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Aceton als Marker für Unterkühlung: eine retrospektive Untersuchung

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Academic year: 2021

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Aus dem Institut für Rechtsmedizin

der Medizinischen Fakultät Charité – Universitätsmedizin Berlin

DISSERTATION

Aceton als Marker für Unterkühlung –

eine retrospektive Untersuchung

zur Erlangung des akademischen Grades

Doctor medicinae (Dr. med.)

vorgelegt der Medizinischen Fakultät

Charité – Universitätsmedizin Berlin

von

Barbara Fliß

aus Coesfeld

(2)

Gutachter/in:

1. Prof. Dr. med. M. Tsokos

2. Prof. Dr. med. H. Pfeiffer

(3)

Inhaltsverzeichnis

Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen ... 5

Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen ... 6

1. Einleitung und Fragestellung ... 7

1.1 Vorkommen und Definition der Unterkühlung ... 7

1.2 Physiologie der Wärmeregulation ... 7

1.3 Allgemeine Symptome der Hypothermie... 8

1.4 Epidemiologie der Hypothermie ... 8

1.5 Immersionshypothermie ... 9

1.6 Befunde bei Hypothermie ... 9

1.6.1 Makroskopische Befunde ... 10

1.6.2 Mikroskopische Befunde ... 12

1.6.3 Laborchemische Befunde ... 12

1.7 Ziel und Fragestellung der Studie ... 15

2. Material und Methode ... 16

2.1 Untersuchungsgut ... 16

2.2 Methode... 16

3. Ergebnisse ... 21

3.1. Allgemeiner Ergebnisteil... 21

3.1.1. Alters- und Geschlechterverteilung (Gesamtkollektiv) ... 21

3.1.2. Alters- und Geschlechterverteilung (Acetonnegativ n=94) ... 21

3.1.3. Alters- und Geschlechterverteilung (Acetonpositiv n=17)... 21

3.2 Größe, Gewicht und BodyMassIndex (BMI) (Gesamtkollektiv) ... 22

3.2.1 Größe, Gewicht und BodyMassIndex (BMI) der acetonnegativen Gruppe (n=94) .... 22

3.2.2 Größe, Gewicht und BodyMassIndex (BMI) der acetonpositiven Gruppe (n=17) ... 22

3.3 Zeitpunkt des Todes durch Unterkühlung ... 23

3.3.1 Zeitpunkt des Todes durch Unterkühlung in der acetonnegativen Gruppe (n=94) ... 23

3.3.2 Zeitpunkt des Todes durch Unterkühlung in der acetonpositiven Gruppe (n=17) ... 24

3.4 Örtlichkeit der Leichenauffindung ... 25

3.4.1 Örtlichkeit der Leichenauffindung der acetonnegativen Gruppe (n=93) ... 25

3.4.2 Örtlichkeit der Leichenauffindung der acetonpositiven Gruppe (n=17) ... 25

3.5 Temperaturen ... 25

3.5.1 Umgebungstemperatur ... 26

3.5.2 Rektaltemperatur ... 26

4. Spezieller Ergebnisteil - Kältespezifische Merkmale ... 27

4.1 Wischnewski Flecke ... 27

4.1.1 Wischnewski Flecke; acetonnegative Gruppe (n=94)... 27

4.1.2 Wischnewski Flecke; acetonpositive Gruppe (n=17) ... 27

4.2 Kälteerytheme ... 28

4.2.1 Kälteerytheme; acetonnegative Gruppe (n=94) ... 28

4.2.2 Kälteerytheme; acetonpositive Gruppe (n=17) ... 28

4.3 Psoasblutungen ... 29

4.4 Paradoxes Entkleiden und terminales Höhlenverhalten... 29

4.4.1 Paradoxes Entkleiden und terminales Höhlenverhalten; acetonnegative Gruppe ... 29

4.4.2 Paradoxes Entkleiden und terminales Höhlenverhalten; acetonpositive Gruppe ... 29

4.5 Farbe der Totenflecken ... 30

(4)

