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Archiv "Der Amtsarzt im zweiten Glied" (26.06.1998)

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eit dem 1. Januar 1998 ist in Nordrhein-Westfalen das neue Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGDG) in Kraft. Eine gesetzliche Neurege- lung war mehr als überfällig, wenn man bedenkt, daß das Vorgänger- Gesetz noch aus dem Jahr 1934 stammt. Die Pflichtaufgaben des Öffentlichen Gesundheits- dienstes (ÖGD) erwachsen vor allem aus gesellschaftlichen und sozialen Verhältnissen und Ent- wicklungen. Es ist deshalb gut, daß der soziale Wandel, der in den letzten Jahrzehnten stattge- funden hat, Eingang in das neue Gesetz gefunden hat. Positiv zu werten ist, daß die Erfahrungen aus dem Modellprojekt zur auf- suchenden Gesundheitsfürsor- ge für Obdachlose der Ärztekammer Westfalen-Lippe auch in diesen Ge- setzestext eingeflossen sind. Es ist nunmehr Aufgabe des ÖGD, Per- sonen, die aufgrund ihrer Lebens- lage besonderer gesundheitlicher Fürsorge bedürfen und die von den üblichen Einrichtungen der gesundheitlichen Versorgung nicht erreicht werden, komple- mentär zu versorgen.

An einer zentralen Stelle hat dieses Gesetz einen gravie- renden Konstruktionsfehler: Es bedeutet für Nordrhein-West- falen den Abschied vom Ge- sundheitsamt. Das Gesundheits- amt kommt im Gesetzestext nicht mehr vor; es heißt jetzt

„untere Gesundheitsbehörde“.

Die Leitung der unteren Ge- sundheitsbehörde liegt nicht länger zwingend bei einem Arzt. Gerade dadurch, daß sich in seiner Person Fachkompe- tenz und Leitungskompetenz vereinigen, ist der Amtsarzt bis heute die beste Gewähr für eine angemessene Aufgaben- erfüllung. Das Gesundheitsamt bisheriger, einheitlicher Prä- gung wird es in Zukunft nicht mehr geben. Die Aufga- ben des öffentlichen Gesund- heitsdienstes sind nicht belie- big: Gesundheitsschutz, Seu- chenbekämpfung, Hygiene- überwachung, Gesundheitshil- fen sind Pflichtaufgaben, die

überall gleich und überall auf hohem Niveau erfüllt werden müssen. Die Zuordnung dieser Aufgaben zu ein- zelnen Ämtern wird aber in Nord- rhein-Westfalen in die Beliebigkeit der jeweiligen Ratsmehrheiten gege- ben. Sie können ab sofort entschei- den, bei welchem Amt welche Dienste

angesiedelt werden. Der Amtsarzt al- ter Prägung verschwindet. Die Lei- tung der unteren Gesundheitsbehör- de kann künftig Personen ohne ärztli- che Qualifikation übertragen werden.

Nur noch der Leiter des ärztlichen

Dienstes ist zwingend ein Arzt. Damit tritt der Amtsarzt in das zweite Glied.

Als Weisungsempfänger kann der Amtsarzt nicht in der gleichen Weise wie heute gesundheitspolitisch gestal- tend wirken mit zwei bitteren Konse- quenzen: Erstens: Die Dienste frag- mentieren, es gibt in der Kommune keinen für den Außenstehen- den klar erkennbaren An- sprechpartner in gesundheitli- chen Fragen mehr. Zweitens:

Mit dieser Form der Deregulie- rung wird der langjährige An- spruch auf ein koordiniertes Eintreten für die Einheitlich- keit der Lebensverhältnisse in gesundheitlicher Hinsicht auf- gegeben.

Die Aufgabenstellung des öffentlichen Gesundheitsdien- stes wird um neue Management- und Koordinationsfunktionen erweitert.

Das Gesetz schreibt die Einrichtung kommunaler Gesundheitskonferen- zen vor, deren Geschäftsführung bei den unteren Gesundheitsbehörden liegt. Kommunale Gesundheits- konferenzen sind in Nordrhein- Westfalen nicht ganz unbe- kannt. Tituliert als „Runde Ti- sche“, werden sie in dem bis En- de 1998 laufenden Modellpro- jekt „Ortsnahe Koordinierung der gesundheitlichen und sozia- len Versorgung“ erprobt. Die bisherigen Erfahrungen sind zwiespältig. Eine abschließende fundierte Bewertung wird erst mit dem Abschluß des wissen- schaftlich begleiteten Modell- versuches möglich sein. Es ist schon erstaunlich, daß dessen Ergebnisse nicht abgewartet wurden. Der Beweis, daß diese Konferenzen die gesundheitli- che Versorgung verbessern, steht bis heute aus. So könnte am Ende ein weiteres Gremium stehen, das mehr Beteiligung, aber nicht mehr Transparenz, das mehr Interessenartikulation, aber nicht mehr Verantwor- tungsklarheit schafft. Wohin sich der ÖGD mit diesem Gesetz entwickelt, ist heute noch offen.

In welcher Weise die Paragra- phen mit Leben gefüllt werden, ist eine spannende Frage.

Dr. med. Ingo Flenker, Münster A-1656 (24) Deutsches Ärzteblatt 95, Heft 26, 26. Juni 1998

P O L I T I K KOMMENTARE

Der Amtsarzt im zweiten Glied

S

Dr. rer. pol. Axel Horstmann (43), seit November 1995 nordrhein-westfälischer Mini- ster für Arbeit, Soziales und Gesundheit in Düsseldorf, un- ter dessen Ägide der Gesund- heitsdienst in Nordrhein-West- falen reformiert wurde, gehört nicht mehr dem Kabinett unter dem neu gewählten Minister- präsidenten Wolfgang Clement (SPD) an. Horstmann hatte vor der absehbaren Kabinetts- Neubildung gegenüber dem NRW-Regierungschef schrift- lich seine Demission mitgeteilt.

Ministerin des neu formierten Ministeriums für Frauen, Fami- lie, Jugend und Gesundheit ist Dipl.-Pädagogin Birgit Fischer (44), seit 1981 Mitglied der SPD, seit 1990 für die SPD Ab- geordnete im nordrhein-west- fälischen Landtag, seit Dezem- ber 1991 Geschäftsführerin der SPD im Düsseldorfer Land- tag, zwischen 1986 und 1992 Mitglied im Landesvorstand der Arbeitsgemeinschaft sozi- aldemokratischer Frauen. Ilse Brusis (60), SPD, ist nun Mini-

sterin für Arbeit, Soziales, Stadtentwicklung, Kultur und Sport (bisher: Mi- nisterin für Stadtentwicklung, Kultur und Sport). Fotos: MAGS/Landtag NRW

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