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Angriff auf die Weimarer Republik

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Academic year: 2022

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Hinweg mit der Schwatzbude! Kampf der Steck rübenrepublik! – Angriff auf die Weimarer Republik

Dr. Ingeborg Braisch

Die erste deutsche Demokratie wurde von Beginn an von rechten und linken Kräften, die den Liberalis- mus und den Parlamentarismus verachteten, in Wort und Tat bekämpft. Sie wollten das verhasste

‚System‘ beseitigen und durch eine Volksgemeinschaft unter einem Führer oder eine Diktatur des Proletariats nach sowjetischem Muster ersetzen. Die häuig allzu einseitig auf den Nationalsozialismus fokussierte Blickweise berücksichtigt zu wenig, wie grenzenlos der Schaden war, den unterschiedlichs- te antidemokratische Kräfte der Weimarer Republik zufügten, weil es ihnen gelang, mit ihrer Propagan- da sowohl einlussreiche Persönlichkeiten als auch große Bevölkerungsgruppen für sich zu gewinnen.

KOMPETENZPROFIL

Klassenstufe: 9/10 (G 8), 9–11 (G 9)

Dauer: 8 Module

Kompetenzen: 1. Untersuchung von Textquellen, 2. Analyse von politischen Ent- wicklungen in der Kunst

Thematische Bereiche: Shitstorm gegen Weimar – Das ist uns heilig! Dafür kämpfen wir! – Schöne (?) Literatur – Stinkbomben, weiße Mäuse und ein Flöten- konzert: Filmskandale in der Weimarer Republik

Medien: Texte, Lieder, Wahlplakate

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Fachwissenschaftliche Orientierung

Deutschland 1918–1933: Retrospektive Deutungen

Im Anfang war Gewalt ... Die deutsche Revolution 1918/19 und der Beginn der Weimarer Republik ...

das blutige Fundament der ersten deutschen Demokratie! Lob der Revolution! Die Geburt der De- mokratie in Deutschland! Der Verrat?! Legenden der Novemberrevolution. Revolution! Revolution?

Hamburg 1918–1919 Aufbruch in die Demokratie. Die vergessene Revolution von 1918/19.

Diese kleine Auswahl von Buchtiteln und Ausstellungsankündigungen zeigt, dass selbst nach 100 Jahren offenbar noch immer recht gegensätzliche Urteile über die Ereignisse in Deutschland 1918/19 gefällt werden. Auch wer wissenschaftliche Erscheinungen zur Geschichte der Weimarer Republik selbst überprüft, stellt fest, dass Buchtitel ohne Wertungen nicht allzu häuig sind; statt- dessen fallen Schlagworte wie Die ungeliebte Republik, Die verratene Republik, Die verspielte Frei- heit, Demokratie ohne Demokraten, Machtverfall in der Demokratie, Die verlorene Demokratie! Die überforderte Republik 1918–1933 sofort ins Auge.

In der historischen Beurteilung der Epoche von 1918 bis 1933 hat es nach 1945 allerdings Verände- rungen gegeben: Zunächst befasste sich die Forschung vor allem mit den radikalen Kräften, denen die Demokratie allzu viel Spielraum gegeben habe und die zielbewusst die Republik zerstörten.

Später spielte die These vom deutschen Sonderweg, vertreten durch Helmuth Plessner, Hans-Ulrich Wehler und Heinrich August Winkler, eine besondere Rolle. In der neueren Forschung wird versucht, Weimar mehr im Kontext der Zeitgeschichte zu sehen und die Entwicklung der Republik mit der in anderen europäischen Staaten zu vergleichen.

Deutschland 1918–1933: Urteile der Zeitgenossen

Allerdings darf dies nicht außer Acht gelassen werden: Die Politiker und Parteien, die 1918/19 an die Stelle des abgedankten Kaisers traten und statt der OHL, die sich aus der Verantwortung stahl, die Verhandlungen um einen Waffenstillstand und einen Friedensvertrag übernehmen mussten, sahen sich einer breiten Phalanx von Skeptikern, Gegnern und Feinden gegenüber – das Gleiche gilt für die Verfassung, die 1919 aus der Taufe gehoben wurde, und für die gesamte Republik.