4.6 Pankreasveränderungen... 30

5. Spezieller Ergebnisteil – laborchemische Auswertung ... 31

5.1 Glucose und Alkohol ... 31

5.1.1 Glucose und Alkohol in der acetonpositven Gruppe ... 31

5.1.2 Glucose und Alkohol in der acetonnegativen Gruppe (n=94) ... 32

5.2 Aceton ... 33

6. Spezieller Einzelfall ... 35

7. Diskussion ... 37

7.1 Allgemeine Befunde ... 37

7.2 Kälte-assoziierte Befunde ... 41

7.3 Auswertung der laborchemischen Befunde... 43

8. Zusammenfassung ... 47 9. Literaturverzeichnis ... 48 10. Anhang ... 51 10.1 Auswertungsbogen ... 51 11. Danksagung ... 52 12. Lebenslauf ... 53 Erklärung ... 54

(5)

Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen

ADH Alkoholdehydrogenase BAK Blutalkoholkonzentration BMI BodyMassIndex (kg/m2) bzw. Beziehungsweise

et al. et alia (lateinisch für und andere) ICD 10 International Classification of Diseases

min minimal

max maximal

PC Personal Computer

WHO World Health Organisation z.B. zum Beispiel

(6)

Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen

Nummer Titel Seite

Tabelle 1 Kategorisierung des BMI (WHO) 17 Tabelle 2 Verteilung der Todesfälle der acetonnegativen Gruppe

(n=94) auf Monat/Jahr

23

Tabelle 3 Verteilung der Todesfälle der acetonpositiven Gruppe (n=17) auf Monat/Jahr

24

Tabelle 4 Zusammenfassung der kälteassoziierten Befunde in Prozent 30

Tabelle 5 Acetonkonzentration in Blut und/oder Urin bei den 10 Verstorbenen ohne Hinweis auf Alkoholisierung oder diabetische Stoffwechsellage

33

Tabelle 6 Acetonkonzentration in Blut und/oder Urin bei den 7 Verstorbenen mit Hinweis auf Alkoholisierung oder diabetische Stoffwechsellage

34

Tabelle 7 Vergleich der laborchemischen und kältespezifischen Merkmale im speziellen Fall

35

Tabelle 8 Vergleich eigener Ergebnisse hinsichtlich

Acetonkonzentrationen im Blut/Urin mit früheren Untersuchungen

45

Abbildung 1 Wischnewski Flecke (Magenschleimhautblutungen) 27 Abbildung 2 Kälteerytheme an den Knien 28

(7)

1. Einleitung und Fragestellung

1.1 Vorkommen und Definition der Unterkühlung

Der Tod durch Unterkühlung ist in Deutschland eine der seltenen ‚nicht natürlichen’ Todesarten. In den Jahren 1993 bis 2003 verstarben in der gesamten Bundesrepublik insgesamt 1999

Personen durch ‚Unfall durch ungewöhnliche Kälte’, was einem Anteil von etwa 0,002% der Gesamtbevölkerung entspricht. Verglichen hiermit verstarben im gleichen Zeitraum 90023 Personen an den Folgen eines Verkehrsunfalls. Ab 1998 wurde die Todesursache im Zuge der Einführung der neuen ICD10 (International Statistical Classification of Diseases) Einstufung in ‚Exposition gegenüber übermäßiger natürlicher Kälte’ umbenannt. Seit dem Jahre 2003

verstarben weitere 706 Personen an den Folgen einer Unterkühlung (Statistisches Bundesamt Deutschland, 2010).

Die Unterkühlung ist ein Zustand, bei dem der menschliche Körper eine Kerntemperatur von 35°C und weniger aufweist, und nicht mehr in der Lage ist, diesen Wärmeverlust durch Wärmeneubildung auszugleichen [1].

1.2 Physiologie der Wärmeregulation

Der menschliche Körper kann nur in einem sehr begrenzten Temperaturspielraum existieren. Optimal ist eine Körperkerntemperatur zwischen 36°C und 37°C. Sowohl Abweichungen nach oben (Hyperthermie) als auch nach unten (Hypothermie) sind nur schwer tolerabel. Die

Steuerung des Temperaturregelkreislaufes findet zum überwiegenden Teil im Hypothalamus statt. Er bekommt seine Informationen über Kälte- bzw. Wärmerezeptoren der Haut und des Körperkerns.

