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Zur orientalischen Sphragistik.

Von Dr. Stickel.

Durch gefällige Zusendung der Herren Professor D. Justi in

Marburg und Dr. BickeU in Innsbruck gelangten die Abdrücke eines

Talisman und einiger orientalischer Siegellegenden an mich , deren

Originale im Königl. Museum zu Cassel bewahrt werden. Wie der

literarischen Hülfsmittel zum Verständniss dieser Art Alterthums¬

denkmäler im Verhältniss zu der zahllosen Menge der Siegelsteine,

welche Araber, Perser und Türken und andere Orientalen von den

ältesten Zeiten her zu gebrauchen pflegen, armoch sehr wenige sind, obgleich mancher werthvolle Beitrag für Geschichte, Paläographie,

Philologie aus dieser reichen und zuverlässigen QueUe geschöpft

werden kann, möge es gestattet sein, meine Lesung und Erläuterimg

mitzutheüen, wie sie au das Casseler Museum über die darin be¬

wahrten Stücke gegeben worden.

Bei Anfertigung von derlei Inschriften hat der Stempelschneider

die Aufgabe, in engumschränktem Räume ausser dem Namen des

Siegelbesitzers zumeist noch einen Wahlspruch desselben oder ein

sinnvoUes Wort an den Briefempfänger, auch wohl Titulaturen,

.Jahreszahlen u. dgl. unterzubringen , eine Aufgabe , die mit gerade

fortlaufender Schrift oftmals imausführbar wäre. So sucht er sicb

dadmch zu helfen, dass er, wie es ihm passt, die syntactische

Wortfolge seiaes Textes verlässt, Sylben, selbst einzelne Buchstaben

von der gehörigen Stelle ablöst, über oder untereinander setzt und

die einzelnen Elemente über der Pläche zerstreut, wo ein Räumchen

erübrigt, auch je nach Bedürfniss die Porm des Buchstabens aus¬

einanderziehend, verkürzend, mehrere zusammenschlingend u. s. w. Es

leuchtet ein, welche Schwierigkeit dem Entzifferer dadurch bereitet

wird , dessen Combinationsgabe überlassen wird , gerade diejenige

Zusammensetzung der Sylben und Buchstaben aus den manchmal

mehrfach möglichen herauszufinden, welche den vom Besitzer des

Siegelsteines beabsichtigten Sinn ergiebt. Auch sind die oft ausser¬

ordentlich feinen und winzig kleinen Züge, besonders der Ta'lik¬

schrift, nieht eben geeignet, ibm sein Geschäft zu erleichtein. Mit

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436 Stickel, zur orientalischen Sphragistik.

der CJonstituirung des Textes hat er seme Hauptarbeit gethan, wie

jeder inne werden wird, der sich hierin versucht.

Belege für diese allgemeinen Bemerkungen bieten auch die

Casseler Exemplare. Ich lasse sie nach der Numerirung des dortigen Museums folgen.

I. No. 570. — Silber. Rund. Ein Tahsman. — Die Pläche

ist in 25 quadratische Vierecke getheilt, mit 4 Segmenten nach

aussen. Im Abdruck erscheinen die Wörter und einzehien arabischen

Buchstaben rückläufig, auf dem Originale recbtläufig. Die Schrift

ist aber von einem sehr ungeschickten Stempelschneider gravirt, ver¬

zerrt, mit den gerundeten und schwunghaften Zügen der nachfolgen¬

den Siegel nicht zu vergleichen.

In den vier äusseren Segmenten stehen die Namen der vier

Erzengel: JoL*j> Gabriel, Michjd, ^\yy, Azra/ä, J-öl-wl

Asrafil. — Diese Engel sollen sich stets in der Nähe des gött¬

lichen Thrones befinden, um Gottes Befehle auszuführen. Gabriel

überbringt die götthchen Botschaften, Michael ist Vorsteher der

Elemente, besonders des Regens, Azrafl empfängt die mensch¬

hchen Seelen im Moment des Sterbens, daher Todesengel genannt,

Asrafil ist Wächter der himmhschen Trompete, die er beim Welt¬

ende bläst.

