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Archiv "Anhörung zum KVKG Nr. 2: Systemveränderung statt Kostendämpfung (Teil 1)" (03.09.1981)

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DEUTSCHE S

Ä RZTEB LATT

Ä rztliche Mitteilungen

Herausgeber: Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung

•11111111111■111111,

Anhörung zum KVKG Nr. 2

Systemveränderung statt Kostendämpfung

Referentenentwurf stößt auf einhellige Ablehnung

Am 20. August wurde die zweite Runde um die Novelle des Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetzes eingeläutet.

Unter Vorsitz von Ministerialdirektor Albert Holler, dem zuständi- gen Abteilungsleiter der Abteilung V „Gesundheit, Krankenversi- cherung" im Hause Ehrenberg, begann morgens um 9 Uhr die Anhörung der Betroffenen zu dem Referentenentwurf eines

„Gesetzes zur Ergänzung und Verbesserung der Wirksamkeit kostendämpfender Maßnahmen in der Krankenversicherung" — kurz KVKG Nr. 2. Zwölf Stunden dauerte diese Sitzung. Neben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, der Bundesärztekammer und der Bundesvereinigung Deutscher Ärzteverbände waren die Spitzenverbände der Krankenkassen, die Zahnärzteschaft, die pharmazeutischen Hersteller, die Apotheker, die Deutsche Kran- kenhausgesellschaft sowie eine Vielzahl weiterer Verbände und Organisationen geladen. Insgesamt rund 70 Teilnehmer waren versammelt, gewissermaßen eine Konzertierte Aktion, nur aus anderem Anlaß.

Dem Procedere und dem Inhalt des Entwurfs entsprechend ver- lief die Anhörung von Anfang an in einer Atmosphäre ungewöhn- licher Härte und Schärfe. Gleich zu Beginn rügte der Präsident der Bundesärztekammer, Dr. Karsten Vilmar, die Hektik, mit der die Ehrenbergschen Gesetzesmacher zu Werk gegangen waren.

Erst in den Abendstunden des 14. August lag der Gesetzentwurf im BMA vor. Wer ihn nicht dort abholen ließ, erhielt ihn frühe- stens am darauffolgenden Montag mit der Post. Damit verblieben den Betroffenen im günstigsten Falle drei Tage, um sich auf die Anhörung vorzubereiten. Nach Auffassung aller Anwesenden eine — gemessen an der Tragweite der gesetzgeberischen Vor- schläge — unzumutbar kurze Zeitspanne! Eine demokratische Meinungsbildung war dadurch bei der Mehrzahl der geladenen Verbände und Organisationen nicht möglich gewesen. Über die- sen Mangel konnte auch die formelle Entschuldigung Hollers für das BMA nicht hinweghelfen. Das große Unbehagen, mit dem von vornherein alle Beteiligten schon wegen der vielfach unausgego- renen Gesetzestextvorschläge der Einladung gefolgt waren,

Nein zu einer Überbürdung des Morbiditätsrisikos auf die Kassenärzteschaft Die Ärzte warnen vor verheerenden Folgen für die Beitragsstabilität

!MG-Novelle hat mit Kostendämpfung

nicht das geringste zu tun

Heft 36 vom 3. September 1981 1661

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Die Information:

Bericht und Meinung

Kostendämpfungsgesetz Nr. 2

wurde höchstens noch gesteigert, mußte doch der Eindruck entste- hen, daß diese Veranstaltung we- niger dazu dienen sollte, sich sachkundig zu machen, als viel- mehr sich einer notwendigen Formalie zu entledigen, die das Gesetzgebungsverfahren vor- schreibt.

Stärkung

der Selbstverwaltung statt Knebelung!

Gegen die Vorschläge im Refe- rentenentwurf, die die ambulante kassenärztliche Versorgung be- treffen, machten die ärztlichen Vertreter einhellig Front. Unmiß- verständlich warnten sie, wie überflüssig, ja sogar schädlich die vorgesehenen Regelungen für die laufenden Bemühungen der Kas- senärzte um Kostendämpfung im Gesundheitswesen wären. Die in der Gesetzesbegründung hervor- gehobene "Stärkung" der ge- meinsamen Selbstverwaltung kön- ne geradezu nur als Hohn empfun- den werden.

