Prozent der Bevölkerung innert 30 Minu- ten ein Spital erreichen können müssen, noch eine neue hinzufügen wollen, nach der 100 Prozent der Bevölkerung innerhalb von 50 Kilometern ein Spital erreichen können müssen. Diese beiden Regelungen, die wir von der GEF heute Morgen zur Konsultation vorgelegt bekamen, unterstützen wir aktiv. Ich danke der GEF für den ausgezeichneten Bericht, den wir erhielten.

Lehnen Sie den Antrag zu Artikel 65 und 66 ab; fördern wir doch hier nicht Partikularinteressen, sondern schaffen ein Spitalversorgungsgesetz, das eine Zukunft haben, die Spitäler in eine wirt- schaftliche Konkurrenzsituation führen muss. Mit dem Antrag meiner Kollegen blockieren wir eine zukunftsgerichtete Gesetzgebung. Damit fallen wir in altes Standesdenken zurück; und Riggisberg – davon bin ich überzeugt – hat mit dem Spitalnetz eine optimale Funktion und eine optimale Mög- lichkeit, sich auch zukünftig zu behaupten, aber nicht mit diesem Artikel.

Präsident. Wir kommen zu den Fraktionserklärungen.

Enea Martinelli, Matten b.I. (BDP). Ich gebe es zu, der ursprüngliche Antrag für die Muss- Formulierung stammt von mir. Warum kam ich darauf zurück? Dafür muss ich etwas in die Ge- schichte ausholen. 2010 beabsichtigten unsere Kollegen Pfister und Knutti eine Initiative einzurei- chen, die das Spitalgesetz, wie es seit 2005 bestand, in den Grundzügen rückgängig machen woll- ten. Das kommentierte ich bereits damals als nicht gut und fand, man sollte Kriterien anwenden, und zwar Kriterien, die der Versorgung dienten, damit wir nicht mehr über Spitalstandorte sprechen, sondern allgemein diskutieren würden, welches Recht der Bürger haben und wo die Grenzen des Marktes sein sollten, falls es gegen unten nicht mehr funktioniere. Ich vertrat stets, dass wir mit Kri- terien arbeiten müssten, nämlich dass 80 Prozent der Bevölkerung innert 30 Minuten ein Spital er- reichen können müssten. Gesamtkantonal wäre diese 80/30-Regel heute schon voll erfüllt, können doch 95 Prozent der Bevölkerung innert 30 Minuten ein Spital erreichen. Aber eben mit sehr gros- sen regionalen Unterschieden. Das reicht vom Oberland, in dem nur 75 Prozent der Bevölkerung innert 30 Minuten im Spital sein können, bis in die Region Bern, wo 99 Prozent innert 30 Minuten im Spital eintreffen. Deshalb reichte die BDP letztes Jahr eine Motion ein, in der sie die Einführung des zusätzlichen Kriteriums von 50 Kilometern Entfernung vom nächsten Spital forderte. Das befanden wir als etwa noch zumutbar. Dies, damit man nicht einfach die Regionen den Zahlen anpasse, son- dern effektiv nach der Notwendigkeit verfahre. Auf diesem Weg gelangten wir zur Versorgungsnot-

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wendigkeit.

Bezüglich der Abgeltung von Vorhalteleistungen liessen wir uns belehren und sahen ein, dass als erste die Krankenkassen ein Stück weit aus der Pflicht fallen würden, wenn man eine Muss- Bestimmung ins Gesetz aufnähme, weil sie sich auf den Standpunkt stellen würden, der Kanton bezahle ja. Dazu sagte die GEF richtig, zwar stünden grundsätzlich die Krankenkassen mit in der Pflicht, doch sei das Problem, dass sie dies gegenwärtig nicht einsähen und bis dahin noch Ge- richtsverhandlungen zu überstehen seien. Bis zur Klärung werden wir, denke ich, fünf, sechs, sie- ben Jahre warten. Bis dahin sind diese Spitäler schlicht und einfach geschlossen. Damit das Zu- sammenspiel der Kriterien tatsächlich gewährleistet sein wird, ist heute nicht die Muss-, sondern die Kann-Formulierung richtig. Welche Leistungen sind betroffen? Heute Morgen erhielten wir einen ausgezeichneten Bericht – leider war ich nicht an der Kommissionssitzung, weil ich es schlicht ver- gessen hatte, aber ich hatte den Bericht vorher einsehen dürfen. Darin ist ein künftiges erforderli- ches Grundangebot definiert, momentan der Chirurgie und Medizin. Letztlich ist das natürlich eine Fachfrage. Ebenfalls stimmen muss die Bedarfsgerechtigkeit. (Der Präsident läutet die Glocke.) Wenn nun trotz Versorgungsnotwendigkeit die Leute das Spital nicht aufsuchen und immer andere Spitäler bevorzugen – das heisst, mit den Füssen abstimmen – und der Marktanteil stetig sinkt, hat auch dieses Spital keine Daseinsberechtigung mehr, weil es offensichtlich von den Leuten nicht mehr gebraucht wird.

Ein weiteres Kriterium ist die Qualität. Beispielsweise gilt heute für die Geburtshilfe, dass ein Gynä- kologe innert 10 Minuten im Spital sein muss, damit es berechtigt ist, auf der Spitalliste zu stehen.

Das ist zu erfüllen und gilt auch für die Anästhesie. Genau das sind die so genannten Vorhalteleis- tungen. Zusätzlich kommen noch die Mindestfallzahlen ins Spiel. Für die Geburten sind es 600 und eben nicht 300 wie im Spital Riggisberg. All diese Kriterien müssen stimmen, bevor die Artikel 65 und 66 greifen. Also hilft Riggisberg weder die Muss- noch die Kann-Bestimmung. Damit werden nicht die Spitäler gegeneinander ausgespielt, auch nicht das Oberland gegen die Regionen, son- dern es funktioniert aufgrund klar definierter Kriterien, damit man nicht jedes Mal wieder über Spital- standorte, sondern eben über Kriterien und nichts anderes diskutieren muss. Diese sind über länge- re Zeit gewachsen und kein kreativer Inhalt zweier, dreier Tage, wie du, Ueli, es hast glauben ma- chen wollen. So ist es nicht! Viel besser ist, den Rahmen zu bestimmen, als jedes Mal den Standort.

Deshalb bitte ich Sie, für diese beiden Artikel die Muss-Formulierung abzulehnen und die Kann- Bestimmung zu berücksichtigen.

Blaise Kropf, Bern (Grüne). Vorweg stelle ich fest, dass der Regierungsrat in seinem ursprüngli- chen Antrag zum Spitalversorgungsgesetz ein Instrumentarium vorgeschlagen hatte, um politisch der gewollten Versorgungsstruktur im Spitalwesen, insbesondere auch im ländlichen Raum, Rech- nung tragen und genau diese Strukturen unterstützen zu können, nämlich eine Ausgleichsabgabe auf Vergütungen der Zusatzversicherer und die Schaffung eines Fonds für die Spitalversorgung. Ich bin überzeugt, das hätte die Grundlagen dafür geschaffen, den Eigenheiten des bernischen Spital- versorgungswesens und insbesondere auch den vorhin vorgetragenen Anliegen aus dem ländlichen Raum entsprechen und darauf eingehen zu können. Allerdings lehnte der Grosse Rat in der ersten Lesung dieses Konzept ab. Ich bin überzeugt, Kolleginnen und Kollegen, dass gerade die Vertrete- rinnen und Vertreter des ländlichen Raums mit jenem Abstimmungsverhalten ihren eigenen Anlie- gen einen Bärendienst erwiesen; man schoss tatsächlich ein Eigengoal.

Stattdessen soll nun mit der Muss-Formulierung für die Finanzierung von Vorhalteleistungen gewis- sermassen ein Notausgang eingebaut werden, um das Ziel gleichwohl zu erreichen. Wir Grünen sind jedoch überzeugt, dass dies weder dem Geist dieses Spitalversorgungsgesetzes noch den allgemeinen Grundsätzen der neuen Spitalfinanzierung entspricht. Deshalb wird die grüne Fraktion den Antrag Augstburger, Burren und Brönnimann ablehnen.

