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Liturgie und Bibel. Theologie und Praxis der Verkündigung des Wortes Gottes. Herausgegeben von Thomas Söding und Marius Linnenborn

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Academic year: 2022

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Liturgie und Bibel

Theologie und Praxis

der Verkündigung des Wortes Gottes

Herausgegeben von Thomas Söding und Marius Linnenborn

Deutsches Liturgisches Institut Trier 2020

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© VzF Deutsches Liturgisches Institut Trier 2020

Umschlaggestaltung: S. Angerhausen Satz: SatzWeise, Bad Wünnenberg

Auslieferung

VzF Deutsches Liturgisches Institut Postfach 2628, 54216 Trier

Tel. 0(049)651 9 48 08–50, Fax 0(049)651 9 48 08–33 Internet www.liturgie.de, E-Mail dli@liturgie.de

Bestell-Nr. 5317 ISBN 978-3-937796-24-6

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Vorwort

Seit dem Ersten Advent 2018 ist in den katholischen Gottesdiensten im deutschen Sprachgebiet – zunächst nur an den Sonn- und Fest- tagen, später auch an den Wochentagen – die zwei Jahre zuvor ver- öffentlichte revidierte Einheitsübersetzung in Gebrauch. Es dauert einige Jahre, bis alle acht Bände des Lektionars überarbeitet sind und neu erscheinen. Gleichzeitig wurde auch von der Evangelischen Kirche die Lutherbibel überarbeitet und in den gottesdienstlichen Gebrauch übernommen.

Beide Revisionen wollten den heutigen Erfordernissen an eine zeit- gemäße Sprache der Verkündigung des Wortes Gottes in der Liturgie Rechnung tragen. Zugleich hatten sie aber auch den Auftrag, sich näher am Ursprungstext zu orientieren. Dadurch entstehen Span- nungen. Unsere Hör- und unsere Sprechgewohnheiten werden vor Herausforderungen gestellt. Ungewohnte Formulierungen lassen auf- horchen und laden dazu ein, sich neu auf den Text einzulassen.

Genauso bietet sich die große Chance, über unseren Umgang mit der Heiligen Schrift im Gottesdienst, über den Stellenwert des Wortes Gottes in den verschiedenen liturgischen Formen und über die Praxis seiner Verkündigung nachzudenken. Schließlich ist die Liturgie „das bevorzugte Umfeld, in dem Gott in der Gegenwart unseres Lebens zu uns spricht“, und „jeder Gottesdienst von seinem Wesen her von der Heiligen Schrift durchdrungen“ (Papst Benedikt XVI. in seinem Nachsynodalen Apostolischem Schreiben „Verbum Domini“, 52).

Selten war das Thema einer Trierer Sommerakademie Liturgie daher so zwingend und aktuell wie im Jahr 2018, als die vom Deutschen Liturgischen Institut veranstaltete sommerliche Tagung unter dem Thema „Liturgie und Bibel“ stand. Eigentlich ist es erstaunlich, dass erst die 17. Veranstaltung in dieser Reihe sich einer so zentralen The- matik ausführlich widmete, ist doch die Feier der Liturgie ohne die Bibel gar nicht möglich.

Aus verschiedenen Perspektiven wurde das Thema behandelt: exe- getisch, liturgiewissenschaftlich, spirituell, ökumenisch, praktisch, musikalisch, kunsthistorisch. Der vorliegende Band dokumentiert die Vorträge dieser Tagung, die – davon sind wir überzeugt – weit über den Kreis der Teilnehmerinnen und Teilnehmer von bleibendem Interesse sind.

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Allen, die zum Gelingen der Sommerakademie beigetragen haben, gilt unser Dank: Den Referentinnen und Referenten der Vorträge und Workshops für ihre Mitarbeit, Frau Ottilie Fußangel für die Ta- gungsvorbereitung, Herrn Christoph Neuert M. A. für die Tagungs- organisation und die redaktionelle Bearbeitung der Dokumentation, Herrn Kantor Axel Simon für die Vorbereitung und musikalische Betreuung der Gottesdienste und Gebetszeiten.

