Wie muss eine modifizierte
Gewässerunterhaltung aussehen, um die Ziele der WRRL zu erreichen
Dipl.-Ing. Herbert Diehl, RP Gießen, Abt. Umwelt, Dez. 41.2 Thomas Paulus, GFG mbH Mainz
Foto: Herbert Diehl, Heinz Patt
Gliederung Inhalt
Rechtliche Aspekte der Gewässerunterhaltung Abgrenzung Ausbau - Unterhaltung
Maßnahmenkatalog = eine „Palette“ von (Einzel-) Maßnahmen und Beispiele für
genehmigungsfreie Maßnahmen i. R. der Gewässerunterhaltung
Literaturempfehlungen
Rechtliche Aspekte der Gewässerunterhaltung
Traditionelle Gewässerunterhaltung =>
Erhalt des ordnungsgemäßer Wasserabflusses Gleichrangiges Ziel „Gewässerentwicklung“
Gewässerunterhaltung - ein Werkzeug der Umsetzung der WRRL
Gewässer „typkonform“ entwickeln
Die Unterhaltung eines Gewässers umfasst nach § 28 WHG seine Pflege und Entwicklung.
Rechtliche Aspekte der
Gewässerunterhaltung
(2) Die Gewässerunterhaltung muss sich an den Bewirtschaftungszielen nach Maßgabe der §§ §§ §§ §§ 27 bis 31 ausrichten und darf die Erreichung dieser Ziele nicht gefährden.
Sie muss den Anforderungen entsprechen, die im Maßnahmenprogramm nach § 82 an die Gewässerunterhaltung gestellt sind. Bei der Unterhaltung ist der Erhaltung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts Rechnung zu tragen;
Bild und Erholungswert der Gewässerlandschaft sind zu berücksichtigen.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für die Unterhaltung ausgebauter Gewässer, soweit nicht in einem Planfeststellungsbeschluss oder einer Plangenehmigung nach § 68 etwas anderes bestimmt ist.
§
§
§
§ 39 WHG (neu) Gewässerunterhaltung
Zulassungsfreie Gewässerentwicklungsmaßnahmen gem. § 39 Abs.1 Satz 1, Satz 2 Nr. 4 WHG (neu)
Gewässerausbau von geringer Bedeutung (Plangenehmigung UWB)
Gewässerausbau von nicht geringer Bedeutung (Planfeststellung OWB)
Strukturverbesserung von geringem Ausmaß mit geringem Verfahrensaufwand bei TÖB-Beteiligung (Plangenehmigung UWB oder OWB)
Rechtliche Grundlagen
Gewässerausbau vs. Gewässerunterhaltung
Es sind frühzeitig Abstimmungsgespräche zu führen, wobei anhand einfacher Skizzen oder Pläne das Vorhaben der Wasserbehörde, weiteren Fachbehörden und den Anliegern erläutert wird. Anregungen und Änderungen sollen offen aufgenommen und berücksichtigt werden. Wird beim Abstimmungsgespräch festgestellt, dass sich durch die geplante Maßnahme Wasserstand und Wasserabfluss nicht wesentlich verändern und in fremde Rechte nicht ohne Einverständnis eingegriffen wird, sollte in vielen Fällen auf ein Wasserrechtsverfahren verzichtet werden können. Der große Vorteil gegenüber einem förmlichen Wasserrechtsverfahren besteht bei diesem Vorgehen darin, dass der Aufwand für alle Betroffenen auf ein Minimum reduziert wird, ohne auf eine gegenseitige Anhörung zu verzichten.
nach WBW-Fortbildungsgesellschaft für Gewässerentwicklung (2007)
Gewässerausbau vs. Gewässerunterhaltung
Gewässerausbau genehmigungspflichtig
Gewässerunterhaltung genehmigungsfrei
Maßnahmen am Gewässer
• Herstellen eines Umgehungsgerinnes, z.B. bei einem Wehr oder einem
Stillgewässer im Hauptschluss,
insbesondere wenn Interessen Dritter, z.B. Anlieger, Flächennutzer etc., betroffen sind.
• Aufstau von Gewässern zur Gewässerbenutzung (Teiche, Wasserkraftanlagen)
• Herstellen, Beseitigen, wesentliche Umgestaltung von Gewässern.
Stauanlagen im Hauptschluss. Deich- und Dammbauten
• Beseitigung der massiven Ufer- und Sohlsicherungin großem Umfang.
• Umgestaltung von Sohlstufen zur rauen Rampe, sofern es sich um kleinräumige Umgestaltungen und die Herstellung der Durchgängigkeit handelt.
• Einbringen von Totholz zur Förderung der Eigenentwicklung
• Einbringen von Störsteinen oder Geschiebedepots zur Unterstützung des Geschiebegleichgewichtes
• Punktuelle Beseitigung einer massiven Ufersicherung mit einer begleitenden ingenieurbiologischen Sicherung.