Den Verfechterinnen und Verfechtern von Anliegen ländlicher Spitalversorgung möchte ich nun aber gleichwohl noch sagen, dass ländlichen Spitälern gewissermassen noch ein Notausgang oder eine Möglichkeit zur Verfügung steht, wie den Anliegen trotz allem noch entsprochen werden könnte, nämlich mit dem Eventualantrag, der jetzt neu ebenfalls zur Diskussion steht. Würde man diesen so ausgestalten, dass darin nicht einfach irgendwelche Lappalien abgehandelt werden, sondern näh- me man genau die Vorschläge des Regierungsrats – Ausgleichsabgabe, Fonds für Spitalversor- gung – auf, könnte man diesen Anliegen letztlich angemessener Rechnung tragen und sie umset- zen; respektive man könnte sicherstellen, dass darüber überhaupt abgestimmt werden kann. Ich gebe Ihnen zu bedenken, insbesondere diese Option zu bedenken. Ich glaube, das würde eine ge- wisse Wahlfreiheit ermöglichen, falls es dereinst zu einer Abstimmung zu diesem Spitalversor-

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gungsgesetz kommen sollte.

Katrin Zumstein, Langenthal (FDP). Die Artikel 65 und 66 schaffen einen zweiten Subventionstat- bestand im vorliegenden Gesetz nebst dem Artikel 57 betreffend die Förderung ambulanter Leis- tungen. Mit der Formulierung ohne «kann» beziehungsweise «können» wird der Rechtsanspruch geschaffen, dass Vorhalteleistungen bezogen werden können. Keinesfalls darf hier einer Struktur- erhaltung Vorschub geleistet werden. Die Parameter, um Vorhalteleistungen abgegolten zu be- kommen, haben Barbara Mühlheim und Enea Martinelli vorhin vorgestellt. Ein Subventionstatbe- stand soll seitens des Bundesgesetzgebers in einem Gesetz ohnehin nie ohne Kann-Formulierung Einfluss nehmen, da sonst der nötige Ermessensspielraum nicht gewahrt ist. Die FDP-Fraktion steht deshalb geschlossen hinter der Ablehnung des Antrags und somit hinter dem Antrag der Kommissi- on.

Ueli Jost, Thun (SVP). Nachdem die Kommission, der auch ich angehöre, erst einmal Haue be- kommen hat, muss ich zuerst einen ganz kleinen Ausflug machen. Zu Beginn der Kommissionsar- beit zu diesem Spitalversorgungsgesetz ging es mir ähnlich wie Blaise Kropf bei der Pensionskas- se. Auch ich hatte den Eindruck, ich stehe in Turnschuhen vor der Eigernordwand und müsse da jetzt hoch. In der Zwischenzeit sind wir dank guter Ausrüstung und einer umsichtigen Bergführerin in Person unserer Kommissionspräsidentin im obersten Biwak angekommen. Jetzt gilt es lediglich noch zu klären, wie wir das letzte Wegstück zum Gipfel in Angriff nehmen wollen und welche Alter- nativvariante, sprich Eventualantrag, wir favorisieren wollen. Deshalb richte ich meinen Dank an die Bergführerin, die es verstand, beim Aufstieg immer wieder Sicherheitshaken zu setzen, damit die ganze Seilschaft nicht abstürze.

Zu Artikel 65 und 66 haben wir von Enea Martinelli vernommen, wie komplex die ganze Sache ist.

Es hat keinen Wert, wenn ich alles nochmals wiederhole, doch ist das Ganze effektiv ein Paket, in dem eindeutig nicht nur die Zugänglichkeit zählt, sondern auch die übrigen drei genannten Parame- ter. «Gilt ab» und «werden abgegolten» entspricht klar der Muss-Lösung, die, wie wir schon gehört haben, Begehrlichkeiten weckt, die letztendlich vor Gericht zu klären sein werden, die letztlich das ganze System wiederum verzögern und gefährden. Die Antragsteller erreichen mit der Muss- Lösung in Artikel 65 und 66 gar nichts; das sieht eigentlich auch die grosse Mehrheit der SVP- Fraktion ein. Sie wird der Kann-Lösung ebenfalls grossmehrheitlich zustimmen.

Tanja Sollberger, Bern (glp). Wir von der glp-CVP-Fraktion unterstützen auch ganz klar die Versi- on mit der Kann-Formulierung. Schon mehrmals ist gesagt worden, dass sonst ein Rechtsanspruch im Gesetz festgeschrieben würde, der in Zeiten finanzieller Schieflage nicht opportun ist. Der Regie- rungsrat kann Vorhalteleistungen nach den zusätzlichen in der Versorgungsplanung vorgesehenen Bedingungen abgelten. Wir können uns nicht damit einverstanden erklären, eine generelle Pflicht zur Abgeltung im Gesetz festzuschreiben. So werden nämlich Wünsche geweckt, die einer medizi- nisch begründeten Versorgungsplanung zuwiderlaufen. Unserer Meinung nach ist es an der Zeit, sich mit dem Strukturwandel, der in der Spitallandschaft ohnehin kommen wird, auseinanderzuset- zen, um gute Lösungen für die Bevölkerung zu finden und ihr eine optimale Versorgung zu bieten.

Unsere Spitallandschaft sieht momentan nicht aus wie eine dezentrale Konzentration, sondern wie eine dezentrale Dekonzentration. Unsere 50-km-Regel ist übrigens auch kein Garant für eine gute Versorgung, wenn im entsprechenden Spital die Qualität nicht stimmt. In Schweden sind es 300 Kilometer, und die dortige Bevölkerung ist auch gut versorgt. Eine optimale Versorgung muss nicht zwingend durch ein Spital gewährleistet werden. Wir werden die Artikel 65 und 66 nicht, wie von den Antragstellenden beantragt, unterstützen.

Melanie Beutler-Hohenberger, Mühlethurnen (EVP). Zu Artikel 65 erinnere ich gerne nochmals daran, dass der Kanton Bern nicht nur aus der Stadt Bern und der Agglomeration besteht, sondern eben auch aus den ländlichen Regionen. Darum ist wichtig, dass Vorhalteleistungen und Angebote, die als versorgungsnotwendig erachtet werden, auch adäquat abgegolten werden. Ist dies nicht möglich, weil beispielsweise die Tarifstruktur es nicht oder noch nicht erlaubt oder die Fallzahlen zu gering sind, soll es aufgefangen werden können. Die Mehrheit der EVP-Fraktion kann aber mit der Kann-Formulierung leben und findet sie analog zum gemeinsamen Antrag Regierungsrat und Kommission die bessere Lösung. Eine kleine Minderheit der Fraktion stimmt dem Antrag Augstbur- ger, Burren und Brönnimann zu. Diese Leistungen müssen zur Sicherung der peripheren Spitäler und auch aus Gründen der Fairness mit der verbindlicheren Formulierung im Gesetz verankert sein.

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Es kann nicht sein, dass der Kanton etwas als versorgungsnotwendig deklariert und die Leistungs- erbringer danach finanziell im Regen stehen lässt. Wer bestellt, muss auch bezahlen, sagt man so schön. Trotzdem lehnt eine Mehrheit der EVP-Fraktion den Antrag Augstburger, Burren und Brön- nimann zu Artikel 65 ab, während ihn eine Minderheit unterstützt.

In Artikel 66 kommen ja die Kriterien zur Sprache, nach denen ein Anspruch besteht, sprich, unter welchen Bedingungen ein Listenspital oder ein Listengeburtshaus solche Vorhalteleistungen abge- golten bekommt. Wie zu lesen ist, sind die Kriterien eng. Erstens geht es ausschliesslich um Vorhal- teleistungen, und das ebenfalls nur, sofern sie aufgrund der kantonalen Versorgungsplanung als versorgungsnotwendig deklariert wurden oder aufgrund der seit der letzten Versorgungsplanung wesentlich geänderten Verhältnisse versorgungsnotwendig geworden sind. Zweitens werden sie nur ausbezahlt, wenn ein Listenspital oder ein Listengeburtshaus, also der Leistungserbringer, trotz effizientem Betrieb und den Zahlungen, welche die Vorhalteleistungen eigentlich decken können sollten, diese eben nicht finanzieren kann. Auch hier ist eine Mehrheit der EVP-Fraktion für die offe- nere Kann-Formulierung analog zum vorhergehenden Artikel, weil sie dem Kanton mehr Spielraum belässt. Eine Minderheit hingegen ist wieder für die verbindlichere Regelung, wie sie von den An- tragstellern formuliert wurde. Dies umso mehr, als eben nicht nur die genannten Kriterien unter Punkt b eng ausgelegt werden können, sondern es dem Kanton eben auch über die Deklaration der Versorgungsnotwendigkeit einer Vorhalteleistung erlaubt, enge Grenzen zu setzen.

