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Donnerstag (Nachmittag), 13. Juni 2013 Gesundheits- und Fürsorgedirektion 57 2013.0158 Bericht Stärkung des Medizinalstandorts Bern (Zusammenschluss des Inselspitals mit den Spitälern der Spital Netz Bern AG)

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Sitzungstitel7 2013.0158 1

Der Grosse Rat des Kantons Bern

Le Grand Conseil du canton de Berne

Donnerstag (Nachmittag), 13. Juni 2013

Gesundheits- und Fürsorgedirektion

57 2013.0158 Bericht

Stärkung des Medizinalstandorts Bern (Zusammenschluss des Inselspitals mit den Spitälern der Spital Netz Bern AG)

Fortsetzung

Enea Martinelli, Matten b. I. (BDP). Die BDP steht dem Projekt Stärkung des Medizinalstandorts Bern grundsätzlich positiv gegenüber. Es gibt allerdings einige Punkte, bei denen wir noch einmal hinschauen müssen und mehr Informationen brauchen als die, die wir bisher haben. Es geht um ein Signal, das wir aussenden. Die Planungserklärungen greifen ein Stück weit ins Operative ein, das ist richtig und wurde von Eva Desarzens auch schon gesagt. Letztlich geht es auch um finanzielle Risiken, die der Kanton eingeht. Ich zitiere aus der «Frankfurter Rundschau» vom 11. November 2012, dort geht es um ein Projekt Fusion Uniklinik Marburg und Uniklinik Giessen: «Sechs Jahre nach der Übernahme hat sich das Vorzeigeprojekt jedoch zu einer Vorzeigekatastrophe entwickelt.

Statt Rendite abzuwerfen, häuft das Klinikum mehrstellige Millionenverluste an, die Belegschaft fühlt sich ausgelaugt, Patientenzahlen beginnen zurückzugehen und die Öffentlichkeit läuft Sturm.» Ge- nau deswegen wollen wir zusätzliche Angaben. Es gibt einige kritische Punkte, die in den Pla- nungserklärungen festgehalten sind. Die Nähe eines Spitals zum Hausarzt ist wichtig, um die Zu- weisung zu erreichen. Damit die Portalspitäler funktionieren können, brauchen sie die Zuweisungen der Hausärzte. Wenn die Hausärzte keinen niederschwelligen Zugang haben und die Leute in den Portalspitälern nicht kennen, verliert das Portalspital seine Zuweisung und letztlich seine Existenz- berechtigung. Und genau dort müssen wir etwas genauer hinschauen.

Zweiter Punkt: Wenn jemand zur Baserate x in ein Portalspital eingewiesen wird und anschliessend in derselben Organisation ins Inselspital weitergewiesen wird, gilt auch für die Behandlung im Be- trieb x eben nicht die Baserate x, sondern y, die um 22 Prozent höher ist, als sie normalerweise für regionale Spitalzentren gilt. Betrachtet man das rein betriebswirtschaftlich, bestünde ein Interesse, alles in das System der höheren Baserate zu steuern. Die Insel stellt das in Abrede; sie sagt, sie könne dies gar nicht, denn es würde ihr schaden. Der Glaube fehlt mir im Moment allerdings etwas.

Ich möchte das noch genauer erklärt haben und möchte wissen, wie das aussieht. Man könnte nun sagen, ich wolle bremsen oder verhindern. Schon 2010, als ich meine Motion einreichte, wurde mir das vorgeworfen. Ich sage ganz bewusst etwas bösartig: In den Regionen freuen wir uns, wenn das System dazu führt, dass die Privatspitäler platschvoll sind. Dann sind sie keine Konkurrenz mehr für uns. Das wäre an sich eine gute Entwicklung. Aber genau das wollen wir nicht. Wir wollen ein star- kes Inselspital, einen starken Medizinalstandort Bern, und deshalb wollen wir diese Zusatzfragen geklärt haben.

Es ist uns ein Anliegen, denn der Kanton Bern geht bezüglich Finanzen ein Risiko ein. Es kann bis zu 50 Mio. Franken kosten, wenn alles dorthin gesteuert wird und grundsätzlich immer das Inselspi- tal bevorzugt wird und nicht die Stadtspitäler. Deshalb stellen wir diese Zusatzfragen. Es ist eigent- lich ein finanzpolitischer Aspekt, eine gewisse Sorge bezüglich der betriebswirtschaftlichen Entwick- lung, weil wir sehen, dass das Konzept der Portalspitäler nur kurzfristig funktioniert und längerfristig nicht, wenn man nicht gut darauf achtet. Deshalb beantragen wir, dass diese Zusatzfragen beant- wortet werden.

Den Antrag von Eva Desarzens bezüglich Hearing und Aktualität konnten wir in der Fraktion nur kurz diskutieren. Es gab unterschiedliche Auffassungen. Wir sind grundsätzlich der Meinung, ein

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bereits beim letzten Hearing erlebt, dass etwas viel warme Luft daherkam und wenig Verbindliches.

Ich verstehe natürlich die Frage, ob ein Bericht wirklich aktuell sei. Trotzdem möchten wir es lieber in schriftlicher Form.

Adrian Wüthrich, Huttwil (SP). Ich spreche etwas gegen die Betonpumpe da draussen an. Ich hoffe, Sie hören mich trotzdem. (Das offene Fenster wird umgehend geschlossen.) Wir nehmen hier nämlich den Bericht zur Kenntnis, wonach das grösste Spital der Schweiz gebildet werden soll. Im Kanton Bern müssen wir alle dasselbe Ziel haben: für Stadt, Region und Kanton Bern, aber auch darüber hinaus, für die ganze Schweiz und international ein exzellentes Spital bilden zu können.