Bereits in der Bewertung der Revolution zeigte sich die Zerrissenheit der Gesellschaft: Die Gruppe der Monarchisten war quantitativ relativ klein, aber ihr Einluss und ihre Behauptung, der Kaiser und das Reich seien von den Revolutionären verraten worden, wirkten bis hin in das Lager der Sozialde- mokraten. Katastrophal nicht nur für den Beginn der Republik war die Behauptung, die Revolution sei ein Dolchstoß im Rücken des Heeres gewesen – man hätte siegen oder zumindest länger Wider- stand leisten und so den Versailler Vertrag mit seinen Reparationen, Gebietsabtretungen und der Zuschreibung der alleinigen Kriegsschuld verhindern können. Wer zuerst den hinterhältigen Stoß in den Rücken aus der Nibelungensage und den seit Langem existierenden Begriff ‚Dolchstoß‘ mit der Revolution in Verbindung brachte, ist nicht zu eruieren; doch Hindenburg und Ludendorff, die es hätten besser wissen müssen, setzten sich mit ihrer gesamten Autorität für diese Version ein. Noch extremer war die Behauptung rechtsradikaler Gruppen, die Revolution sei als Hochverrat, Verrat am Vaterland zu deuten, die ‚Novemberverbrecher‘ oder ‚Novemberlinge‘ müssten verurteilt und hin- gerichtet werden; dann könne Deutschland seine alte Stellung als Weltmacht wiedergewinnen. Die NSDAP und die DNVP vertraten diese These mit besonderer Vehemenz. In den Kreisen der (M)SPD und der Linksliberalen herrschte die Vorstellung vor, der Ausbau und die Festigung der parlamenta-

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Auf einen Blick

M 1 An einem regnerischen Novembermorgen – Berichte von zwei Jungen, die tatsächlich dabei waren (E. v. Salomon; Sebastian Haffner)

M 2 Shitstorm gegen Weimar (Grafik) M 3 Wählt!!! (Zwei Wahlplakate)

M 4 Ich schau zurück – Die Gründung der Republik M 5 Ich schau zurück – Revolutions-Rückblick M 6 Das ist uns heilig! Dafür kämpfen wir! (Grafik) M 7 Schöne (?) Literatur

M 8 Stinkbomben, weiße Mäuse und ein Flötenkonzert – Filmskandale in der Weimarer Republik

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An einem regnerischen Novembermorgen – Berichte von zwei Jungen, die tatsächlich dabei waren

Die Schule, in der der 16-jährige Ernst zum Offizier ausgebildet werden sollte, ist geschlossen. Zu Hause hält er es nicht aus, sondern irrt verstört und aufgeregt durch die Straßen Berlins.

Aufgaben

1. Frage nach Begriffen, die du nicht verstehst.

2. Zwei Männer schildern, wie sie als Jugendliche etwas sehr Erschütterndes erlebt hatten. Erläu- tere in wenigen Sätzen, worum es hier geht.

Wie stehen sie zu den Ereignissen? Zeige das an ihrer Schilderung und an den Wörtern und Sätzen, die sie gebrauchen.

Zusatzaufgabe

Versuche – vielleicht in einer kleinen Gruppe – einen Text im Rapstil zu schreiben, in dem du dei- ne Wut über den endlosen Krieg, die vielen Opfer, die Offiziere, die einen sinnlosen Heldentod von dir fordern, über den geflüchteten Kaiser und über den Hunger, den deine Familie leidet, aus- drückst. Vielleicht findest du auch die passende Musik dazu, z. B. die Parodie eines Militärmar- sches.

Text 1

In der inneren Stadt hörte ich plötzlich aus einer Hauptstraße [...] lautes Getöse [...] und Fet- zen eines schrillen Gesangs, hörte Schreie aus gesammelten Kehlen, ahnte Wirre und Tumult.