Nun noch ein Wort zu zwei, drei vorhin vorgebrachten Argumenten: Das Spital Riggisberg ist er- wähnt worden. Riggisberg muss nicht gerettet werden, Herr Martinelli. Laut Verwaltungsrat der Spi- täler ist das Akutspital Riggisberg nicht gefährdet als Portalspital. Lediglich die Geburtshilfeabteilung soll geschlossen werden. Und auch da besteht ein Unterschied: Geburtshilfe und Akutspital sind nicht das Gleiche, wenn wir über Vorhalteleistungen reden. In den Antragstellern, wie sie vorher genannt worden sind, sind all jene aus dem ganzen ländlichen Raum zusammengefasst, die peri- phere Spitäler in ihrer Umgebung haben. Da ist es nicht zulässig zu sagen, es betreffe nur noch Riggisberg und andere periphere Spitäler nicht mehr. Ich finde es nicht ganz korrekt zu argumentie- ren, mit diesem Antrag beabsichtige man Riggisberg zu retten. Vor kurzem votierte man noch für den ländlichen Raum, wenn man diesen Antrag unterstützte.

Michael Adrian Aebersold, Bern (SP). Es zeichnet sich ja ungefähr ab, worauf diese Abstimmung hinauslaufen wird, und es ist gut so. Es ist fast wie ein pièce de résistance, das wirklich bis zur letz- ten Minute oder Sekunde oder bis in die letzte Sitzung verteidigt wird, um die Wende noch zu schaf- fen. Dabei geht es nicht um to be or not to be, aber doch um «kann» oder «muss». Wir finden es richtig und begrüssen, dass uns in dieser Frage die bürgerliche Mehrheit der Kommission entge- genkam. Wir fanden rasch einmal, dass man im Gesetz keinen Rechtsanspruch festschreiben kön- ne. Übrigens ist in der Gesetzgebung die Kann-Formulierung ja gang und gäbe, Möglichkeiten wer- den offen belassen. Auch uns ist klar, dass die Vorhalteleistungen gerade für die ländlichen Spitäler gewissermassen einem Sicherheitsnetz gleichkommen, ich rede nicht von einer Seilschaft, aber von einem Sicherheitsnetz wie im Zirkus. Eigentlich will man es nicht brauchen, will nicht hineinfallen, aber es ist da für den Fall, dass man es braucht. Das schaffte man in dieser Hauptvorlage mit Steu- ergeldern, dem Rahmenkredit, was eigentlich nicht unserer Vorstellung entspricht, wie auch schon gesagt wurde. Wir können aber, wenn dieses Gesetz einmal so durchgehen wird, mit dieser Haupt- vorlage gut leben. Demnach hat sich das ja sehr gut entwickelt. Doch sind wir nach wie vor der Meinung, dass das Sicherheitsnetz nicht gebraucht werden, sondern diese Leistungen über die Ta- rife finanziert werden sollten. In einem städtischen Spital, das eine grosse Menge Eingriffe ver- zeichnet, sollten sie leicht erhöht angesetzt werden, sodass man entsprechende Eingriffe in einem versorgungsnotwendigen Spital in der nötigen Qualität durchführen kann und den Steuerzahler gar nie dazu bringen muss, daran noch etwas zu leisten. Jetzt ist es nicht so vorgesehen. Wie schon Blaise Kropf gesagt hat, haben die Antragsteller, die wissen, dass sie unterliegen werden, jetzt noch gerade einige Minuten Zeit. Die Fondslösung wäre eben wirklich nicht das Dümmste. Es wäre eine solidarische Lösung, bei der wahrscheinlich vor allem die Städte und Agglomerationen bezahlen würden und aufs Land hinaus flösse, was nötig ist, um die Finanzierung sicherstellen zu können.

Wollen Sie das nicht hier bestimmen, lassen Sie doch das Volk entscheiden, ob es letztlich die Fi- nanzen mit Steuergeldern sicherstellen will oder ob die Gelder aus dem Gesundheitswesen kom- men sollen. Wir lehnen die Anträge hier in der Hauptvorlage ebenfalls ab.

Präsident. Die Einzelsprechenden kommen zu Wort.

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Thomas Knutti, Weissenburg (SVP). Zuerst möchte ich mich bei der Kommissionspräsidentin Barbara Mühlheim und Herrn Grossrat Martinelli recht herzlich bedanken für die guten Gespräche im Vorfeld der Beratung zu Artikel 65 und 66. Ich denke, man kann hier am Rednerpult nicht immer nur kritisieren, sondern muss auch einmal danken. Die Kriterien der Versorgungsplanung sind ge- nannt worden, die nötig sind, damit Vorhalteleistungen abgegolten werden können: Zugänglichkeit verbunden mit der Regelung 80/30 und der Regelung 50 km, Bedarfsgerechtigkeit, Qualität und Wirtschaftlichkeit. Hinsichtlich dieser Argumente möchte ich von der Kommissionspräsidentin und vom Regierungsrat noch gerne wissen, was genau das bedeutet für die Spitäler Zweisimmen und Frutigen.

Enea Martinelli, Matten b.I. (BDP). Ich möchte noch rasch Stellung nehmen zur Fondslösung. Was Sie jetzt hier machen, ist, den Leuten Sand in die Augen zu streuen. Die Kriterien bleiben genau gleich, die Ausgangslage ist die genau gleiche, es ist eine Frage der Finanzierung. Sie ist aber der einzige Punkt. Es ist nicht einfach plötzlich Geld da, das man dann verteilen können wird. Sie mer- ken es: genau das fördert die Begehrlichkeiten. Genau das führt dazu, dass wir ewig, ewig diskutie- ren über einzelne Standorte, über einzelne Möglichkeiten – hier noch ein wenig Geld, da noch ein wenig Geld und da noch etwas –, und genau das wollen wir nicht. Darum: Es ist kein einziges Spital gerettet, wenn man den Fonds hat oder nicht hat, er ändert an der Ausgangslage nichts, und es ist ein ziemlicher Widerspruch zu sagen, eigentlich müsste die Finanzierung über die Tarife sicherge- stellt werden, aber wir hätten dann ja den Fonds, wir hätten dann hier noch, wir hätten dann da noch T Genau das kann es nicht sein.

Hans-Jörg Pfister, Zweisimmen (FDP). Herr Grossratspräsident, Herr Gesundheitsdirektor, ge- schätzte Grossrätinnen und Grossräte, werte Medienvertreter, zu Ihrer Kenntnisnahme: ich rede hier vorne als Grossrat und nicht als Verwaltungsrat der STS AG. Im März sagte ich etwas zur Fall- begrenzung, unterstützte den regierungsrätlichen Antrag. Das kam bei den Verwaltungsratskollegen wie bei der Geschäftsleitung, aber auch bei den Göttern in Weiss nicht gut an. Ich bekam eigentlich einen Maulkorb verpasst und liess dann juristisch abklären, ob ich hier noch etwas sagen darf. Als Grossrat darf ich das tatsächlich. Den Maulkorb verpasste man mir sowohl zu MEGOS (Medizini- sche Grundversorgung Obersimmental-Saanenland) wie auch zu OSSL (Obersimmental- Saanenland) auch als Grossrat. Werte Grossrätinnen und Grossräte, da muss ich mich schon fra- gen, wo unsere Demokratie geblieben ist. Ich sage nun halt trotzdem etwas, auch zu den ländlichen Spitälern.

Ich habe volles Verständnis für die Befürchtungen der Spitäler Riggisberg, Aarberg und so weiter.

Einmal mehr brachten die guten Führungsleute, Verwaltungsratspräsidenten das Gespür nicht auf für den Umgang mit dem ländlichen Raum. Man gab einfach einmal einen Schuss ab, per bestimm- tes Datum werde geschlossen; mit den Leuten redete man gar nicht. Das kommt im ländlichen Raum halt wirklich nicht gut an – auch nicht in der Stadt, glaube ich.