Wir wünschen, dass diese Publikation mit dazu beitragen möge, dass, wie Papst Franziskus es in seinem Apostolischen Schreiben zum Abschluss des außerordentlichen Heiligen Jahres der Barmher- zigkeit formuliert hat, „das Wort Gottes immer mehr gefeiert, ge- kannt und verbreitet wird, damit dadurch das Geheimnis der Liebe, die aus jener Quelle des Erbarmens hervorströmt, besser verstanden werden kann“ („Misericordia et misera“, 7).

Bochum/Münster und Trier im März 2020 Thomas Söding Marius Linnenborn

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Inhalt

Vorwort . . . 5 Thomas Söding

Wort des lebendigen Gottes

Liturgie in der Bibel – Bibel in der Liturgie . . . 11 Marco Benini

Gegenwärtig im Wort

Sakramentalität des Wortes Gottes . . . 28 Marius Linnenborn

Gottes Wort heute feiern

Die Heilige Schrift in der Liturgie . . . 53 Jörg Müller

„Da er die Seinen liebte, die in der Welt waren …“

Biblische Durchdringung eucharistischen Betens am Beispiel

des Vierten Eucharistischen Hochgebets . . . 78 Thomas Söding

Gott zur Sprache bringen

Wie die neue Einheitsübersetzung im Gottesdienst ankommen kann . . . 116 Jochen Arnold

Die Bibel im evangelischen Gottesdienst unter besonderer

Berücksichtigung der neuen Leseordnung . . . 125 Nicole Stockhoff

„Herr, gib uns Mut zum Hören …“

Chancen und Herausforderungen einer Wort-Gottes-Feier

(Workshop) . . . 140 Katrin Brockmöller

Zachäus sucht Jesus

Ein Workshop mit einem Bibliolog zu Lukas 19,1–10 . . . . 143 Axel Simon

Er gibt mir ein neues Lied in den Mund (Ps 40)

Psalmengesang leicht gemacht (Workshop) . . . 148

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Michael Embach

Wort Gottes in Schrift und Bild

Illuminierte Bibelhandschriften im Bestand der Wissenschaft- lichen Stadtbibliothek Trier . . . 154 Thomas Söding

Die Qualität der Liturgie

Eine Recherche mit Hilfe von 1 Kor 14 . . . 194

Mitarbeitende . . . 202

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Wort des lebendigen Gottes

Liturgie in der Bibel – Bibel in der Liturgie Thomas Söding

Die Feier von Nazaret

Als Jesus nach dem Lukasevangelium, etwa dreißig Jahre alt, mit der öffentlichen Verkündigung seines Evangeliums beginnt, sucht er die Synagoge seiner Heimatstadt Nazaret auf. Er nimmt an der Sabbat- feier teil. Er steht auf, um aus der Heiligen Schrift zu lesen. Er lässt sich das Buch des Propheten Jesaja reichen. Er findet die richtige Stel- le. Er liest: „Der Geist des Herrn ist auf mir; denn er hat mich ge- salbt. Den Armen das Evangelium zu bringen, hat er mich gesandt:

dass ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht, die Zerschlagenen in Freiheit setze und ein Gnaden- jahr des Herrn ausrufe.“

Er schließt das Buch und gibt es dem Synagogendiener. Er setzt sich und sagt vor aller Augen: „Heute hat sich diese Schrift in euren Ohren erfüllt“ (Lk 4,16–21).1