Das Inselspital ist ein solcher Pfeiler im Medizinalbereich – schweizweit, ja sogar europäisch. Es gibt gewisse Synergien, wie der Bericht aufzeigt, und diese sollen genutzt werden, damit auf dem Platz Bern ein effizientes Angebot geschaffen werden kann. Die SP-JUSO-PSA-Fraktion unterstützt den Bericht, nimmt ihn zur Kenntnis und will auf diese Weise die Stärkung des Medizinalstandorts Bern erreichen. Wir danken den Verfasserinnen und Verfassern der beteiligten Unternehmen, aber auch der Gesundheits- und Fürsorgedirektion. Die Strategie, die aufgezeigt wird und wonach die günstigen Fälle nicht von der Insel weg in die anderen Spitäler auf dem Platz Bern gehen, damit man Platz für die teuren Fälle hat, scheint uns richtig. Die Fälle, die wirklich in die Insel gehören, sollen in der Insel auch Platz haben. Sie sollen nicht irgendwo in einem der Privatspitäler landen, die ebenfalls die tollen Fälle wollen, für die es möglichst viel Geld gibt. Letztlich erhoffen wir uns von dieser grossen Unternehmung, die hier gebildet wird, dass sie funktionieren wird. Alle Zeichen ste- hen auf Grün. Wir hoffen, dass die drei Unternehmen, die eigentlich gebildet werden sollen, im Wettbewerb mit den Privatspitälern in Bern, aber auch in der Schweiz erfolgreich sind und Marktan- teile auf dem Platz Bern zurückgewinnen können, damit die Patientinnen und Patienten in die Spitä- ler der öffentlichen Hand gehen. Aber auch an den Portalspitälern soll festgehalten werden. Das wurde immer wieder gesagt und kommt auch im Bericht vor. Die Portalspitäler sollen uns erhalten bleiben: Das wäre auch der Wunsch unserer Fraktion.

Die Zuweisung wird wichtig sein. Dabei haben die Hausärztinnen und Hausärzte eine grosse Ver- antwortung: Sie sollen die Zuweisung an das grosse Spital vornehmen. Da ist die Zusammenarbeit wichtig. Das soll weiter abgeklärt werden, die bestehenden Unsicherheiten müssen ausgeräumt werden.

Exzellenz ist nötig, wir brauchen die Lehre und die Forschung. Wir müssen deshalb vorsichtig sein, in diesem ganzen Gebilde nichts zu gefährden. Der Kanton Bern und die Universität haben eine grosse Verantwortung, damit wir weiterhin exzellente Forschung haben, die im schweizerischen, aber auch im internationalen Wettbewerb Bestand haben kann. Dafür braucht es Institutionen. Das ist ein grosser Standortvorteil, wenn man berücksichtigt, wie viele Leute in der Insel arbeiten und einen volkswirtschaftlich bedeutenden Anteil erwirtschaften. In diesem Zusammenhang ist es sehr wichtig, dass das Spital, die Unternehmungen, über einen GAV verfügen. Das wurde in einem Ge- spräch mit dem Verwaltungsrat bestätigt. Er hat dem Management klare Anweisungen gegeben, damit alle drei Unternehmen für ihre Mitarbeitenden einen GAV haben und sichere Arbeitsbedin- gungen geschaffen werden. Für die SP-JUSO-PSA-Fraktion ist ein zweiter Bericht, wie ihn die Pla- nungserklärung verlangt, nicht unbedingt nötig. Wir wollen aber ein Zeichen setzen und wollen die Fragen, die nun im Raum stehen, ernst nehmen. Deshalb unterstützen wir die vorliegenden Pla- nungserklärungen. Wir erhoffen uns allerdings, dass wir auf der strategischen Ebene bleiben. In dem Sinn unterstützt die SP-JUSO-PSA-Fraktion auch den Antrag Desarzens. Man könnte das auch als Hearing durchführen. Die Antragstellerin hat es treffend erwähnt. Ein Bericht wäre vielleicht weniger zielführend. Beim Hearing kann die Kommission dem Verwaltungsrat und dem Manage- ment konkrete Fragen stellen, um die nötigen Antworten zu erhalten, und kann uns anschliessend rapportieren. Wenn das damit etwas verwaltungseffizienter gemacht werden kann, nehmen wir auch den Antrag Desarzens an. Kurzum, das Projekt ist sehr gut unterwegs, wir unterstützen es und nehmen den Bericht darum zur Kenntnis.

Peter Brand, Münchenbuchsee (SVP). Die SVP ist nicht gleicher Meinung wie der Vorredner. Wir lehnen die Kenntnisnahme des Berichts ab, und das aus zwei Gründen. Wie wir schon von Enea Martinelli gehört haben, sind viele Fragen noch offen. Zu zahlreichen Punkten möchten wir Auskünf- te, die der Bericht eben nicht gibt. Der zweite Grund: Wir wollen keine Verantwortung vom Regie- rungsrat übernehmen. Eigentlich hätte man den Bericht in der vorliegenden Form zurückweisen müssen. Betrachtet man die Fragen in den Planungserklärungen, sind es genau diejenigen Punkte, derentwegen wir zuerst die Rückweisung des Berichts beantragt hatten. Es sind alle Punkte, die

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noch offen sind und auf die man Antworten haben muss. Diese werden nun in einem Zusatzbericht gefordert. Das ist jedoch zu spät für uns. Wir wollen den Bericht deshalb im Moment nicht zur Kenntnis nehmen.

Wir wollen aber auch keine Verantwortung übernehmen, die der Regierungsrat und die Verwal- tungsräte tragen müssen. Die Regierung hat das Projekt gestartet, der Verwaltungsrat muss es durchführen. Es ist ein einziger Verwaltungsrat für die drei Unternehmen, obwohl man gern sagt, es seien drei Verwaltungsräte. Im Grunde genommen ist es einfach ein Verwaltungsrat mit drei ver- schiedenen Hüten. Auch das ist ein Problem, das man irgendwann lösen muss. Der Verwaltungsrat muss aber die Verantwortung für das Zusammengehen übernehmen. In der Kommission hörten wir unter anderen einen Vertreter der Berner Ärztegesellschaft an. Zwar war er derjenige von den drei oder vier Experten, der am wenigsten lange zu Wort kam. Nach fünf Minuten erklärte man ihm, er müsse demnächst zum Schluss kommen, und nach zehn Minuten klemmte man ihm das Wort ab.