Der Körper besitzt zwei Hauptmechanismen, um die Körperkerntemperatur vor dem Absinken in die Hypothermie zu bewahren. Zum einen ist dies der Erhalt von Wärme, welcher maßgeblich durch eine periphere Vasokonstriktion erreicht wird. Die Gefäße in der Körperschale, den Akren, werden verengt, um so den warmen Blutfluss auf den Körperkern und damit die lebenswichtigen Organe zu konzentrieren. Eine weitere Möglichkeit des Wärmeerhalts ist die Piloreaktion, das Aufstellen der Körperhaare zur Wärmespeicherung. Im Vergleich zur Tierwelt ist dieser Mechanismus bei uns Menschen jedoch zu vernachlässigen.

(8)

Neben den Hauptmechanismen zum Wärmeerhalt hat der Körper außerdem die Möglichkeit, aktiv Wärme zu produzieren. Dies kann er einerseits durch aktives Muskelzittern und

andererseits durch die chemische Thermogenese erreichen.

Die chemische Thermogenese ist ein Zustand, in dem der Stoffwechsel maximal erhöht wird. Es kommt zur Ausschöpfung der Glykogenreserven und zur Verstoffwechselung von gespeicherten Fetten und gegebenenfalls zur Bildung von Ketonkörpern. Eine Sonderstellung in diesem

Prozess nehmen Säuglinge ein, da es ihnen nicht möglich ist durch aktives Muskelzittern Wärme zu erzeugen. Sie besitzen hingegen noch das braune Fettgewebe, welches autonom Wärme produzieren kann. Dieses braune Fettgewebe erhält seine Färbung durch die hohe Anzahl von Mitochondrien, welche die Hauptproduzenten der Energie darstellen.

1.3 Allgemeine Symptome der Hypothermie

Die oben beschriebenen Mechanismen der Wärmeproduktion und der Verhinderung des Wärmeverlustes werden bei einer Körperkerntemperatur von 35°C bis etwa 33°C aktiviert. Es kommt entsprechend zur Tachypnoe, Tachykardie und zu einer Zentralisation des Kreislaufes. Bei Körperkerntemperaturen bis etwa 30°C nimmt die Muskelaktivität ab, der Herzschlag verlangsamt sich, der Atemantrieb wird reduziert, und es kommt zu Desorientiertheit und Apathie.

Sinkt die Körperkerntemperatur weiter ab, auf etwa 27°C, so sinkt mit ihr auch die Herzfrequenz weiter und es kann zu Bradyarrhythmien kommen. Hierdurch entstehen Atempausen, und es kommt zur Bewusstlosigkeit.

Bei einem weiteren Temperaturverlust bis etwa 25°C entwickelt sich in letzter Konsequenz ein Herzkammerflimmern, woraus schlussendlich ein letaler Herz-Kreislaufstillstand resultiert [2]. Der Tod durch Hypothermie ist also ein Herz-Kreislaufversagen infolge eines

Herzkammerflimmerns bzw. einer daraus resultierenden Asystolie.

1.4 Epidemiologie der Hypothermie

Die akzidentelle Hypothermie findet sich gehäuft bei einzelnen, besonders gefährdeten Personengruppen. Diese setzten sich zum einen zusammen aus obdachlosen Menschen und sozial unterprivilegierten Personen. Des Weiteren gehören alte, chronisch kranke Menschen

(9)

Ebenso in diese Gruppe zu zählen sind Menschen mit Alkohol- oder Drogenabusus und jene mit einer akuten Alkoholisierung oder nach Einnahme bewußtseinsbeeinflußender Medikamente. Weitere Opfer der tödlichen Unterkühlung sind häufig auch Verunfallte oder durch Erschöpfung gezeichnete Personen, wie jene, welche sich, zum Beispiel bei einer Wandertour übernehmen und sich dann aus der misslichen Lage nicht mehr selbständig befreien und so keine

Anstrengungen gegen den zunehmenden Kälteverlust unternehmen können.

