A 1752 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 108|
Heft 33|
19. August 2011U
nter dem Titel „Max Lieber- mann – Wegbereiter der Mo- derne“ widmet die Kunst- und Aus- stellungshalle in Bonn dem wohl bedeutendsten deutschen Maler des ausgehenden 19. Jahrhunderts eine umfassende Retrospektive. Mit mehr als 100 Werken aus allen Schaffensphasen schlägt die Aus- stellung einen Bogen von den natu- ralistischen Anfängen des 1847 ge- borenen Malers bis hin zu Auftrags- porträts berühmter Persönlichkeiten und Selbstbildnissen aus der Zeit der Weimarer Republik. Ein Schwer- punkt der Ausstellung, die in 14 chronologische Kapitel und Epo- chen gegliedert ist, widmet sich dem Alterswerk der „späten Garten- bilder“, die Max Liebermann zwi- schen 1910 und 1993 in mehr als 200 Varianten am Großen Wannsee und am Pariser Platz zu Berlin schuf. In seiner Geburtsstadt Berlin starb der Maler 87-jährig am 8. Fe - bruar 1935.Die Exponate, die von mehr als 50 öffentlichen und privaten Leih- gebern aus Deutschland und dem Ausland stammen, geben einen im- posanten Überblick über das gesam- te künstlerische Œuvre. Moment- aufnahmen in einer noch intakten vorindustriellen Ära, aber auch die großen gesellschaftlichen Umwäl- zungen und Veränderungen inner- halb der Kunst und der Gesellschaft um 1900 spiegeln sich in den ge- zeigten Werken Liebermanns wider.
Liebermann, der in Berlin als Sohn eines wohlhabenden jüdi- schen Tuchfabrikanten geboren wurde, gilt als einer der Wegberei- ter der Moderne. 1886, als er sein Studium an der Kunstschule in Weimar beendete, galt sein Inter - esse zunächst noch der Historien- malerei, auf die er sich ursprüng- lich konzentrieren wollte. Ein frü-
hes Werk aus dieser Schaffensperi- ode, 1879 in München begonnen, ist ein Ölgemälde auf Leinwand, tituliert mit „Der zwölfjährige Je- sus im Tempel“. Liebermann ver- setzte die biblische Szene in die Gegenwart und hat das damals heftig kritisierte Werk in mehreren Versionen überarbeitet und „ver- schönert“. Dennoch brachte es ihm
den Ruf als „Apostel der Hässlich- keit“ ein, was zunächst keine gute Empfehlung für seine spätere Por- trätmalerei war.
Die Exponate geben jedoch Zeugnis davon, dass er keineswegs ein „Apostel des Hässlichen“, son- dern ein eigenwilliger und meister- licher Kunstschaffender des Natür- lichen, Realistischen und Idyllisch- Idealistischen war. Seine Begeg- nung mit französischen Künstlern brachten ihn 1874 nach Barbizon, wo er die Pioniere der Freilicht - malerei kennenlernte. Diese Grup- pe, der Liebermann zunächst an- hing, erneuerte die Landschaftsma-
lerei durch eine minutiöse Naturan- schauung, die genaue Beobachtung der Lichtwirkung und den Drang, mit der Staffelei in die freie Natur zu gehen. Dort schuf Liebermann seine Studien arbeitender Menschen auf freiem Feld. Als gut situierter Maler interessierte sich Liebermann für den nüchternen Alltag der Bauern. Es waren zumeist einfache, monotone Arbeitsvorgänge, die er mit Licht und Schatten sowie kräf- tigen Farben bis in Detail einfing.
Inspirationen zu vielen Freiluft- bildern und den Villendarstellungen verdankte Liebermann vor allem seiner „Malheimat“ Holland, wo er von 1871 bis 1914 jeden Sommer verbrachte. Wahre Farbstürme, mit Pinsel und Spachtel umgesetzt, hin- terließen sichtbare Malspuren. Licht- flecken und Schatteninseln dienen der Hervorhebung von Kontrasten, geben aber auch heitere Lichtstim- mungen in den Bildmotiven wieder.
In seinem „Altmännerhaus in Ams- terdam“ von 1881 malte er erstmals die Licht- und Sonnenflecke, die sein Markenzeichen wurden und nahezu jedes damals geschaffene Bild beleben.
Unter dem Einfluss des französi- schen Impressionismus stehen auch seine Werke „Bürgerliches Freizeit- vergnügen“ mit Szenen aus der ge- sellschaftlichen Oberschicht – ba- dende Knaben, tanzende Frauen am Strand. Biergärten, sonnendurchflu- tete Wirtshäuser und Polospiel in Hamburg erinnern an die Schaf- fensperiode in den Niederlanden.
Die Ausstellung „Max Lieber- mann – Wegbereiter der Moderne“
ist noch bis 11. September in der Bundeskunsthalle Bonn (Friedrich- Ebert-Allee 4, 53113 Bonn) zu se- hen. Katalog (DuMont-Buchver-
lag), 25,95 Euro.
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Harald Clade
MAX LIEBERMANN
Apostel des Schönen
Mit mehr als 100 Werken schlägt eine Ausstellung in Bonn einen Bogen von den naturalistischen Anfängen des Malers bis hin zu Porträts und Selbstbildnissen aus der Weimarer Republik.
Max Liebermann versetzt in seinem Ölgemälde „Der zwölfjährige Jesus im Tempel“ die bib- lische Szene in die Gegenwart. Oben links: Selbstbildnis, 1909/1910
Fotos: bpk/Hamburger Kunsthalle/Elke Walford