Lokal appliziertes Heparin entfaltet vielfache Wirkungen
Grundlagenforschung: mehr als ein Antikoagulans
F
ür die topische Therapie mit Heparin-Externa liegt eine große Anzahl klinischer Beobachtungen vor. Die Indikationen wur- den empirisch ermittelt. Ein gezerrtes Sprunggelenk, eine oberflächliche Thrombophle- bitis heilen mit Heparin- Salben besser ab. Aber warum?Diese Frage wird beson- ders im Zusammenhang mit der Zulassung von Altpräpa- raten akut werden: Genaue Studien sollen dem Bundes- gesundheitsamt die Wirksam- keit belegen. Wer aber könn- te Patienten mit einer Thrombophlebitis unbehan- delt lassen, nämlich die The- rapie doppelblind gegen Pla- zebo prüfen?
Nicht so sehr diese Fra- gen, als vielmehr Grundla- genforschung über die kli- nisch-experimentelle Hepa- rinwirkung und Pharmakoki- netik standen im Mittelpunkt eines Expertenworkshops un- ter der Leitung von Professor Dr. G. Stüttgen, Berlin.
Sponsoren des Workshops, der Ende Februar in Spitzing- see stattfand, waren die Fir- men Adenylchemie, Azuche- mie, Bayer AG, Cassella- Med, Merckle und Pro- monta.
Lokal appliziertes Hepa- rin entfaltet eine Reihe von Wirkungen, die außerhalb der antikoagulatorischen Fä- higkeit liegen. Im Mittel- punkt der wissenschaftlichen Diskussion stehen
• die antiphlogistische und antiödematöse Wirkung,
• die Fähigkeit zur En- dothel-Adhäsion durch eine ausgeprägte negative Ladung und
• die Beeinflussung von Enzym-Systemen und Kom- plementfaktoren.
Eine Resorption von He- parin durch die Haut findet sicher statt. Topisch aufgetra- gene Heparine bilden intra- dermale Speicher, von wo aus das Heparin in das Kapil- larbett diffundiert. Dies ist an einer Veränderung der Ge- rinnungswerte nachweisbar.
Nach Untersuchungen von Prof. R. Egbring, Marburg,
vermag lokal appliziertes He- parin antientzündlich zu wir- ken, indem es die Mikrozir- kulation deutlich verbessert.
Das machten eindrucksvolle klinische Bilder deutlich, welche drastische Verbesse- rungen von Marcumar-Ne- krosen zeigten. Heparin, so erklärte man sich diese Wirk-
samkeit, hebt offenbar den Arteriolenspasmus auf.
Nach den Untersuchun- gen von Prof. Dr. Hartmut Heine, Herdecke, kann transepidermal appliziertes Heparin sowohl die Gewebs- aktivierung und -regenerie- rung lokal anstoßen, wie dies bei Sportverletzungen und
Varikosis genutzt wird, als auch zugleich eine Ultra- Low-Dose-Therapie realisie- ren. Hierbei scheint sich durch vermehrte anionische Ladungen auf Blut- und En- dothelzelloberflächen die zel- luläre Antithrombogenität systemisch zu erhöhen. He- parin bietet also auch in sehr niedrigen Dosen offenbar einen antithrombotischen Schutz, der nicht die Gerin- nung beeinträchtigt.
Dr. D. G. S. Thilo-Kör- ner, Gießen, befaßte sich bei diesem Workshop mit dem Einfluß von Heparin und He- parin-ähnlichen Substanzen auf die Gefäßwand und deren Endothelzellen. Diese Sub- stanzen scheinen entschei- dend in die Regulierung phy- siologischer und pathophy- siologischer Gefäßwandfunk- tionen einzugreifen. Wissen- schaftlicher Ansatz ist die Modulierung der Gefäßneu- bildung, dahinter steht die Hoffnung, Einfluß auf die Angioneogenese bei Tumo- ren nehmen zu können.
Verbessertes Profil bei niedermolekularen Heparinen
Besonderes Interesse fin- den neuerdings die nieder- molekularen Heparine mit ei- nem Molekulargewicht von 12 000 bis 13 000 Dalton. Im Vordergrund steht ihre an- tithrombotische Wirksamkeit durch ihren Einfluß auf Fak- tor Xa, zugleich spielen die hämorrhagischen Nebenwir- kungen eine geringere Rolle als bei den größermolekula- ren Heparinen. Nach der Meinung von Privatdozent D. J. Harenberg, Mannheim, bereichern niedermolekulare Heparine das pharmakologi- sche Spektrum zur Prophyla- xe thromboembolischer Er- krankungen Einmal täglich systemisch verabreicht er- möglichen sie, bedingt durch die längere Halbwertszeit, ei- ne wirksame Thromboembo- lie-Prophylaxe in der post- operativen Medizin
Dr. med.
Wolfgang Meschede
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Dt. Ärztebl. 85, Heft 24, 16. Juni 1988 (105) A-1857