• Wiederherstellung der
Durchgängigkeit der Gewässersohle
Gewässerausbau vs. Gewässerunterhaltung
Beispiele für Maßnahmen, die im Rahmen der Gewässerunterhaltung bei bestimmten
Randbedingungen ohne wasserrechtliche
Zulassung umgesetzt wurden bzw. werden
können.
Abgrenzung und örtliche Vermarkung eines der Gewässerkategorie und der
Gewässerumfeldnutzung angemessenen Uferrandstreifens. Sicherstellung einer gewässerverträglichen Nutzung bzw. eines gänzlichen Nutzungsverzichts möglichst durch Flächenankauf oder andere geeignete Maßnahmen.
Abgrenzung und örtliche Vermarkung eines der Gewässerkategorie und der
Gewässerumfeldnutzung angemessenen Uferrandstreifens. Sicherstellung einer gewässerverträglichen Nutzung bzw. eines gänzlichen Nutzungsverzichts möglichst durch Flächenankauf oder andere geeignete Maßnahmen.
Randstreifen
Foto: Herbert Diehl
Foto: Heinz Patt
„Randstreifen“ an der Sieg 2005
Wiederherstellung einer natürlichen Sohllage;
je nach Ursache unterschiedliche Maßnahme erforderlich Wiederherstellung einer natürlichen Sohllage;
je nach Ursache unterschiedliche Maßnahme erforderlich Grundschwellen
Natürliche Sohllage
Fotos: Herbert Diehl
Geschiebezugabe, -depots
Foto: Herbert Diehl
Störsteineinbau
Störsteineinbau
Abb: aus Gebler, R.-J.
(2005)
Unter Milde, Schwarzenberg, Erzgebirge
Foto: Thomas Paulus
Foto: G. Schmidt
Störsteineinbau
Entwurf: M. Gerhard, Grafik: H. Worth
Auflandungen durch Totholzstrukturen Verringern der Tiefenerosion
Eine Alternative zu den klassischen wasserbaulichen Grundschwellen
Uferverbau mittels Reifen;
Fußsicherung Steinsatz
Entfernung von Sicherungen (Entfesselung), Teilrückbau, Ersatz durch naturnähere / ingenieurbiologische Bauweisen
Entfernung von Sicherungen (Entfesselung), Teilrückbau, Ersatz durch naturnähere / ingenieurbiologische Bauweisen
vorher vorher
Entfernen von Böschungssicherungen
Fotos: Herbert Diehl
Vorgehensweise bei vollständigen Renaturierungen:
1. Raum für Entwicklung geben 2. Ufersicherung entfernen 3. Ufer abflachen
Uferrenaturierung
Seemenbach
Foto: Thomas Paulus
Vorgehensweise bei Initialmaßnahmen:
1. Raum für Entwicklung geben
2. Ufersicherung teilweise entfernen oder lockern 3. Erosionsprozesse durch Einbau von
Strömungslenkern einleiten
Uferrenaturierung
Buhneneinbau … … gegenüber neu entstandene
Kiesbank
Eder
Fotos: Thomas Paulus
Entfernen von Böschungssicherungen
Foto: Herbert Diehl
Einbau von Sohlenbauwerken, Leitwerken, Buhnen, Störsteinen, Geschiebedepots, Totholzelementen, riffle and pool-Sequenzen, Kolken, Fischunterständen, Anlegung von Steil- und Flachufern, Bermen, strukturreichen Uferzonen, Verzweigungen, Umlaufrinnen, Inselstrukturen,
Totholz
Fotos: Herbert Diehl
Raubaum
Befestigung /Sicherung
Totholz
Abb: aus Gebler, R.-J.
(2005)
Einzelstammbuhne
Totholz
Abb: aus Gebler, R.-J.
(2005)
Foto: Dr. Cornelius
Totholz
Fotos:
Herbert Diehl
Geschiebebank
Totholz
Fotos:
Herbert Diehl
Musterskizze „naturnaher Fischunterstand“
Baumstamm als
Fischunterstand mit langen Stabstahlstiften (Baustahl, Moniereisen) im Untergrund befestigt (s. Musterskizze); am oberen Ende hakenförmig
umgebogen oder kurzes Baustahlstück schräg angeschweißt
Totholz
Fotos: Herbert Diehl
„Naturnaher Fischunterstand“
Foto:
Thomas Paulus
Größerer Wurzelstock mitten im Bett platziert und mit
Holzpfählen fixiert; Wurzelstock und Pfähle mit verzinktem Draht und Krampen miteinander
verbunden.
Totholz
Foto: Herbert Diehl
Wurzelstöcke am Ufer
Totholz
Abb: aus Gebler, R.-J.
(2005)
Größerer Baumstamm mit Wurzelteller am Ufer
buhnenförmig eingebaut und mit Holzpfählen fixiert
Totholz
Foto: Herbert Diehl
Pyramiden- Stammbuhne
Totholz
Abb: aus Gebler, R.-J.
(2005)
Pyramiden- Stammbuhne
Totholz
Abb: aus Gebler, R.-J.
