Kleinigkeiten zum Phönizischen,
Punischen und Numidischen
Von Johannes Feibdeich, Berlin
1. Zur Orthographie der phönizischen Inschrift des
Jehaumilk von Bybios
Bisher ist wohl kaum beachtet worden, daß die Inschrift des Königs
Jehaumilk von Bybios^ trotz ihres späten Datums (5.—4. Jhd. v.Chr.)
noch eine recht altertümliche Orthographie aufweist. Um es kurz zu
sagen: Das Possessivsuffix der 1. Pers. Sing, scheint nur im Genetiv
durch ein bezeichnet zu sein, im Akkusativ aber ungeschrieben zu
bleiben, also ganz wie in der alten Inschrift des Kilamuwa'^. Man vergleiche
die Genetivverbindung •'nnö ]D „auf der Oberfläche dieser meiner
Gravierung (?; oder: Tür?)" Z. 5, die Präpositionalverbindung "TiaiV
„für meine Gebieterin" Z. 3. 7 (die Präpositionen regieren ja in den
deklinierenden semitischen Sprachen den Genetiv) und die Verbindung
mit der einer Präposition gleichwertigen Akkusativpartikel nS : Tiai nX
,, meine Gebieterin" Z. 3. 7. Über die Vokalisation von •'V ,,(zu) mir" Z. 8
•wage ich kein Urteil. Aber einen deutlichen Akkusativ ohne Partikel
enthält demgegenüber Vj? ^TSV! „sie hörte meine Stimme" Z. 8. Auch
in Z. 13 ist wohl mit Dupont-Sommee Semitica 3 (1950) S. 36 und 42 zu
lesen inH DE'ntrn VnS DX1 ,,und wenn du nicht meinen Namen (zu¬
sammen) mit dir (= deinem Namen) setzest", und entsprechend darf
man den diesem Satze vorangehenden Satz Z. 12 f. mit Dupont-Sommee
S. 36 und 41 herstellen -[[ns mr\] b^i "pü ■[Vain"' W „meinen,
des Jehaumilk, des Königs von Bybios, Namen [wirst du mit] dir
(= deinem Namen) setzen". Also „meine Stimme" und D2? ,, meinen
Namen". In Z. 3 will Dupont-Sommee S. 36 und 38 f. allerdings den
kaum lesbaren Text herstellen bp [nlK SJÖüi „und sie hörte meine
Stimme", also auch in Verbindung mit der Akkusativpartikel die
Defektivschreibung ansetzen. Aber bei der Zerstörung des Textes ist
[n]St ganz zweifelhaft und vielleicht einfach Vp „meine Stimme" anzu¬
nehmen. Jedenfalls kann die zerstörte Stelle keine Gegeninstanz gegen
die von mir angenommene Schreibregel sein : Akkusativ ohne Partikel
defektiv ohne geschrieben, Genetiv und Verbindungen mit Präpo¬
sition oder Akkusativpartikel plene mit geschrieben. Das stimmt zur
1 In der wichtigen Inschriftensammlung von H. Donner — W. Röllig,
Kanaanäische und aramäische Inschriften (Wiesbaden 1962; weiterhin abge¬
kürzt KAI) Nr. 10. a = KAI 24.
16 ZDMG 114/2
226 Johannes Friedbich
Schreibweise des Kilamuwa und zur Grammatik des Akkadischen imd
Ugaritischen mit -i im Nominativ und Akkusativ, -ia im Genetiv
(akkadisch Nom.-Akk. libbi ,,mein Herz", aber Genetiv libbi-ia ,, meines
Herzens"). Ich will daraus nicht schließen, daß Jehaumilk noch im
Genetiv * rabbatiia „meiner Gebieterin" gesprochen und vielleicht
noch entsprechend die altsemitische Nominaldeklination mit drei Kasus
verwendet habe. Aber zumindest die alte Schreibweise, die auf eine
solche Sprechweise zurückgeht, hat er bewahrt. Dazu stimmt, daß er
auch die altertümliche Satzkonstruktion •]3S snj? ,,ich rief an" Z. 2 und
*]3X VSTD „ich machte" Z. 3. 6, noch verwendet, die wir aus Kilamuwa
und vor allem aus den Karatepe-Inschriften kennen, mag man darin
einen absoluten Infinitiv oder eine andere Form sehen.
