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Ueber den Dialect von Mahra, genannt M^hri,
in Südarabien.
Von
Heinrich Freiherr TOn Maltzan.
Seit Fresnel's und Krapfs ziemlich kurzgefassten Notizen
ist über diesen interessanten Dialect, so viel ich weiss, nie wieder
etwas in Europa veröflFentlicht worden nnd dennoch verdient er in
hohem Grade die Aufmerksamkeit der Sprachforscher zu fesseln,
besonders da er geeignet scheint, uns zum Studium der nun all¬
jährlich in vermehrter Anzahl auftauchenden himyarischen Inschrif¬
ten wesentlich von Hülfe zu sein. Dieser Dialect steht, wie dnrch
die Arbeiten der Genannten bekannt wurde, nicht vereinzelt da,
sondern hat einen Schwesterdialect in dem Qaräwi oder Hakiii
(das Fresnel Ehkili schreibt). Nach Fresnel's Ansicht sind beide
Dialecte Ueberbleibsel der alten himyarischen Sprache. Dieser Aus¬
druck ist auf vielfachen, mitunter absprechenden Widerspruch ge¬
stossen und er dürfte vielleicht auch von dem Enthusiasten Fresnel
etwas allzu apodictisch gefasst worden sein. Aber er ist nicht so
unrichtig, wie man glaubt. Ich habe mich durch praktisches Stu¬
dium überzeugt, dass diese Dialecte dem Himyarischen in der That
viel näher stehen, als es die Gegner der Fresnel'schen Ansicht be¬
haupten. Bis jetzt freilich ist es mir noch nicht gelungen von dem
Qaräwi oder Hakiii ein klares Bild zu erhalten. Aber von dem
Schwesterdialect gelang mir dieses mit einiger Vollständigkeit und
die dadurch gewonnene Erfahrung berechtigt mich wohl, den Fres¬
nel'schen Ausspruch dem Wesen nach zu bestätigen und nur in
Einzelheiten soweit zu modificiren, dass der Mahra-Dialect eine mo¬
derne Mundart jener alten südarabischen Sprache bildet, deren eine
Phase uns nun im Himyarischen sich zu enthüllen beginnt, während
eine andere Phase derselben uns im Aethiopisehen erhalten wurde.
Das Himyarische selbst in Mahra zu suchen, wäre zu viel ge¬
wagt, besonders da es wahrscheinlich ist, dass es dort niemals ge¬
sprochen wurde. Himyarische Inschriften finden sich in grösserer
Anzahl nur in Yemen. Die wenigen anderswo entdeckten, wie die
von Naqb el Hagr, 'Ohne, Hisn Goräb und die 29te des Britischen
Museums weisen alle schon eineu vom Himyarischen vou Yemen
v.MaUzan, iiher den Dialect von Mahra (Mihri) in Südarabien. 197
abweichenden , wiewohl im Wesentlichen damit verwandten Sprach-
typns auf. Wahrscheinlich wich also das noch so viel weiter östlich
angesessene Mahra-Volk in seiner Mundart, selbst im Alterthum,
noch mehr vom Himyarischen ab, als die Völker Hadramauts, von
denen die erwähnten Denkmäler stammen.
Die noch fortlebenden Üeberreste des Himyarischen selbst
können wir nirgends anders, als in Yemen, suchen, wo sich diese
sprachlichen Rudera ziemlich in allen Dialecten seiner verschiedenen
Provinzen zerstreut vorfinden. Ein Dialect steht ihm näber, der
andere ferner, jeder aber hat etwas von ihm bewabrt, dieser in
seinem Wortschatz, jener in der Flexion der Zeitwörter , der Prono¬
mina u. s. w. So giebt es in der Nähe von Zebid ein Städtchen
Namens Raima, wo die Leute noch ganz himyarische Verbalsuffixe
gebrauchen. Für „kunt" (ich war) sagen sie kunk, für „qultelek"
(ich sagte dir) sagen sie „qulkulek" u. s. w.
Auch wurde mir ein in der Nähe von Damar gelegener Ort,
Namens Hamr genannt, wo, so sagen die Araber, man noch reines
Himyarisch rede. Jedenfalls klingt der Name himyarisch. Was den
Wortschatz betrifft, so fand ich einige rein äthiopische Wörter, die
aber wahrscheinlich zugleich auch himyarisch waren, bei der süd¬
arabischen Paria-Kaste, den Achdam und Simr (Schimr), deren scbon
Arnaud gedenkt, erhalten. Ich bin nun zwar keineswegs der Ansicht
Arnauds, dass Achdam und Öimr die einzigen heutigen Repräsen¬
tanten des himyarischen Stammes und alle andern Bewobner Yemens
eingewanderte Centraiaraber seien, aber dennoch scheint es mir sehr
erklärlich, warum grade sie manches von der alten Sprache bewahrt
haben. Sie standen nämlich den Einflüssen des centralarabischen
Elements ferner, da dieses vor allen Dingen unter der herrschenden
Classe Propaganda machte und die verachteten Parias, auf welche
sich hier niemals der befreiende Einfluss des Mohammedanismus er¬
streckte, für unwürdig zu halten scbien, ihm assimilirt zu werden.
Doch wäre es> unrichtig, bei Achdam und Öimr ausschliesslich das
Himyarische zu suchen. „Das Himyarische ist weit (wäsa)" so
sagte neulich mein gelehrter Bekannter, der Qädi von 'Aden. „Das
Himyarische ist nicht hier und dort; es ist überall in Yemen zer¬
streut, und wer es sammeln will, der muss alle seine Gauen durch¬
wandern, hier ein Wort, dort eine grammatikalische Form sammeln
und dann wird er einen Qämüs zu Stande bringen , über den die
Welt staunen wird." Ich fürchte, dieser fromme Wunsch des Qädi
wird nie in Erfüllung gehen.
Da es uns einstweilen, bei dem unsichern Zustand von Yemen,
versagt ist, das noch Lebende vom alten Himyarischen an der
Quelle zu studieren, so suchen wir uns wenigstens ihm auf einem
Umweg zu nähern, indem wir durch Analogie von einem ihm ver¬
wandten Dialect, dem heutigen Mehri, auf seinen Bau und Wort¬
schatz sehliessen. Was den Wortschatz des Mehri selbst betrifft,
so dürfte uns derselbe freilich von geringerer Hülfe sein, als der
198 V. Maltzan, über den Dialect von Mahra (Mehri) in Südarabien.
seines Schwesterdialects, des Qaräwi oder Hakiii, mit dera ich hoffent¬
lich bald Gelegenheit finden werde, eingebender Bekanntscbaft zu
machen. In dieser Beziehung bat das Arabische d. h. die in Hadra¬
maut gesprochene Mundart des Arabischen, die sich der Qoränsprache
in vielen Dingen noch mehr nähert, als die von Higäz, den M6hri-
Dialect überflnthet. Beinahe die Hälfte der Wörter ist der Wurzel
nach arabisch, namentlich die Ausdrücke für Abstracta, Alles, was
sich auf Religion bezieht, die Benennungen für die meisten Waaren,
Luxusartikel, Thiere und Pflanzen, die nicht einheimisch, politische
Einrichtungen u. s. w. Ursprünglich südarabisch und vielfach dem
Tigre-Dialect, dem modernen Ge ez, der bekanntlicb mit Aethiopisch
mehr Aehnlichkeit zeigt, als irgend eine andere Mundart, verwandt
sind dagegen fast alle socialen, patriarchalischen und Familien-Be¬
griffswörter, die Ansdrücke für die einfachen und natürlichen Be¬
dürfnisse und Verrichtungen, alle einheimischen Thiere und Pflanzen,
die Benennungen der Landesproduete, Naturerscheinungen, Himmels¬
körper, Erde, Flüsse, Berge, kurz fast alle Wörter eines häufigen,
täglichen oder stündlichen Gebrauchs.