Eine riesige Fahne wurde einem langen Zuge vorangetragen, und die Fahne war rot. Nass und trüb hing sie an langer Stange und schwebte wie ein blutiger Fleck über schnell zusammen- geströmter Menge. [...] Der Fahne nach wälzten sich müde Haufen, regellos durcheinander- stapfend. Weiber marschierten an der Spitze. Sie schoben sich mit breiten Röcken voran, die graue Haut der Gesichter hing in Falten über spitzen Knochen. Der Hunger schien sie ausge- höhlt zu haben. Sie sangen aus ihren dunklen, zerfransten Umschlagtüchern heraus mit scheppernden Stimmen ein Lied, dessen Rhythmus nicht zu der zögernden Schwere ihres Ganges passte. Die Männer, alte und junge, Soldaten und Arbeiter und viele Kleinbürger da- zwischen, schritten mit stumpfen, zermürbten Gesichtern, in denen ein Schimmer dumpfer Entschlossenheit stand. [...] Hinter der nassen, vom Regen mit dunklen Flecken getünchten roten Fahne beulten sich Regenschirme über dem Zug. [...] Auf einmal aber waren Matrosen da [...] mit riesigen roten Schärpen! Gewehre hatten sie in den Händen und lachende Gesich- ter. [Ich empfand nicht Ekel, sondern Angst. Die da waren es ...], diese rüden Burschen, die da Mädels untergehakt hatten und sangen und lachten und johlten und dahinzogen, breit und selbstbewusst mit nackten Hälsen und flatternden Schlipsen. Ein Auto brauste heran, Matro- sen standen auf den Trittbrettern, hockten auf den Kühlern, und das rote Tuch flatterte, bauschte sich wie ein Fanal. Und einige waren dabei, die blickten frech, die schrien heiser [...], denen kreischten die Weiber zu.

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Das solltest du wissen

1914 waren sich die meisten Deutschen in ihrer Kriegsbegeisterung einig gewesen. 1918, nach schweren Verlusten und Niederlagen und während einer Hungersnot waren sie in mehrere mit- einander meist verfeindete Gruppen gespalten. Das zeigte sich während der Revolution und darin, was die Leute über sie dachten. Von rechten Kreisen wurde sie als Verrat an Kaiser, Reich und Heer angesehen; andere fürchteten eine Revolution mit all ihren Folgen, wie sie 1917 im Oktober in Russland stattgefunden hatte; diejenigen, die auf einen wirklichen Umsturz der bisherigen Ordnung und Verwirklichung des gemäßigten oder radikalen Sozialismus gehofft hatten, warfen der SPD Verrat vor.

Das hilft dir weiter

Ausführliche und lesbare sachliche Informationen indest du z.–B. unter https://www.bpb.de/

geschichte/deutsche-geschichte/weimarer-republik/275865/revolutionen.

Die Zeitzeugen stammen aus einer adligen bzw. einer liberalen bürgerlichen Familie.

Wenn du wissen möchtest, wie es bei den Arbeitern zuging, lies

Klaus Kordon: Die roten Matrosen oder Ein vergessener Winter. Weinheim; Basel: Beltz/Gulli- ver TB 2019 (1984).

Aus der Sicht des 13-jährigen Helmut und seiner Familie im Wedding werden der Ausbruch der Revolution 1918 in Berlin und ihr Ende 1919 geschildert.

In der Graphic Novel von Grevelhörster, Ludger; Trebels, Rüdiger: Emil. Tagebücher aus der Wei- marer Republik. Köln: Greven 2018, S. 10–41, beschreibt Emil, der 1918 bei seiner Tante Else in Kiel zu Besuch ist, was er beim Matrosenaufstand erlebt, S. 43–48 geht es um die Abdankung des Kaisers und die Ausrufung der Republik.

Die Gruppe „Die Grenzgänger“ hat 2018 im Müller-Lüdenscheidt-Verlag eine CD herausgege- ben. Auf dieser CD und im Volksliederarchiv kannst du Lieder zur Revolution hören.

Wem ham se de Krone jeklaut? In diesem um 1918/19 entstandenen ‚Gassenhauer‘ macht sich der Verfasser über den abgedankten Kaiser lustig.

https://www.volksliederarchiv.de/wem-ham-se-de-krone-jeklaut/

Im Januar um Mitternacht ... Das Büxensteinlied besingt die aufständischen Spartakisten im Januar 1919 in Berlin.

https://www.volksliederarchiv.de/im-januar-um-mitternacht-buexensteinlied/

Manche tanzen manchmal wohl ein Tänzchen. Das Gedicht, das Tucholsky 1919 schrieb und in dem er der SPD die große Kompromissbereitschaft vorwarf, wurde erst später vertont.

https://www.volksliederarchiv.de/manche-tanzen-manchmal-wohl-ein-taenzchen-lied-vom- kompromiss/