In jedem der 25 Quarrös steben je zwei einzelne, arg ver¬

zogene Buchstaben, die nach Analogie ähnhcher Talismane, in ver¬

schiedener Folge gelesen und zusammengesetzt, die zwei Wörter

(jaa*^ und 0 • t werden darsteUen soUen. Sie stehen im

Koran, jenes zu Anfang der 19. Sure, dieses zu Anfang der 42.

Ueber die Bedeutung dieser mysteriösen Wörter bekennen die ara¬

bischen Koranerklärer selbst ihre Unkunde; zumeist werden sie als

Abbreviaturen von Wörtem durch deren Anfangsbuchstaben ge¬

nommen. Auf Talismanen dienen sie zum cabbahstischen Gebrauch

und werden für um so wirksamer gehalten, je unverständhcher

sie sind. —

Die nachfolgenden Vorlagen sind Abdrücke von Siegeln. Diese

Siegel unterscheiden sich von den Talismanen dadmch , dass sie

inuner verkehrt gestochen sind, so dass sie erst im Abdruck gelesen

werden können, während die Talismane mit wenigen Ausnahmen

gleich auf dem Stein zu lesen sind und abgedruckt verkehrt er¬

scheinen. Auch enthalten die Siegel regehnässig den Namen des

Besitzers, die Talismane niemals. —

No. 519. Sardonyx. — Achteck von Doppellinien eingerahmt.

Schrift persisches Ta'lik, Sprache persisch.

Gott

uilli!! j-t^ enoeist Gnaden.

»t^ — ■« Mustafa.

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Stickel, zur orientalischen Sphragistik. 437

Das ist duicii die Mitte des Feldes in breitem Znge (juer

dmchgezogen. Mustafa ist der Name vom Besitzer des Siegelsteius.

— Wie bei den meisten nacbfolgenden Siegeln sind alle freien

Stellen mit vielerlei Oniamenten, Arabesken, Sternen, Rosetten,

Puncten und Stricben reicb und geschmackvoll verziert.

No. .517. Carneol. Oval. Doppellinige Einfassung. Schrift und

Sprache vrie auf der vorigen No.

^ g t^j Gegenstand des göttlichen

jj^js? ^jioas Gnadenausflusses sei Mahmud.

Fast wörthch stimmt hiermit die Inschrift auf dem Siegel des

Grossvezirs Dei'wisch Muhammed Pascha , unter welchem die Buko¬

wina an Oestreich abgeti-eten wurde: j-jli* »Jj! ^j^^^ß

ija-ö Derwisch Muhammed sei der Gegenstand des Gnaden-

ausjlusses Gottes.

Ganz unten nehme ich noch winzig klein die Zahl i. (90) als

Datum der Anfertigung des Siegels wahr. Wie oft, ist die Hundert-

und Tausend-Zahl zu ergünzen, also entweder 1090 (= 1679 n.Chr.)

oder 1190 (= 1776 n. Chr.). — Auch hier reiche Ornamentirung

in feinsten Zügen.

II. No. 469, 5. Carneol. Oval, von Doppellinien eingerahmt. —

Schrift und Sprache wie auf den beideu vorigen.

^Lj> 8J*->J Der Diener (eigtl. Sciave, Verehrer) des

^M».»- f;yt^y^ Schöpfers der beiden Welten (Existenzen) Husein.

O*

Die beiden Welten (^-j^ö^ ist nach Analogie anderer Legenden

mit Sicherheit zu lesen, obgleich dm-ch ein Versehen des Graveurs

^•yf^y^ steht) sind die gegenwärtige, in welcher wir jetzt leben, und

die ihr vorhergegangene, während welcher die Erde unter der

Herrschaft der Genien staud. Muhammed wird oftmals als der

Gesandte der beiden Welten {^yS^\ iy^J) bezeichnet, sofern

seiue Mission den körperlicheu Wesen (Menschen) imd deu Geistern

galt. — Husein, der Besitzer des Steins, nennt sich, wie es oft auf

Siegelsteinen vorkommt, eiuen Diener Gottes, in arab. Legenden auch

nur d. i. frommen Muselmann.

No. 469, 7. Carneol. Oval, vou Doppellinien umschlo.s.seu.