Es ist hier nicbt meine Absicht, ein Voeabular des M6hri zu
geben. Manches darüber ist schon durch Fresnel nnd Krapf bekannt
geworden und diess dürfte genügen, um sich ein allgemeines Bild
vom Typus dieses Dialects in lexikalischer Beziehung zu machen,
bis es mir vergönnt sein wird, dasselbe durch eine eigne Arbeit, die
jedoch den Raum dieser Zeilen überschreiten würde, zu vervoll¬
ständigen. Einer nach meiner Ansicht falschen und irreführenden
Ansicht Fresnels in Bezug auf den Wortschatz des M^hri möcbte
ich indess hier entgegentreten. Er scheint nämlich sich dabin aus¬
zusprechen, als fände zwischen diesem Dialect und dem nordsemiti¬
schen Sprachgebiet eine nähere Verwandtschaft statt, als diejenige,
welche zwischen diesem Element und den übrigen Zweigen des alten
Sudarabisch besteht. Wenn er zum Beweise Worte wie ambara
fSöhne) anführt , so hätte er die Aehnlichkeit eben so gut in ande¬
ren Dialecten, als im Hebräischen finden können, z. B. in dem von
(jedda selbst, wo auch die Kinder „berüro" heissen. Das einzige
hebräische Wort im Mehri, was auch Fresnel anführt, ist „fam"
das hier „Schenkel" (nicht Bein) beisst, aber auf ein Wort lässt
sich kein System stützen. Im übrigen aber habe ich kein einziges
nordsemitisches Wort im Mehri finden können, das sich nicht auch
im Aethiopisehen, im Tigre oder im Dialect von Yemen fände.
Jedoch scheinen sich Fresnel's Bemerkungen hauptsächlich auf das
Qasäwi oder Hakiii zu beziehen , und hier haben wir es mit einem
zwar verwandten, aber doch in vielen Dingen selbstständigen Schwe¬
sterdialect zu thun.
Entfernt sich das M6hri in Bezug auf den Wortschatz auch
weniger vom Arabiscben, so geschieht diess doch vollständig in
Bezug auf den grammatischen Bau und die Flexion. Hier sind wir
jn vollem südarabisch-äthiopischen Element. Hierhin hat sich der
J). Maltzan. üher den Dialect von Mahra {Mihri) in Südarabien. 190
Geist der Sprache zurückgezogen, hier hat er kräftig jedem Einfluss
des Centralarabischen widerstanden und auf diesem Gebiet sogar
einen entschiedenen Sieg über dasselbe errungen, indem er alle die
fremden Eindringlinge, d. h. die ans dem Dialect von Hadramaut
in das Mehri übergegangenen Wörter nach seiner Eigenart um¬
formte, ihnen die von ihm gebotenen Biegungen anfnöthigte nnd
etwas anders Geartetes aus ihnen machte, in welchem nur der
Kenner das ursprünglich arabische Wort wiederfindet. Wer anders,
als ein Kenner vermag z. B. in einer Form wie „sachberrek" (ich
) C- <i - ü
frug) das arabische o^*^*««! wieder zu erkennen ? Oder in „ha-
kemöne" das arabische partic. activ. ^J'L^? Und dennoch sind
diese Wörter ihrer Wurzel und ihrer Bedeutung nach ganz die¬
selben, nur die einen centralarabisch , die andern südarabisch
flectirt.
Was don Bau und die Flexion des Mehri betrifft, so wird uus
zwar auf den ersten Blick klar, dass dieselben mit der einzigen
Abtbeilung der grossen südarabisch-äthiopischen Sprachfamilie, von
der wir eine ausführliche Granmiatik besitzen, nämlich mit dem
Aethiopisehen, grosse Aehnlichkeit zeigen, gleichwohl aber in Ein¬
zelheiten, die jedoch keineswegs unwichtig, davon abweichen. Solche
Einzelheiten sind: die Bildung des Femininalsnffixes auf s (sch),
die des Aorists vieler abgelcitcton Verben auf enn oder yenu (im
Auslaut) und die des Partic. activ. auf one. Andere Eigenthüm¬
lichkeiten werden im Verlauf des Folgenden hervortreten, in wel¬
chem ich mich bemühen will , einen kurzen Ueberblick über die
Bildung der Verba, Haui)twörter, Pronomina und ihrer Suffixe zu
geben, der keineswegs auf Vollständigkeit Anspruch machen soll,
da meine eignen Forschuuijcn noch nicht so weit gediehen sind,
um einen solchen Anspruch zn erheben, der aber docb vielleicht
dankbar aufgenommen werden dürfte, da das Gebiet, das er behan¬
delt, für uns bis jetzt noch fast völlig terra incognita geblieben ist.
Was zuerst die Lautlehre betrifft, so habe icb im Mehri nicht
jene 36 Buchstaben entdecken können, die Fresnel im Hakiii fand,
ebensowenig jene nnr auf der einen Seite des Mundes gesprochenen,
noch jene ausgespuckten Buchstaben (lettres crachees) , von denen
er spricht und deren Vorliandens<!in im llakili ich einstweilen nicbt
läugnen will, obt-leich keiner der Mahri, den icb danach fragte,
und die alle doch mit den Qar.äwi in Berührnn;; gekommen waren,
etwas von diesen Abnormitäten wusste. Die einzigen Zusätze zu
dem arabischen Aljibabet scheinen mir das j (französisch wie in
jour ausgesprochen), dem anihaiischen jai , zuweilen aucb dem djent
entsprechend, welches sich gewöhnlich da findet, wo wir im Arabi¬
schen sad erwarten würden, und einen andern merkwürdigen Laut,
den ich z schreiben will und der eine Mischung aus dem th, wie
200 Maltzan, über den Dialect von Mahra (Mehri) in Südarabien.
in Othmän (Otmän) und dem s, wie in sems, zu sein scheint. Wir
könnten also vielleicht ts (thsch) schreiben , aber beide Lante sind so
innig zu einem einzigen verschmolzen, dass sie nur einen eigen¬
artigen, selbstständigen, nicht einen zusammengesetzten Consonanten darzustellen scheinen.