Zum Anliegen, nicht eine Kann-Formulierung, sondern ein Muss ins Gesetz aufzunehmen, muss ich Ihnen sagen, dass wir auch dann keine Sicherheit haben werden, wenn einmal offiziell bekannt ge- geben würde, die Versorgungsnotwendigkeit im Obersimmental oder auch im Frutigland sei gege- ben. Sagt der Verwaltungsrat, er sei nur bereit, ein Spital weiterzuführen, wenn vom Kanton genü- gend Geld komme, sagt mir mein Gefühl: Wie will dieser Kanton genügend Geld geben? Wir haben ja klar beschlossen, den Verwaltungsräten, den Aktiengesellschaften nicht dreinzureden, können sie also nicht dazu zwingen, ihr Unternehmen so zu führen, dass sie vielleicht auch einmal kleinere Brötchen backen. Solange wir noch RSZ haben, die grosszügige Boni auszahlen, wird immer im Vordergrund stehen, einen Gewinn erwirtschaften zu können. Dann wird man halt den ländlichen Raum fallen lassen wie eine heisse Kartoffel. Darum bin ich einer der FDP, der den Antrag Augstburger und Mitunterzeichnende unterstützt.

Präsident. Herr Augstburger kommt zu Wort, anschliessend Frau Kommissionspräsidentin Mühl- heim.

Ueli Augstburger, Gerzensee (SVP). Anscheinend wurde die Suppe heute Morgen nochmals et- was nachgesalzen, wenn wir bei der Symbolik des Kochens und des Rezepts bleiben wollen. Es geht hier nicht um Partikularinteressen, sondern darum, den anderen Spitälern – Aarberg, Münsin- gen, Riggisberg und weiteren – mit einer etwas verbindlicheren Formulierung die Möglichkeit zu geben, sich für ihre Interessen besser einzusetzen. Ich muss hier wiederholen, dass der Antrag

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nicht auf «muss» lautet. Mehrere Votanten haben ihn nun deswegen bekämpft. Sondern die vorlie- gende Formulierung des Antrags lautete eigentlich seit Beginn auf «gilt ab» und «werden abgegol- ten». Das Muss wurde anscheinend schon vor längerer Zeit einmal von der Kommission ersetzt.

Dies noch zur Korrektheit des Antrags und zu den abgegebenen Voten.

Frau Beutler hat bereits darauf hingewiesen, dass es mit der Formulierung auch ein wenig darum geht, die Spitäler im ländlichen Raum besser zu schützen. Und wenn schon, wie Herr Kollege Mar- tinelli gesagt hat, die geänderten Formulierungen an der ganzen Sachlage nichts ändern, könnten Sie dem Antrag im Interesse des ländlichen Raums ebenso gut zustimmen.

Präsident. Sie sind wohltuend ruhig, es darf ruhig so bleiben. Die Kommissionspräsidentin hat das Wort.

Barbara Mühlheim, Bern (glp), Kommissionspräsidentin. Herr Kollege, es ist halt schon so, um bei Ihren Bildern zu bleiben: Die Suppe, die wir uns hier gemeinsam einbrocken, müssen wir auch ge- meinsam auslöffeln. Solange wir in diesem Kanton Bern 10,2 Mrd. Franken Gesamtvolumen, fast 10 Prozent, für den Gesundheitsbereich und die Spitäler brauchen, muss man sich sehr wohl über- legen, was man in einem Gesetz in welcher Form festlegt.

Ich möchte noch rasch meinem Kollegen Thomas Knutti antworten auf seine Fragen, was es bedeu- tet, dass der Kanton Bern, also der Regierungsrat, uns heute Morgen früh ein Papier mit den fol- genden Fragen vorlegte: «Entsprechen die Vorschläge der GEF zur Umsetzung der 50-km- Maximaldistanz den Vorstellungen der Kommission?» und weiter «Welche Position vertritt die Kommission hinsichtlich der Ergänzung der bisherigen Versorgungsregeln mit einer Distanzkompo- nente?». Es ging also darum, das erste Kriterium, das wir vor vier Jahren bestimmt hatten, nämlich dass 80 Prozent der Bevölkerung innert 30 Minuten ein Spital erreichen können sollen, mit dem zweiten neuen Kriterium zu belegen – beide additiv –, dass 100 Prozent der Bevölkerung nicht mehr als 50 Kilometer weit vom nächsten Spital entfernt sein sollen.

Was passiert, wenn man diese beiden Kriterien über den Kanton Bern legt? Es gibt genau zwei Spi- täler, die in Bezug auf das Kriterium Versorgungsnotwendigkeit auffallen, nämlich Frutigen wegen der Regel 80/30 und Zweisimmen wegen der 50-km-Regel. Sie sind die einzigen beiden Spitäler, die unter der Position «versorgungsnotwendig» funktionieren können. Das heisst aber noch nicht viel, einzig, dass sie dieses Kriterium erfüllen. Ich wiederhole, dass auch diese Spitäler bedarfsge- recht sein, das heisst, genügend Patientenvolumen haben müssen, um ihre Leistungen überhaupt anbieten zu können, sowohl qualitativ wie wirtschaftlich.

Diese beiden Fragen der GEF wurden heute Morgen von der Kommission einstimmig mit Ja beant- wortet und gehen jetzt zurück in den Regierungsrat. Herr Regierungsrat Perrenoud kann anschlies- send noch sagen, was damit passiert. Doch war es lediglich eine konsultative Abstimmung zu den beiden Fragen. Ich hoffe, das genügt dir, Thomas Knutti, als Antwort auf deine konkrete Frage. Da- mit schliesse ich auch mein Votum zu Artikel 65 und 66 ab.

Philippe Perrenoud, Gesundheits- und Fürsorgedirektor. Habe ich die Frage der Kommissions- präsidentin richtig verstanden: Wie geht es weiter mit dieser Versorgungsregel? – Die Regierung wird beschliessen, ob sie diese Versorgungsregel aufnimmt oder nicht. Alle Lichter stehen auf grün.

Das heisst, dass nach der Versorgungsplanung 2011–2014, die die Regierung schon vor einiger Zeit verabschiedete und die der Grosse Rat mit Planungserklärungen zur Kenntnis nahm, auch die zusätzliche Regel mit den 50 Kilometern gelten wird. Das wiederum bedeutet, dass die beiden Spi- täler Zweisimmen und Frutigen als versorgungsnotwendig eingestuft werden. Für die weiteren Ar- beiten muss für mich ganz klar auch weiterhin die Bedarfsgerechtigkeit gelten. Was heisst bedarfs- gerecht? Nebst den bereits erwähnten Kriterien der Versorgungsqualität und der Wirtschaftlichkeit heisst dies, dass die Leute in den Regionen ihre Spitäler benutzen müssen. Ist das Spital leer, ist es nicht mehr bedarfsgerecht.

Was Artikel 65 und 66 anbelangt, könnte ich mich den ursprünglichen Antragstellenden – Herrn Martinelli und der Kommissionspräsidentin – voll anschliessen. Eine Muss-Formulierung, auch wenn sie hier nett aussieht, ist viel gefährlicher als eine Kann-Formulierung, mit welcher der Grosse Rat Jahr für Jahr einen Rahmenkredit für Vorhalteleistungen beschliesst. Das ist so vorgesehen. Jahr für Jahr sagen wir, wie viel Geld zur Verfügung steht. Dann kann man schauen, wie man das Spital unterstützt, das in Schwierigkeiten steckt und trotzdem versorgungsnotwendig, trotzdem bedarfs- notwendig ist, trotzdem effizient arbeitet und – das ist für mich ganz wesentlich – dem die Kranken- kassen ihre Unterstützung verweigern. Die Tarifpartner sind verpflichtet, sich der Gegebenheit zu

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fügen. Stuft der Kanton ein Spital als versorgungsnotwendig ein, müssten meiner Meinung nach die Krankenkassen – sie würden das bestreiten – einschwenken und besondere Tarife akzeptieren, weil es bedarfs- und versorgungsnotwendig ist. Mit der Kann-Formulierung kann der Kanton dann immerhin helfen, ohne Rechtsanspruch, ohne Gerichtsverfahren. Sie wissen ja, wie solche Ge- richtsverfahren ablaufen. Es dauert Jahre bis zu einem Entscheid, und dann ist das Spital längst geschlossen, bevor der Rechtsanspruch überhaupt zum Tragen kommt. Bitte, diese Muss- Formulierung, auch wenn sie hier so nett klingt, ist viel gefährlicher als eine Kann-Formulierung.