Ueberaus reich und schön ornamentirt. Sprache uud Schrift wie

auf den vorigen.

l\j y>- llic Gnadengeschenk erfleht

(yAs> Chalil

;( vom Hei~i-n der Kaahe.

• > >

Bd. XXXVII. 29

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438 Stickel, zur orientalüchen Sphragistik.

Der Name des Eigenthümers, in der Mitte in besonderer Um¬

rahmung, bedeutet Freund; mit dem Beisatze Allah's ist es ge¬

läuhge Bezeichnung Abrahams, des angeblichen Gründers der Kaabe,

des Tempels in Mekka. Der Spruch schemt mit Beziehung darauf

gewählt zu sein.

No. 515. Sapphir. Viereckig, doppellinige Einfassung. Sprache

und Schrift wie auf den vorigen.

i«Jö », Staub des Weges vom Fnsse

jctJ>t iX*^ k^Lj <^ reinen (heiligen) Muhammed ist Ahmed.

Zu unterst in der rechten Ecke ganz klem aav (887 d. H. =

1482 n. Chr.), das .Jahr der Anfertigung. — Mit einem auch

sonst vorkommenden bildlichen Ausdrucke für Demuth bezeugt

Ahmed, der Besitzer des Steins, seine Verehrung und tiefste Er¬

gebenheit an Muhammed. — Denselben Sinn bietet die Legende

eines Siegels in meinem Besitze: ^ftLi<a/i ^JU j3\s j^L, «^t5>-

Fussstaul) des Ruhmes der WeU (Muhammed's) ist Mustafa.

No. 32. Cameol. Oval, doppellinige Einfassung. Scbrift Ta'lik, Sprache türkisch.

l«jLi» üJ^I -E» das Siegel

<6juJ> ^^,U^i*" Suleiman's gesegnet!

Nach der unten stehenden winzig kleinen Ziffer Ma hat ein

Suleiman (Salomo) im 08. Jahre eines der letzten Jahrhunderte der

Hedschra (1657, 8 oder 1754, 5 n. Chr.) die.ses Siegel für sich

anfertigen lassen.

I. No. 568. Cameol. Achtseitiges Oblongum, von Doppel¬

linien umschlossen. Schrift und Sprache wie auf der vorigen No.

^^^JLs\ä* L; iJjl 0 mein Herrgott, möge Hasan wieder auf-

^^ym»- ii1jSJ,jmJ> leben in mir mit seinen guten Eigenschaften.

Der Besitzer, Hasan, fühi-te den gleichen Namen mit dem

Kbalifeu Hasan, dem Sohne Ali's, dem man viele ausgezeichnete

Tugenden zuschrieb. Darauf spielt die Legende an. — Unten 11.1

(1106 d. H. = 1094, 5 n. Chr.), nicht ganz sicher lesbar.

Von den etlichen hundert oriental. Siegelabdmcken in meinem

Besitze füge ich noch zwei bei. Der erste bat ein persönliches

Interesse für mich, weil er mir im Jahre 1830 nach meiner Rück¬

kehr aus der Schule de Sacy's von Goethe mit Bitte um eine Er¬

klärung zugesendet wurdo und die erste Anregung gab, mich mit

dieser Studienspecialität zu lic^schäftigen. In Folge davon ist es

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Sticke!, zur orientaUschen Sphragistik. 439

dann gelungen, uuter dem Zusammentreffen seltenster Glücksumstilndo in dem kleinen Jena eines der reichsten orieutalischen Münzcabinotte

zu schaflfen. — Der Ring mit dem Siegelsteine befiudet sich in

Goethes Hinterlassenscbaft.

Ovale, omamentirte Fläche, vou Doppellinieu umschlossen. Die

Legende ist aus dem oft zu Siegelinschriften benutzten 90. Verse der

11. Sure entnommen :

^^yifijj Loj Und Jcein Beistand für mich

«JlIlj Kt ausser bei Gott.

Darunter in doppelliniger, graziöser Bogenumrahmung :

J(.*rs? »Jyx: Sein Diener Muhammed.