Was die Vocale betrifft, so zeigt vor Allem das M6hri eine
grosse Vorliebe für Diphthonge, ai nnd aw (au) kommen fast in
jedem zweiten oder dritten Worte vor, fast immer an Stelle des
arabischen ä, oder des kurzen a, wenn diesem ein Doppelconsonant
folgt, wo dann letzterer einfach wird und das schwache a sich zum
Diphthong au verstärkt. Ansserdem liebt das M6hri sehr die lan¬
gen Vocale e und ö, die hier eine ganz ähnliche Rolle spielen wie
im Aethiopisehen. e und 6 sind nur selten Zusammenziehungen
der Diphthonge ai und au, wie in arabischen Vulgärdialecten, son¬
dern stehen meist da , wo man im Arabischen einen kurzen Vocal
erwarten würde. Das lange i , gleichfalls sehr häufig, kommt haupt¬
säcblicb vor dem t am Schlüsse der Feminina und Abstracta vor.
Dieses t wird, wie im Aethiopisehen, stets gesprochen und niemals
wie das arabische » finale behandelt. Die kurzen Vocale werden
gern vermieden , entweder verschluckt oder in lange verwandelt.
Das lange ä in der Mitte der Wörter ist selten und geht meist in
andere lange Vocale oder Diphthonge über. Am Anfang der Wörter
hat es stets ein h vor sich nnd dieser Umstand verleiht der Aus¬
sprache ein ganz eigenthümliches Gepräge. Man glaubt den he¬
bräischen Artikel „ha" zu vernehmen, man glaubt bei Verben ein
Hiphil zu hören ; das ha ist überall ; in jedem grössern Satz sind
drei oder vier Wörter, die damit anfangen. Ich wunderte mich
Anfangs sehr über das häufige Vorkommen dieser Anfangssylbe und
wurde fast zu dem Trugschluss geführt, das M6hri habe wirklich
den hebräischen Artikel, bis ich entdeckte, dass alle damit begin¬
nenden Wörter entweder Elativ-Formen oder Plurale, der arabischen
Form JL»3l entsprechend, oder Verba in der 4ten Conjugation wa¬
ren. Namentlich für die beiden ersteren Bildungen zeigt das Mehri
eine grosse Vorliebe und, da das Alif zu ha wird, so ist die Häufig¬
keit des Vorkommens dieses anscheinenden hebräischen Artikels er¬
klärt. Dieses ha, einmal ins Wort aufgenommen, bleibt auch dann,
wenn eine Präposition oder ein Affix davor tritt. So sagt man
bihalliü (bei Nacht) von halil (die Nacht) mit vorgesetzter Prä¬
position.
Die Pronomina sind im Mehri:
1) Pronomina Personalia.
Singular Plural
I. ho n'hä
II. het für beide Geschlechter tem , Atem fem. ten
III. masc. he, fem. se hem, habü, fem. sen
V. Maltzan , über den Dialect von Mahra {Mihri) in Südarabien. 201
2) Pronominal-Suffixe (bei Nomen u. Verbnm gleich).
Singular PInral
I. i an
II. ek fem. ek (es ?) *) kum fem. kenn
III. he fem. es hum fem. senn
3) Pronomina demonstrativa.
tome dieser | | tek jener
time diese (fem.) J l tik jene (fem.)
liöme 2) diese (plur. masc. u. fem.) liek (plur. masc. u. fem.).
4) Pronomen interrogativum.
mon wer? für alle Geschlechter nnd Zahlen.
Das Pron. relativum habe icb noch nicht entdecken können.
Alle Mehri, welche ich nach einem Aequivalent für das arabische
„elledi" (vulgo „elli") frug, behaupteten, es gebe kein solches in
ihrer Sprache. Einer, der etwas Englisch konnte, sagte mir, man
mache es in ihrem Dialect wie zuweilen im Englischen, wo eben¬
falls das Pron. relativ, in gewissen Fällen ausgelassen werden kann.
Z. B. „the book I bought", „das Buch ich kaufte", statt das ich kaufte; „the woman I married", „die Frau ich heirathete" statt
die ich heirathete u. s. w. Sie führten mir mehrere Sätze an, in
denen das Pron. rel. latent war.
Zeitwort.
Erste Conjugation des triliteralen Zeitworts.
Perfectum.
Singular Plural.
III. masc. nho (er vergass) bdü (er log) nehäim bödem
„ fem. n'hüt b^düt nehü b'^dü
II. masc. n'^haik bödek n^haikem bedekem
„ fem. n'hais(sch) bödes(sch) n'liaikann bedekann
I. n^haik bodek n^hain beden
Aorist.
Singular. Plural.
III. m. yenhe (er vergisst) ibede (er lügt) inhaem ibediem
„ f. tenhe tbede tenhaen *) tbedien
II. m. tenhe tbede tenhaim tbedaim
„ f. tenhi tbedi tenhain tbedain
I. anhe abide nenhe nebide.
1) Das es scheint eine veraltete Form zu sein und nur noch sehr aus¬
nahmsweise vorzuliommen.
2) Im Nordtigre-Dialect heisst der Plural von „dieser" ellSm (fem. ellenn) und von „jener" löm (fem. lenn).
3) Das Feminin, der III. Plur. nicht wie im Arabischen mit ya, sondern wie im Hebräischen mit ta beginnend.
202 '"• Maltzan, über den Dialect von Möhra (Mihri) in Südarahien.
Participium.
Activ. Passiv.
n'hone b"d6ne nehot bedot
(vergessend) (lügend) (vergessen) (gelogen)
fem. nehide fem. bedide.
Imperativ.
Singular. Plural,
nhe bde nhaim bedaim.
Man sieht, das Perfectum flectirt fast alle Formen äthiopisch, nur die 2te Sing. Fem. wie das Amharische auf s (sch) , die III. Plu¬
ralis in beiden Geschlechtern dagegen eigenartig. Fresnel giebt in
seinem Paradigma des Hakiii-Verhums sut (schlagen) diese beiden
Formen ganz gleichlautend „sutu" an, eine Behauptung, deren Rich¬
tigkeit ich anzuzweifeln Grund habe. Nach allem, was ich bis jetzt
vom Hakiii erfahren, gleicht dieses in der Flexion der Verba dem
Mehri durebaus und ist nur an eigenartigen Vocabeln reicher, so¬
wie in der Lautlehre davon abweichend (es kennt z. B. das ha
am Anfang der Wörter fast gar nicht). Auch im Aorist scheint
mir Fresnel zu irren, wenn er im Plural die III. nnd II. Person
Masc. als gleichlautend mit dem Singular angiebt.
Abgeleitete Conjugationen.
Bis jetzt habe ich nur die Ute, die Illte, die Vte, die Vlllte
nnd die Xte constatirt Die IVte scheint vorzukommen und
durch das in ha übergehende a (des Anfangs) zu einem Hiphil zu
werden, aber es fehlen mir noch genügend verbürgte Beispiele. Die
Xte will icb zuerst anführen, da sie sich in ihrem Paradigma am
meisten der ersten nähert, während die andern sich in einem wich¬
tigen Punkt wesentlich davon unterscheiden. Bei ihr geht das a
am Anfang verloren und s und t ziehen sich zu eiuem einzigen Laut
zusammen, der ein ganz einfacbes sin (sch) ist und, wenigstens im
Mehri, keineswegs jenes unaussprechbare Coni))ositum heterogener
Lanto, das Fresnel uns in seinem „Isschbor" giebt. Ich
ft
will dasselbe, aus dem arabischen entstandene Verbum wäb-
^
len, um daran zn zeigen, wie einfach im M6hii diese Conjugation
ist. Durch dio Lautweglassung und Zusammenzichung wird in der
That diese Form dem Saph'el des Syrischen wenigstens äusserlich
ähnlich.