In der farbigen Szene, die der Evangelist entwirft, leuchtet eine le- bendige Erinnerung auf, die kreativ und inspirierend ist. Sie gibt einen der ältesten Eindrücke von einem synagogalen Sabbatgottes- dienst wieder.2 Sie zeichnet vor allem ein narratives Portrait Jesu, des messianischen Propheten. Jesus beginnt nicht in der Stunde Null der Heilsgeschichte, sondern tritt in den Raum der Verheißung ein, den die Prophetie Israels öffnet. Er wandert nicht durch eine religiöse Wüste, die er mit dem lebendigen Wasser des Gotteswortes zum Blü- hen bringen wollte, sondern sucht einen heiligen Ort auf, da sich Is- rael als Gottesvolk sammelt, den Tempel im Herzen, der weit ent- fernt in Jerusalem steht, aber selbst in jenem kleinen Nazaret, aus dem angeblich nichts Gutes kommen kann (Joh 1,46), durch die Sy- nagoge vergegenwärtigt wird.3Er beginnt nicht mit seinen eigenen

1 Vgl. Roman Kühschelm, „Um zu verkünden ein willkommenes Jahr des Herrn“. Jesu Antrittsrede Lk 4,16–30, in: Ruth Scoralick (Hg.), Damit sie das Leben haben (Joh 10,10), FS Walter Kirchschläger, Zürich 2007, 147–185.

2 Vgl. Ruth Langer (Hg.), Liturgy in the Life of the Synagogue. Studies in the History of Jewish Prayer (Duke Judaic Studies 3), Winina Lake 2005.

3 Vgl. David Milson, Art and Architecture of the Synagogue in Late Antiquity Palestine (Ancient Judaism and Early Christianity 65), Leiden 2007.

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Worten, die Frohe Botschaft zu verkünden, sondern bringt den Pro- pheten Jesaja zu Gehör. Er fesselt den Geist nicht an den Buchstaben, sondern schließt die Schrift auf: durch Lesen („Es gilt das gesproche- ne Wort“) und Auslegen („In der Kürze liegt die Würze“). Er ver- kündet die Schrift, um aus der Vergangenheit in die Gegenwart und in die Zukunft zu gelangen. Er feiert das Wort Gottes, um die große Medienrevolution des Evangeliums, die bereits Jesaja ausgerufen hat, ins Werk zu setzen: vom Buchstaben zum Geist und deshalb vom Text zum Menschen, von der Schrift zur Gemeinde.4Einerseits bringt Jesus mit dem Schriftwort sich selbst ins Spiel, als Arzt der Kranken, als Befreier der Armen, als Sieger über den Tod: „Der Geist es Herrn ist aufmir;denn er hatmichgesalbt. Den Armen das Evan- gelium zu bringen, hat ermichgesandt“. Andererseits aktiviert er die Hörerschaft: „Heute hat sich diese Schriftin euren Ohrenerfüllt“.

Die neue Einheitsübersetzung hat an dieser Stelle, ebenso wie die alte, Verständlichkeit vor Wörtlichkeit gerückt: „Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt“. Aber der griechische Text ist präziser: Die Erfüllung ereignet sich im Hören und in den Hörern. Sie ereignet sich, weil Jesus die Ohren öffnet und die Hörer aktiviert. Wer den Text weiter liest, erkennt freilich, dass Jesus nach Lukas die Erfüllung nicht nur affirmativ versteht. Die Reaktion in der Synagoge ist ja keineswegs durchgehend positiv. Gewiss gibt es zuerst die gespannte Aufmerksamkeit und das aktive Hören; aber dann wächst die Skepsis; kontroverse Diskussionen beginnen, Ag- gressivität wird aufgebaut: Jesus soll es ans Leben gehen – aber schließlich führt der Weg Jesu mitten durch die bedrohliche Menge hinaus ins Freie. Weshalb es der Sendung eines Gesalbten bedarf, wird in Nazaret ebenso deutlich wie die Kraft des Geistes Gottes, die Notwendigkeit des Leidens deutet sich ebenso an wie die Lebens- wende der Auferstehung.