Allerdings stimmt die Schreibung ijjit * zar'ö ,, seinen Samen" (Akk.) bei Jehaumilk Z. 15 nicht zu T" * iadö ,, seine Hand" (Akk.) bei Kilamuwa I 6 und E?Sn * röSö „seinen Kopf" ebd. I 15. 16, aber das ini2? * Sanötö ,, seine Jahre" (Akk.) Jehaumilk Z. 9^ findet sich in dieser Schreibung
schon bei dem alten Jehimilk KAI 4 Z. 5 und bei Sipitba'l KAI 7 Z. 5
in Bybios und lautete in alter Sprache noch * Sanötau (< * äanöta-hu,
Verf. Phön.-pun. Gramm. § 234) mit konsonantischem u, und diese
Schreibweise hat sich in Bybios erhalten, als man schon * sanötö sprach.
Kilamuwa mit seiner ebenfalls streng konsonantischen Schreibweise hat
offenbar keine solche Tradition gehabt wie die Könige von Bybios,
daher schreibt er T» und 2?K1 für die von ihm offenbar schon mit Mono¬
phthong ö gesprochenen Wörter * iadö und * röSö.
2. Ein kurzer phönizischer Graffito aus Abu Simbel
Bei einem Besuche in Kairo im Oktober 1959 suchte ich das dortige
Centre de documentation der UNESCO auf, um neue Photos von den
karischen Graffiti aus Abu Simbel zu erhalten. Bei dem herzlichen Ent¬
gegenkommen meiner ägyptischen Kollegen erhielt ich neben den
karischen auch einige phönizische Graffiti vom selben Orte. Davon sind
die meisten schon bekannt, doch fand sich auch ein bisher unbekannt
gebliebener, wenn auch inhaltloser, von den dortigen Forschern als
D 8, j D, II bezeichnet. Er steht auf der südlichen Vorderseite des
Beines der Riesenstatue, einen Meter unter der auf das Knie gelegten
Hand und 5,30 m über dem Sockel. Die Inschrift ist 15 cm lang, die
Zeichen 2—4 cm hoch.
•"ÜD •]'7N „ich (bin) Küli".
Neben dem in der Endimg anders zu vokalisierendenin'' „seine Tage".
Kleinigkeiten zum Phönizischen, Punischen und Numidischen 227
Offenbar handelt es sich um denselben Küäi, der in CIS I 112ci ( =
Lidzbarski, Kanaanäische Inschriften 43) genannt ist. Zu "^Vk für -[js
„ich" vgl. Lidzbarski, Ephemeris 8 (1915) S. 99; Verf., Phön.-pun.
Gramm. § 56b.
3. Ein neupunisches Fragment aus Malta
Bei einem Besuche Maltas im April 1961 wurde ich im Museum von
La Valetta auf eine mir bisher unbekannte neupunische Inschrift auf¬
merksam. Herr Museumsdirektor Zammit unterstützte mich überaus
freundlich und schickte mir auch ein Photo und einen Abklatsch der
Inschrift nach Berlin ; dafür sei ihm auch hier herzlichster Dank gesagt.
Die Inschrift ist in den Felsen über dem Eingang zu einer punischen
Felsgrabkammer in Hai Far eingehauen. Gefunden wurde sie am 5. März
1956, Mitteilung erfolgte im dortigen Annual Report of the Museum
Department für 1955/56 S. 6.
Um Lesung imd eventuelle Deutung der wenigen und (in neupunischer
Schrift) mehrdeutigen Zeichen habe ich mich lange erfolglos bemüht.
Ein Trost ist es mir, daß es vorher auch den Herren Honeyman —
St. Andrews und Levi Della Vida — Rom mit dem Texte nicht besser
ergangen ist. Deshalb verzichte ich darauf, eine doch nur aus Unsicher¬
heiten und Fragezeichen bestehende Transkription zu versuchen, und
teile anschließend einfach das Photo mit in der Hoffnung, daß ein
anderer doch vielleicht noch weiter kommt.
4. Punisch X''is;n = denario
In § 208b meiner Phönizisch-punischen Grammatik hatte ich ange¬
nommen, das punische «•'-isjn der Sechssessel-Inschrift Leptis 5 Z. 1. 2.