Deshalb beantrage ich Ihnen, den Antrag Augstburger, Burren und Brönnimann nicht anzunehmen.

Präsident. Wir stimmen ab über Artikel 65. Ich stelle den Antrag der Herren Augstburger, Burren und Brönnimann – Sie finden es auf dem Antragsblatt, und in der Synopse ist es die Version vom 8. Mai, Fassung der Kommission – dem gemeinsamen zweiten Antrag der Kommission vom 29. Mai 2013 gegenüber. Wer dem Antrag Augstburger, Burren und Brönnimann zustimmt, stimmt Ja, wer dem Antrag Kommission in der Fassung vom 29. Mai zustimmt, stimmt Nein

Abstimmung Art. 65 (Antrag Augstburger, Burren und Brönnimann gegen Antrag Kommission Der Grosse Rat beschliesst:

Annahme Antrag Kommission

Ja 37

Nein 102

Enthalten 5

Präsident. Sie haben dem Antrag der Kommission zugestimmt. Herr Augstburger, halten Sie Ihren Antrag zu Artikel 66 aufrecht? Lasse ich darüber abstimmen? – Der Antrag ist zurückgezogen. Da- mit erkläre ich den Antrag der Kommission zu Artikel 66 als genehmigt.

Art. 67–79 Abs. 2 Angenommen

Präsident. Artikel 80 gibt es nicht mehr. Wir werden am Schluss die Gesetzesartikel ohnehin neu nummerieren müssen.

Art. 81–95 Abs. 2 Angenommen

Art. 95 Abs. 3 (neue Formulierung Kommission) Angenommen

Art. 95 Abs. 4 und 5 Angenommen

Art. 96–127 Abs. 1 Bst. b Angenommen

Art. 127 Abs. 1 Bst. c (neue Formulierung Kommission) Angenommen

Art. 127 Abs. 2–Art. 137 Angenommen

Präsident. Artikel 138 gibt es ebenfalls nicht mehr.

Art. 139 (neue Formulierung Kommission) Angenommen

Art. 140–148

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Angenommen Art. 148a (neu)

Präsident. Dazu meldet sich Herr Martinelli zu Wort.

Enea Martinelli, Matten b.I. (BDP). Artikel 148a wurde eingeführt, um die bisherige Regelung der privatärztlichen Tätigkeit in der Psychiatrie weiterführen zu können, bis die Psychiatrie dereinst ver- selbständigt sein wird. Man könnte ihn auch so interpretieren, dass privatärztliche Tätigkeit nicht mehr möglich wäre. Ich möchte dies nicht so verstanden wissen, sondern halte fest, dass sie wei- terhin möglich sein wird. Der Betrieb ist frei bezüglich deren Organisation.

Ich weise darauf hin, dass die privatärztliche Tätigkeit in einem Spital ein wichtiges Element ist, um auch Leute einer höheren Liga anzuziehen. Für ein Spital ist es im Rahmen der Patientenaquisition wirklich wichtig, die Leute entsprechend zu motivieren und dadurch beizutragen, dass das Spital adäquat ausgelastet ist. Das erkannten die Privatspitäler, gewisse öffentliche Spitäler wollen es wieder rückgängig machen; das ist ein gefährlicher Weg. Thomas Heuberger wird auch noch etwas dazu sagen.

Thomas Heuberger, Oberhofen (Grüne). Dadurch dass ich noch nie Beleg- oder Chefarzt in ei- nem Spital war, ergibt sich kein Interessenkonflikt. Doch möchte ich einiges zu dem sagen, was Enea Martinelli eben angetönt hat in Bezug auf die psychiatrische Versorgung, aber es gilt auch generell. Im bisherigen Spitalversorgungsgesetz ist die geregelte privatärztliche Tätigkeit Bestand- teil der Arbeitstätigkeit der Chef- und Belegärzte und der leitenden Kader. Es war so geregelt, exi- stent und richtig im Interesse der öffentlichen Spitäler, um den Kaderärzten Anreize bieten zu kön- nen, in einer Institution zu bleiben und den Spitälern zu ermöglichen, Topshots, also sehr gute Leu- te, anzuziehen und zu berufen mit dem entsprechenden Renommee. Das ist, was Enea schon er- wähnt hat bezüglich Topliga.

Das neue Spitalgesetz enthält die entsprechenden Artikel 45 und 46 nicht mehr. Ich weiss nicht genau, warum sie entfielen – aus Versehen oder Absicht? Beides wäre wahrscheinlich nicht so ge- scheit. Das Argument, dass die Spitäler als Aktiengesellschaft ihre Strategie und Geschäftspolitik selbständig definieren können sollen, ist völlig richtig. Das soll man nicht kritisieren. Doch greift das Weglassen einer bestimmten Basisregelung zu kurz und könnte öffentlichen Spitälern und allenfalls auch dem Kanton als Allein- oder Mehrheitsaktionär langfristig gewisse Probleme bereiten.

Ich frage deshalb Herrn Regierungsrat Perrenoud und bin gespannt auf die Antwort, wie sich die Regierung verhielte, wenn eines der Spitäler in seiner Kompetenz, die Geschäftspolitik zu bestim- men, aufgrund der fehlenden Regelung plötzlich keine privatärztliche Tätigkeit mehr gestatten möchte. Ich glaube nicht, dass ein öffentliches Spital eine solche Kamikaze-Aktion starten würde, aber es ist künftig nicht ausgeschlossen. Könnte die Konsequenz eines solchen Beschlusses sein, dass die betreffende Institution Topkader mit dem entsprechenden Renommee zugunsten der Pri- vatspitäler verliert, hätte das einen wirtschaftlichen Schaden, den Abstieg in die zweite Spitalliga hinter den Privatspitälern und den Verlust des Qualitätslabels einer Topliga zur Folge. Das Spital Lindenhof lässt grüssen; sie werden sich erinnern, was in der letzten Zeit darüber in der Presse zu lesen war.

Die Antwort der Regierung interessiert mich. Sie wird aufzeigen, wie für einen solch unwahrscheinli- chen Fall die Regierung als Alleinaktionär ihr Interesse an einer Top-Position der Spitäler einbringen möchte. Ihre Position wäre stärker, wenn die privatärztliche Tätigkeit als Basis, als Prinzip im Spital- versorgungsgesetz vorhanden wäre. Das ist jetzt nicht mehr der Fall, und wir wollen es nicht wieder einbringen. Momentan ist alles geregelt. Doch sollte man solche Erwägungen nicht ausser Acht lassen. Liest man Artikel 148a Absatz 3 und zieht den umgekehrten Schluss, kann man es so inter- pretieren, dass nach der Verselbständigung der Spitäler Verträge zu privatärztlicher Tätigkeit nicht mehr möglich, verboten wären. Das ist doch effektiv nicht die Idee des neuen Spitalversorgungsge- setzes. Dieser Konsequenzen muss sich der Grosse Rat bewusst sein. Wir sind daran interessiert, was der Regierungsrat dazu sagt und was danach auch in den Materialien zu finden sein wird. Die Situation ist nicht ganz unproblematisch. Die öffentlichen Spitäler sind vor dem Absturz in die zweite Liga der Spitäler zu stützen, allenfalls mit solchen Massnahmen.

Philippe Perrenoud, Gesundheits- und Fürsorgedirektor. Ich werde nicht entweder auf Franzö- sisch oder Deutsch reden, sondern je nachdem, wie ich heute Morgen meinen Wortschatz abrufen

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kann. Ich habe das schon von der BEKG gehört, als eine Aufregung darüber entstand, was das heissen möge und Verwunderung darüber, dass Verträge nicht mehr möglich sein sollten. Die Si- tuation ist anders. Vor der Zeit des KVG flossen die Geldflüsse zwischen den Kantonen und den Spitälern total anders. Ab 2012 mit dem KVG, der Fallpauschale und der égalité de traitement de tous les hôpitaux, privat oder nicht privat, brauchen wir das im Gesetz nicht mehr zu regeln. Es ist nicht verboten, sondern jetzt Sache der Verwaltungsräte, der AG; genau gleich, wie in einem Privat- spital Verträge mit den Belegärzten abgeschlossen werden; der Kanton hat dazu nichts zu sagen. In den öffentlichen Spitälern wird genau das Gleiche passieren. Es ist kein Berufsverbot, im Gegenteil, das ist der Markt, den das KVG verlangt. Deshalb ist es kein Problem, wenn es im Gesetz nicht geregelt ist. Es wäre nur ein Problem für die Psychiatrie, wie wir erkannt haben. Für sie muss es bis zu ihrer Verselbständigung geregelt werden. Aber sonst ist das wirklich kein Problem mehr.