Die Feier von Nazaret öffnet den Blick für die Liturgie in der Bibel und für die Bibel in der Liturgie. Sie öffnet ihn, indem sie Spuren der Liturgiegeschichte in der Heiligen Schrift suchen5und Traditionen wie Formen der Schriftrezeption im Gottesdienst entdecken lässt;

sie öffnet ihn aber vor allem, indem sie das „Wort des lebendigen Gottes“ hören lässt, das von Mensch zu Mensch kommuniziert wird.

Die „Schrift“ ist nicht mehr und nicht weniger als ein Medium dieses

4 Vgl. Francois Bovon, L’Écriture comme promesse et comme clôture, in: Emmanuel Steffek (Hg.), Raconter, interpréter, annoncer. Parcours de Nouveau Testament, FS Da- niel Marguerat (Le monde de la bible 47), Genf 2003, 15–26.

5 Vgl. Peter Wick, Die urchristlichen Gottesdienste. Entstehung und Entwicklung im Rahmen der frühjüdischen Tempel-, Synagogen- und Hausfrömmigkeit (BWANT 150), Stuttgart 2003.

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lebendigen Gotteswortes. Sie dient der Verbindung von Generation zu Generation und von Ort zu Ort. Sie schärft die Erinnerung; sie erschließt die Tradition. Sie zielt darauf, immer wieder und überall das „Heute“ entstehen zu lassen, das Jesus in seiner Kurzpredigt an- spricht und in seinem ganzen Leben bewahrheitet, bis zum Wort am Kreuz: „Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein“ (Lk 23,43).

Was im Hochgebet des Gründonnerstages – „Das ist heute“ – ein- gefügt wird, prägt jede Feier der Eucharistie, die immer eine Feier des lebendigen Gotteswortes ist, und charakterisiert nicht nur die Eucha- ristie, sondern jede Zusammenkunft, in der das Lesen Verkündigung ist und die Predigt das geschriebene Wort sprechen lässt, in der aus dem tiefen Brunnen der Vergangenheit das frische Wasser der immer neuen Verheißung geschöpft, die Gegenwart als Ort der Begegnung mit Gott gestaltet und der Horizont der Zukunft in seinen unend- lichen Weiten gesehen wird.

Deshalb führt die lebendige Erinnerung an das, was in Nazaret geschehen ist (oder doch gut und gerne ungefähr so hätte passieren können), zu den Kernfragen, die es heute zu beantworten gilt, wenn von der Liturgie in der Bibel her die Bibel in der Liturgie betrachtet werden soll:6 1. Welchen Platz hat sie im Gottesdienst?7 2. Wie kommt sie zu Gehör, zumal wenn die Sprache sich geändert hat, die der Bibel und die der Menschen? 3. Wie kann sie in der Verkündi- gung die Lebendigkeit des Gotteswortes vergegenwärtigen? Die Ant- worten fordern eine fundamentalexegetische Grundlegung: 1. Wel- chen Stellenwert hat der Gottesdienst in der Bibel?8 2. Welche Sprache prägt der Glaube im Alten wie im Neuen Testament?9 3. Wie findet in der Heiligen Schrift Gottes Wort das Ohr von Men- schen? Aus dem Miteinander und Gegenüber dieser drei Fragen er- gibt sich ein Ansatz für eine biblische Theologie der Liturgie, die in jeder Form das Wort Gottes feiert und deshalb ohne Schriftlesung, ohne „Psalmen, Hymnen und Lieder“ (Kol 3,16) nicht sein kann.

6 Vgl. Thomas Söding, Gottes Gegenwart in seinem Wort. Lukanische Perspektiven zur Theologie der Liturgie, in: LJ 67 (2017) 3–28.

7 Vgl. Benedikt Kranemann, Wort Gottes in der Liturgie, in: LJ 63 (2013) 167–183.

8 Vgl. Michael Theobald, Der Gottesdienst der Kirche und das Neue Testament. Er- wägungen zu ihrem gegenseitigen Verhältnis, in: ThQ 189 (2009) 130–157.