3* meine lat. denarii und das schließende N sei Vokalandeutung für das
schließende -i (§ 105 meiner Grammatik)^. Ohne mich auf die Frage der
Vokalandeutung näher einzulassen, die nochmaliger Überprüfung be¬
dürfte, muß ich mich nach Kenntnis neuerer Literatur korrigieren und
mit Levi Della Vida Oriens Antiquus 2 (1963) S. 73 das Wort mit
denario der latino-punischen* Inschrift IRT' 906 Z. 3 gleichsetzen, die
J. Reynolds in den Papers of the British Sehool at Rome 23 (1955) S. 141 f.
in verbesserter Lesung mitgeteilt hat. N''"lS7n schließt also mit einem im
späteren Punischen ganz gewöhnlichen N = o (Phön.-pun. Gr. § 107, 4b).
* Levi Della Vida in Libya 2 (1927) S. 99—105 Nr. 12 = KAI 130.
5 Vgl. auch Veef. Cahiers de Byrsa 3 (1953) S. III.
° So sollte man statt ,, Latino-libyschen Inschriften" naoh den bahn¬
brechenden Forschungen von Levi Della Vida Oriens Antiquus 2 (1963)
S. 65—94 sagen, der dort zeigt, daß wohl alle einschlägigen Inschriften in
Lateinschrift pimisch und nicht libysch (numidisch) aufzufassen sind.
' D.h. Inscriptions of Roman Tripolitania (London [1952]).
16»
228 Johannes Friedeioh
Wie ist nun denario als Form aufzufassen ? Zunächst denkt man wohl
an einen frühromanischen Singular denario = klassisch-lat. denarius.
Man könnte sich dahei auf unseren deutschen Gebrauch berufen, in
Verbindungen wie zwanzig Mark den unflektierter Singular pluralisch
zu gebrauchen. So tut es Levi Della Vida dort S. 73, obwohl er ebd.
Anm. 25 hervorhebt, daß man in der Sechssessel-Inschrift parallel zu
dem syntaktisch pluralisch zu wertenden «''nsjn ' das deutlich pluralische
SS?n Dn33 ,,9 Viertel( ?)" findet. Auch sollte man als Singular des
Wortes, nach anderen Beispielen wie ""IXS ,, Podium", centeinari ,,centen-
arium" (Befestigungsanlage)' und den zahlreichen lateinischen Männer¬
namen wie 'p"? ,, Lucius", •'"rV ,, Julius", nDtS „Tiberius" usw. zu
urteilen, doch gewiß *denari erwarten. So erhebt sich der Verdacht, daß
denario die frühromanische Entwicklung eines lateinischen Akk. Plur.
denarios mit Schwund des -s und mit Verwendung des Akkusativs auch
als Nom. Plur. darstellen könnte. Sicherheit läßt sich bei der Vereinze¬
lung des Beleges nicht gewinnen ; eventuell wäre doch mit einem älteren
erstarrten Singular denario zu rechnen.
5. Mastanabai ?
SAiiLiJST berichtet im Bellum Jugurthinum 5,6, die Söhne des Numider-
königs Masinissa hätten Micipsa, Mastanabai und Gulussa geheißen. Von
diesen Namen hat man den des Mastanabai lange wie die punischen
Namen Hannibal, Maharbal usw. behandelt, als ob er mit dem Gottes¬
namen BaH zusammengesetzt wäre. Schon die antiken Schriftsteller
flektieren Mastanabai wie Hannibal. Aber erstens läßt sich der Vorderteil
nicht aus dem Phönizisch-Punischen deuten, tmd zweitens liegt es auch
von vorn herein näher, daß Mastanabai gleich seinen Brüdern und seinem
Vater einen numidischen, d.h. berberischen Namen getragen habe.
Einen Schritt weiter kam die Forschung, als die Namen der drei
Brüder wenigstens in punischer Schreibung auf einer punischen Weih¬
inschrift auftauchten, die Bebthiee und Chaeliee unter Nr. 63 ihres
Buches Le sanctuaire punique d' el-Hofra ä Constantine (Paris 1955) ver-
öfifentlichteni". Sie erscheinen dort als NaSJJnoai jOVjl ]Ü^^3'a ,, Micipsa und Gulussa und Mastanabai", wie wir zunächst weiter schreiben wollen^i.