Allein schon die Vielzahl von Ge- setzesvorschlägen würde weder die Selbstverwaltung stärken noch Kostendämpfung fördern.

Vielmehr würde das Gesetz, sollte es Wirklichkeit werden, dirigi- stisch und reglementierend in den Handlungsspielraum der freien Selbstverwaltung eingreifen und diese letztlich knebeln. Die bisher erfolgreichen Kostendämpfungs- maßnahmen der Kassenärzte und Krankenkassen wären damit hin- fällig.

ln diesem Sinne äußerte sich der Erste Vorsitzende der Kassenärzt- lichen Bundesvereinigung, Dr.

Hans Wolf Muschallik, noch ein- mal in einem Schreiben vom 24.

August an den Vorsitzenden der Freien Demokratischen Partei, Bundesminister Hans-Dietrich Genscher, welches in Auszügen auf Seite 1663 wiedergegeben ist.

Wie begründet darüber hinaus die Befürchtung war und ist, daß in

der weiteren Auseinandersetzung um die KVKG-Novellierung die den Krankenhaussektor betreffenden Sparvorschläge abgekoppelt wer- den könnten, da sonst das Gesetz nur mit Zustimmung des Bundes- rates zu verabschieden sei, wurde durch Holler bestätigt. Er gab zu, daß man tatsächlich daran denke, diese Vorschriften in die Diskus- sion um das Krankenhaus-Kasten- dämpfungsgesetz (KKG) einzube- ziehen.

Damit müßte der Bundesrat den verbleibenden Teilen des jetzt vor- gelegten Gesetzentwurfes nicht zustimmen. Das 2. KVKG könnte mit einer Mehrheit im Bundestag verabschiedet werden, während das KKG am Einspruch des Bun- desrates scheitern könnte.

...,. Vor den verheerenden Folgen für die Beitragssatzstabilität ha- ben die Vertreter der Kassenärztli- chen Bundesvereinigung ein- dringlich gewarnt. Eine Drosse- lung des ambulanten Sektors zöge zwangsläufig ein Ausweichen in den stationären Bereich nach sich. Überproportionale Ausga- bensteigerungen im Krankenhaus, verbunden mit weiteren erheb- lichen Beitragssatzanhebungen, wären unausweichlich.

Morbiditätsentwicklung - Risiko der Krankenkassen!

Im Zusammenhang mit den Einzel- bestimmungen des Referenten- entwurfs entbrannte insbesondere um die vorgesehenen Ergänzun- gen des § 368 f Abs. 3 RVO eine heftige Redeschlacht Sowohl die stärkere Einbindung in die Emp- fehlungskompetenz der Konzer- tierten Aktion im Gesundheitswe- sen als auch die Verlagerung des Morbiditätsrisikos auf die Kassen- ärzteschaft stießen auf die ent- schiedene Ablehnung der Ärzte- seite und anderer Beteiligter, auch auf seiten der Krankenkassen.

Die Einwände im einzelnen bezo- gen sich auf folgende Bestimmun- gen des Entwurfs:

1662 Heft 36 vom 3. September 1981 DEUTSCHES ARZTEBLATT

Als Vertragszeitraum für den Ab- schluß von Gesamtverträgen wird in dem entsprechenden Paragra- phen auf einen für die Empfehlung der Konzertierten Aktion im Ge- sundheitswesen jeweils "maßge- benden" Zeitraum vom 1. Juli bis zum 30. Juni des folgenden Jahres verwiesen. Einen solchen verbind- lichen Zeitraum für die Abgabe von Empfehlungen der Konzertier- ten Aktion gibt es in § 405 a RVO aber gar nicht. Auf dem Weg über das Kassenarztrecht soll also jetzt gleichzeitig auch für die Konzer- tierte Aktion eine Festlegung der Empfehlungszeiträume bewirkt werden.

