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Punktueller Handlungsbedarf festgestellt | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik

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Wirtschaftspolitische Stellungnahmen

32 Die VolkswirtschaftDas Magazin für Wirtschaftspolitik 4-2009

Grundsätzlich hat sich das geltende Kar­

tellrecht in der Schweiz bewährt und zu einer Belebung des Wettbewerbs geführt. Aller­

dings ist der Beobachtungszeitraum noch sehr knapp. Die erheblich gestiegenen Auf­

wendungen für die Rechtsberatung und Compliance zeigen, dass die Unternehmen grosse Anstrengungen unternehmen, um die kartellrechtlichen Bestimmungen einzuhal­

ten. Das 2003 eingeführte Sanktionssystem hat seine Anreizwirkung auf die Privatwirt­

schaft nicht verfehlt. Auf der anderen Seite besteht die Gefahr, dass Unternehmen und Mitarbeitende übervorsichtig werden, ihre Möglichkeiten am Markt nicht ausschöpfen und damit letztlich die Wirtschaft an Wett­

bewerbskraft verliert.

Wettbewerb lebt von aktiven Unterneh­

men. Von überschiessenden Eingriffen ist da­

her Abstand zu nehmen. Eingriffe, wo keine geboten sind, wirken sich negativer aus als ein Verzicht auf einen Eingriff, wenn ein sol­

cher geboten wäre. So muss auch bei einem Fussballspiel der Schiedsrichter wohl konse­

quent durchgreifen, darf aber das Spiel nicht mit roten Karten abwürgen. Entsprechend ist etwa die Fusionskontrolle angesichts der of­

fenen Grenzen der Schweiz weiterhin mit Mass und mit mehr Zurückhaltung bei Ein­

griffen in die betriebswirtschaftlichen Ab­

läufe einzusetzen. Wie die Evaluationsgruppe des Bundes beurteilt auch Economiesuisse die geltenden Regeln zu vertikalen Abreden als überschiessend und im Empfinden der Marktteilnehmer restriktiver als in der EU.

Weiterhin Rechtsunsicherheit für Unternehmen

Wettbewerb gilt gemeinhin als bestes

«Entdeckungsverfahren». Die Marktverhält­

nisse sind ausserordentlich dynamisch. Selbst kleine Unternehmen können etwa bei Ein­

führung einer neuen Dienstleistung in einem Teilmarkt rasch sehr hohe Marktanteile er­

reichen. Verschärft wird dies durch eine enge regionale Abgrenzung von Märkten. Ein Un­

ternehmen kann so im Voraus oft nicht ver­

lässlich abschätzen, ob die Behörde in einer solchen dynamischen Beherrschungssitua­

tion auf eine marktbeherrschende Stellung und eine missbräuchliche Verhaltensweise schliessen würde. Denn ein Verhalten eines

marktbeherrschenden Unternehmens kann a priori sowohl Ausdruck erwünschten Wett­

bewerbs wie auch einer missbräuchlichen Behinderungs­ oder Ausbeutungsstrategie sein.

Diese Rechtsunsicherheit sollte durch das Meldeverfahren reduziert werden. Wettbe­

werbsbeschränkungen können nach Gesetz der Wettbewerbskommission (Weko) gemel­

det werden, bevor sie ihre Wirkung entfalten.

Die gegenwärtige Politik der Weko und der Gerichte lässt solche Meldungen jedoch nur beschränkt zu. Als Folge der Praxis besteht für die Unternehmen weiterhin Rechtsunsi­

cherheit, die durch ein erhebliches Bussgeld­

risiko verschärft wird. Bei der Sanktionsbe­

messung sind die Gesamtumstände besser zu berücksichtigen. Kann ein Unternehmen im Voraus die Rechtswidrigkeit trotz eigenen Bemühungen nicht oder nur sehr schwer er­

kennen, dann muss die fehlende oder einge­

schränkte Vorhersehbarkeit und damit die begrenzte Vorwerfbarkeit des Verhaltens zu einer Sanktionsminderung führen.

Wettbewerbsbehörden:

Ein Blick ins Ausland lohnt sich

Im Evaluationsbericht des Bundesrates nehmen die institutionellen Fragen einen hohen Stellenwert ein. In den internen Rück­

meldungen bei Economiesuisse war dies we­

niger der Fall. Dennoch besteht Verbesse­

rungspotenzial, ohne allerdings auf die bewährte Mischung von Wissenschaftlern und Praktikern in der Behörde zu verzichten.

Einerseits muss die Unabhängigkeit der Wettbewerbsbehörden gegenüber Verwal­

tung und Politik gestärkt werden. Das gilt im Übrigen auch für die Situation in der EU.

Und zum Zweiten besteht gerade im sich libera lisierenden Infrastrukturbereich ein offen sichtlicher Handlungsbedarf. Ein Zu­

sammenfassen der verschiedenen invol­

vierten Behörden – Weko, ElCom, Postregu­

lator, Comcom, Preisüberwacher – würde die Flexibilität erhöhen, Abgrenzungen in den Verfahren vereinfachen und eine Diskussion über die Behördenstruktur ohne Vorbelas­

tung erleichtern. Die Niederlande oder Aus­

tralien kennen einen solchen Ansatz.

Punktueller Handlungsbedarf festgestellt

Thomas Pletscher Mitglied der Geschäfts- leitung economiesuisse, Leiter Bereich Wettbewerb und Regulierungsfragen

Wirksamer Wettbewerb ist die Grundlage einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung, gerade auch in der aktuellen Krise. In diesem Sinne setzt sich Economiesuisse nachhaltig für den Wettbewerb in der Schweiz mit klaren, angemes- senen Regeln – jedoch ohne Über- schiessen – und für einen offenen Weltmarkt ein. Mit einer eigenen Evaluation des Kartellgesetzes hat sich Economiesuisse in die Diskussion um die Weiterentwick- lung des Wettbewerbsrechtes in der Schweiz eingebracht und auch einen Blick über die Grenzen ge- worfen. In der Beurteilung zeigt sich, dass sich das revidierte Kar- tellgesetz grundsätzlich bewährt hat. Im Interesse des Wettbe- werbs sind aber in Recht und An- wendung punktuelle Verbesse- rungen notwendig. So sollen kon- traproduktive Eingriffe verhin- dert sowie die Rechtssicherheit und die Institutionen verbessert werden.

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