Präsident. Zu Artikel 148a (neu) Absatz 2 Buchstabe a, b und c liegen keine Anträge vor. Ich erklä- re den Artikel als angenommen. Die Artikel

Art. 149–155

Präsident. Alle diese Artikel werden gestrichen.

Art. 156–158

Präsident. Diese Artikel wurden neu von der Kommission eingebracht. – Sie sind angenommen.

Art. 159

Präsident. Mit diesem Artikel werden vier Erlasse geändert. Gibt es dazu Wortmeldungen? – Der Artikel ist angenommen

Art. 161 und 162 Angenommen Titel und Ingress Angenommen Kein Rückkommen

Präsident. Wir können über das Spitalversorgungsgesetz in zweiter Lesung abstimmen. Danach werden wir wieder von vorne beginnen. Wer dem Spitalversorgungsgesetz in zweiter Lesung so zustimmt, wie es jetzt bereinigt worden ist, stimmt Ja; wer dies ablehnt, stimmt Nein.

Schlussabstimmung 2. Lesung Der Grosse Rat beschliesst:

Annahme

Ja 124

Nein 5

Enthalten 1

Präsident. Sie haben diesem Gesetz mit 124 gegen 5 Stimmen bei einer Enthaltung zugestimmt.

Dem Dekret, das sich ebenfalls in Ihren Unterlagen befindet, stimmten Sie bereits in der ersten Le- sung des Gesetzes im März zu. Das müssen wir nicht mehr behandeln, obwohl da steht: «Gemein- samer Antrag T»; Dekrete werden ja in einer Lesung behandelt. Wir fahren weiter mit der Beratung der Eventualanträge in der Synopse, die Ihnen vorliegt.

Mittlerweile stehen vier Eventualanträge zur Diskussion. Jetzt geht es um den Entscheid, ob Sie überhaupt einen Eventualantrag wollen und wie Sie ihn zusammensetzen wollen. Wir machen jetzt also eine Art best of. Ich stelle immer die Frage: Wollen Sie den Artikel xy in den Eventualantrag aufnehmen, Ja oder Nein?

Zu Beginn gebe ich der Kommissionspräsidentin das Wort, dann führen wir eine Art Eintretens-

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/Gesamtdebatte, in der die Antragsteller der vier Varianten und am Schluss auch der Regierungsrat zu seinem Eventualantrag zu Wort kommen. Anschliessend hätten die Fraktionen Gelegenheit, ihre Voten abzugeben. Danach werden wir eine Abstimmungskaskade durchführen und schauen, ob wir zu einem Schluss gelangen. Steht das Ergebnis fest, werde ich Sie in einer Schlussabstimmung noch fragen, ob Sie das überhaupt wollen oder nicht.

Gemeinsame Eintretensdebatte und Debatte über Eventualantrag Art. 42 Bst. a

Eventualantrag BDP / FDP / SVP (Zumstein, Langenthal, FDP) Die Lenkungsabgabe wird erhoben, wenn

a der gesamte Case-Mix der akutsomatisch behandelten Berner Patientinnen und Patienten aller im Kanton Bern gelegenen Listenspitäler gegenüber demjenigen des Vorjahres um mehr als 6,1 Prozent angestiegen ist und

Art. 43 Bst. a

Eventualantrag Kommission

Die Summe aller Lenkungsabgaben ergibt sich aus der Multiplikation folgender Faktoren:

a 30 Prozent des kantonalen Anteils der Referenz-Baserate der Nicht-Universitätsspitäler Art. 44

Eventualantrag BDP / FDP / SVP (Zumstein, Langenthal, FDP)

Die Gesundheits- und Fürsorgedirektion erhebt gegenüber einem im Kanton Bern gelegenen Lis- tenspital eine Lenkungsabgabe, wenn es seinen individuellen Case-Mix des Vorjahres um mehr als 6,1 Prozent überschritten hat.

Art. 45 Abs. 1 Bst. a

Eventualantrag BDP / FDP / SVP (Zumstein, Langenthal, FDP) Eine Lenkungsabgabe wird erhoben, wenn

a das gesamte Leistungsvolumen der psychiatrisch und rehabilitativ behandelten Berner Patientin- nen und Patienten aller im Kanton Bern gelegenen Listenspitäler gegenüber demjenigen des Vorjahres um mehr als 6,1 Prozent angestiegen ist und

Art. 46 Bst. a

Eventualantrag Kommission

Die Summe aller Lenkungsabgaben ergibt sich aus der Multiplikation folgender Faktoren:

a 30 Prozent der Pauschale nach Artikel 49 Absatz 1 KVG Art. 47 Abs. 1

Eventualantrag BDP / FDP / SVP (Zumstein, Langenthal, FDP)

Die Gesundheits- und Fürsorgedirektion erhebt gegenüber einem im Kanton Bern gelegenen Lis- tenspital eine Lenkungsabgabe, wenn es sein Leistungsvolumen gegenüber demjenigen des Vor- jahres um mehr als 6,1 Prozent überschritten hat.

Art. 47a (neu)

Eventualantrag Regierungsrat / Marti Anliker, Bern (SP-JUSO-PSA)

Die Erträge aus der Lenkungsabgabe werden dem Fonds für Spitalversorgung zugewiesen.

Art. 65

Eventualantrag BDP / FDP / SVP (Zumstein, Langenthal, FDP)

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Streichen Art. 66

Eventualantrag BDP / FDP / SVP (Zumstein, Langenthal, FDP) Streichen

Art. 80

Eventualantrag Regierungsrat / Marti Anliker, Bern (SP-JUSO-PSA) Abs. 1:

Der Grosse Rat kann auf Antrag des Regierungsrates beschliessen, dass die zuständige Stelle der Gesundheits- und Fürsorgedirektion eine Ausgleichsabgabe erhebt.

Abs. 2:

Gestützt auf den Beschluss des Grossen Rates erhebt die zuständige Stelle der Gesundheits- und Fürsorgedirektion gegenüber jedem im Kanton Bern gelegenen Listenspital jährlich eine Aus- gleichsabgabe auf den Vergütungen, welche die Zusatzversicherer ihm für Behandlungen ausrich- ten, die auch einen Sockelbeitrag aus einer Sozialversicherung ausgelöst haben.

Art. 80 Abs. 3

Eventualantrag Regierungsrat

Die Ausgleichsabgabe beträgt höchstens 20 Prozent der Vergütungen nach Absatz 2. Der Regie- rungsrat legt den Abgabesatz durch Verordnung fest.

Eventualantrag Marti Anliker, Bern (SP-JUSO-PSA)

Die Ausgleichsabgabe beträgt höchstens 10 Prozent der Vergütungen nach Absatz 2. Der Regie- rungsrat legt den Abgabesatz durch Verordnung fest.

Art. 80 Abs. 4

Eventualantrag Regierungsrat / Marti Anliker, Bern (SP-JUSO-PSA)

Die Erträge der Ausgleichsabgabe werden dem Fonds für Spitalversorgung zugewiesen.

Art. 138 Abs. 1

Eventualantrag Regierungsrat / Marti Anliker, Bern (SP-JUSO-PSA)

Der Fonds für Spitalversorgung wird als Spezialfinanzierung nach den Bestimmungen des Gesetzes vom 26. März 2002 über die Steuerung von Finanzen und Leistungen (FLG)1 geführt.

Art. 138 Abs. 2

Eventualantrag Regierungsrat

Er wird gespeist aus den Erträgen der Lenkungsabgabe und der Ausgleichsabgabe.

Eventualantrag Marti Anliker, Bern (SP-JUSO-PSA)

Er wird gespeist aus den Erträgen der Lenkungsabgabe, der Ausgleichsabgabe und allfällig noch vorhandenen Mitteln aus der Auflösung des Fonds für Spitalinvestitionen.

