• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Doping und Medikamentenmißbrauch im Sport: Eine Geschichte ohne Ende?" (17.04.1998)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Doping und Medikamentenmißbrauch im Sport: Eine Geschichte ohne Ende?" (17.04.1998)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

A-950

M E D I Z I N EDITORIAL

(38) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 16, 17. April 1998

er Versuch, die Leistungsfähigkeit ei- nes Sporttreibenden auf unphysiologi- schem Weg mit Medikamenten (uner- laubten Mitteln) oder mit unphysiolo- gischen Verfahren (beispielsweise Eigenblutab- gabe) zu steigern, gilt als Doping (4, 5). Listen unerlaubter Substanzen und Methoden sind pu- bliziert und müssen jedem Arzt, der Sportler be- treut, bekannt sein. Schon sehr früh und wieder- holt (1952, 1966, 1970) hat sich der Deutsche Sportärztebund klar und eindeutig gegen das Do- ping ausgesprochen, zuletzt erneut 1977 und 1989 mit einer Anti-Doping-Erklärung. Im Jahre 1990 erschienen die Empfehlungen des Wissenschaft- lichen Beirats der Bundesärztekammer als Stel- lungnahme zum Thema Doping im Sport (13).

Trotz aller Kampagnen gegen Doping und zahlreicher Doping-Kontrollen werden auch heute noch unerlaubte Substanzen zur Leistungs- steigerung eingenommen.

Ein umfangreicher Schwarzmarkt

Die aktuellen Pressemitteilungen bringen re- gelmäßige Doping-Entdeckungen. Fadenscheini- ge Dementis vertuschen eher die Wahrheit. We- nig konsequentes Verhalten der Verbände er- möglicht Dopingsündern nach kurzer Pause wie- der die Teilnahme an Wettkämpfen. Neue Sub- stanzen wie Somatostatin oder Epo (Erythro-

poietin) finden den Weg zum Sportler, noch be- vor die Dopingfahnder diesen auf der Spur sind.

Wirksame Analyseverfahren laufen der Anwen- dung hinterher. Ein umfangreicher Schwarz- markt von Odessa bis Brüssel, von Los Angeles bis New York versorgt den Interessierten mit den notwendigen Substanzen, das Underground Steroid Handbook (6) vermittelt die „Einnahme- anleitung“ sowie Tips, wie man die Dopingkon- trollen übersteht. Im Internet können Anabolika bereits bestellt werden (Clasing, persönliche Mit- teilung). Im Spitzensport ist die Situation relativ klar: Immer wieder versuchen Sportler, sich durch Doping Vorteile zu verschaffen; nur einige Verbände führen regelmäßige Dopingkontrollen durch. So stellte der IOC-Präsident Samaranch in diesem Jahr fest: „Während einige Sportverbän- de das Dopingproblem massiv bekämpfen, schließen andere Organisationen seit Jahrzehn- ten konsequent die Augen davor“ (11).

Doping auch im Freizeitsport

Eine Variante des Dopings ist der Medika- mentenmißbrauch im Freizeitsport. Wie Boos und Mitarbeiter in dieser Ausgabe des Deut- schen Ärzteblatts mitteilen, nehmen ein Viertel der Sportler in Fitneß-Studios Anabolika und an- dere leistungssteigernde Substanzen. Ziel ist weniger die verbesserte Wettkampfleistung als

D

Doping und

Medikamentenmißbrauch im Sport

Eine Geschichte ohne Ende?

Herbert Löllgen

(2)

der schnellere Muskelaufbau und die „Verschö- nerung“ des eigenen Körpers. Diese Ergebnisse sind nicht unerwartet, Zwischenfälle und Einzel- beobachtungen ließen diese Situation vermuten.

Mitteilungen aus anderen Ländern zeigen eine vergleichbare Situation (7).

Das Bemerkenswerte aber an dieser Studie ist, daß immerhin in 14 Prozent der Fälle Ärzte Anabolika verschrieben und in 16 Prozent Apo- theker diese Substanzen abgaben. Für Ärzte ist dies ein klarer Vorstoß gegen die ärztliche Beruf- sordnung (10), eine Verschreibung auf Kassenre- zept ist sogar Betrug (gemäß § 263 StGB). Für die Verschreibung von Anabolika und anderen lei- stungssteigernden Substanzen an Gesunde be- steht keine Indikation.

Eine kraftsteigernde Wirkung von Ana- bolika auf die Muskulatur ist inzwischen durch Studien belegt (1, 3), der Gebrauch in Kraft- sportarten und durch die Bodybuilder läßt die Wirkung ebenfalls als gesichert erscheinen (6).

Vergleichende Studien sind allerdings heute aus ethischen Gründen nicht zu vertreten.

So muß die Publikation einer Doppelblind- Studie zur Wirkung von Anabolika bei Freiwil- ligen im renommierten New England Journal of Medicine (3) zumindest Erstaunen hervorru- fen. Auch das begleitende Editorial geht auf ethi- sche Gesichtspunkte einer solchen Studie nicht ein (4, 8).

Schwerwiegende Spätfolgen

Durch verschiedene Einnahmeschemata wird versucht, die Nebenwirkungen der Anabo- lika zu vermeiden. Dennoch ist dies nicht immer möglich. Todesfälle und schwerwiegende Spät- folgen sind beschrieben (12). Die Aufarbeitung der DDR-Sport-Unterlagen bringt immer neue Aspekte zu Tage. Neben den zahlreichen Neben- wirkungen bei Anabolika-Einnahme sind Leber- erkrankungen, Lebertumoren, Arteriosklerose und Herzinsuffizienz beschrieben, eine gestörte Spermiogenese und vielfältige Einflüsse auf Hormonhaushalt und Stoffwechsel (1, 9). Bei Sportlerinnen treten zusätzlich Virilisierungser- scheinungen auf.