Die übrigen Referenten hatten die Kommission zuvor je etwa eine halbe Stunde lang orientieren können. Was aber der Präsident der Berner Ärztegesellschaft sagte, liess bei mir sämtliche roten Lämpchen aufleuchten. Er sagte, wenn es so laufen werde wie im Moment, müsse man davon aus- gehen, dass die Ärzte ihre Patienten eben nicht ins Spital Netz Bern oder in das fusionierte Gebilde einweisen, sondern in die Privatspitäler. Wenn man aber im Bericht sieht, wie sehr das fusionierte Gebilde darauf angewiesen ist, seine Fälle steigern zu können, um überhaupt auf die Zahlen zu kommen, die es braucht, steht das dem, was für diesen Zusammenschluss eigentlich sein müsste, diametral gegenüber: nämlich ein Zuwachs von Patienten. Wenn die Zuweiser das nicht wollen, funktioniert das Ganze nicht. Nicht nur vom Präsidenten der Berner Ärztegesellschaft habe ich das gehört, sondern auch von einem Ärztenetzwerk aus meiner Gegend: Es wirft genau dasselbe Prob- lem auf. Man sieht, wie die Ärzte in den Spitälern, die nun zusammengelegt oder fusioniert werden sollen oder wie immer man das nennen will, nun mit den Füssen abstimmen, indem sie nämlich gehen – zahlreiche Ärzte sind bereits weg oder gehen demnächst –, ist das ein weiterer Punkt, der zeigt, dass an diesem Projekt irgendetwas nicht stimmt, auch wenn es nun von gewissen Leuten so wunderschön dargestellt wurde.

Ziffer 3 der Planungserklärung, die Verrechnung der Leistungen der Insel und der Spital Netz Bern AG, ist sehr wichtig für uns. Enea Martinelli hat das sehr gut erklärt. Ich brauche das nicht näher zu erläutern. Dort sind für uns noch zahlreiche Fragen offen. Wir unterstützen im Moment die Pla- nungserklärung der Kommission; eine Rückweisung war bekanntlich nicht möglich. Deshalb wollen wir diese Fragen wenigstens im Rahmen eines Zusatzberichts beantwortet haben. Der Bericht müsste aus unserer Sicht jedoch schriftlich vorliegen, denn nur mit einem schriftlichen Zusatzbericht haben wir die Gelegenheit, uns auf die Sitzung vorzubereiten. Ein Hearing, bei dem einfach jemand kommt und irgendetwas sagt, auf das man unter Umständen nicht reagieren kann, weil man sich nicht vorbereiten konnte, reicht uns nicht. Es müsste unbedingt eine schriftliche Unterlage vorhan- den sein. Deshalb lehnen wir den Antrag von Eva Desarzens ab. Jetzt habe ich zwar «wir» gesagt, es ist aber mit der Fraktion nicht abgesprochen. Ich hoffe jedoch, die Fraktion sei derselben Mei- nung wie ich. (Heiterkeit)

Franziska Schöni-Affolter, Bremgarten (glp). Die glp-CVP-Fraktion ist sehr froh, dass man sich auf einen Zusatzbericht einigen konnte. Die Rückweisung wäre ein grundfalsches Signal für die Stärkung des Medizinalstandorts Bern gewesen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben nicht nur Regionalspitäler gegen das grössere Konglomerat auf dem Platz Bern. Wir haben beispielswei- se auch interkantonale Konkurrenz. Dort müssen wir unseren Medizinalstandort stärken. Das ist inzwischen wohl allen bekannt. Ich hoffe, dass Sie auch weiterhin mithelfen, diesen Medizinalstand- ort, diesen Leuchtturm, den wir haben und der für uns volkswirtschaftlich wichtig ist, zu stärken. Wir sind froh, dass nun mit einem Zusatzbericht das eine oder andere Missbehagen oder die Ängste, die vorhanden sind, aus dem Weg geräumt werden können. Dieser Leuchtturm hat ganz klare Strukturen. Die Insel will sich im interkantonalen Wettbewerb etablieren, neurochirurgisch, im Herz- Kreislauf-Bereich und in der Viszeralchirurgie. Das sind drei ganz wichtige Gebiete, in denen die Insel bis jetzt stark war und weiterhin stark sein will. In einem ersten Hearing mit dem Verwaltungs- rat haben wir gehört, dass auch die Portalspitäler ihren Platz haben: Sie sind Zuweiser. Entweder kann man einen Fall schon im lokalen Bereich erledigen, wenn es kein schwerer Fall ist. Wenn es aber ein neurochirurgischer Fall ist, wird er an die Insel weitergewiesen. Genau diese Portalspitäler werden ihren Platz haben. Enea Martinelli hat die finanziellen Risiken angesprochen: Wenn wir im Wettbewerb sind, wird sich das irgendwann regeln. Ich sehe dort eher einen Neidbericht oder einen Angstbericht, der da durchschimmert: Man hat Angst, dass es ein zu grosses Gebilde würde, so-

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dass der Blinddarm nicht mehr in Interlaken operiert wird, sondern in Bern. Ich kann Sie aber beru- higen: das wird nicht der Fall sein.

Wie gesagt, müssen wir den Blick öffnen. Wir haben andere Probleme, als immer wieder über die eigene Scholle zu stolpern. Wir haben interkantonale Konkurrenz. Wenn die Fragen, welche die Kommission aufgeworfen hat, befriedigend beantwortet werden, bitte ich Sie wirklich, einen Schritt weiter zu gehen und diesem Gebilde eine gewisse Chance zu geben, damit es sich etablieren kann – im Konkurrenzkampf mit den Privatspitälern und mit den anderen Universitätsspitälern. Die glp- CVP-Fraktion ist ganz klar der Meinung, dass man in einem Hearing bessere Informationen erhält als in einem Bericht, der nun im Sommer angegangen werden müsste. Damit würden wir nicht den letzten aktuellen Stand erhalten. Das wäre aber genau das, was wir wollen: Wir wollen nahe am Geschehen sein und das Entstehen eng begleiten. Ich kann Ihnen deshalb empfehlen, sich auf ein Hearing einzulassen. Ein Hearing im kommenden Januar wird uns die letzten aktuellen Zahlen lie- fern. Ein Bericht ist sehr träge und kann uns nicht auf den neusten Stand bringen. Die glp-CVP- Fraktion unterstützt den Antrag von Frau Desarzens.