...,. Mit einer derartigen gesetzli- chen Festschreibung der Laufzei- ten der Verträge wäre die Hand- lungsfreiheit der Selbstverwaltung in einem wesentlichen Punkt be- seitigt: Die für beide Seiten- Ärzte und Krankenkassen gleicherma- ßen - bewährte Praxis, über den Vertragszeitraum auch Honorar- entwicklungen zu steuern, wäre künftig nicht mehr möglich. Im Er- gebnis würde das die Krankenkas- sen treffen. Sowohl kurzfristige als auch längerfristige Verträge, wie sie in der Vergangenheit auf aus- drücklichen Wunsch der Kranken- kassen mit Rücksicht auf deren wirtschaftliche Lage abgeschlos- sen wurden, könnten künftig nicht mehr zustandekommen. Der Leid- tragende wäre im Endeffekt der Beitragszahler.

Kein Pauschale, sondern Einzelleistungsvergütung!

Auf vehementen Widerstand stieß auch der Versuch, in demselben

§ 368 f Abs. 3 RVO die bisher übli- che Honorierung der Kassenärzte nach Einzelleistungen als eine Form derErrechnungder Gesamt- vergütung abzuschaffen. Zwar wird formal in § 368 f Abs. 2 RVO am Begriff der Einzelleistungsver- gütung festgehalten. Durch die Änderung des Abs. 3 aber müßte auf jeden Fall ein Endbetrag für die Vergütung aller ärztlichen Lei- stungen festgelegt werden.

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Kostendämpfungsgesetz Nr. 2

..,.. ln der Diskussion wurde deut- lich, daß die Begründung zur Än- derung dieses Paragraphen in ih- rer Eindeutigkeit über den eigent- lichen Gesetzestext hinausgeht.

Hiernach wäre die kassenärztliche Gesamtvergütung künftig klar zu

"deckeln", was zwangsläufig das Ende der Einzelleistungsvergü- tung mit sich brächte. Damit aber würden die bisherigen erfolgrei- chen Bemühungen der Kassenärz- teschaft, durch eine intensivierte ambulante ärztliche Versorgung Einsparungen in anderen Lei- stungsbereichen der Krankenkas- sen zu erzielen, geradezu auf den Kopf gestellt.

..,.. Mit zwei Ausnahmen wird dies auch von den Krankenkassen so gesehen. Nur der Bundesverband der Betriebskrankenkassen und der Bundesverband der Ortskran- kenkassen sprachen sich entspre- chend den Beschlüssen ihrer Gre- mien mehr oder weniger eindeutig für die vom BMA vorgeschlagene Regelung aus (über die Haltung des Spitzengremiums der Orts- krankenkassen gibt ein Schrift- wechsel KBV/BdO Aufschluß, der in dem Kasten auf Seite 1664 do- kumentiert ist). Die Ersatzkassen, der Bundesverband der landwirt- schaftlichen Krankenkassen und die Bundesknappschaft hingegen signalisierten während einer Aus- sprache am Vorabend der Anhö- rung eindeutige Ablehnung der vorgeschlagenen Gesetzesände- rung. Während der Anhörung sprachen sich die Ersatzkassen klar gegen derartige Eingriffe in den Selbstverwaltungsspielraum aus. Der Bundesverband der ln- nungskrankenkassen enthielt sich einer Stellungnahme, da der Mei- nungsbildungsprozeß dort bis zum Anhörungstermin nicht recht- zeitig abgeschlossen werden konnte.

..,.. Der harte Widerstand gegen die vorgesehenen Ergänzungen des§ 368 f Abs. 3 RVO, ja die auf- gezeigte Gefahr von daraus resul- tierenden Kostensteigerungen hinterließ offensichtlich bei den Ministerialbeamten Eindruck, und

KVKG-Novelle hat mit Kostendämpfung nicht das geringste zu tun!