Xte Conjugation, sachber für das arab. .»i^.i:*.! „fragen".
£
sagub für das arah. „stauneu".
tl. Maltzan , über den Dialect von Mahra (Mihri) in Südarnbien. 20'.) Perfectum.
Singular.
III. m. sachber sa'gub
„ f. sachberet II. m. Sachberk
„ f sachberes
I. sachberk
III. m. is'chabor
„ f. tes'chabör
II. m. tes'chabör te^agub
„ f. tes'chaböri tcsagubi
sa'gebet sachbür
sa'gebek sachberkom
sa'gebes sachberkann
sa'gebek sachbercn
Aorist,
isa'^ub is'chabercm
tesa'gub tis'chabörenn
tis'chabirem tis'chabörenn
Plural.
Äachberem sa'gebem
I. as'chabör nes'chabör
sa'güb sa gebkem sa gebkann
^a'geben
i^a'gibem tisa'gubenn tisa'gibem tisa'gubenn ncsa gub asa'gub
Participium Passivum.
ma'asgcb.
Aehnlich werden andere Verba gleicher Form conjugirt, deren Ab¬
leitung aus dem Arabischen minder deutlich, z. B.
sansök, er (der Hengst) wieherte.
sansakek, du (mein Pferd) wiehertest.
isansök, er (der Hengst) wiehert tesansök, sie (die Stute) wiehert.
Der himyarische Aorist in der Ilten, lllten, Vten
und Vlllten Conjugation des M6hri.
Unsre Kenntniss der himyarischen Biegung der Zeitwörter ist,
trotz der verdienstvollen Forschungen Oslanders und der geistvollen
Entdeckungen Ewalds , bis jetzt noch sehr unvollständig geblieben,
wie es denn bei der Natur der Quellen (sämmtlich Inschriftentafeln,
und zwar meist Votivepigraphen , in denen die Verba nur in der
dritten Person vorkommen) nicht anders möglich war. Aber trotz
dieser Beschränktheit des Materials sind dennoch einige wichtige
Entdeckungen gemacht worden. Unter diesen nimmt die Entdecknng
Ewalds in Bezug auf den Auslaut des Aorists eine hervorragende
Stelle ein. Diesen zu Folge endete der Aorist durchweg auf n (Nün),
im Plural sogar auf zwei n. Diese Form nun hat sich im
Mehri erhalten und dies ist vielleicht die interes¬
santeste Entdeckung, welche es mir gegeben war, zu machen.
Bei der ersten Conjugation kommt sic jetzt nicht mehr vor. Ebenso
hat die Xte, das Saph'el, das sich in seiner Bildung so eng an die
Ite anschliesst, dieselbe verloren. In den anderen abgeleiteten Con¬
jugationen dagegen finden wir sie unzweifelhaft wieder , zwar nicht
bei allen Personen (z. B. fehlt sie bei der Ilten Sing., der Ilten
und lllten Plural masc), aber doch grade bei denjenigen, in denen
sie am charakteristischsten die Wortform umgestaltet, indem diese
Personenformen, die in andern semitischen Sprachen grade die kür¬
zesten zu sein pflegen, hier durch die auf Nun auslautende ange-
1 7
204 Maltzan , üher den Dialect von Mahra (Mihri) in Südarabien.
hängte Endsylhe, die meist mit einem y beginnt, zu den längsten
werden Doch folgende Paradigmen werden dies am besten zeigen.
Der Vollständigkeit wegen ftlge icb auch das Perfectum bei, weil
dieses, obgleicb es in der Consonantenbildung regelraässig ist, doch in Bezug auf die Vocalveränderung manches Interessante darbietet.
Ute Conjugation.
Sefför (er reiste) für das arabische ^sL« , das der lllten Conjnga¬
tion angehört, während „sefför" offenbar in der Ilten steht.
Qessftra (er badete) von der arabischen Wurzel |»ws , wovon
0 - .
(pulcber fuit) und »«»ä (forraositas). Im Aethiopisehen hat ')
<f>j*lC73; (Jie Bedentung sapidum reddere, condire. Die Ute
Conjugation würde hier Causativbedeutung haben und „formo-
sum reddere" bedeuten, was durchaus dem arabischen Begriff von „baden" entspricbt, das immer mit Salbung vermittelst
Ocl und Essenzen verbunden ist und einen allgemeinen Ver-
schönerungsprocess in sich begreift Perfectum.
Singular.
III. masc. sefför
„ f.
11. masc.
„ f.
I.
sefferet ^) sefferek sefferes(scb) sefferek
III. masc. isefferen II.
f masc.
f.
I.
tesefferen tesefför tesefferen ascffe ren
qessüm qessamet qessaraek qessames (sch) qessaraek
Aorist, iqessai men teqessai men teqessüm
Plural,
sefförem qessümem
seffür sefferkem sefferkenn sefferen
isefferem tesefförenn tesefferem teqessai m e u ^) tesefförenn
aqessaimcn nesefferen
qessüÄm qessarakera qessarakenn qessamen
iqessamem teqcssümenn teqessamem teqessümenn
neqessai men
Ute Conjugation bei schwachem Wurzelstamm.
salli (er betete) das arabische J^, Perfectum.
Singular. Plural.
III. ra. salli salliyem
„ f. sallit sallii
II. m. sallik sallikara
„ f. sallis (sch) sallikenn
I. sallik sallin
1) Dillmanu, Lexieon Acthiopium S. 432.
2j Der Accent liegt hier und bei den folgenden Formen auf der antepen¬
ultima sefferet, sefferek u. s. w
3) Die Feminina der II. und III. Person Singularis gleichlautend.
1 7
It. Maltzan , über den Dialect von Mahra {Mihri) in Südarahien. 205 Aorist.
Singular. Plural.
III. masc. isalliyen isalliyem
„ f. tesalliyen tesalliyenn
n. masc. tesalli tesalliyem
„ f. tesalliyen tesalliyenn
I. asalliyen nesalliyen.
Hiezu scheint auch folgendes Verbum zu gehören:
leha (es, das Schaaf blökt), ilhayen (es blökt).
Die Verdopplung des Mittelradicals scbeint hier weggefallen und
aus ilehhayen ilhayen entstanden zu sein.
Illte Conjugation.
^'6h antworten, das arab. v_)L> III.
hödi vertheilen, vom arab. dona, munera dedit.
Perfectum.
Singular. Plurs ll.