Blaise Kropf, Bern (Grüne). Die Grünen begrüssen es ausserordentlich, dass es mit dem Projekt Stärkung des Medizinalstandorts Bern vorwärtsgeht und dass eine wichtige Etappe absolviert wer- den konnte. Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass dies ein ganz zentrales Projekt für den Medizi- nalstandort Bern ist. Meine Vorrednerin hat den interkantonalen, gesamtschweizerischen Wettbe- werb im Bereich der Universitätsspitäler angesprochen. Wir kennen alle die Diskussionen, die im Bereich von Spitzenmedizin, Herztransplantationen, Herzzentrum und so weiter stattgefunden ha- ben. Es ist wichtig, dass wir unser Universitätsspital, das nicht einfach ein städtischer, sondern ein gesamtkantonaler Leuchtturm ist, effektiv auch stärken und die besten Voraussetzungen für das Universitätsspital und Bern schaffen. Sie kennen auch alle die Debatte, die eigentlich überall in die- sem Kanton geführt wird, vor allem aber in der «Berner Zeitung» mit der Serie «Kanton Bern im Kriechgang», die der Frage nachgeht, weshalb der Kanton Bern auch hier im interkantonalen Ver- gleich zum Teil mit gewissen Schwierigkeiten konfrontiert ist. Wenn wir diese Debatte aufnehmen und versuchen, umzusetzen, was wir in den jeweiligen Politikfeldern umsetzen können, ist es wohl unbestritten, dass wir alles dafür tun müssen, damit das Projekt Stärkung des Medizinalstandorts Bern nun wirklich auch zum Fliegen kommt. Ich möchte ebenfalls darauf hinweisen, dass das Pro- jekt Stärkung des Medizinalstandorts Bern nicht nur auf der Ebene der gesamtkantonalen Debatte Wirkung hat, vielmehr wird es letztlich ermöglichen, dass man die Spitalstruktur hier im städtischen Raum endlich auch ein Stück weit bereinigen kann. Ich glaube, es ist ein Anliegen von uns allen, dass nicht nur im ländlichen Raum eine Strukturbereinigung hingenommen werden muss, sondern dass man dasselbe auch im städtischen Zentrum machen kann.

Trotz des grossen und ausgewiesenen Nutzens dieses Projekts stellen wir fest, dass es viele Falltü- ren hat. Die Debatte, die wir bisher hier geführt haben, bestätigt das ein Stück weit. Ich habe nun viele Vorbehalte dem Projekt gegenüber gehört. Auf der einen Seite die Befürchtung, dass im städ- tischen Raum ein grosses Projekt entsteht, das allenfalls in Konkurrenz zu anderen Spitälern in die- sem Kanton stehen könnte. Dieselbe Debatte verläuft zum Teil auch im Gebiet von Spital Netz Bern: Da sind dieselben Konkurrenzängste vorhanden. Von daher ist es ganz zentral, dass wir alles dafür tun, das wichtige Projekt nicht mit zusätzlichen Hürden und Schwierigkeiten zu erschweren.

Wir haben den Eindruck, dass der Regierungsrat das Projekt sehr gut führt. Gleichwohl fordere ich auch den Regierungsrat noch einmal auf, alles dafür zu tun, um keine zusätzlichen Schwierigkeiten zu schaffen. Ich war froh, am Hearing zuhanden der Parteipräsidien zur Kenntnis nehmen zu kön- nen, dass sich die Verantwortlichen aus dem Verwaltungsrat bewusst sind, welch grosse Heraus- forderung die Umsetzung des Projekts auch personalpolitisch ist, und dass man gewillt ist, auf gute Arbeitsbedingungen und auf den Gesamtarbeitsvertrag zu setzen. Beim Antrag der Kommission, der uns vorliegt, geht es uns ähnlich wie der SP: Wir sind grundsätzlich nicht der Meinung, er drän- ge sich wirklich auf. Die wesentlichen Fragen konnten im Bericht beantwortet werden. Wir wehren uns aber nicht dagegen, wenn man die Planungserklärungen überweisen will. Wir sind allerdings dezidiert der Meinung, die Klärungsanliegen, die vorgebracht werden, könnten wesentlich besser, präziser und termingerechter in Form eines Hearings dargelegt werden, damit man wirklich die zu jenem Zeitpunkt aktuellsten Informationen erhält. Wir wollen keinen Bericht, dessen Erarbeitung schon bald in Angriff genommen werden muss und der, wenn er vorgelegt wird, längst um einige Monate überholt sein wird. Von daher fordern wir den Rat auf, dem Alternativantrag der FDP zuzu- stimmen. Im Übrigen bitten wir den Rat, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

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Melanie Sarah Beutler-Hohenberger, Mühlethurnen (EVP). Ich möchte mit dem Dank an die Ver- fasser respektive die Verfasserinnen des Berichts beginnen, der in einer gewissen umfassenden Form vorgelegt wurde. Trotzdem nehme ich gleich vorweg, dass auch die EVP-Fraktion hinter den Planungserklärungen steht, und zwar in Form eines Berichts, der uns vorgelegt werden soll. Einige von uns sind aber offen für das Hearing, für den Antrag FDP, Desarzens. Ich möchte auch festhal- ten, dass wir die Kenntnisnahme des Berichts beantragen. Wir halten dies für das richtige Vorge- hen, sofern es von den Planungserklärungen flankiert wird. Bevor ich zu den Planungserklärungen komme, einige Punkte vorab: Im Bericht haben wir gelesen, dass es das Richtige ist, wenn sich die Spitäler für die Zukunft fit machen, dass dies in vielen Kantonen von vielen Spitälern gemacht wird und dass dies aus Sicht der Verfasser der richtige Weg ist. Für die EVP-Fraktion spricht nichts ge- gen das Projekt. Wir haben uns schon mehrfach dezidiert für das Inselspital, für die Uniklinik und in diesem Sinn und auch für die Universität Bern ausgesprochen. Das sind zwei wichtige Leuchttürme, wie eine Vorrednerin sie nannte, und wir helfen sie gern unterstützen, weil es für den Kanton wichtig ist.

Zweitens wurde das Projekt bekanntlich politisch lanciert und auch gewollt. Ich erinnere an den Re- gierungsrat oder an verschiedene Vorstösse aus unseren Reihen – einer kam auch von der EVP:

Der Vorstoss Gasser im Jahr 2009, in dem es um den Neubau SNB AG auf dem Inselareal ging. Ich möchte aber anmerken, dass es auch kritische Vorstösse gibt, die eine Warnlampe aufleuchten lassen wollen. Ein dritter Punkt, der uns auffiel: Man darf wohl sagen, dass das Projekt vor allem und in manchen Bereichen sehr ausschliesslich der Uni respektive der Uniklinik dient, aber auch den umliegenden Betrieben, sprich: dem Medizinalstandort Bern. Das ist, wie der Titel sagt, gewollt.