9 Vgl. Susanne Luther, Sprachethik im Neuen Testament. Eine Analyse des frühchrist- lichen Diskurses im Matthäusevangelium, im Jakobusbrief und im 1. Petrusbrief (WUNT II/394), Tübingen 2015.

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1. Der Stellenwert der Liturgie in der Bibel

Große Teile der Bibel sind für die Liturgie Israels und der Kirche ent- weder von Anfang an geschrieben oder aber nach und nach entdeckt worden. Die römische Liturgie hat den „Tisch des Wortes“10reicher gedeckt und den Wortgottesdienst der Eucharistiefeier aufgewertet, aber auch in anderen Liturgien auf die Schriftlesung größten Wert gelegt. In dieser Veränderung zeigt sich beispielhaft, was eine Litur- giereform ist: eine zukunftsoffene Besinnung auf den Anfang und eine kreative Prägung der Gegenwart. Für den urchristlichen Gottes- dienst sind Schriftlesung und Schriftauslegung wesentlich – wobei selbstverständlich noch nicht vom Neuen Testament, sondern von der Bibel Israels die Rede ist.

1.1 Beispiel Römerbrief

Paulus schreibt im Römerbrief, da er seine Dogmatik wie seine Ethik auf ihren Grund zurückführt: „Christus ist Diener der Beschneidung geworden für die Wahrheit Gottes, um die Verheißungen der Väter zu befestigen. Die Völker aber sollen Gott loben für sein Erbarmen, wie geschrieben steht:‚Ich werde dich preisen unter den Völkern und deinem Namen lobsingen‘(Ps 18,50). Und wieder heißt es: ‚Freut euch, Völker, mit seinem Volk‘(Dtn 32,43). Und wieder:‚Lobt den Herrn, alle Völker, und preist ihn, alle Nationen‘(Ps 117,1). Und wiederum Jesaja sagt:‚Es wird die Wurzel Jesse sein, und aufstehen wird er, die Völker zu beherrschen, auf ihn hoffen die Völker‘(Jes 11,10).“

Tora, Psalmen und Propheten werden von Paulus zitiert – und zwar immer genau so, wie der Autor und die Adressaten in der Bi- bel angegeben sind. Zuvor hatte der Apostel erklärt: „Denn was immer zuvor geschrieben ist, ist zu unserer Lehre geschrieben, da- mit wir durch die Geduld und durch den Trost der Schriften die Hoffnung haben“ (Röm 15,4). Jetzt wendet er diesen Grundsatz an, zuerst christologisch und soteriologisch (Röm 15,3), dann ek- klesiologisch.

Das Ich des einleitenden Psalms ist für den Psalter das Ich Davids und für Paulus das Ich des Messias Jesus. Jesus, dessen jüdische Ge- burt Paulus unterstreicht (Röm 9,4), hat die Psalmen gebetet; er be- tet sie weiter als Auferstandener, zitiert Paulus doch das Gebet im Futur, das auf die Zeit der Völkermission verweist. Im Deutero- nomium spricht für Paulus der Prophet Mose, der auf einen Prophe-

10 II. Vaticanum, DV 21.

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ten wie ihn selbst hoffen darf, den der Herr dem Gottesvolk aus der Mitte seiner Brüder erwecken lassen wird (Dtn 18,14) – für Paulus ein Hinweis auf Christus. In Ps 117 bekommt Israel selbst eine Stimme11– die Jesus sich zu eigen macht. Diesen drei messianischen Gottesworten stellt der Apostel den Propheten Jesaja gegenüber, der über die Wurzel Jesse, also die ungebrochene Kraft der davidischen Verheißung, spricht und die Herrschaft Gottes über die Völker an- kündigt, ihr größtes Glück.