Heiho die Schüsse hell der Aufruhr steht in Flammen. Das Lied sangen die Marinefreiwilligen des Freikorps Brigade Löwenfeld, das eine Reihe von Mordtaten beging.

https://www.volksliederarchiv.de/heiho-die-schuesse-hell-brigade-loewenfeld/

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Ich schau zurück – Revolutions-Rückblick

Im Herbst 1919 schrieb der Journalist Kurt Tucholsky ein Gedicht, bei dem er auf einen Bestseller zurückgriff, dessen Stoff auch in einer damals ausgesprochen erfolgreichen Oper behandelt worden war.

Aufgaben

1. Lies das Gedicht genau durch und markiere die Stellen, die du nicht verstehst.

2. Auf welche damals sehr bekannte Opernarie hat Tucholsky zurückgegriffen? Tipp: Der Refrain hilft dir weiter! Und was meint er mit der ‚Wacht am Rhein‘?

3. Erkläre mithilfe deiner Kenntnisse, was Tucholsky mit der Zeile: Das ist im Leben hässlich ein- gerichtet, dass bei den Eberts gleich die Noskes stehn meint.

4. Welche Methoden wendet Tucholsky an, um möglichst viel Wirkung mit seinem Gedicht zu er- zielen?

Zusatzaufgabe

Im Januar 1920 müssen sich die beiden Schriftsteller Spengler und Tucholsky, die sich nicht kennen, auf einer Eisenbahnfahrt ein Zugabteil teilen. Spengler fragt Tucholsky: „Sagen Sie mal, was halten Sie eigentlich von diesen Vaterlandsverrätern an der Spitze unserer Regierung? Finden Sie diese Situation nicht auch entsetzlich?“ Entwickelt ein Streitgespräch!

Ich schau zurück. Die Pressegenerale ergriff vor einem Jahr der große Schreck.

Die OHL1 verstummt mit einem Male. Vorbei. Die Phrase lag im Dreck.

Vorbei die Pläne und die dicken Thesen vorbei die plumpen Renommistereien2 – Behüt dich Gott, es wär zu schön gewesen, behüt dich Gott, es hat nicht sollen sein!

Soldaten vor! Der Kaiser hat verzichtet. Nun wollet ihr alleine weiter sehn.

Das ist im Leben hässlich eingerichtet, dass bei den Eberts gleich die Noskes stehn.

Kaum ist das Land von einer Pest genesen, fällt es mit Grazie in die nächste rein – Behüt dich Gott, es wär zu schön gewesen, behüt dich Gott, es hat nicht sollen sein!

Wir dachten schon: Jetzt gilt’s den Ofizieren! Wir dachten schon: Hier wird jetzt Ernst ge- macht.

Wir dachten schon: Man wird sich nicht genieren. Das Feuer brennt einmal ... es ist entfacht ...

Wir dachten schon: Nun kommt der Eisenbesen … Doch weicht der Deutsche sich die Hosen ein3

Behüt dich Gott, es wär zu schön gewesen, behüt dich Gott, es hat nicht sollen sein!

Kommt diesem Lande niemals denn ein Retter? Die graue Regenluft weht nass und fahl.

Zum Abschiednehmen just das rechte Wetter: Fahr wohl, fahr wohl, November-Ideal!

Denn erstens kostest du zu hohe Spesen, und zweitens singt ihr noch die Wacht am Rhein – Tatü-tata – es wäre zu schön gewesen, behüt dich Gott, es hat nicht sollen sein.

Kurt Tucholsky: Gesammelte Werke Band 1: 1907–1924, hg. v. Gerold-Tucholsky, Mary; Raddatz, Fritz J. Frankfurt a. M. Büchergilde Gutenberg 1967 (Rowohlt 1960), S. 515 f.

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Schülerlösungen (M 4)

Zu 1: Die Parteien, u. a. die SPD, sind wegen ihren Friedensresolutionen Schuld an der Niederlage der Armee, der sie den Dolchstoß versetzten und sie verrieten. In Weimar errichteten sie die Repu- blik, eine Organisation von Parteien, und unterzeichneten in Versailles den Vertrag, nur um sich zu bereichern. An das Volk, auch an die Arbeiter, dachten sie nicht.

