[98] Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 48⏐⏐1.Dezember 2006
B E R U F
S
owohl die Arbeit im Kranken- haus als auch in der Arztpraxis ist durch ärztliche Kooperationen ge- kennzeichnet. Unabhängig davon, ob es sich hierbei um freiwillige Zusam- menschlüsse – zum Beispiel in Form von Gemeinschaftspraxen oder Pra- xisgemeinschaften – oder um durch den einzelnen Arzt wenig beeinfluss- bare Organisationsformen – zum Bei- spiel das Ärzteteam einer Station – handelt, funktionieren diese nur dann reibungslos, wenn das „Kooperati- onsklima“ zwischen den Partnern stimmt. Ist das nicht der Fall, werden nicht nur Arbeitsproduktivität und -qualität beeinträchtigt, sondern der tägliche Leidensdruck für alle Mit- glieder des Teams steigt.Ein positives Kooperationsklima wird einerseits durch den Ko- operationsrahmen in Form der ver- traglichen Regelungen bestimmt. Je detaillierter Funktionen und Kompe- tenzen hierin fixiert sind, desto mehr Probleme der Zusammenarbeit wer- den schon im Vorfeld ausgeschlos- sen. Fast noch wichtiger ist jedoch, wie die Kooperation im Arbeitsalltag umgesetzt wird. Hierbei kommt es im Hinblick auf die Gestaltung einer möglichst positiven Kooperationsat- mosphäre darauf an, die folgenden Punkte umzusetzen.
Kooperationen funktionieren in der Regel nur dann reibungslos, wenn die Partner sich weitgehend einig sind:
> Die Partner sollten eine mög- lichst kommunikativ angelegte, kom- promissbereite und konsensfähige Grundhaltung besitzen und tolerant und offen sein.
> Ihre Ideen, Ansichten, Erwar- tungen und Ziele beziehungsweise Zielhorizonte und Prioritäten soll- ten in der Grundausrichtung kompa- tibel sein; hierbei ist vor allem ein für alle gemeinsam verbindliches Zielsystem wichtig.
> Ebenso sollte eine Vergleich- barkeit in Bezug auf Motivation, Handlungsinitiative und Risikobe- reitschaft bestehen.
> Nicht zuletzt ist eine der Grund- voraussetzungen die menschliche Kompatibilität. Als Grundregel gilt jedoch: Freundschaften sind kein Ga- rant dafür, dass geschäftliche Koope- rationen auf Dauer gut funktionieren.
Die genannten Aspekte sprechen jedoch nicht dagegen, Kooperationen mit Menschen mit heterogenen Per- sönlichkeits- und Fähigkeitsmerkma- len zu bilden, da unterschiedliche Ta- lente und Ansichten immer syner- gistisch wirken.
Die Erfahrung lehrt, dass Koope- rationen im Alltag häufiger an Pro- blemen in der gemeinsamen Arbeit als an Unterschieden in Zielen und Erwartungen scheitern. Dem kann durch folgende Verhaltensweisen entgegengewirkt werden:
> Eindeutige Absprachen treffen und zuverlässig einhalten.
> Fair und loyal miteinander um- gehen.
> Stets den geforderten Arbeits- einsatz und die vereinbarte Arbeits- qualität zeigen; ist das einmal nicht möglich, dies rechtzeitig kundtun.
> Für die Partner und Kollegen vorwurfsfrei im Sinne der Gesamt- leistung mitdenken.
Nur wenn alle Partner „an einem Strang“ ziehen, werden Irritationen und Gruppenbildungen innerhalb ei- nes Teams vermieden, die zu Ein- bußen bei der Arbeitsproduktivität führen können. Die wichtigste Ein- flussgröße des Kooperationsklimas ist Vertrauen, das wie folgt aufgebaut und gefördert werden kann:
> Auch bei unangenehmen Din- gen ansprechbar sein, nicht „mau- ern“, bei Fehlern der anderen diese ansprechen und nach Lösungen su- chen, eigene Fehler eingestehen.
> Neuem aufgeschlossen gegen- überstehen.
> Diskretion und Ehrlichkeit als Handlungsprinzipien verfolgen.
> Offen und sachlich, aber nicht verletzend seine Meinung äußern.
> Zuhören können und Fehler eingestehen, sich entschuldigen.
> Eine klare Linie im Verhalten zeigen und „berechenbar“ sein.
> Einander regelmäßig Feedback zu allen arbeitsbezogenen Aspekten und Sachthemen und zum empfunde- nen Kooperationsklima geben.
Die Arbeit in einer Kooperation ist umso erfolgreicher, je intensiver der Informationsaustausch zwischen den Partnern stattfindet. Information darf in Kooperationen kein Machtfaktor,
sondern muss Allgemeingut sein. Das wird durch folgende Verhaltenswei- sen erreicht:
> Einrichten von Kommunikati- onsfluss-Standards: Wer – Was – Mit wem – Wann – Wie?
> Durchführung regelmäßiger In- formationstreffen („Jour fixe“) mit Themenliste und Protokoll.
> Durchführung regelmäßiger Besprechungen der Partner.
> Praktizieren einer förderlichen Gesprächskultur mit folgenden Kenn- zeichen: Ergebnisorientierung (kei- ne Gespräche ohne Resultat), part- nerschaftliche Dialogführung (jeder kommt gleichwertig zu Wort), akti- ves Zuhören, Eingehen auf den Ge-
sprächspartner. I
Klaus-Dieter Thill
KOOPERATION IM ÄRZTLICHEN TEAM