Der dritte Name (im Pimischen ohne das schließende -l der lateinischen
Überlieferung) wurde von Beethiee und Chaeliee und ebenso auch
vom Verfasser dieser Zeilen in AfO 18 (1957) S. 108 als Kurzform für ein
8 wbtt-i ovbmi riKn «nsn „133 Denare"Z. lf., nja» xnvn „80 Denare" Z. 2, DiBi Doan sns7n „52 Denare" Z. 3.
' Dazu Verf. ZDMG 107 (1957) S. 297f. i» = KAI 112.
Eine numidische Schreibung des Namens ist bisher nicht belegt.
Inschrift aus Malta
H
> H t-i
Kleinigkeiten zum Phönizischen, Pimischen und Numidischen 229
VS7a(5?)3riDa* in derselben Weise aufgefaßt, wie statt '?S?23n ,, Hannibal"
gelegentlich S?33n, statt pn bvs auch pn S?3 erscheint u. dgl. {Phön.-pun.
Gramm. § 51a), obwohl das schließende s anstelle des a der verglichenen
punischen Namen hätte stutzig machen sollen.
Die richtige Deutung des Namens aus dem Berberischen hat
O. Rössler dem Verfasser brieflich und mündlich gegeben, und sie darf
wohl ohne die Absicht des Vorgriffs auf Rößlers eigene Forschimgen hier
mitgeteilt werden.
Das schließende s des Namens kann nach § 107, 4b meiner Phön.-pmn.
Grammatik als Darstellung eines -e genommen werden, und Rössler
liest also den punisch geschriebenen Namen *Mastannabe, in älterer
Form *Mas-tannab-ai. Er erkennt darin das in Namen häufige numidi¬
sche Substantiv mas ,,Herr, Gott"^^, die Verbalform tannab für tarnab
,,du fügst (oder „fügtest" ?) hinzu" (Verbalstamm rnb) und das Prono¬
minalsuffix -ai „mir". Der Name bedeutet also im Numidischen „Gott,
du fügst (fügtest) mir (einen Sohn) hinzu", ein passender Name für einen,
wie es scheint, dritten Sohn. Das korrekte Mastan{n)ahai haben also
erst die Römer zu Mastanahai in derselben Weise verdreht, wie sie den
Namen von Masinissas Vater Gala schreiben (Lrvius 24, 43 f. usw.),
während er in Wirklichkeit Gaia geheißen hat (numidisch Gii und
punisch ■'•'Sl in der Grabschrift des Masinissa KAI 101, griechisch Paia^^).
üie Assoziation des fremden Namens an die dem Römer geläufigeren
pimischen auf -bal < -baH lag bei der Häufigkeit der letzteren besonders
nahe. Auch imseren Berichterstattern gelingt es nicht immer, fremde und
gar exotische Namen in einheitlicher und korrekter Schreibung wieder-
zugebeni''. jeden Fall aber ist bei der Verwertung fremder Namen
Vorsicht geboten, die wir nur aus klassischen Schriftstellem kennen.
6. Zur Schriftsprache Numidiens
Vielleicht ist es gewagt, auf einem so unsicheren Gebiete, wie es die
"Überschrift andeutet, Vermutungen aufzustellen, sie wollen deshalb
auch nicht mehr als eben Vermutungen sein, die sich vielleicht für
spätere Forschungen als nicht ganz unnütz erweisen.
Die meisten uns bekannten numidischen Inschriften sind private
Grabinschriften mit der seltsamen Schriftrichtung von unten nach
12 Vgl. RÖSSLER in Sybaris, Festschrift für H. Krahe (Wiesbaden 1958)
S. 103.
13 Dazu schon M. Lidzbarski SPAW, philos.-hist. Kl. 1913 S. 299.
i* Man denke an dio Schreibung abessinischer Namen im italienisch-
abessinischen Kriege oder koreanischer Namen im Koreakrieg. Die Unsicher¬
heit der Wiedergabe begiimt schon bei gar nicht exotischen Namen wie
ChruschtschowjChruschtschew, SkopjejSkoplje u. dgl.
230 Johannes Fbiedbich
oben (und Zeilenfolge bald von rechts nach links, bald umgekehrt)i5_
Offizielle monumentale Inschriften kennen wir bisher nur aus Thugga,
die numidisch-punische Bilinguis am Grabmal des Masinissa (RIL 2 =
KAI 101) und die einsprachig numidischen Inschriften RIL 3. 4. 5. 6.