(2005)
Entwurf: J. Scherle, Grafik: U. Jonczyk
Morphologische Veränderungen im Gewässerbett durch Totholz diagonal, V-förmig, in Gewässermitte
Ablagerung von Grobsediment
(Schotter und Steine) Fließrichtung
Strömungsverlauf Starke Ufererosion Verursachter Kolk
Totholz (Stamm) Ablagerung von Feinsediment (Sand) Legende:
Totholz
Foto: Jürgen Scherle
Auslichtung zu eng stehender Gehölze = grüne Verrohrung
Dynamisierung durch Gehölzrodung Folge =>Tiefenerosion
Ein dichter Gehölzsaum verhindert eine natürliche Laufentwicklung
Fotos:
Herbert Diehl und Thomas Paulus
Gehölzpflege
Abb: aus Gebler, R.-J.
(2005)
Sturzbäume u. Totholz sind
schützenswerte Gewässerstrukturen
Foto: A. Pätzold
Totholz hilft bei der Gewässerentwicklung
Fotos: Herbert Diehl
Ihicken
Initiierung von Eigendynamik und rauer Strukturen im Gewässerbett durch
Raubäume welche z.B. aus dem
vorhandenen Bestand geworben werden können. Ein empfehlenswertes Verfahren ist das „Ihicken“ (Schichtl, 1986) welches das Weiterleben der in das Bachbett
geworfenen Krone ermöglicht..
Ihicken
Foto: Herbert Diehl
Modifizierte extensive Gewässerunterhaltung, bedarfsgerechte
Gewässerunterhaltung unter Berücksichtigung ökologischer Belange
(u.a. bei Gerätewahl, Berücksichtigung räumlicher und zeitlicher Aspekte) Modifizierte extensive Gewässerunterhaltung, bedarfsgerechte
Gewässerunterhaltung unter Berücksichtigung ökologischer Belange
(u.a. bei Gerätewahl, Berücksichtigung räumlicher und zeitlicher Aspekte)
…so nicht
!Modifizierte Unterhaltung
Foto: Herbert Diehl
Jan Feb
März Apr
Mai
Jul
Sep Okt
Dez
Aug
Nov Jun
keine Mahd
Optimale Zeiträume für Grabenunterhaltung
Fischlaichzeit
Amphibienruhezeit Insektenruhezeit Vogelbrutzeit
Pflanzenentwicklung Insektenentwicklung
Räumung zulässig keine Räumung
Mahd zulässig
Aussparen inselartiger Altbestände Abschnittsweise
Böschungsmahd In unregelmäßi- gen Abständen werden Altbe- stände belassen.
Diese sind wich- tige Rückzugs- räume für Tiere
Halbseitige Räumung und
Krautung
bei Gräben mit einer Sohlbreite von etwa 1m Abschnittsweise
Räumung und Entkrautung
Abschnittsweises Vorgehen
Grabentaschen
Büro Zick-Hessler
Grabenaufweitung und -verzweigung
Foto:
Thomas Paulus
Fotos: Thomas Paulus und Herbert Diehl
Naturverträgliche Bewirtschaftungsformen zur Erreichung gewässerökologischer und naturschutzfachlicher Zielsetzungen, z.B. Grünlandnutzung unter Verzicht auf Düngung und Anwendung von PSM, extensive Beweidung etc.
Naturverträgliche Bewirtschaftungsformen zur Erreichung gewässerökologischer und naturschutzfachlicher Zielsetzungen, z.B. Grünlandnutzung unter Verzicht auf Düngung und Anwendung von PSM, extensive Beweidung etc.
Auennutzung
Foto:
Herbert Diehl
Foto: Heinz Patt
Formen von Durchlässen
Rohrdurchlass
Offener Rahmendurchlass
Geschlossener Rahmendurchlass
Durchlass mit Halbprofilen
Maulprofile z.B.
Stahlwellprofil
Grafik: Werner Gleim
Durchlässe
Foto:
Thomas Paulus
Straßendurchlasses mit Kolkbildung im Unterwasser / Absturz
Keine Substratauflage
Durchlässe
Fotos: Herbert Diehl
Herstellung der linearen Durchgängigkeit an Durchlässen.
Herstellung der linearen Durchgängigkeit an Durchlässen.
Durchlässe
Foto:
Herbert Diehl
Herstellung der linearen Durchgängigkeit an Durchlässen.
Herstellung der linearen Durchgängigkeit an Durchlässen.
Durchlässe
Fotos: Herbert Diehl
Durchlässe
Fotos: Herbert Diehl
Literaturempfehlungen
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Ich hoffe, dass ich Ihnen einige Anregungen für
strukturverbessernde Maßnahmen zur Umsetzung der
Wasserrahmenrichtlinie geben konnte, die im Rahmen der
Gewässerunterhaltung bei bestimmten Randbedingungen
ohne wasserrechtliche Zulassung umsetzbar sind.
Selztal in Rheinhessen,
Naturschutzgebiet „Hahnheimer Bruch“
Foto: Thomas Paulus