Ich möchte aber darauf aufmerksam machen, dass es anderswo nicht zu Bauernopfern oder zu gravierenden Mängeln kommen darf, wenn es zum Beispiel das Spital Netz Bern betrifft, das sozu- sagen in der Minderheit ist.

Nun noch einige Worte zu den Planungserklärungen: Wenn ich mich richtig erinnere, kamen sie sozusagen als Kompromiss zustande, damit eine Kommissionsmehrheit den Bericht nicht ablehnte oder zurückwies. Zu den Planungserklärungen 1 und 2, Notfallversorgung und Grundversorgung ausserhalb des Unispitals: Für die EVP ist es sonnenklar, dass es so laufen muss. Man muss es noch einmal besser aufzeigen. Es sind relevante Punkte, die durch den Bericht nicht vollumfänglich abgedeckt wurden. Entsprechend können sie Ängste auslösen oder Bedenken, wie das laufen könnte. Auch Ziffer 3 ist für uns eine wichtige Frage und ebenfalls ziemlich selbstverständlich, denn es ist die Form, wie wir in diesem Kanton mit der Finanzierung vorgehen möchten. Ich erinnere aber daran, dass die andern Spitäler das ebenfalls machen müssen. Heute Morgen sprachen wir über die Vorhalteleistungen, die speziell abgegolten werde könnten. Es müssten einfach die bekannten gleich langen Spiesse herrschen.

Zu Ziffer 4 und 5: Da bin ich persönlich betroffen, weil mein Mann einer dieser Grundversorger und zuweisender Arzt ist. Diese Ziffern unterstützt die EVP-Fraktion zu 100 Prozent. Wenn es dort ha- pert, die Grundversorger den Schritt nicht mehr machen und das Vertrauen in die Spitäler ihrer Re- gion nicht mehr haben, werden die Patientenströme mit Sicherheit so gelenkt werden, dass wir kei- ne dezentrale Spitallandschaft mehr haben können. Dieses Vertrauen ist im Moment leider etwas angeknackst. Das muss man offen sagen. Entsprechend erwarten wir hier gute, sinnvolle, vertiefte Antworten. Wir unterstützen ebenso die Ziffern 6, 7 und 8. Es ist wichtig, dass die Kooperation, die in Ziffer 7 angesprochen wird, weiterhin stattfindet. Das ist sinnvoll und soll sogar noch gestärkt und ausgebaut werden, damit es dem Spitalnetz wirklich entspricht. Ich erinnere an die Diskussion, in der es um medizinische Innovation ging, die auch in den Spitälern stattfinden kann, ausserhalb des Unispitals Insel. Zu Planungserklärung 8 noch Folgendes: Sie ist gut gemeint. Es ist sinnvoll, sich diese Frage noch einmal zu stellen. Ob jedoch eine sinnvolle Antwort kommt, darüber sind wir uns nicht ganz einig. Diese Planungserklärung wird nicht alle Stimmen der EVP erhalten.

Christian Brönnimann, Zimmerwald (BDP). Weshalb komme ich nach vorn? – Ich traue dem Verwaltungsrat der Spital Netz Bern AG überhaupt nicht und glaube nicht, dass er bei dieser Zu- sammenlegung eine gute Lösung für die Portalspitäler aushandeln wird. Weshalb nicht: Meine Tochter ist Hebamme in Riggisberg und hat das Ganze hautnah erlebt. Wenn ich sehe, wie das abgelaufen ist, kann man kein Vertrauen in diesen Verwaltungsrat mehr haben. Die Schliessung erfolgte ohne Vorankündigung, aus heiterem Himmel. Vorher wurde stets gesagt, es laufe jetzt gut.

Es wurde gesagt, man werde den Betroffenen innerhalb von Spital Netz Bern neue Stellen anbie- ten. Bis jetzt ist nichts passiert. Ende Juli wird die Abteilung geschlossen. Bis jetzt erhielten die Be- troffenen auch keine Kündigung; sie sind also sicher bis Ende August weiterhin angestellt, haben

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jedoch keine Arbeit mehr. Man soll nicht sagen, das Spital rentiere nicht mehr, wenn man Leute angestellt hat, die nun keine Arbeit haben. Auf diese Weise kann man in einen Verwaltungsrat kein Vertrauen bezüglich einer zukünftigen Lösung haben. Ich werde deshalb dem Bericht bei der Kenntnisnahme nicht zustimmen können.

Irène Marti Anliker, Bern (SP). Ich reagiere auf das Votum von Peter Brand von der SVP. Als Ers- tes möchte ich darauf hinweisen, dass die Behandlung des Berichts einem Auftrag des Grossen Rats entspricht. Enea Martinelli hatte einen entsprechenden Vorstoss eingereicht, und die Regie- rung hat getan, was sie bei einem überwiesenen Vorstoss eben tun muss. Deshalb diskutieren wir diesen Bericht und nicht, weil der Regierungsrat Verantwortung abschieben will. Und zweitens, liebe Kolleginnen und Kollegen, weiss ich nicht, ob Ihnen allen bewusst ist, worum es geht. Es tut mir leid, aber es geht nicht an erster Stelle um die Portalspitäler, sondern darum, ob der Kanton Bern in 20 Jahren immer noch ein Universitätsspital hat und, damit verbunden, eine medizinische Fakultät.

Darum geht es hier. Es ist wichtig, dass der Grosse Rat das Signal aussendet, dass er das auch weiterhin will. Er kann natürlich politisch entscheiden, dass er das nicht mehr will und dass er auch das geplante Herz- und Gefässzentrum nicht in Bern will, sondern es gerne Zürich überlässt. Das ist eine Möglichkeit. Aber dann sollte man sie offen und ehrlich darlegen und sich nicht hinter solchen Sachen verstecken. Es ist wirklich sehr gefährlich, wenn man in dieser Frage laviert. Es ist nun einmal so, dass wir den Medizinalstandort Bern gut aufstellen müssen. Die Richtung, welche die Regierung vorgegeben hat, und die Art, wie es jetzt mit dem Zusammenschluss der beiden Unter- nehmen läuft, sind richtig, damit der Standort gut positioniert ist. Dass solche Zusammenschlüsse sehr schwierig sind und Irritationen oder Ängste und Verunsicherungen auslösen, ist völlig klar. Das verstehe ich sowohl beim Personal als auch bei den zuweisenden Ärztinnen und Ärzten und ande- ren Involvierten. Es wird ganz wichtig sein, dass das neue Unternehmen einen guten Draht zu die- sen Anspruchsgruppen findet. Sonst ist es eine Katastrophe, das ist klar.