Paulus kommuniziert diese Schriftauslegung in seinem Brief. Er qualifiziert auch diese Kommunikation theologisch.12 Zum Ab- schluss seines exegetischen Summarys schreibt er: „Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glau- ben, auf dass ihr überfließt in der Hoffnung in der Kraft des Heiligen Geistes“ (Röm 15,13).

Dieser Satz ist performative Rede. Der Apostel betet und bittet beim Schreiben des Briefes. Beim Vorlesen des Briefes wird das ge- schriebene Wort lebendig; der Apostel selbst wird gegenwärtig – als Fürbitter für die Römer. Im Lesen und Hören des Briefes machen sich die Römer die Bitte des Apostels zu eigen – in der Hoffnung, dass sich erfüllt, um was Paulus gebeten hat. In diesem geschriebenen Ge- bet ist eine liturgische Rezeption des Briefes vorgespurt – auch wenn lange Zeit unklar bleibt, in welchen Formen und mit welchen Ge- wicht sie geschehen ist.

1.2 Schriftgemäße Liturgie

Aus der Zitatencollage in Röm 15 gehen grundlegende Bestimmun- gen dessen hervor, was schriftgemäße Liturgie genannt werden kann.13Sie ist zuerst und in allem Lob Gottes, das die Größe seines Namens ausspricht, indem die betende Gemeinde seiner Taten ge- denkt. Sie ist christlich Teilhabe am Gebet des Sohnes zum Vater.

Sie antwortet auf die Erfahrung der Barmherzigkeit Gottes, die im Evangelium als Wort Gottes unter die Leute gebracht wird (Röm 1,16 f.). Sie gibt der Freude über den Heilswillen Gottes Ausdruck, den Jesus verkündet und durch die Hingabe seines Lebens – „als Die- ner der Beschneidung“ (Röm 15,8) – verifiziert; haben ihn doch, so

11 Vgl. Erich Zenger, Ps 117, in: Frank-Lother Hoßfeld, Erich Zenger, Psalmen 101–

150, Freiburg/Br. 2008, 302–309.

12 Vgl. Christina Hoegen-Rohls, Zwischen Augenblickskorrespondenz und Ewigkeits- texten. Eine Einführung in die paulinische Epistolographie (BThSt 135), Neukirchen- Vluyn 2013.

13 Vgl. Hermann Spieckermann, Lebenskunst und Gotteslob in Israel. Anregungen aus Psalter und Weisheit für die Theologie (FAT 91), Tübingen 2014.

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Mitarbeitende

Arnold,Jochen, Prof. Dr. theol. habil., Direktor des Michaelisklos- ters Hildesheim; Vorsitzender der Liturgischen Konferenz (EKD);

Liturgieberater der GEKE; PD für Syst. und Prakt. Theologie an der Universität Leipzig

Benini,Marco, Dr. theol. habil., Gastprofessor für Liturgiewissen- schaft an der Catholic University of America in Washington, DC Brockmöller,Katrin, Dr. theol., Geschäftsführende Direktorin des

Katholischen Bibelwerks e. V. Stuttgart

Embach,Michael, Dr. phil. habil, Prof. apl. für Ältere deutsche Phi- lologie im Fach Germanistik an der Universität Trier und Leiter der Wissenschaftlichen Bibliothek der Stadt Trier

Linnenborn,Marius, Dr. theol., Leiter des Deutschen Liturgischen Instituts, Trier

Müller, Jörg, Dipl.-Theol., Referent für Liturgie im Erzbischöf- lichen Seelsorgeamt der Erzdiözese Freiburg

Simon,Axel, Kirchenmusiker und Kantor, Referent im Deutschen Liturgischen Institut, Trier

Söding,Thomas, Dr. theol., Univ.-Prof. für Theologie und Exegese des Neuen Testaments an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum

Stockhoff,Nicole, Dr. theol., Leiterin der Fachstelle Gottesdienst des Bistums Münster

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Referenzen

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