Art. 138 Abs. 3

Eventualantrag Regierungsrat / Marti Anliker, Bern (SP-JUSO-PSA) a Abgeltungen für Leistungen der ambulanten Spitalversorgung, b Abgeltungen für Leistungen der integrierten Versorgung, c Abgeltungen für zusätzliche Leistungen,

d Abgeltungen für Vorhalteleistungen,

1 BSG 620.0

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e Beiträgen für Restrukturierungen, f Beiträgen für Investitionen,

g Abgeltungen für ärztliche und pharmazeutische Weiterbildungen, h Beiträgen zur Durchführung oder Förderung von Modellversuchen, i Beiträgen zur Förderung von medizinischen Innovationen

Art. 157 Abs. 2

Eventualantrag Marti Anliker, Bern (SP-JUSO-PSA)

Allfällig noch vorhandene Mittel werden dem Fonds für Spitalversorgung gutgeschrieben.

Barbara Mühlheim, Bern (glp), Kommissionspräsidentin. Inhaltlich diskutierten wir den Antrag der Kommission nicht eingehend. Liest man Artikel 43, würde ich sagen, er sei in Spitalversorgungs- Meccano-Fachchinesisch abgefasst. Antragsteller sagten, in ihren Kreisen sei lange diskutiert wor- den, ob man eine Lenkungsabgabe von 20, 30 oder 40 Prozent wolle. Inhaltlich nahm man dazu nicht Stellung. Als ich nochmals die Protokolle konsultierte, bemerkte ich, dass man nicht einmal formuliert hatte, welche Millionenbeträge es ausmachen wird, weil relativ schnell klar war, dass die Diskussion ganz andernorts lief. Es wurde dann ziemlich dynamisch – auch das darf es in einer Kommission geben –, nämlich zur Frage, warum überhaupt dieser Vorschlag vorgelegt werde. Die- ser Vorschlag kommt, weil Artikel 63 in der Kantonsverfassung besagt, bei einem Geschäft, das je nachdem einer Volksabstimmung unterstellt werden kann, bestehe die Möglichkeit, schon einen grossrätlichen Vorschlag zu präsentieren. Falls das Referendum ergriffen würde und es dann zur Volksabstimmung käme, könnte nur noch bezogen auf diesen Punkt eine Variantenabstimmung stattfinden. Sie können sich vorstellen, was danach ungefähr passierte. Man fragte mich, warum ich gerade auf Artikel 43 und nicht einen anderen gekommen sei, wenn dafür doch 160 Artikel zur Ver- fügung stünden. Meine Antwort war, sie hätten ungefähr 50 Varianten gehabt, hätten aber Artikel 43 bevorzugt.

Dem stehen heute drei andere Eventualanträge zu anderen Artikeln gegenüber. Man kann sie auch noch mischen. Die übrigen Varianten standen für die Diskussion in der Kommission noch nicht zur Verfügung. Darum konnte man sie auch nicht gegeneinander abwägen. Der Antrag der Bürgerli- chen gemeinsam mit dem Antrag der Kommission wurde mit 10 gegen 7 Stimmen als Kommissi- onsantrag angenommen. Ich bin gespannt auf die neusten Diskussionen, insbesondere auf Ihre Argumentation zu den übrigen Anträgen. Und weiter bin ich gespannt, ob wir am Schluss überhaupt einen Eventualantrag haben werden.

Präsident. Die Antragstellenden kommen für die Vorstellung der Eventualanträge und die Frakti- onssprechenden zur Eintretensdebatte zu Wort. Für die Kommission – Barbara, hast du das schon gemacht? – Wer stellt den Eventualantrag der Kommission vor? – (Die Kommissionspräsidentin bestätigt, dass dies bereits geschehen ist.) Gut. Den Eventualantrag der SP-JUSO-PSA-Fraktion stellt Frau Marti Anliker vor.

Irène Marti Anliker, Bern (SP). Herr Präsident, Sie sagten best of. Selbstverständlich habe ich den Eindruck, der Eventualantrag der SP-JUSO-PSA-Fraktion sei der beste der vier Eventualanträge.

Die Kommissionspräsidentin hat es vorhin diskret gesagt, wie es sich für eine Kommissionspräsi- dentin gehört. Ich als Vertreterin einer Partei darf es etwas deutlicher sagen. Warum liegen uns hier jetzt noch vier Eventualanträge vor? Einer davon – der kleinste, magerste – ist derjenige der Kom- mission. Es ist ein inhaltsloser Eventualantrag, eigentlich kein Gegenvorschlag oder keine wirkliche Variante zu diesem ganzen Gesetz, das wir eben verabschiedet haben, sondern damals ging es der Kommissionsmehrheit allein darum, einen Volksvorschlag zu verhindern. Stellt nämlich der Grosse Rat seinem Gesetz einen Eventualantrag gegenüber, ist es nicht mehr möglich, einen Volksvor- schlag zu lancieren. Das fällt in der Politik unter das Kapitel «Buebe-» oder «Meitlitrick». Inhaltlich kann man darauf gar nicht eingehen, weil es gar keinen Ansatz zum Streiten gibt, nämlich ob nun der Artikel 43 so oder anders formuliert sei.

Daraufhin fanden wir, wir wollten einen Eventualantrag stellen, der diese Bezeichnung wirklich ver- diene. Wir würden damit aufzeigen, wo wir es tatsächlich anders sähen als im eben verabschiede- ten Gesetz. Wie Sie sehen, geht es uns darum, hier nochmals ganz klar zu sagen, dass wir die

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Fondslösung nach wie vor als gute Lösung erachten. Lieber Enea Martinelli, ob du nun einen Rah- menkredit oder einen Fonds hast, ist Geld, das Begehrlichkeiten wecken kann, immer irgendwo vorhanden. Deshalb hat man nicht einfach einen Rechtsanspruch darauf, sondern wir stellten Krite- rien auf, wie man zu diesem Geld gelangen kann. Soll man die Leistungen finanzieren, die durch die Tarife nicht abgegolten werden, soll das Gesundheitswesen selber solidarisch mitfinanzieren.

Dazu führten wir vorgängig eine lange Diskussion, darauf brauche ich nicht einzugehen. Darum wollen wir dort ein Stück weit abschöpfen. Wir meinen, 10 Prozent wären ein guter Kompromiss, 10 Prozent, die in diesen Topf fliessen könnten. 20 Prozent, wie es der Regierungsrat will, erachten wir als zu viel. Es sind vor allem Gelder, die eher aus Privatspitälern, aus städtischen Spitälern fliessen, um Leistungen auch in der Peripherie zu garantieren, die durch die Tarife nicht abgedeckt sind, sofern alle Kriterien erfüllt sind.

Dieser Fonds ist das Meccano; wie soll er nun gespeist werden? Eben einerseits aus den Len- kungsabgaben, von denen wir hoffen, dass sie nicht zu hoch ausfallen werden, weil wir kein unge- rechtfertigtes Wachstum wollen; anderseits durch das Abschöpfen der 10 Prozent und drittens mit dem, was im Investitionsfonds noch übrig bleibt. Das ist für uns ganz wichtig, deshalb stellten wir diesen Eventualantrag so.

Wir haben eben auch dem Gesetz zugestimmt. Wir sind der Meinung, es regle zum Glück eine sub- sidiäre Steuerung der Politik auch bezüglich Leistungsvolumen. Wir konnten auch verschiedene andere Elemente ins Gesetz einbringen; darüber sind wir froh. Stellen wir nun einen Eventualan- trag, bitten wir Sie wirklich, den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern allenfalls kein Gegenkonzept zu bieten, aber doch eine Eventualität; eine reelle Variante, und nicht einfach eine, die eigentlich keine ist, sondern lediglich dazu dient, die Demokratie oder Volksvorschläge zu verhindern. Dieses Vorgehen, liebe Kolleginnen und Kollegen, finde ich sehr problematisch – Sie haben es bereits eini- ge Male praktiziert. In diesem Rat haben Sie die politische Mehrheit, Sie haben sie vom Volk und spielen sie klar aus, dazu ist gar nichts zu sagen. Doch betrachten wir in der politischen Minderheit es nicht als Leistungsausweis, dass Sie ihr mit einem «Buebe-» oder «Meitlitrick» auch noch ein demokratisch legitimes Mittel entziehen. Das hinterlässt einen ganz schlechten Geschmack, und das ist schlechter Stil.

Präsident. Jetzt hat Frau Zumstein das Wort zum Eintreten und zur Begründung des Antrags BDP, FDP und SVP.