Zu 2:

machen dem Feind die Schwäche klar brechen Blöcke aus dem Staatsbau stürzen Bethmann-Hollweg geben dem Heer den Dolchstoß Zweites Kaiserreich

Firma mit Parteiklüngel Ehrfurcht gebietende Größe (besiegte Macht, Versailler Vertrag) deutsche Weltmacht

das Höchste an Geist, Leistung Das Gemeine und Gemeinste Wollen und Fühlen

Macht, Ehre, Größe

beschränkteste und schmutzigste Interessen, Bereicherung

Elend und Seelenqual lächelndes Behagen gefallene Helden

Helden eines Possenspiels Angst um den Beuteanteil Verrat

Volk Parteien

Zu 3: Spengler stellt geschickt die großartige Vergangenheit, moralisch und geistig hochstehende Menschen und im starken Kontrast dazu die jämmerliche Gegenwart dar, in der sich verräterische Sozialdemokraten bereichern, Führer des Proletariats eine Orgie feiern, während draußen Arbeiter stehen. Er benützt viele Superlative (das Höchste, das Gemeinste, beschränkteste und schmut- zigste Interesse), Steigerungen (das Gemeine und Gemeinste), außerdem abwertende Wörter wie Geschwätz und Possenspiel und vergleicht die Gründung der Republik mit einer albernen, dummen Komödie, die sich im Schloss von Weimar und in den Kneipen abspielte. Die Gründer der Republik hätten sich am Tag der Unterzeichnung des Friedensvertrages betrunken und Führer des Proleta- riats sich mit Betrügern bei Alkohol und Nackttänzen amüsiert. Den republikanischen Politikern wird also gleich zweimal ohne Beweis hemmungsloser Alkoholverbrauch und Unsittlichkeit vorgeworfen.

Wir würden von niederträchtigen Fake News sprechen, mit deren Hilfe den Betroffenen ein Skan- dal angehängt wird. Den Gründern sind das Vaterland, die Niederlage, der Versailler Vertrag völlig gleichgültig, bestimmten Politikern – meint er die SPD/die USPD/die KPD? – ist das Proletariat egal.

Spengler spricht noch andere offensichtliche Unwahrheiten aus: Die Nationalversammlung tagte im Deutschen Nationaltheater, durchaus nicht im Schloss.

Zu 4: „Herr Spengler! Es handelte sich nicht um Friedensgeschwätz, sondern um eine Friedens- resolution der Parteien 1917: Die SPD, die Linksliberalen und das Zentrum verlangten Reformen

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Das ist uns heilig! Dafür kämpfen wir!

Die Grafik zeigt in wörtlichen Zitaten Werte, Wunschvorstellungen und Ziele der linken und rechten, Weimar gegenüber feindlich eingestellten Opposition aus der Zeit von 1918 bis 1933.

Aufgaben

1. Sieh dir die Schlagwörter und Aufforderungen an. Notiere auf dem blauen Zettel anonym, mit welchem Begriff oder Wunsch du am ehesten einverstanden sein könntest, auf dem gelben Zettel, welchen du am allermeisten ablehnst.

2. Frage bei den nicht gewählten Begriffen nach, sofern du sie nicht oder nur zum Teil versteht.

3. Die politischen Werte und Ziele der linken und rechten Opposition sind auf der Grafik in einem solchen Durcheinander dargestellt, wie es politisch Interessierte und Wähler insgesamt während der Jahre von 1918 bis 1933 fast ständig in der Öffentlichkeit erlebten. Versuche, die Schlagwör- ter nach Begriffen zu ordnen, z. B. Außenpolitik, Form der Regierung usw. Einige Schlagwörter können in mehreren Gruppen auftreten.

4. Überlege dir, weshalb diese Ideen bei sehr vielen Wählern so viel Anklang fanden und welche praktischen Folgen es haben musste, wenn sie tatsächlich verwirklicht wurden.

5. Suche im Internet nach Beiträgen, nach denen einige dieser Begriffe/Phrasen in der heutigen Zeit eine Rolle spielen, z. B. Kampfgeist, völkisch, Volksgemeinschaft, Deutschland den Deutschen, Reich, sozialistisch.

Frei von Versailles!