III. masc. hödi guöh hödiyem güabem
)> f. hädit güabet hödii güüb
II. masc. hädik güabek bädikem güabekem
55 f. hädis (sch) guabes (scb) hädikenn güabekenn
I. hädik güabek
Aorist.
hädin güaben
III. masc. ihädiu igwi ben
tegwi ben
ihädim igwibem
» f. tehä d i n tehödinn tegwöbenn
n. masc. tehädi tegwöb tehädim tegwibem
55 f. tehädin tegwiben tehödinn tegwöbenn
I. abädin a^wi ben nehä d i n negwiben
Vte Conjugation.
To'Uem (lernen), dem arabischen entsprecbend.
Perfectum.
Singular. Plural.
III. masc. tö'Uem to' 11emim
„ fem. to'lleraet to'llüm
II. masc. to'llemek to'llemekem
„ fem. to' Hemes (sch) to'llemekenn
I. to'llemek to'llemen
Aorist.
III. masc. yate'llimen yate'Himem
„ fem. täte Ui men tate'llimenn
II. masc. tate'Uöm tate'Uimem
„ fem. täte Him en tate'Uimenn
i. ate Ui men nate 115 men
206 «• Maltzan , über den Dialect von Mahra {Mihri) in Südarabien.
Der Imperativ ist so gebildet als ob das Verbum der Vlllten
Conjugation angehörte und lautet atellöm oder 'atelöm.
VIII. Conjugation.
- -CJ
iftiker das arabische ^isi^ „sicb erinnern", C-u,
fttadä „Abwaschung halten", das arabische \.^yS, das hier in der
Vlll., nicht, wie im Arabiscben, in der V. Conjugation vor¬
kommt.
Perfect
Singular. Plural.
m. m. iftiker ütadä iftikerem ütadim
f. eftekert ütadit eftikor ütadi
IL m. eftekerk iltadik eftekerkem ütadikem
11 f. eftekers (sch) ütadis (sch) eftekerkenn ütadikenn
I. eftekerk ütadik eftekern ütadin
Aorist.
III. m. yiftekiren yütad i n yiftekirem yütadim
11 f tifteki ren tütad e n tiftekörenn tütadön
II. m. tiftekör tütadö tiftekirem tAtadim
1) {. tiftekiren tüta den tiftekörenn tutadön
L aftekiren aütadin niftek iren nütad i n
Der bimyarische Aorist scheint auch znweilen bei der ersten
Conjugation vorzukommen, wo er jedoch eine eigenthümlich verlän¬
gerte Form annimmt, indem dem Schluss-Nftn die Sylbe te (the)
vorgesetzt wird. So bildet das Verbum fiten (unterscheiden), das
allem Anschein nach in der I. Conjugation steht und in der Ilten
Person Perf fetenk hat, den Aorist ifteniten, I. pers. afteniten.
Zur ferneren Orientiruug lasse ich noch einige Beispiele von
Verben mit denjenigen Formen folgen, welche mir von ihnen be¬
kannt geworden sind.
jo2z er stand aufrecbt. azzek I u. II. pers. masc. sing. Perf.
laziz Imperativ, aizöne particip. activ.
fqadör er besiegte, qederk I u. II pers. masc. sing. Perf.
liqöder III. pers. masc. sing. Aorist, aqöder I p. m. s. Aorist, tüi er ass. tok I u. II. pers. masc. sing. Perfect,
atüi I pers. sing. Aorist, te Imperativ,
kessu er fiel, kusk II. kisk I. pers. masc. sing. Perf kussim III pers. plur. masc. Perf.
a'üzemme ich gebe, tüzemme du giebst.
i'üzemme er giebt. zemme gieb
täb er hustete, itöb er hustet,
kennös er kehrte, kennesek ich kehrte,
iköunes III. Aorist, tekuessene gekehrt in femin.
V. Maltzan, über den Dialect von Mahra {MShri} in Südarahien. 207
ituk er nimmt, hitk nimm !
rfötli er öffnete, fteh öffne!
Ifethait geöffnet.
goro er rasirte. igöre er rasirt.
illö es regnete, tillis es regnet.
Eine in Bezug auf die Lautlehre sehr merkwürdige Biegung
ist die des Zeitworts taibed (er nahm weg), das zwar im Perfectum
ganz regelmässig tabdek u. s. w. nnd im Participium Act tebdöne
bildet, aber im Aorist den mittleren Radical ganz fallen lässt und
itöd, tetöd, atöd, itaidam (III plur. masc.) , tetödon (III plur. fem.) bildet, wovon dann anch der Imperativ töd (nimm weg) abgeleitet ist.
Zuweilen macht sich die Vorliebe für den Hauchlaut so weit
geltend, dass er selbst in der ersten Person Singularis des Aorist
statt des üblichen einfachen a (am Wortanfang) auftritt. So sagt
man haqair ich lese , dagegen iqair er liest , teqair du liesest,
teqerra du (Frau) liesest, iqerim sie lesen, teqeriu sie (die Frauen)
lesen. Die Ulte Pers. Sing. Perf. heisst qöri.
Verba mit mehrlautigen Wurzeln.
Von diesen ist mir bis jetzt nur ein einziges bekannt ge¬
worden, nämlich hägell, im Imperativ hegeil und im Aorist ihegelül, tehegelül, ahegeliil, ibegelülem u. s. w. bildend. Es beisst „Speisen künstlich zubereiten."
Verba mit Pronominalsuffixen.
Ungleich dem Arabischen, nnd in dieser Hinsicht auch wieder
dem Aethiopisehen (von dem uns ferner stehenden nordsemitischen
Sprachgebiet ganz abgesehen) sich nähernd, verändert das Mehri
die Form des Verbums, wenn ein Pronominalsuftix demselben ange¬
hängt wird , und zwar geschieht dies nicht nur in der Vocalisation,
sondern es werden, je nach dem Bedürfniss des Wohllautes auch
noch Consonanten eingeschoben, am häufigsten beim part. act. fem.
ein t.
A'uzemm heisst „ich gebe". Will man aber sagen „ich gebe
dir", so wird das Particip uzmöne gewäblt, aber dessen Form wesent¬
lich umgestaltet, und wir haben „ho uzmänek" mit verändertem
Vocal. Dieselbe Form beim Suffix des Plural der Ilten Person : ho
uzmänekum heisst „ich gebe euch", ho uzmänekenn „ich gebe euch
(Frauen)". Dagegen bedient man sich der Aoristform a'uzemm vor
andern Suffixen: a'uzemhum heisst „ich gebe ihnen", a'uzemsenn,
„ich gebe ihnen (den Frauen)". Ist es jedoch eine Frau, welche
sagt „ich gebe", so ist die Form eine ganz andere uud hier kommt
wohl das zur Geltung, was Fresnel in seiner kurzen Besprechung
des Qasäwi oder Hakiii andeutet, dass nämlich diese Dialecte eine
eigne Form für das Femininura auch der ersten Person besitzen.