Der zweite Siegelstein befiudet sich im Besitze Sr. Durchlaucht

des Fürsten Gagarine. Er bietet eine Pehleviinschrift, nur den

Eigennamen eines, mir wenigstens, unbekannten Mannes, der zwar

deuthch gravirt, doch vennöge der Vieldeutigkeit mehrerer Pehlevi-

chai'aktere auf verschiedene Weise gelesen werden kann.

oajyv,^a_u

Unter den Namen in Mordtmann's Studien über geschnittene

Steine mit Pehlevi-Inschriften DMZS. XVIII findet dieser sich nicht.

riNniDN , riNn-üN , rTniDN u. a. lässt sich lesen. Mit letzterem

liesse sich wohl ein jj «ü! institutionis filius nach Analogie von

Ojj/vaijQ-U Schahzat = »olj »Li; bei Mordtmann a. a. 0. S. 41.

No. 143 combiniren; am nächsten aber liegt, an den bekannten

Namen oL^j Phraates zu denken. Dem hat auf mein Befragen

auch Herr Professor D. Spiegel beigestimmt mit dem Hinzufügeu:

„Das Siegel weist uns iu eine Zeit , wo zwischen Ph und r noch

kein Hülfsvocal eingeschoben wurde, uud das vorgesetzte a dürfte

auf semitischen Einfluss hindeuten, da den Semiten der Doppel¬

consonant am Anfange des Wortes unbequem sein musste." —-

Die Scbriftform stimmt mit dem Pehlewi-Alphabete der dritten

Periode übereiu , wie es uns auf den Münzen Chusrav's II. noch

nicht ganz sicher, ganz rein aber ausgebildet .auf den mubammeda¬

nischen und den Münzen von Tapuristan vorliegt.

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440

Eine ägyptische Statuette.

Von Dr. A. Eriimii.

(Mit einer Tafel.)

Die auf beigegebener Tafel abgebildete kleine Statue ist in

Adana in Cilicien gefunden worden und verdient scbon um dieser

Herkunft willen Beaebtung. Hen- Prof Sachau, auf dessen Wunsch

ich sie hier verüflfenthcbe, bemerkt darüber:

,Ein Papierabdruck der Inschrift und eine Photographie dor

Statue wurde mir in einem Brief meines verstorbenen Preundes

Dr. Theodor Bischoff in Aleppo vom 21. .Juli 1881 mitgetheilt. Er

hatte beides von einer Reise in Cilicien (Frühjahr 1881) mitgebracht.

Das Denkmal war in Adana bei einem Haus])au gefimden worden

und ist vermuthlich noch jetzt dort vorhanden". —

Das kleine Denkmal schütze ich , wenn ich den Abklatscb

seiner Inschrift mit der entsprechenden Stelle der Photographie ver¬

gleiche, auf etwa 60 cm. Höhe; das Material scheint ein dunkler

Granit zu sein. Die Statue stellt eine egyptische Dame dar, dio

in der häufigen Stellung der Aegypterinnen kniet, die eine Hand auf

dem Schooss, die audere — bald ist es die Linke, bald die Rechte

— auf die Brust gelegt (vgl. z. B. Leps. Denkm. II, 46. 57. 79.

83 etc.). Nur die Haltung des Pusses ist ungewöhnlich; sonst

halten knieende Fi-auen den Fuss gestreckt, so dass seine obere

Seite und das Schienbein die Erde berähren , während knieende

Männer nach Art unserer Statue sicli auf die Zehen und das Knie

.stützen (vgl. Leps. Denkm. III, 70 d und besonders ib. 75 b.). Die

l)ai-g(!Stellte trägt die übhche schwere Haartrisur , in der älteren

Form, die das Ohr frei lässt ; ihr Gewand liegt eng am Körper an.

Es ist nicht ganz leicht ül)er dieses letztere sich klar zu werden.

Die gewöhnliche Tracht der alten Zeit '), die die Bi'merin so gut

1 } Im neuen Keich tragen fast nur noch die G<ittinnpn das alte enge Kleid, selten nur .wdero Frauen (L. 1). III. 20 c. 42. C2b), die vielmehr un¬

geheure weite Gowändcr tragen , dio ihnen oin höchst barockes Aussehen ver¬

leihen n. 1. III, 1. 2. !M 07. 100. 101. lon 117 u, s w) Auch die Männnr er¬

setzen den alten Schurz durch lange faltige Kleider.

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