7. 8. 8 bis. 9. 10 und 11; diese sind ebenso wie Nr. 1 (gleichfalls Bilinguis
aus Thugga) waagerecht von rechts nach links geschrieben. Ob das mit
Ettisch a.a.O. die übliche numidische Schriftrichtung war, von der nur
in den Grabinschriften meist abgewichen wurde, oder ob die waagerechte
Schriftrichtung von Thugga eine Ausnahme (im Anschluß an die punische
Schriftrichtung?) darstellt, muß unentschieden bleiben.
Abgesehen von den naturgemäß in einheimischer Sprache und Schrift
abgefaßten Grabinschriften haben wir vorläufig nur üi Thugga ein¬
sprachige oder (in der Masinissa-Bilinguis) zweisprachige Inschriften in
numidischer Sprache. Im übrigen scheint das Numidische als offizielle
Sprache wenig gebraucht worden zu sein. Die Inschrift KAI 141 aus der
Regierung des Micipsa, die Chabot Bull. Archeolog. du Comite des
Travaux Historiques et Scientifiques 1943—44—45, S. 64—66 für eine
Grenzinschrift, Feveiee ebd. 1951/52, S. 116—120 sowie Cahiers de
Byrsa 7, 1957, S. 119—121 und in Studi orientalistici Levi Della Vida 1
S. 278 für einen Meilenstein hält, ist ebenso nur punisch abgefaßt wie
die Grabinschrift des Micipsa KAI 161, zu der man zuletzt Feveiee
RA 45, 1951, S. 139—150 vergleiche. Ob König Micipsa überhaupt in
einsprachigen numidischen Inschriften genannt wird (etwa mit Feveiee
Bull. Arch. 1946-47—48—49, S. 649—652 als Mksn in der ebd. S. 490f.
veröffentlichten Inschrift), muß unentschieden bleiben. Sicher von dem
Könige verschieden ist der Mkusn, Sohn des Trlts, RIL 127.
Vollends gilt das Punische im Verkehr mit dem Auslande. Nach
CiCEEO Verr. II 4, 46 weiht Masinissa dem Juno-Tempel in Malta
Elefantenzähne mit einer punischen Inschrift^*.
1^ Vgl. dazu Ettisch RA 56 (1962) S. 139. Auch die punisch-numidischen
und lateinisch-numidischen Grabinschriften, die entgegen Ettisch S. 139
Anm. 2 gegenüber den einsprachigen weitaus in der Minderzahl sind, schreiben
den numidischen Text von imten nach oben, während der punische oder
lateinische waagerecht läuft. Punisch-numidisch sind RIL (d.h. J. B. Chabot, Recueil des inscriptions libyques, Paris 1940) 12. 31. 72. 451. 803. 813. 881
und die von Lecebf Annales de Vlnstitut d' tltudes Orientales [Faculti des
Lettres de VUniversiti d' Alger] 10, 1952, S. 429 mit Tafel I veröffentliehte Inschrift; latemisch-numidischRIL 85. 145. 146. 147. 150. 151. 182. 193. 211.
252. 288. 289. 665. 880. 882. 908. Eine Ausnahme bildet die alte numidisch-
punische Bilinguis von Thugga RIL 1 (= KAI 100), zu dieser neuerdings
FEVsmn Karthago 10 (1959) S.53 —57. — Die seltsame numidische Schriftrich¬
tung hat eine Parallele in der alten Schrift der Tagalen auf den Philippinen.
1^ Vgl. dazu Vebf. in „Aus Antike und Orient, Festschrift W. Schubart"
(Leipzig 1950) S. 52f.
Kleinigkeiten zum Phönizischen, Punischen und Nmnidischen 231
Es ist mit der Möglichkeit zu rechnen, daß die wenig bekannte numi¬
dische Sprache im offiziellen Gebrauch weitgehend durch die bekanntere
punische ersetzt wurde und nur im privaten Gebrauch häufiger war.
Eine Parallele würde der Gebrauch des Lateinischen neben und über den
Volkssprachen des europäischen Mittelalters bilden.