Bei dem ohne Suffix vorkommenden Verbum habe ich dieselbe im
Mehri noch nicbt entdecken könuen und es wäre denkbar, dass sie
1 7 «
208 Maltzan , über den Dialect von Mahra (Mihri) in Südarahien.
sich hier nur bei dem mit Snffix versehenen Zeitwort erhalten
hätte, während das Qaräwi sie (nach Fresnel) durchgehends be¬
wahrt zu haben scheint. In so weit ich diesen Dialect beobachtete, ist es jedoch nicht einmal der Aorist I. Person, der vor dem Suffix
im Femininum auftritt, sondern man braucht statt dessen das Part,
act. ; dieses lautet im Femininum uzmide und tritt mit dem Suffix
durch Vermittlung eines Tau in Verbindung, woraus die Doppel-
schlusssylbe detek entsteht. Wenn eine Frau im M6hri znm Manne
sagt „ich gebe dir", so braucht sie das Wort „ho uzmidetek" *),
während der Mann zu ihr ho uzmänek sagt.
Die lllten und Ilten Personen erleiden vor Suffixen nur sel¬
ten lautliche Veränderungen. Unverändert bleibt stets der Impera¬
tiv. Man sagt zemmi „gieb mir", zemmen „gieb uns", zemmhe
„gieb ihm", zemmes „gieb ihr" u. s. w.
Artikel.
Ehe ich zur Besprechung der Nomina und ihrer Bildungen
übergehe, will ich noch die Bemerkung vorausschicken, dass ein
Artikel im M6hri ebensowenig vorkommt, wie im Aethiopisehen und
Himyarischen. Dass das „ha" kein Artikel sein kann, glaube ich
oben schon gezeigt zu haben. Einige Engländer, welche sich M6hri-
Vocabeln dictiren liessen, haben nun freilich behauptet, es existire ein Artikel und zwar „1" (das arab. el); aber, wenn ich der Sache auf den Gmnd ging, so fand ich, dass alle diejenigen Leute , welche vor Mehri-Wörter ein „1" setzten, kein reines M6hri mehr sprachen,
sondern sich dnrch langen Aufenthalt in Yemen so sehr arabisirt
hatten, dass sie arabische Formen selbst bei ihrer eignen Sprache
anwandten. Einen unverfälschten M6hri habe ich nie einen
Artikel gebrauchen hören.
Bildung der Nomina.
Der Umfang dieser Zeilen gestattet mir nicht, mich hier mit
diesem Capitel eingehender zu beschäftigen. Im Allgemeinen steht
das M6hri in dieser Beziehnng dem Aethiopisehen am nächsten.
Darin nnterscheidet es sich aber wesentlich von ihm, dass es jene
einfachste Nominalbildnng mit einem kurzen Vocal nach dem ersten
Wurzellaut, wo dann der zweite vocallos, verschmäht und selbst in
die kürzesten Wörter lange Vocale eindringen lässt. Dreibuchstabige
Wörter mit 2 kurzen Vocalen kommen vor, sind aber auch selten.
Ein langer Vocal in der ersten Sylbe ist bei Appellativen am häufig¬
sten, in der 2ten Sylbe kommt er meist bei Adjectiven oder Parti¬
cipien vor. Unter den Vorsätzen der Nomina ist das a (in diesem
Dialect in ha verwandelt) am häufigsten, unter den Nachsätzen das
1) Es ist sehr schwer einen Mahri dazu zu bringen die I. Person Aorist zu gebrauchen; er umgeht sie fast immer durch das part. act. mit dem persön¬
lichen Fürwort.
1 7 *
V. Maltzan, über den Dialect von Mahra (Mihri) in Südarabien. 209
t mit vorhergehendem i oder e, ersteres bei dem Femininum der
Adjectiva und Participien, letzteres bei Abstracten vorherrschend. Das
ma als Vorsatz findet sich fast nur bei Verbaladjectiven der abge¬
leiteten Conjugationen. Die Bildung des Relativum auf i, im Ara¬
bischen so häufig, scheint sich im Mehri auf Abstammungsbezeichnung
zn beschränken. Die Endung 6t ist dem Part. Passiv der Iten
Conjugation und den Abstracten eigen , die Endung öne dem Particip.
activ und einzelnen Appellativen.
Zahl nnd Geschlecht der Nomina und Adjectiva.
I. Bildung des Plurals.
Ein ansschliesslich äusserer Plural scheint im M6hri beinahe
ganz zu fehlen, oder wenigstens nur noch in schwachen Spuren er¬
halten zu sein, d. h. ein Wort tritt nicht durch Anhängung einer
Endsylbe allein in den Plural, sondern es geht auch fast immer
eine Veränderung seiner Vocale vor sich. Beispiele von Worten,
die im Plural ihre Vocale nicht ändern , sind mir nur wenige vor¬
gekommen. Solche sind rigem (der Tiscb) pl. rigementen, enpd
(die Kugeltasche) pl. engetin, qannett (die kleine) pl. qannettan.
Aber, wenn aucb keine absolut äussere Pluralbildung, so tritt
dagegen eine relative sehr häufig auf, welche wir die „gemischte"
nennen wollen, weil sie zugleich (und vielleicht ursprünglich allein) äusserlich, zugleich aber, durch die Vocalveränderung, innerlich ist.
Die vorherrschende Bildung dieses Plurals ist auf n im Auslaut,
entweder ein einfaches n, oder in, en, häufiger ten, enten, bei dem
Femininum ausserdem noch üten , anten, iten. Der arabische äussere
Plural der Feminina, der auf ät auslautet, findet sich, aber selten, merkwürdiger Weise fast häufiger bei Masculinen, wie Standesbezeich¬
nungen u. s. w. (bei denen er auch im Arab, und Aethiop. vor¬
kommt). Ihm zur Seite steht ein seltenerer äusserer Plural der
Masculina, auf öt auslautend, auch kommen Beispiele vor, bei denen
blos ein t angehängt und der Vocal verlängert wird.
Beispiele von Pluralen mi t gemischter Bildung.
chö (der Mund) Plural chüten
ain (das Auge) „ ayenten
rhai (der Bruder) „ rhüyen
chademet (die Magd) „ chademüten
hairit (die Eselin) „ hairüten
qetanit (die feine, zarte, adj .) „ qetanten
kelbit (die Hündin) „ kilebten
rhagit (die Jungfrau) „ rhagenüten
lahit (das Kinn) „ lihaiten
mamedet (das Kissen) „ mimdüten
mo'ollem (der Meister) „ ma'llemftten
haugerit (die Sklavin) „ heuerten
Bd. XXV 14
210 MoUzan, über den Dialect von Mahra (Mihri) in Südaralden.
kellt (die Niere) Plural kelaiten
naidäf (die Strohmatte) „ naidefüteu
lebenit (die weisse, adj.) „ lebenüten
sira (der Nabel) „ seranten
sebkit (die Spinne) „ sibekten
terain (das Bein) „ teranten
Bei Weitem häufiger ist der innere und unregelmässige Plural.
Namentlich bei Masculinen findet er sich fast ausschliesslich. Ausser dem absolut inneren Plural, der keine äusseren Vor- oder Nachsätze
kennt, giebt es im Mehri, wie in allen anderen südsemitisehen
Sprachen , auch einen solchen , der Sylben vor- oder andere als die
gewöhnlichen Pluralendungen nachsetzt, zugleich auch die innern
Vocale verändert, also gleichfalls ein „gemischter" Plural genannt
werden könnte, dessen Charakter aber den unregelmässigen Formen
angehört, während die Endung auf n, enten u. s. w. die ehemalige
Regelmässigkeit des Plurals darzustellen scheint.