Auszug aus dem Brief Muschalliks vom 24. August 1981 an den Vorsitzenden der Freien Demokratischen Partei, Hans-Dietrich Genscher

, ,Sehr geehrter Herr Bundesminister,

... wie Ihnen bekannt ist und wie auch in der Begründung zum allgemei- nen Teil zum Referentenentwurf ausdrücklich angeführt wird, habe ich gegenüber dem Bundesarbeitsminister eine Erklärung abgegeben, wonach die Kassenärzte bis Ende 1982 keine Veränderung ihrer Honorarverträge mit den Krankenkassen fordern werden.

Damit wird auf dem Gebiet der ambulanten ärztlichen Behandlung die Beitragsstabilität garantiert!

Diese meine Erklärung steht in einem unmittelbaren Bezug zu einem persönlichen Gespräch mit Herrn Minister Ehrenberg und Frau Staatssekre- tärin Fuchs.

Dieses Gespräch hat einen Tag vor Auslieferung des Referentenentwurfs stattgefunden. Dabei hat Herr Minister Ehrenberg zu erkennen gegeben, daß mit einer solchen verbindlichen Erklärung der Kassenärzte ein Eingriff in das Kassenarztrecht nicht notwendig werde .

Mit Bestürzung und Enttäuschung können wir alle dem Referentenentwurf entnehmen, daß dennoch erhebliche Eingriffe in die Bestimmungen zur Festsetzung und Weiterentwicklung der Gesamtvergütung und zum Ver- tragswesen zwischen Kassenärzten und Krankenkassen vorgenommen worden sind ...

.. . Damit würden die bisherigen erfolgreichen Bemühungen der Kassen- ärztlichen Bundesvereinigung, durch eine Intensivierung der ambulanten ärztlichen Versorgung Einsparungen in anderen Leistungsbereichen zu erzielen, zunichte gemacht.

Wie sehr die zurückhaltende Honorarpolitik der Kassenärztlichen Bundes- vereinigung in den letzten Jahren zu einer erfolgreichen Kostendämpfung beigetragen hat, zeigen die in der Anlage beigefügten Tabellen*). Aus ihnen ergibt sich insbesondere, daß die Gesamtausgaben für ambulante kassen- ärztliche Versorgung erheblich im Verhältnis zu den übrigen Ausgaben zurückgeblieben sind. So hat sich der Anteil des Arzthonorars an den Gesamtausgaben der Krankenkassen von 22,9% im Jahre 1970 auf 17,9%

im Jahre 1980 verringert. Parallel hierzu hat sich das kassenärztliche Honorar, gemessen an den Ausgaben der Krankenversicherung pro Mit- glied, im Durchschnitt der letzten fünf Jahre innerhalb der Grundlohnsum- menentwicklung gehalten.

Wo hier ein Motiv für Eingriffe in das Kassenarztrecht hergeleitet werden soll, ist uns unerfindlich, zumal das Kassenarztrecht gerade erst in den Jahren 1976 und 1977 durch KVWG und KVKG unter dem Gesichtspunkt der Kostendämpfung geändert worden ist .. .

: ... Angesichts der weitgehenden Beseitigung der Selbstverwaltung von Arzten und Krankenkassen durch diesen Gesetzentwurf muß es wie ein Hohn wirken, wenn in der Begründung als Gesetzesmotiv die Erweiterung und Stärkung dieser Selbstverwaltung genannt wird!

Mit Kostendämpfung haben die genannten Maßnahmen nicht das geringste

~.u tun. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß die in der Offentlichkeit erregt diskutierten Sparmaßnahmen dazu herhalten sollen um ideologisch lang vorgegebene Ziele nunmehr durch.zusetzen. ' Hiergegen bitten wir Sie um Unterstützung ... "

·) Anmerkung der Redaktion: zum Teil in Heft 34/1981 des DEUTSCHEN ÄRZTEBLATIES veröffentlicht.

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 36 vom 3. September 1981 1663

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