Ich weiss nicht genau, was man eigentlich äussern will. Aus meiner Sicht geht es darum, zu sagen, man habe noch weitere Fragen, die man beantwortet haben will. Mir ist es egal, ob das ein Bericht oder ein Hearing sein wird. Das Hearing scheint mit vernünftig – Eva Desarzens bringt eigentlich immer oder sehr häufig vernünftige Vorschläge. Das Parlament sollte signalisieren, dass es weiter- hin Interesse hat, informiert sein will und das Projekt weiterhin begleitet. Dass man den Bericht gar nicht zur Kenntnis nehmen will und dass das Projekt etwas ist, was man gar nicht will, wird in Zü- rich, in Genf und anderswo sehr wohlwollend wahrgenommen. Das ist gefährlich, liebe Kolleginnen und Kollegen. Stehen Sie doch zum Medizinalstandort und damit auch zu volkswirtschaftlichen Be- reichen wie der Medizinaltechnologie, die wir im Kanton Bern haben und die wichtige und gute Ar- beitsplätze liefert. Es hängt damit zusammen, man kann es nicht völlig trennen. Überlegen sie des- halb gut, was Sie mit diesem Bericht machen.

Walter Neuenschwander, Rubigen (BDP). Ich möchte den Faden, den Irène Marti zu spinnen begonnen hat, gleich aufnehmen: Wer gestern Abend «10 vor 10» schaute, durfte feststellen, dass der Medizinastandort Bern – Universität plus Insel – in der Schweiz technologisch absolut top ist.

Ich war ein bisschen stolz. Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Politik hinkt eben immer ein wenig hinterher. Das müssen Sie einfach einmal sehen. Die Medizin funktioniert heute mit Hightech- Ingenieuren, das konnte man gestern sehen und hören. Die Mediziner stehen heute manchmal fast ein wenig an zweiter Stelle. Das müssen wir unterstützen. Wir sollten nicht mit seltsamen Vorschrif- ten und Berichten kommen, denn diese Entwicklung können wir nicht aufhalten. Und das ist auch gut so. Da wollen wir doch als Politiker diese Entwicklung und diesen Markt, der heute Morgen auch ständig erwähnt wurde, nicht zu hart zurückhalten, das ergibt sich nämlich von selbst. Wenn diese Leute in Bern gute Anstellungsbedingungen, gute Löhne und ein gutes Umfeld, für das notabene die Politik verantwortlich ist, und gute Bedingungen vorfinden, bleiben sie in Bern und erarbeiten hier einen Mehrwert für den Standort, den Kanton, für die Medizin und letztlich für uns alle. Ich er- muntere Sie dazu, hier das Augenmass zu behalten und nicht zu kleinlich zu sein mit all den Berich- ten und Hearings, mit denen wir trotzdem immer etwas hinterherhinken. Was vorab geschehen ist, vernehmen wir nämlich erst im Nachhinein.

Und nun noch ein persönliches Statement: Als OAK-Mitglied im GEF/POM-Ausschuss nahm ich vor Jahren die Entwicklung des Spitalversorgungsgesetzes zunächst mit grosser Sorge zu Kenntnis.

Heute bin ich glücklich über ein fortschrittliches Spitalversorgungsgesetz. Ich fordere Sie auf, es nun nicht mit solchen Nebensächlichkeiten zu belasten. Für mich stimmt es. Ich möchte dem Gesund- heitsdirektor, der bei der Entstehung dieses Gesetzes keinen einfachen Stand hatte und zwischen-

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durch vom Rat auch Prügel bezog, dazu gratulieren. Kolleginnen und Kollegen: Tragen Sie Sorge zu unserer guten Medizin und unserem guten Standort. Jeder in Bern ist eigentlich stolz auf die In- sel. Verzichten Sie darauf, die Insel mit solchen Kleinlichkeiten zu behindern, unterstützen Sie nicht die Partikularinteressen verschiedener Ärzte, die sagen, sie würden ihre Patienten eben lieber in den Lindenhof überweisen. Wenn die Leistungen der Insel gut sind, sagt letztlich nämlich der Pati- ent, wo er sich behandeln lassen will, und nicht der Arzt.

Franz Haldimann, Burgdorf (BDP). Ich kann diesem Bericht nicht zustimmen. Ich teile die Mei- nung von Peter Brand. Das Projekt Medizinalstandort ist eine völlige Fehlkonstruktion und wird für den Kanton und für die Prämienzahler zu viel mehr Kosten führen – ohne effektiven Nutzen für den Patienten. Der Kanton hat bekanntlich kein Geld. Die zentralistische Führung führt schon jetzt zur Abwanderung von Chef- und leitenden Ärzten aus den Stadtspitälern und, wie ich vernommen ha- be, auch aus den Portalspitälern. Auch das Pflegepersonal wird sichere Arbeitsplätze suchen.

Schon heute arbeitet man eher gegen die Insel als füreinander. Der Verwaltungsrat dieser Mana- gement-AG unterliegt einer folgenschweren Fehleinschätzung, was die Steigerung der Erträge und der Fälle betrifft. Die Inkompetenz ist offensichtlich. Es werden Entscheide gefällt ohne Rücksicht auf die Patienten, die zuweisenden Ärzte und die Regionen. Dieser Realitätsverlust wird Folgen für die Patienten und den Kanton haben.