Der beliebteste Vorsatz ist bei diesen Pluralen a, das in ha
übergebt, der beliebteste Nachsatz ye. Wir wollen diese Gattungen
des Plurals bier, dem gewöhnlichen Lauf der Grammatiken entgegen,
vor den absolut inneren Mehrheitsformen anführen, weil sie noch
eine gewisse Regelmässigkeit zeigen und sich in so fern an die auf
n endenden Formen ansehliessen.
PInral mit Vorsatz.
Mit vorhergesetztem ha (a) und geringer Vocalveränderung,
dem arab. iCUsi oder Jjis! entsprechend. Beispiele:
höh (Thür) Plural habuebet
kebs (Schaaf) „ hakebes
kellön (Bräutigam) „ hakellent
köb (Schakal) „ hakuebet
dehbet (Fliege) „ hadeböb.
Plural mit schwacher Endung.
Dieser Plural verändert die Form des Singulars unbedeutend,
an die er nur die Endung iye, ye, iya, ya, manchmal auch iyo
gesprochen, anhängt. Beispiele:
bal (Herr) Plural bö'liye
ba'lit (Herrin) „ ba'litiye
hödi (Cisterne) „ hodöye
gebehet (Stirne) „ geböhyo
rhait (Schwester) „ rhutye.
Manchmal wird an dieses iye noch ein t angehängt, z. B.
behör (Seemann) Plural bahariyet.
Plural mit der Endung des Femininum Singularis.
Da die coUectiven Plurale weiblich sind und als im Singular
stehend angesehen werden, so konnte es nicht fehlen, dass anch
manche derselben die Form der weiblicben Einzahl annahmen und
t oder it (die weiblicbe Enduug der Einzahl) anhängten. Z. B.
V. Maltzan, über tien Dialect von Mahra (Mehri) in Südarabien. 211
haugür (Sklave) Plural hagerit
kabin (Skorpion) „ kabaunt.
In diesen Fällen ist das wirklicbe Femininum Singularis meist
nur durch einen verstärkten Vocal vom Plural des Masculinum
unterschieden, z. B.
hagerit (die Sklaven) haugerit (die Sklavin).
Innerer Plural.
Ohne verstärkte Vocale ist der innere Plural selten uud die
wenigen Formen, die ihn zeigen, sind meist unverändert aus dem
Arabischen entlehnt, z. B.
lözit (die Mandel) Plural 16z
nachlit (die Palme) „ nachl.
Lange Vocale in der ersten Sylbe dreilautiger Stämme kommen
beim inneren Plural gleichfalls nicht oft vor. Beispiele sind :
temerit (Dattel) Plural tomr
chödem (Diener) „ ehedem.
Bei weitem am häufigsten findet die Vocalverstärkung in der
J 3 ,1
2ten Sylbe, den arah. Formen Jlxs, J-ois nnd JSjjia entsprechend
statt. Beispiele :
namil (Ameise) Plural num61
hageb (Augenbraue) „ ha^öb
toch (Greis) „ tiach
mebail (Hund) „ raeböl
allg (junges Kameel) „ alög
fered (junge Kameeistute) „ feröd
ba'ir (Kameel) „ bayür
matek (süss) „ raetok
chaleg (Kleid) „ chalog
bareq (Knie) „ birüq.
Am häufigsten ist diese Form bei Feraininen, besonders bei
solchen, die von einer Wurzel raediae gerainatae (»y) stararaen.
Beispiele :
baqerit (Kuh) Plural baqör
kenemit (Laus) „ kenüm
kowert (gepresste Datteln) „ kewör
derrät (Hemd) „ direr
sennait (Zahn) „ senin
qaffet (Korb) „ qafif
'aqebit (Vogel) „ 'aqäb
heret (Haupt) „ heri
resit (KopO „ re'es
tiwit (Schaaf, Geis) „ tiwi.
Hieran schliesst sich eine Form an, welche den Vocal in bei¬
den Sylben dehnt. Beispiele:
14*
212 V. Maltzan, üher den Dialect von Mahra {Mihri) in Südarabien.
hair (Esel) Plural hlyir
rhotob (Stier) „ rhai tab
rhai^ (Mann) „ rhaiyü^
qosair (kurz) „ qaisör
haidin (nen) „ haidön
Bei ein- oder mebrbuchstabigen Nomina ist diejenige Form
eine der häufigsten, welche die Vocalverlängerung in der Mitte ein¬
treten lässt.
choträk (Stock) Plural chotörek
mehasir (Kopfbund) „ mehanser
meltamfit (Ohrfeige) „ melötem
mesmör (Nagel) „ mesömer
senorret (Katze) „ senürer
Ebenso oft kommt die Verstärkung in der dritten Sylbe vor :
hauerqät (Papier) Plural haueriq
nachrir (Nase) „ nacherür
figerrit (Pfeife) „ figerür
dala (Rippe) „ dalo'ä
hanüb (Greisin) „ haniyftb
mehait (Turban) „ mehasüt
rehäbet (Ortschaft) „ rehöib
Manchmal bleibt das vierconsonantliche Wort auch im Plural
zweisylbig, z. B.
derdir (Floh) Plural derdör.
Wenn der zweite Consonant ^ezmirt ist, wird der Plural zu¬
weilen durcb Einschiebung eines Halbvocals zwischen dem 3ten
und 4ten Consonanten wieder dreisylbig, z. B.
harröt (Bauer) Plural harriyet
fer'hin (Stute) „ fer'hiyen.
Ganz unregelmässig sind folgende, durch Versetzung oder Ein¬
schiebnng von Consonanten gebildete Plnrale:
hebr (Sohn) Plural herbftn
haibit (Kameeistute) „ hebär
haberit (Tochter) „ habentir
kton (Wanze) „ ktöten
In den meisten dieser und verwandter Fälle wird man übri¬
gens finden, dass der eingeschobene Consonant ursprünglich in der
Wurzel lag und nur im Singular ausgefallen war.
n. Bildung des Femininum vom Masculinum.
Dieselbe ist im höchsten Grade einfach und beschränkt sich auf
Anhängung der Sylbe et, it, et, meistens aber it. Bei den nun
zu besprechenden Adjectiven wird hievon noch die Rede sein.
V. Maüzan, über den Dialect von Mahra (Mihri) in Südarabien. 213
III. Geschlechts- und Zahl-Bildung der A'djectiva
und Appellativa im Besondern.
Bei allen diesen Namenstämmen, welche vier Formen (Masculi¬
num und Femininum und deren Plurale) besitzen, wird uns der
Vergleich mit dem Aethiopisehen wieder einmal so recht deutlich
an die Hand gegeben. Wie dort, so nehmen Adjective und Parti¬
cipien, sowie die nach solchen Formen gebildeten Appellativa mit
wenigen Ausnahmen im Femininum alle die consonantliche Endung
t (it, et) u. s. w. an. Beim Plural des Femininum finden wir auch
wieder, wie im Aethiopisehen, dass derselbe bald vom Singular sei¬
nes Geschlechts, bald aber auch vom Plural des andern gebildet
wird. Ich denke, folgende Zusammenstellung einiger Beispiele wird
mich jeder weiteren Erläuterung dieses Satzes überheben.
