DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
SPD-Parteitag KURZBERICHTE
der Frauen — mit massiven Vor- würfen gegen eine „Umvertei- lungspolitik" der jetzigen Bonner Koalition. Das neue SPD-Modell der sozialen Grundsicherung be- deute keineswegs, daß die Partei die bestehenden beitrags- und lohnbezogenen Sicherungssyste- me abschaffen wolle. Auch die neu einzuführenden Aufstok- kungsbeträge zur Rente oder zum Arbeitslosengeld würden einkom- mensabhängig sein, das heißt, sonstiges Einkommen eines Be- rechtigten werde angerechnet werden. Die zusätzlichen Kosten eines solchen Modells bezifferte Frau Fuchs auf 3,5 Milliarden DM.
In allererster Linie:
Politische Orientierung Zur Gesundheitspolitik räumte An- ke Fuchs unumwunden ein, es ge- be noch einen großen „Diskus- sionsbedarf innerhalb der Partei".
Eine Begrenzung der ärztlichen Gesamtvergütung an Stelle der Einschränkung der Zulassung von Kassenärzten bezeichnete sie als nur einen von mehreren Lösungs- vorschlägen, über die man sich dann werde einigen können, wenn das Gesundheitswesen seine not- wendige „politische Orientierung"
bekommen habe. Denn: „Allzu- sehr war die Gesundheitspolitik in den letzten Jahren eine reine Ko- stendämpfungspolitik. Heute müs- sen wir erkennen, daß wir mit die- ser Politik noch nicht einmal die Symptome der bestehenden Strukturmängel beseitigen konn- ten. Statt bloßer pauschaler Aus- gabendeckelung sind politische Orientierungsdaten für die Ent- wicklung des Gesundheitswesens notwendig."
Ein bemerkenswertes Eingeständ- nis des „Fehlerfolges" der von Eh- renberg und ihr eingeleiteten „rei- nen" Kostendämpfungspolitik — aber erst 1988 werden wir wohl ge- nauer wissen, wie diese „politi- schen" Orientierungsdaten der SPD für das Gesundheitswesen aussehen sollen. Von medizini- schen Orientierungsdaten für das Gesundheitswesen war jedenfalls keine Rede! G. Burkart
Rettungsdienste:
sechs Millionen Einsätze im Vorjahr
Der „Unfallverhütungsbericht Straßenverkehr" für die Jahre 1984/85 weist Positives nach: Die Zahl der Verkehrstoten hat abge- nommen. Sie erreichte 1985 mit knapp 8500 Toten ihren niedrig- sten Stand seit 30 Jahren.
Dennoch schneidet die Bundesre- publik im internationalen Vergleich ungünstig ab. Der Bericht schließt eine Übersicht über das Rettungs- wesen ein, das inzwischen — bis auf wenige Ausnahmen — eine flä- chendeckende Versorgung garan- tiert. Vom Eintreffen des Notrufs dauert es durchschnittlich weni- ger als eine Minute, bis ein Ret- tungsmittel alarmiert ist.
Im vergangenen Jahr waren die Rettungsdienste sechs Millionen
Großer Suchtbericht der Bundesregierung:
Etwas Optimismus
In ihrem großen „Suchtbericht"
zieht die Bundesregierung eine vorsichtig positive Bilanz. Zwar rauchen mehr junge Frauen als noch 1980. Auch wird ein erhöhter Kokainkonsum bei beiden Ge- schlechtern vermutet. Anderer- seits trinken Jugendliche im Durchschnitt weniger; sie haben auch das Rauchen (was die männ- lichen Konsumenten anbelangt) reduziert. Darüber hinaus ist die Anzahl polizeilich registrierter Erstkonsumenten von Heroin ge- sunken.
Trotz gewisser Entlastungssym- ptome sei das Problem „Sucht" je- doch von einer Größenordnung, die weitere Anstrengungen not- wendig mache. Da unbekannt ist, auf welche Maßnahmen die leich- ten Verbesserungen im einzelnen zurückgehen, soll ein ganzer Maß-
Mal im Einsatz. Davon betrafen et- wa 30 Prozent Notfälle. Bei Ver- kehrsunfällen, so der Bericht, trifft Hilfe schneller ein als bei akuten Erkrankungen. Insgesamt ist je- doch bei 80 Prozent der Notfälle zehn Minuten nach Eingang der Meldung Hilfe am Ort des Un- glücks.
Erfolgreiche Unfallhilfe hängt auch davon ab, wie rasch ein Un- fall gemeldet werden kann. Auf den Autobahnen ist es relativ ein- fach: Rund 95 Prozent der Strecke sind heute mit Notrufsäulen aus- gestattet. Auf Bundesstraßen da- gegen sind keine Streckenfern- sprech kabel verlegt.
Dennoch wurden hier in den letz- ten zehn Jahren über 2000 private Unfallmelder angeschlossen. Die Einrichtungskosten übernehmen meist Rettungsdienste und -stif- tungen, die Betriebskosten gehen auf das Konto der Länder. th nahmenkatalog ausgebaut wer- den. Dazu zählt der Suchtbericht gesundheitliche Aufklärung, psy- chosoziale Betreuung, Therapie sowie internationale Bekämpfung des Drogenhandels.
Was den Alkohol betrifft, so rech- net die Bundesregierung mit rund 1,5 Millionen behandlungsbedürf- tigen Kranken. Besonders bemän- gelt wurde in dem Bericht, daß die meisten Gastwirte alkoholfreie Ge- tränke immer noch zu höheren Preisen anbieten als Bier.
Im Bereich der illegalen Drogen konstatiert die Bundesregierung eine Stagnation „bei leicht abneh- mender Tendenz." Im Fall von Heroin sei ein gewisser Konsum- rückgang zu verzeichnen. Bei Ko- kain seien die sichtbaren Folgen des Mißbrauchs bisher ausgeblie- ben. Haschisch und Marihuana würden mit Abstand am häufig- sten konsumiert. Lediglich ge- schätzt wird, daß es in der Bun- desrepublik zwischen 300 000 und 500 000 Abhängige gibt. th Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 37 vom 10. September 1986 (19) 2423