Es benötigt oft keine besonders tiefen Außen- oder Umgebungstemperaturen, um in eine Hypothermie zu geraten. Auch Temperaturen über dem Gefrierpunkt können zum

Unterkühlungstod führen [3]. Ausschlaggebend sind vielmehr die körperliche Konstitution der betroffenen Person, die Dauer und Art der Kälteeinwirkung (z.B. verstärkt durch Wind), die entsprechende Bekleidung und die oben bereits genannte Beeinflussung durch Alkohol, Drogen oder zentral wirksame Medikamente [2; 4].

Es kann davon ausgegangen werden, dass der Kältetod jährlich im Durchschnitt etwa ein Prozent aller städtischen Todesfälle ausmacht, auf dem Land können es sogar bis zu zwei Prozent sein [2].

1.5 Immersionshypothermie

Eine Sonderform der akzidentellen Hypothermie ist die Immersionshypothermie, also das Unterkühlen im Wasser. Typische Ursachen für eine Immersionshypothermie sind zum Beispiel Boots- oder Schiffunfälle oder das Einbrechen in vereiste Gewässer. Es ist bereits ausreichend, sich mit vollständig durchnässter Kleidung in der Kälte aufzuhalten. Durch das kalte Wasser kühlt der Körper 2 – 4 mal schneller aus als bei vergleichbaren Lufttemperaturen [2]. Da die Agonie meist sehr viel kürzer ist, als bei einer vergleichbaren ‚trockenen’ Unterkühlung, finden sich die noch im Weiteren beschriebenen Unterkühlungsmerkmale häufig gar nicht oder nur sehr viel diskreter ausgeprägt [1].

1.6 Befunde bei Hypothermie

Um die Todesursache Unterkühlung zu bestätigen, gibt es keinen spezifischen Marker, der während einer äußeren oder inneren Leichenschau gefunden werden kann. Vielmehr entsteht die Diagnosefindung durch das Zusammenspiel verschiedener morphologischer Hinweise, wie z.B. laborchemischer Parameter, der Berücksichtigung der Leichenauffindesituation und der

(10)

entsprechenden Vorgeschichte. Letztlich ist der Tod durch Unterkühlung häufig eine Ausschlussdiagnose, was eine hohe Dunkelziffer vermuten lässt.

Im Folgenden werden sachdienliche Befunde vorgestellt wobei in makroskopische und mikroskopische Befunde unterschieden wird.

1.6.1 Makroskopische Befunde

Wischnewskiflecke – Es handelt sich hierbei um kleinfleckige, leopardenfellartig angeordnete akute hämorrhagische Magenschleimhauterosionen infolge vitaler Kälteeinwirkung. Sie wurden erstmals Jahre 1895 durch den russischen Arzt S. Wischnewski beschrieben und im Folgenden nach ihm benannt [5]. Sie stellen eines der wichtigsten Diagnosemerkmale des Kältetodes dar. Sie werden unterschiedlich gehäuft angetroffen, in einzelnen Untersuchungen konnten sie in 91 Prozent der Fälle [5] nachgewiesen werden [6; 7; 8]. Wischnewskiflecke lassen sich

vereinzelt auch in den magennahen Abschnitten des Gastrointestinaltraktes nachweisen [3; 9].

Kälteerytheme (Perniones) – Hautveränderungen, welche sich besonders häufig an den Streckseiten der Knie und Ellbogen finden lassen, aber auch an den Akren wie der Nase, den Ohren, den Fingern und Zehen auftreten können. Grundsätzlich können sie am ganzen Körper an prominenten Stellen aufgefunden werden. Sie können eine blaue, livide, rote bis hin zu einer bräunlichen Färbung aufweisen und treten in totenfleckfreien Bereichen auf. Auf Einschnitten besitzen sie eine sulzige Konsistenz [6; 1; 7; 8; 2].

Psoasblutungen – Es können flächige oder streifenförmige Einblutungen im Musculus iliopsoas auftreten. Als ursächlich wird eine zunehmende Schädigung der Gefäße durch Hypoxie

angenommen, infolge derer es zum Austritt des Blutes in die Muskulatur kommt [10; 11]. Diese Einblutungen lassen sich auch mittels postmortaler Bildgebung durch eine

Magnetresonanztomographie darstellen [12].