Diktatur des Proletariats

Mutterboden

Kampf ums Dasein mit der Waffe in der Faust

Preußen

Völkisch

Treue Bewegung

Bluts- gemeinschaft

Orden Bund

Fronterlebnis

(Arische) Rasse Schwarz-Weiß-Rot

Sowjet- Deutschland

Treue - Gehorsam - Pflicht

Opferbereitschaft Raum

für unser Volk

Reich

Wille zur Macht

Raum für unser Volk

Sozialistisches Rätedeutschland Von den Alpen bis zum Belt: Ein

Volk, ein Reich, ein Kaiser!

Deutsches Volksempfinden

Entschlossener nationaler Wille!!!

Unterordnung

Kolonien

Deutschtum

national Nationalismus

Führer

Kameradschaft

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Schülerlösungen (M 6)

Ordnung der Schlagwörter nach Begriffen – Vorschlag

Außenpolitik Frei von Versailles! Kolonien; Sowjetdeutschland; Reich; Raum für unser Volk; Wille zur Macht

Form der Herr- schaft

Schwarz-Weiß-Rot; Führer – Unterordnung; Von den Alpen bis zum Belt ...; Preußen; Wille zur Macht; sozialistisches Rätedeutschland;

Diktatur des Proletariats; Sowjetdeutschland

Politische Vereini- gungen

Bund, Bewegung, Orden; Räte/Sowjets; Volksgemeinschaft

Militarismus/mili- tante Äußerungen

Fronterlebnis; Kampf ums Dasein; Unterordnung

Veränderung der Gesellschaft

Sozialismus; Diktatur des Proletariats; Volksgemeinschaft; sozialisti- sches Rätedeutschland; Sowjetdeutschland

Nationalistische Äußerungen

Nationalismus; national; Volk; völkisch; deutsches Volksempinden;

Volksgemeinschaft; Deutschtum; entschlossener nationaler Wille Rasse Blutsgemeinschaft; arische Rasse; Mutterboden

Gute Eigenschaf- ten

Kampfgeist; Kameradschaft; Wille zur Macht; Unterordnung; Treue, Gehorsam, Plicht; Opferbereitschaft

Zu 4: Die Ideen erschienen vielen Deutschen als ein verlockender Ausweg aus der Enttäuschung über die Niederlage, den Sturz Deutschlands aus seiner Großmachtstellung, aus dem Diktat des Ver- sailler Vertrages, der Deutschland in eine unterlegene Rolle zwang. Wurden sie umgesetzt, trat an die Stelle der Demokratie eine Diktatur oder ein autoritärer Staat; die Frauen hatten als Aufgaben- bereich nur noch Haushalt und Kindererziehung, aber keine politische Mitsprache. Die Vorstellun- gen davon, was sozial oder sozialistisch sei, widersprachen sich bei den Parteien, die den Begriff im Namen oder Programm führten. Wer kein echter Deutscher war, war in Deutschland unerwünscht – die Ideen waren ausländerfeindlich und judenfeindlich. Unklare Begriffe wie ‚Blut‘ und ‚Rasse‘

sollten entscheiden, wer Deutscher war. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker wurde missachtet, wenn ein gewaltiges Reich in Europa errichtet werden sollte. An die Stelle friedlicher Regelungen durch den Völkerbund trat die Bereitschaft, mithilfe eines Krieges Forderungen durchzusetzen.

Zu 5: ‚Kampfgeist‘ heißt in ganz anderem Kontext ein Song von Maximilian Diehn bzw. KO TRA K, einem deutschen Rapper – der Inhalt (Schieb die Schwächeren beiseite) ist lesens- und bedenkens- wert. Die Journalistin Gülseren Ölçüm machte 2019 eine Reportage für die ARD unter dem Thema Deutschland den Deutschen.

2016 rief Frauke Petry dazu auf, das Adjektiv völkisch wieder positiv zu besetzen. Der AfD-Politiker Poggenburg sandte 2019 den ‚Mitbürgern unserer Volksgemeinschaft‘ einen Neujahrsgruß. Die sog.

Reichsbürger lehnen die Bundesrepublik ab und wollen das alte Deutsche Reich wiederherstellen.

Zum Thema sozialistisch finden sich Aussagen im Parteiprogramm der DKP, zur sozialistischen Räte- republik in einem Aufruf aus der DDR 1989.

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Referenzen

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