Katrin Zumstein, Langenthal (FDP). Der Eventualantrag BDP, FDP und SVP entspricht unserer grundsätzlichen bürgerlichen Idee, das KVG in unserem Kanton mit so wenig Steuerung und so viel Wettbewerb als möglich umzusetzen. Der veränderte Prozentsatz von 6,1 entspricht unserem ur- sprünglichen Antrag bezüglich Lenkungsabgabe, eine Steuerung erst ganz spät einzusetzen. Zum Streichen des Subventionstatbestandes gemäss Artikel 65/66 ist festzuhalten, dass wir diesen an sich als wettbewerbsverzerrend erachten. Die Voraussetzungen, dass Leistungen zusätzlich abge- golten werden können, sind gegeben. Darüber haben wir heute schon gesprochen. Mehr braucht es nicht. Wir meinen ohnehin, dass mit zusätzlichen Leistungen ausserhalb der Fallpauschalen sehr restriktiv umzugehen sei. Uns fehlen, wie auch Barbara Mühlheim gesagt hat, die finanziellen Mittel.

Entgegen der Meinung von Michael Aebersold verlangen wir überall die gleiche Fallpauschale. Im- merhin wurde in diesem Rat eine entsprechende Motion von mir überwiesen. Alles andere verzerrt den Wettbewerb.

Wir haben eine konsolidierte Gesetzesvorlage. In den beiden Punkten fanden wir eine Mittellösung und nahmen sie auf. Sowohl in der Kommission als auch eben in der Schlussabstimmung haben wir der Gesetzesvorlage zugestimmt. In unserem Eventualantrag verzichten wir aus Konsequenz auf Subventionsgefässe.

Ich nehme ebenfalls gerade Stellung zum Eventualantrag der SP-JUSO-PSA-Fraktion, der die Äuf- nung eines Fonds vorsieht. Wir lehnen ihn entschieden ab. Wir wollen keine zusätzlichen separaten Kässeli mehr. Bekanntlich gibt man ja das Geld viel leichter aus, wenn man irgendwo noch ein Käs- seli hat. Ich bitte Sie deshalb, den Eventualantrag BDP, FDP und SVP kombiniert mit dem Eventu- alantrag der Kommission, wie ich es eigentlich eingegeben hatte, mit der höheren Abgabe zu unter- stützen.

Präsident. Herr Regierungsrat Perrenoud begründet den Eventualantrag der Regierung.

Philippe Perrenoud, Gesundheits- und Fürsorgedirektor. Zur Geschichte: Am Montag, 27. Mai,

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in der dritten Kommissionssitzung wurde dieser Eventualantrag von der Kommission eingereicht.

Zwei Tage später, am 29. Mai, stellte die Regierung ihre Überlegungen an. Grundsätzlich ist die Regierung gegen einen Eventualantrag. Nun, da schon ein solcher existierte, fragte sie sich, was zu tun, was der Kommission vorzuschlagen sei am 29. Mai – einem Tag nicht wie jeder andere für mich in meinem Leben, einem Tag, an dem wir uns über die finanzpolitische Weiterentwicklung des Kantons Bern grosse Sorgen machten und nach Lösungen suchten. Der ASP-Bericht der Regierung wird am 27. Juni aufzeigen, wo wir überall werden bluten müssen – überall. In Anbetracht dessen sagte sich die Regierung, wenn überhaupt ein Eventualantrag, dann einer, der Geld vom System für das System beschaffe. Der Eventualantrag der Regierung sagt ganz klar aus, dass sie einen Fall- schirm will im Gesetz. Haben Sie eine Idee, wie eine Rakete wieder landen könnte, ohne zu ver- langsamen? Niemand käme auf diese Idee. Würde ein Fallschirmspringer ohne Fallschirm sprin- gen? Keiner käme auf eine solche Idee. Unsere Variante ist kein Entscheid, einen Fonds zu schaf- fen, aber ein Entscheid für diese Möglichkeit in näherer Zukunft – vielleicht in zwei, vielleicht in drei Jahren –, wenn wir sehen, dass die Vorhalteleistungen nicht genügen. Schauen Sie nochmals nach in Artikel 139: Ich vernehme hier nicht das Argument, die Landspitäler zu finanzieren. Das sind Vor- halteleistungen wie beispielsweise die Finanzierung von Aus- und Weiterbildung T ah, j’ai de la peine en allemand, excusez-moi, dès fois c’est plus facile que d’autres jours – c’est pour la formati- on permanente des médecins. Et cette formation permanente würde zum Beispiel nicht nur den öffentlichen, sondern allen Spitälern nützen, die Privatspitäler eingeschlossen. Diese Vorhalteleis- tungen, die wir zusätzlich finanzieren könnten, kämen allen Spitälern zugute. Die Regierung schlägt ganz klar einen Fallschirm mit Entscheid des Grossen Rates vor. Der Grosse Rat könnte auf Antrag der Regierung in zwei, drei Jahren sagen, ja, wir aktivieren den Fonds. Er könnte aber auch immer noch sagen, wir aktivieren den Fonds nicht, das müssen wir nur mit Steuergeldern bewältigen. Die Formulierung ist offen. Deshalb bittet Sie die Regierung, wenn schon ein Eventualantrag, dann et- was, was greift, ein Fallschirm im Gesetz für den Fall, dass es finanzpolitisch – dahinter steht jetzt überhaupt keine gesundheitspolitische Überlegung – derart schwierig wird. Denken Sie daran, in zwei Jahren werden wir bereuen, wenn wir diesen Fonds nicht haben!

Barbara Mühlheim, Bern (glp), Kommissionspräsidentin. Ich möchte nur ganz kurz etwas sagen zum Eventualantrag der Bürgerlichen, weil dieser schon einmal in der zweiten Kommissionssitzung so formuliert worden war. Die Kommission diskutierte den Antrag und merkte sehr rasch, dass er eigentlich noch ein immenses Wachstum zuliesse, so genannt medizinisch nicht notwendiges Wachstum, und dass man erst sehr spät dazu käme, überhaupt reagieren zu können, weil es ja vorgängig noch dem Grossen Rat vorgelegt werden müsste. Darum kam man ebenso rasch zum Entscheid, diesen Antrag nicht weiterzuverfolgen. Man gab ihn zurück an die Bürgerlichen, die an der nächsten Sitzung einen anderen Antrag einreichten, der nun in den ersten Jahren die 6,1 Pro- zent Zuwachs zulässt. Warum ist der Zuwachs grösser als in den anderen Jahren? Man sagte sich, man lasse einmal 6,1 Prozent Steigerung zu, weil man erstens von den Privatspitälern noch keine sauberen Zahlen und somit keine saubere Ausgangslage hatte, und zweitens, weil deswegen Da- tenunsicherheit bestand. Danach wollte man aber – wie Sie vorher im Gesetz gesehen haben – nur noch eine Steigerung von 2,5 Prozent zulassen, bis der Kanton neu greifen kann.

Das wäre mit diesem Antrag wieder anders. Die Konsequenz wäre jetzt eine viel grössere Möglich- keit der ungerechtfertigten medizinischen Mengenausweitung, bevor wir die Kompetenz hätten zu steuern.

Präsident. Die Fraktionssprechenden kommen zu Wort.

Blaise Kropf, Bern (Grüne). Nach meinem Dafürhalten sind wir an einem ziemlich entscheidenden Punkt der Beratung dieses Spitalversorgungsgesetzes angekommen, nicht nur in gesundheits- oder spitalpolitischer, sondern auch in staatspolitischer Hinsicht. Da ist zuerst einmal eine grundsätzliche Bemerkung zur Institution des Eventualantrags angebracht. Er mag ja eine gute Möglichkeit sein, die die Gesetzgebung hier vorsieht, insbesondere dann, wenn der Eventualantrag dazu genutzt wird, auf der Basis einer hier geführten Debatte effektiv zwei verschiedene Varianten auszuformulie- ren und dadurch der Stimmbevölkerung die Möglichkeit zu geben, im Fall eines Referendums über effektiv vorhandene Differenzen in der politischen Debatte im Grossen Rat abstimmen zu können.

Wird der Eventualantrag so genutzt, finde ich es durchaus sinnvoll.

Hingegen wird der Eventualantrag zum reinen politischen Machtinstrument, wenn er dazu dient, einen eventuellen Volksvorschlag zu unterbinden; wenn er dazu dient, der Fassung der Mehrheit,

Referenzen

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