Paradoxes Entkleiden – Unter diesem Phänomen versteht man das Auffinden von Verstorbenen, welche teilweise oder vollständig entkleidet sind. Die Kleidungsstücke liegen zum Teil in

(11)

Zum einen wird angenommen, dass es aufgrund der Hypothermie zu einer Vasokonstriktion und somit zu einer Minderdurchblutung im thalamischen Vasomotorenzentrum kommt.

Dies hat zur Folge, dass der Großhirnrinde eine fehlerhafte, viel zu hohe Körpertemperatur übermittelt wird und es somit reaktiv zum Entkleiden kommt.

Die zweite Theorie besagt, dass die Kälte zu einer direkten Lähmung der vasomotorischen Nerven in der Peripherie führt und somit eine permanente Vasodilatation besteht, welche den Betroffenen ebenfalls eine nicht vorhandene Wärme suggeriert [13].

Terminales Höhlenverhalten – oder auch ‚Hide and Die’. Dieses Phänomen findet sich gehäuft in Kombination mit dem paradoxen Entkleiden. Die Verstorbenen werden unter oder hinter

Möbelstücken gefunden, zum Beispiel unter dem Bett oder hinter Schränken und Kommoden. Eine genaue Erklärung für dieses Verhaltensmuster gibt es nicht. Es wird angenommen, dass es sich um ein entwicklungsgeschichtlich altes, instinktives Verhalten handelt, ähnlich dem eines Tieres welches einen Unterschlupf für den Winterschlaf aufsucht [13; 14].

Farbe der Totenflecken / des Leichenblutes – Bei Kälteeinwirkung wird eine eher hellrote Färbung der Totenflecke (Livores) sowie eine hellrote Farbe des Leichenblutes beobachtet. Diese Verfärbung kann infolge einer kältebedingt erhöhten Sauerstoffaffinität zum Hämoglobin entstehen. Es gilt als sehr unspezifisches Phänomen, da es auch durch eine postmortale Diffusion von Sauerstoff in das Gewebe hervorgerufen werden kann und ist daher, als alleiniger der hier vorgestellten Marker nicht als vital anzusehen [1; 2; 15].

Pankreasveränderungen –Veränderungen des Pankreas bei Hypothermie können in Form von Entzündungen, Nekrosen oder Einblutungen auftreten [6; 16; 7]. Die Pathogenese der

Veränderungen ist noch nicht vollständig geklärt [2].

Weitere Befunde – Als eher unspezifische Befunde gelten eine Milzkontraktion auf etwa 1/3 der ursprünglichen Größe, ein Lungenödem, ein Hirnödem und subseröse sowie subendokardiale Einblutungen [2]. Zur Entstehung dieser Befunde, mit Ausnahme der Milzkontraktion, lassen sich abseits der Unterkühlung zahlreiche konkurrierende Ursachen vorstellen.

(12)

1.6.2 Mikroskopische Befunde

Neben den makroskopischen Befunden gibt es eine Reihe von histologischen Organveränderungen bei letaler Hypothermie.

Wischnewski Flecke – bei der mikroskopischen Betrachtung dieses bereits erwähnten Merkmals lassen sich die makroskopisch beschrieben Schleimhauterosionen nicht eindeutig nachweisen. Mit immunhistochemischen Methoden konnten sie jedoch positiv auf Hämoglobin getestet werden [17].

Kälteerytheme – bei der histologischen Aufarbeitung der betroffenen Hautareale findet sich eine ödematöse Schwellung des Gewebes mit gleichzeitiger Hyperämie und vereinzelten Leukozyten. Freie Erythrozyten können nicht dargestellt werden [2].

Nierentubuliverfettung – Mittels Sudanfärbung lässt sich eine feintropfige Fettablagerung in den Hauptstücken der Nierentubuli darstellen. Dieses Merkmal scheint im Vergleich zu den weiteren histologischen Befunden das „spezifischste“ bezüglich des Kältetodes zu sein [18].

Weitere histologische Befunde können ein Kolloidschwund in den Schilddrüsenfollikeln, eine vermehrte Fetteinlagerung in der Nebennierenrinde, sowie fettige Veränderungen der

Herzmuskelzellen sein. Auch Nekrosen des Pankreasgewebes sind beschrieben [2; 19; 20].