Aus ärztlicher Sicht ist die Verabreichung von Medikamenten (speziell Anabolika) zur Leistungssteigerung auch im Freizeitsport ein- deutig abzulehnen. Ärzte, die dem zuwiderhan- deln, müssen mit allen berufs- und strafrechtli- chen Konsequenzen zur Rechenschaft gezogen werden. Nichtwissen kann heute nicht mehr als

„Entschuldigung“ dienen. Sollten noch Geset- zeslücken bestehen, so müssen diese geschlos- sen werden.

Anabolika-Abgabe kontrollieren

Allerdings zeigt die Studie von Boos et al.

auch, daß trotz aller Maßnahmen ein Mißbrauch nicht verhindert werden kann. Die Aufklärung hilft nur in Einzelfällen, sie versagt oft, ähnlich wie bei Rauchern oder Alkoholabhängigen. Zu klären wäre, ob auf gesetzlichem Weg der Ver- trieb und die Abgabe von Anabolika besser kon- trolliert werden können. Dies würde den Schwarzmarktbereich aber kaum treffen. Bleibt als weitere und wichtige Maßnahme, daß die Fitneß-Studios selber in strenger Eigen- oder Fremdkontrolle darauf achten, daß ein Medika- mentenmißbrauch nicht stattfindet. Das Gütezei- chen der Fitneß-Studios sollte auch dazu dienen, dem Benutzer anzuzeigen, daß hier „sauber“ trai- niert wird, also ohne verbotene Substanzen. Auf den neugegründeten deutschen Verband der Ärzte in Fitneß-Studios kommen gleich zu Be- ginn wichtige Aufgaben zu.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1998; 95: A-950–952 [Heft 16]

Literatur

1. Bagatelli CJ, Bremer WJ: Drug therapy: Androgens in men – uses and abuses. N Engl J Med 1996; 334: 707–714.

2. Bardin CW: The anabolic action of testosteron. N Engl J Med 1996; 335: 53.

3. Bhasin S, Storer TW, Berman N et al.: The effects of supra- physiologic doses of testosterone on muscle size and strength in normal men. N Engl J Med 1996; 335: 1–7.

4. Clasing D: Doping. Internist 1986; 27: 785–793.

5. Clasing D, Löllgen H: Doping und kein Ende. Dt Ärztebl 1989; 86: A-2636–2640 [Heft 38].

6. Duchaine D: Underground Steroid Handbook II, HLR tech- nical books, Venice, CA 1989, and update 1992.

7. Durant RH, Rickert VI, Ashworth CS, Newman C, Slavens G:

Use of multiple drugs among adolescents who use anabolic steroids. N Engl J Med 1993; 328: 922–926.

8. Füeßl HS: Vor den anabolischen Spielen. Münch med Wschr 1996; 138: 523.

9. Korkia P, Stimson GV: Indications of prevalence, practice and effects of anabolic steroid use in Great Britain. Int J Sports Med 1997; 18: 557–562.

10. Musterberufsordnung der deutschen Ärztinnen und Ärzte (MBO-Ä 1977). Dt Ärztebl 1997; 94: A-2354–2363 [Heft 37].

11. Samaranch AJ: Zitat aus FAZ, 30.4.1997.

12. Schneider V, Klug E: Doping – Anabolikamißbrauch – Fahr- lässige Tötung. Vers Med 1996; 48: 104–106.

13. Wissenschaftlicher Beirat der Bundesärztekammer: Doping im Sport. Dt Ärztebl 1990; 87: A-953–958 [Heft 12].

Anschrift des Verfassers

Prof. Dr. med. Herbert Löllgen

Medizinische Klinik I, Kardiologie/Pneumologie Klinikum Remscheid GmbH

Burger Straße 211 · 42859 Remscheid

A-952

M E D I Z I N EDITORIAL

(40) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 16, 17. April 1998

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

er Deutsche Sportbund de- finiert Doping als den Ver- such einer unphysiologi- schen Steigerung der Lei- stungsfähigkeit eines Sportlers durch Anwendung (Einnahme, Injektion

Er hat je- doch, wenn man Ulmers Vor- schlag — keine finanzielle Un- terstützung für die „Doping- Artisten" — akzeptiert, den Nachteil, daß diese Gruppe nicht

Aus dieser Situation her- aus erhebt sich die Frage, warum nicht eine Vorauswahl der Sportler sowohl bei der Untersuchung für den Start- Pass, als auch bei der Zulas- sung

Mit anderen Buchstaben oder mit Verfassernamen gezeichnete Veröffentli- chungen geben in erster Linie die Auffassung der Autoren und nicht in jedem Fall die Meinung der

Wer viele Konzerte besucht hat, wird nicht selten erlebt haben, daß junge Künstler — und nicht nur die jungen — eine anfängliche, be- einträchtigende Befangenheit zeigten..

10-15% Eiweiß in der Gesamten Ernährung sind ausreichend. Aufnahme nach dem Training besonders gut.. Mehr Zusammenfassungen von Malte Jakob findest du hier:. 3

Demzufolge ist die Selbstschädigung des Sport- lers durch Dopingmittel unter dem Gesichtspunkt von Tötungs- oder Körperverletzungsdelikten für die- sen nicht strafbar, weil

Nach einer Auswertung der Ver- schreibungszahlen durch das Wissen- schaftliche Institut der AOK (WIdO) in Bonn wurden Anfang des Jahres 2002 pro Quartal noch 238 Millionen