Beschreibungswörter der ersten Gattung sind :
masc. git (gut) feminin, gitet
plur. giet plur. fem. gitüten.
sing. masc. qüi (stark) sing. fem. qanwiyet
plur. masc. qaiwoi plur. fem. qauwiyftten.
sing. masc. hauwin (schwach) sing. fem. hauwinet
plur. masc. hewön plur. fem. hauwenüten.
sing. masc. qetanu (fein) sing. fem. qetanit
plur. masc. qätan plur. fem. qetanten.
sing. masc. lebön (weiss) sing. fem. lebenit
plur. masc. leben plur. fem. lebenüten.
sing. masc. höwer (schwarz) sing. fem. hawerüt
plur. masc. bäwer plur. fem. hawerüten.
sing. masc. zailah (fett) sing. fem. zelhait
plur. masc. zawöleh plur. fem. zelhauten.
Beschreibewörter der zweiten Gattung:
sing. masc. söim (fastend) sing. fem. söimet
plur. masc. saimet ') plur. fem. saiyemoten
sing. masc. föter (Fastenbrecher) sing. fem. föteret
plur. masc. fäterät plur. fem. faterüten.
sing. masc. tö^er sing. fem. tögeret
plur. masc. teger plur. fem. tegeröt.
sing. masc. chiöb (hässlich) sing. fem. chiöbet
plur. masc. chayebet plnr. fem. chayebeten.
sing. masc. hebr (Sohn) sing. fem. heberit (Tochter)
plur. masc. herbün plnr. fem. hebentir ^).
1) Wie man sieht, sind es die Participien, welche hauptsächlich den Plural masc. auf die sonst so wenig bei diesem Gesclilecht erscheinende Endsylbe t endigen lassen.
2) Die Aehnlichkeit zwischen den beiden Pluralen dürfte doch hier grösser sein . als zwischen plur. fem. nnd sing. fem.
214 Maltzan, iiher den Dialect von Möhra [Mihri) in Südarabien.
Ein Adjeetiv ganz eigenthümlicher Bildung und offenbar eine
zum Beschreibewort gewordene Aoristform ist folgendes:
sing. masc. irhamüm (böse) sing. fem. trhamüm
plur. masc. irhamümen plur. fem. trhamümen.
Zahlwort.
Die Zahlen im M6hri sind schon durch Krapf veröffentlicht
worden. Ich beschränke mich also in Bezug auf sie darauf, die
einzige (von ihm übersehene) interessante Thatsache, welche hier be¬
merkt zu werden verdient, anzuführen, dass nämlich die Zahl „tau¬
send", wie im Aethiopisehen, nicht durch ein Einheitswort, sondern durch „osr mia" (zehnhundert) ausgedrückt wird. Das Mehri ist also
in diesem Punkt der südarabisch-äthiopischen Sprache treuer geblie¬
ben, als ihre übrigen Sprösslinge, das Nordtigre, welches das arabi¬
sche „Alif" für 1000 angenommen hat; das Südtigre (auch Tigrinnia
genannt), welches das Wort sech (UiTfll oder fiTl.') gebraucht
und das Amharische, welches ein eigenartiges Wort dafür, Namens
"YlU ; „chah", das aber „hä" ausgesprochen wird, creirt hat.
Ich will diese kurze Uebersicht über diejenigen grammatikalischen
Eigenthümlichkeiten des Mehri, welche es mir bis jetzt gegönnt war
zu beobachten, hier bescbliessen, indem icb mir wohl bewusst bin,
nur sehr Unvollkommenes geleistet zu haben. Aber die Hoffnung
bält micb aufrecht, dass es mir vielleicht bald gelingen werde, einen
noch gründlicheren Einblick nicht nur in diesen, sondern ancb in
den verwandten Schwesterdialect, das Qaräwi oder Hakiii, zu thun
und den geheimnissvollen Schleier zu lüften, mit dem diese an¬
scheinende sprachliche Monstruosität von dem geistreichen, aber
phantastischen Fresnel umhüllt ward.
Aden, den 5. März 1871.
Bemerkung.
Ich denke, es wird keiner Entschuldigung bedürfen, dass ich
mich bei Transscription des Mehri nicht arabischer Schriftzeichen
bediente. Es kam darauf an, die Aussprache genau wiederzugeben
und diess wäre im Arabischen nur consonantlicb, nie aber vocalisch
möglich gewesen. Wie soll man in der That im Arabischen au
und 6, e nnd ai durch die Schrift unterscheiden? und dennoch be¬
ruht mit auf Unterscheidung dieser Mischlaute das Verständniss
des Mehri.
215
Beiträge zur Erklärung des Avesta.
Von R. Roth
III. Das Metrum.
1.
Wer es unternimmt Texte wie die Gäthäs zu erklären, welche
von Schwierigkeiten starren , der darf keinen Weg unversucht lassen,
um etwa eine Ritze zu linden, durch welche er eindringen kann.
Wie kommt es nun, dass die Erklärer eine Strasse, die offen vor
ihnen lag, unbetreten gelassen haben? Niemand hat ernstlich dar¬
nach gefragt, ob der in den Handschriften vorliegende Text zum
Metrum stimme d.h. ob er correct überliefert sei. Westphal hat
in der Zeitschrift f v. Spr. 9, 437 die metriscben Formen der
Gäthäs zusammengestellt und eine einleuchtende kritiscbe Probe für
einen Theil vou JaQna 9 gegeben; A. Kubn hat im 3. und 4. Band
der Beiträge z. v. Spr. an dem Veda gezeigt, wie wichtige Ergebnisse
eine solche Prüfung der Texte durch das Metrum liefern kann; die
classische Philologie handhabt das Mittel schon längst an ihren
Büchern und zieht immer neuen Gewinn daraus — nur der Boden
des Avesta ist noch jungfräulich und wartet der ersten Hand, welche
die Beete ebnen und die Furchen ziehen soll.
Das Metrum allein ist es ja, welches uns Worte der fernsten
Veigangenheit gerettet hat. Jede ungebundene Rede zerstiebt oder
wird zur Unkenntlichkeit entstellt. Aber das in Bande und Klam¬
mern, in Zahl und Mass eingefasste Wort zerbröckelt nicbt leicht.
Nur durch Lieder redet das graue Alterthum unmittelbar zu uns.
So sind aucb in den Liedern des Avesta die frühesten Erzeugnisse
des Mazda-Glaubens uns erhalten, die reinsten Quellen desselben,
welche richtig verstanden uns eine Menge neuer Kenntnisse zu¬
führen werden.
Die Gäthäs sind im Vergleich mit dem grössten Theil der
prosaischen Stücke des Avesta wohl erhalten. Dort wimmelt es
von Entstellungen, welche auch die künstlichste — oder laxeste —
Grammatik nicht unter eine Regel bringen wird ; hier ist die Sprache 1) Vgl. oben S. 1- 21.