Eva Desarzens-Wunderlin, Boll (FDP). Es kann mir niemand sagen, ich würde nicht für den Kan- ton Bern arbeiten. Passen Sie auf, was Sie machen. Sie sind ein gefundenes Fressen für den Standort Zürich und für den Standort Luzern. Ich habe keine Lust, die Debatte, die wir hier führen, im Januar ein zweites Mal zu führen. Bitte treten Sie auf die Möglichkeit Hearing ein. Es ist penibel, wie wir unsere Insel und unseren Spitalstandort Bern kaputt machen. Niemand kann mit vorwerfen, ich sei nicht für Bern. Ich finde es ziemlich schwierig, denn bei einem derart komplexen Prozess machen nie alle mit. Bei meinem Statement vor dem Mittagessen habe ich das gesagt. Die Kom- munikation ist das Schwierigste. Seien es Techniker, Logistiker, Pflegekräfte, Chefärzte oder Ärzte:

Wir vernehmen nur diejenigen, die nicht einverstanden sind. Bitte, treten Sie auf die Möglichkeit Hearing ein. Die Kommission soll die kritischen Fragen stellen. Und es ist keine Frage, dass die Kommission vorgängig ein Papier erhält, damit sie sich einlesen kann. Dem Standort Bern zuliebe bitte ich Sie darum. Eine solche Debatte brauchen wir jedoch in diesem Rat nicht mehr.

Philippe Perrenoud, Gesundheits- und Fürsorgedirektor. Vielleicht erinnern Sie sich an die De- batte vor fünf Jahren hier in diesem Saal zu verschiedenen Motionen – übrigens auch aus den Rei- hen der SVP –, die forderten, das Inselspital solle nur noch hochspezialisierte Medizin betreiben und mit Spital Netz Bern nicht mehr in Konkurrenz treten. Jahrelang wurde die Spaltung zwischen den beiden Betrieben gelebt, und man hat gesehen, welche Schwierigkeiten das verursacht. 2009 entschied die Regierung, nun reiche es mit der Universität, mit Spital Netz Bern und dem Inselspital, man müsse nun den Medizinalstandort Bern für die Zukunft stärken, und die beiden Betriebe müss- ten in irgendeiner Art zusammenkommen. Ich bin froh über diesen Entscheid. Auch wenn Sie den Bericht jetzt nicht wollen: Das ist mir egal, denn das Projekt läuft. Wir haben den Point of no Return erreicht. Wenn wir das nicht gemacht hätten, wäre das Inselspital in einigen Jahren in massive fi- nanzielle Probleme geraten. Wir leben in der DRG-Zeit, Herr Haldimann. Für den Kanton kann es nicht teurer werden, im Gegenteil: Die Versicherer machen Druck, damit die Baserate gesenkt wird.

Und da müssen das Inselspital und Spital Netz Bern schauen, wie sie zu ihrem Geld kommen. Im Spitalversorgungsgesetz wurde immer auch diskutiert, dass man den Markt wolle. Und das heisst, dass sich Inselspital und Spital Netz Bern im Markt behaupten müssen. Wo ist der Markt für dieses Gebilde? – Wie schon mehrmals gesagt wurde: nicht nur auf dem Platz Bern. Ich muss fast lachen, wenn ich höre, dass man befürchtet, man werde einen Blinddarm nicht mehr in Interlaken operieren, sondern im Inselspital. Dieses Problem gibt es nicht. Vielmehr geht der Blinddarm in den Lindenhof oder zur Hirslanden-Gruppe. Wieso denken Sie nicht daran, dass wir auf dem Platz Bern die gröss- te Privatspitalgruppe haben? Die sind dabei zu fusionieren! Dazu gibt es im Grossen Rat keinen Bericht, und trotzdem erhalten die Privatspitäler auf dem Platz Bern durch die Fallpauschale 200 Mio. Franken pro Jahr! Hier haben wir das Interesse, bei diesem Projekt noch etwas Hand bie- ten zu können.

Die Sorgen, die Sie haben, habe ich auch: Jeder Prozess, der so gross ist, weist viele Herausforde- rungen und grosse Risiken auf. Grösste Vorsicht ist richtig, aber das grundsätzliche Misstrauen ist fehl am Platz. Wir müssen aufpassen, was passiert. Ich nehme die Sorgen der Zuweiser sehr ernst,

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die sich sorgen, qu’ils ne trouvent plus leurs poussins: dass sie in dem Koloss ihre Patienten nicht mehr finden. Aber diese Diskussion habe ich schon 2005 gehört! Damals hatten die Zuweiser bei den neuen Spitalzentren, die man in jeder Region geschaffen hat, ebenfalls diese Angst. Das ist normal, und deshalb muss man diesen Prozess sehr eng begleiten. Der Verwaltungsratspräsident hat schon mehrmals den Vorstand der BEKG (Ärztegesellschaft des Kantons Bern) aufgesucht – das wurde ein bisschen vergessen. Zudem hat eine Hausärztin Einstz im Verwaltungsrat. Sie wird nicht als Vertreterin der BEKG betrachtet – ich weiss nicht, weshalb nicht. Natürlich kann man goo- geln, was in Marburg passiert ist, das habe ich auch gemacht. Ich habe ganz unterschiedliche In- formationen erhalten, nicht nur diejenigen, die Herr Martinelli gebracht hat. Das Problem in Marburg besteht darin, dass die Spitalgruppe börsenkotiert wurde, was zu einem massiven Druck führte. Das hat der Verwaltungsratspräsident an der Kommissionssitzung ebenfalls gesagt. Wir haben hingegen keineswegs die Absicht, unsere Spitalgruppe an die Börse zu bringen. Diese Sorge teile ich nicht.

Niemand in diesem Saal ist jedoch so blauäugig zu ignorieren, dass ein solches Projekt eine gewal- tige Herausforderung ist. Es ist aber auch eine grosse Chance. Wie Herr Neuenschwander vorhin sagte, haben wir im Kanton Bern eine sehr gute Verbindung mit der Industrie, dem Medizinalcluster.

Diese Verbindung müssen wir noch verstärken. Wir müssen unseren Standort schweizweit noch besser positionieren. Das Inselspital hat für die hochspezialisierte Medizin beispielsweise die drei Schwerpunkte Neurodisziplinen, Onkologie und Herzchirurgie geschaffen. Bei der interkantonalen Vereinbarung über die Spitzenmedizin sehe ich gute Chancen, dass wir mit den übrigen Universi- tätsspitälern auf Augenhöhe sein werden. Das ist jedoch nur der Beginn des Spiels. Wir müssen weiterhin dranbleiben. Ich bin überzeugt, dass wir das erreichen werden. Gleichzeitig passiert, was das KVG will, nämlich der Markt, und das ist die Herausforderung für die Portalspitäler. Sie sind nicht nur ein Risikofaktor hinsichtlich der Kosten des ganzen Gebildes. Sie sind auch eine Chance, indem das Universitäts-know-how in die Regionen gebracht wird. Es ist ein Geben und ein Nehmen.