Daher bin ich auch etwas zurückhaltend gegen die Annahme, daß auf
einem in Arbon (Schweiz) am Bodensee gefundenen römischen Blei¬
barren, der in der Zeitschrift Ur-Schweiz 16 (1952) S. 51—53 von
0. Meyek-Boülenaz veröffentlicht ist, der lateinisch nicht lesbare
Fabrikstempel ^ numidisch zu lesen sei, wie der Verfasser zwar nicht
in seinerVeröffentlichung, aber in einem Briefe an mich vom 12. April 1955
vermutet. Da die zwei als numidisch S und t deutbaren Zeichen senk¬
recht übereinander stehen, erwägt der Verfasser Herkunft des Blei¬
barrens aus Nordafrika und numidische Lesung des Stempels. Die Ver¬
mutung sei ohne meine eigene Stellungnahme hier mitgeteilt.
Die phonetische Beschaffenheit der Laryngale im
Arabischen und ihre phonologische Systematisierung
Von Adolf Denz, München
Zu den besonderen Merkmalen vieler semitischer phonologischer
Systeme gehören die vier Laute, deren graphisches Symbol „"', „h",
und „h" ist. Diese werden gewöhnlich Laryngale genannt, da ihre
Artikulationsstelle im Larynx (= Kehlkopf) liegen soll. Doch findet man
für die Lautwerte der Zeichen und „ä" auch häufig die Bezeichnung
Pharyngale'^. Obwohl ich keine Stelle innerhalb der semitistisch-
phonetischen Literatur finden konnte, an der der Ausdruck ,, Pharyngal"
erläutert und gerechtfertigt worden wäre^, liegt es nahe, aus dem Worte
selbst in Analogie zu der Benennung der anderen Phoneme nach ihrer
Artikulationsstelle zu schließen, daß Pharyngale diejenigen Laute sein
sollen, die im Pharynx (= Schlundkopf oder Rachen) gebildet werden.
Da es nicht gleichgültig ist, weder für die phonetische Beschreibung noch
für die phonologische Bewertung, an welcher Stelle des Sprechapparates
die Laute einer Sprache artikuliert werden, stellt sich die Frage nach der
Beschaffenheit dieser vier Laute h, und h^.
1 Z.B. J. Cantineau, Etudes arabes et islamiques (1960) 176,-llff.; ders., Le dialecte arabe de Palmyre (1934) I 64ff. ; H. S. Singeb, Neuarabische Fragewörter (1958) 43; Fahmi Abul-Fadl, Volkstümliche Texte in arabischen
Bauerndialekten der ägyptischen Provinz Sanqiyya (1961) 189—191; J. Gelb,
La lingua degli Amoriti (1958) 150; P. Fronzaboli, La fonetica ugaritica
(1955) 15; S. Mosc.\ti, Lezioni di linguistica semitica (1959) §§ 70; 119; vgl.
auch Gaibdneb unt. Fn. 2.
2 Mir will es fast so scheinen, als seien die von den arabischen National¬
grammatikern über die Artikulationsstellen der Laute h, ' imd h gemachten
Bemerkungen dafür ausschlaggebend gewesen, ' imd h als Pharyngale zu
betrachten. So weist Sibawaih (ed. H. Dbbenbourg II 453, 4ff.) die hurüf
Hamza, Hä' und Alif dem entlegensten {'aqsä) Teil des Kehlkopfes zu,
während der muhra^ des 'Ain und Hä* im mittleren Kehlkopf (min 'avsati
l-halq) liegen soll. Daraus haben wohl Gelehrte wie Cantineau den Schluß
gezogen, daß, da zwischen dem Kehlkopf und der Öffnung zum Munde hin
nur noch der Kehlkopfrachen (Pharynx) liegt, ' und h Pharyngale sein
müssen. Man vergleiche aueh das, was W. H. T. Gaibdneb, The Phonetics
of Arabic, Oxford University Press (1925) 15,-5f. über h sagt: „Articulated in the pharynx (i.e. the passage below the uvula and above the larynx)",
und C. A. Wallin, Über die Laute des Arabischen und ihre Bezeichnung,
ZDMG IX (1855) 1—68, besonders pp. 22 Mitte und 30 unten.
3 Im folgenden wird die genaue Kenntnis der physiologischen Beschaffen¬
heit des Kehl- und Schlundkopfes vorausgesetzt. Den besten Überblick über
die Artikulationsmöglichkeiten dieser beiden Teile der Sprechwerkzeuge