Ich sehe bei anderen Spitalgruppen, dass sie ein gewisses Know-how vom Zentralspital erhalten.

Diese Wechselwirkung wird sich dank dieses Gebildes noch stärker entwickeln.

Noch eine Bemerkung zu den Ärzten, welche das System verlassen: Nicht nur in Bern wechseln Ärzte die Stelle: Ils écoutent les sirènes des autres hôpitaux qui leur offrent des conditions plus fa- vorables. Dasselbe beobachtet man auch in Zürich, in Luzern, in St. Gallen – überall, wo sich gros- se Spitäler befinden. Das ist der Markt. Wir müssen mit diesem Gebilde unsere Attraktivität steigern, damit wir, wie der Verwaltungsratspräsident sagt, die Chance haben, mit diesem Konstrukt eine Ausbildung der Assistenzärzte in ihrer Spezialisierung von A bis Z zu bieten. Das gilt auch für die Pflegeberufe: qu’ils peuvent changer de profession durant leur carrière, ohne das Unternehmen zu verlassen. Das sind die Absichten. Alle Arbeiten stehen noch am Anfang und es gibt noch viel zu tun. Ich bin aber sehr zuversichtlich, dass wir das erreichen. Die Unterstützung durch den Grossen Rat wäre nützlich, damit die Zürcher nicht lachen, wenn sie sehen, dass der Grosse Rat in Bern derartige Zweifel an seinem eigenen Spital hat.

Barbara Mühlheim, Bern (glp). Eine kurze Information: Das beste Prinzip, um Vertrauen zu ge- winnen, ist es, die Leute kennen zu lernen. In Anbetracht der komplexen Geschäfte fragte ich den Verwaltungsratspräsidenten dieses Zusammenschlusses schon vor einigen Wochen, ob er bereit wäre, in der Novembersession eine Mittagsveranstaltung zu bestreiten. Er hat das sehr gern aufge- nommen. Alle, die sehen möchten, ob er wirklich ein Teufel ist oder nicht, und natürlich auch alle andern, sind herzlich eingeladen, im November an dieser Mittagsveranstaltung, voraussichtlich in der «Webern», teilzunehmen. Dann wird auch der neuste Stand des Entwicklungsprozesses be- kannt sein. Ich hoffe, dass wir den Saal so richtig werden füllen können.

Präsident. Wir stimmen wie folgt ab: zuerst über den Antrag Desarzens, anschliessend würde ich gerne über alle Planungserklärungen der Kommission in einer einzigen Abstimmung befinden. Zu- letzt wird über die Kenntnisnahme des Berichts abgestimmt. Ist der Rat mit diesem Vorgehen ein- verstanden? – Das ist der Fall.

Abstimmung Antrag FDP (Desarzens, Boll) Der Grosse Rat beschliesst:

Annahme

Ja 82

Nein 53

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Enthalten 1

Präsident. Der Rat nimmt den Antrag Desarzens an.

Abstimmung Planungserklärung Ziff. 1–8 Kommission Der Grosse Rat beschliesst:

Annahme

Ja 135

Nein 1

Enthalten 0

Präsident. Der Rat nimmt die Planungserklärung Ziffer 1 bis 8 der Kommission an.

Schlussabstimmung

Der Grosse Rat beschliesst:

Kenntnisnahme mit Planungserklärung

Ja 92

Nein 43

Enthalten 3

Präsident. Der Rat nimmt den Bericht mit der Planungserklärung mit 92 gegen 43 Stimmen bei 3 Enthaltungen zur Kenntnis.

Ordnungsantrag

Ueli Studer, Niederscherli (SVP). Sollte der Grossratspräsident mit Geschäft 2012.1511, Bekämp- fung der Armut im Kanton Bern, weiterfahren, stelle ich den Ordnungsantrag, Geschäft 2012.1492, meine Motion «Kostenoptimierung bei der Sozialhilfe», vor Geschäft 2012.1511, Sozialbericht «Be- kämpfung der Armut im Kanton Bern», zu behandeln.

Michael Adrian Aebersold, Bern (SP). Wir lehnen den Ordnungsantrag ab. Wir erachten es als etwas willkürlich, sich jetzt noch einmal rasch ins Programm einzumischen. Wir haben einen Bericht über die Armut, der eine wichtige Grundlage bildet, um nachher bezüglich dieser Motion, bei der es um die ärmsten Leute geht, die Unterstützung nötig haben, gewisse Entscheide zu fällen. Wir sehen nicht ein, weshalb die Motion vorgezogen werden soll. Wenn das so entschieden wird, erachte ich das als Willkür und Ausspielen von Macht. Man könnte in dem Fall auch gleich den Ordnungsantrag stellen, beim nächsten Mal auszulosen, welche Geschäfte behandelt werden und in welcher Rei- henfolge. Ich bitte den Rat, diesem Ordnungsantrag nicht zuzustimmen.

Präsident. Erlauben Sie mir eine Bemerkung als Präsident: Für die Behandlung des Sozialberichts rechnen wir mit 75 Minuten mit allen Anträgen, und zwar ohne Einzelsprecher. Für die Motion Stu- der rechnen wir mit einer guten Stunde. Es reicht heute für beides nicht mehr, denn ich habe noch 8 Verabschiedungen vorzunehmen. Ich möchte nicht einfach eine Motion anfangen – es sei denn, Sie bleiben alle bis 16.30 oder 17 Uhr hier.

Ueli Studer, Niederscherli (SVP). Wenn das tatsächlich so ist, gehe ich davon aus, dass weder der Sozialbericht noch meine Motion heute noch diskutiert werden, sondern dass mit den unbestrit- tenen Geschäften weitergefahren wird. Ich ziehe in dem Fall meinen Ordnungsantrag zurück.

Präsident. Das ist richtig. Ich hätte ohnehin beantragt, dass wir die Behandlung beider Geschäfte verschieben. Das Problem ist, dass fast alle Vorstösse der GEF bestritten sind. Der Ordnungsan- trag wurde zurückgezogen. Wir fahren mit Geschäft 2012.1529, Motion Studer «Aufhebung des

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Zuschusses nach Dekret», weiter: Hier hat der Regierungsrat Annahme beantragt.

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