1.6.3 Laborchemische Befunde

Neben der morphologischen Befunderhebung ist es im Weiteren möglich, durch laborchemische Untersuchungen die Diagnose Kältetod weiter einzugrenzen. Es gibt Möglichkeiten die im Folgenden aufgeführten Stoffe untersuchen zu lassen.

Katecholamine – Die im Nebennierenmark produzierten Katecholamine Adrenalin und Noradrenalin lassen sich postmortal in Blut und Urin nachweisen. Es wird angenommen, dass bei einer gegebenenfalls langen Agonie, die dem Kältetod vorausgeht, ein erheblicher Stress erzeugt wird. Dieser schlägt sich dann in einer erhöhten Katecholaminkonzentration nieder. Der

(13)

Aceton – Aceton gehört zusammen mit Acet(o)acetat und ß-Hydroxybutyrat zur Gruppe der Ketonkörper, welche als Nebenprodukt der Fettverbrennung in den Mitochondrien der Leberzellen synthetisiert werden. Bei der so genannten Ketogenese werden die Acetyl-CoA Moleküle, welche durch die ß-Oxidation von Fettsäuern entstanden sind, in Aecetacetat überführt. Dieses Acetacetat wird zu einem kleinen Teil in Aceton umgewandelt, der

überwiegende Anteil jedoch in ß-Hydroxybutyrat. Der gesunde Organismus ist in der Lage, die Ketonkörper durch Oxidation zu metabolisieren.

In Fällen von Hungerzuständen, Mangelernährung, (besonders der Mangel an Kohlehydraten), bei übermäßigem Alkoholkonsum und einem entgleisten Diabetes mellitus finden sich im Blut und im Urin Ketonkörper und es kann demzufolge zu azidotischen Zuständen kommen. Als physiologische Normwerte gelten eine (nüchtern) Acetonkonzentration von < 2,5 mg/l (0,0025 mg/g) im Urin [24].

Durch die handelsüblichen Schnellteste lassen sich Acetacetat, Aceton sowie ß-Hydroxybutyrat nachweisen. Da Acetacetat ein sehr labiler Stoff ist und schnell zu Aceton umgewandelt wird, hat sich die Bestimmung von Aceton durchgesetzt [24].

Die Ermittlung von Aceton per Gaschromatographie erfolgt in den allermeisten toxikologischen Labors routinemäßig bei jeder Ethanolbestimmung. Bei differentialdiagnostischen Fragestellung können zusätzlich Acetacetat und ß-Hydroxybutyrat gaschromatographisch analysiert werden. Da in dieser Untersuchung nur der jeweilige Acetonwert erfasst wurde bzw. Acetacetat und ß-Hydroxybutyrat nicht analysiert wurden, wird im Folgenden nur auf Aceton eingegangen.

Ein Zusammenhang von Kältetod und dem Nachweis einer erhöhten Acetonkonzentration im Blut bzw. im Urin ist mehrfach in der Literatur beschrieben worden.

Schneider und Klug vom Institut für Rechtsmedizin der Freien Universität Berlin beschrieben im Jahre 1980 das zeitgleiche Auftreten von Merkmalen für den Tod durch Unterkühlung und von Aceton in Blut und Urin. Es handelte sich um ein Kollektiv von 7 Todesfällen, bei denen stets Aceton im Urin nachgewiesen werden konnte [25].

Giebe und Demme untersuchten 1984 48 Kältetodesfälle, von denen 18 Fälle (38%) einen positiven Acetonnachweis im Blut/Urin aufwiesen [7].

(14)

Auch in der Übersichtsarbeit von Bockhold, Maxeiner und Müller aus dem Jahre 2004, wurde bei einem Kollektiv von 161 Fällen ein Zusammenhang zwischen Unterkühlung und dem Auftreten von Aceton hergestellt. In dieser Untersuchung fanden sich in über 50 % der Fälle Aceton im Blut und/oder im Urin [26].

(15)

1.7 Ziel und Fragestellung der Studie

Aufgrund der wenigen, zumeist unspezifischen Merkmale, welche auf ein letales Unterkühlen hinweisen können, erscheint es sinnvoll, die Wertigkeit des Markers Aceton an einer erhöhten Fallzahl zu überprüfen.

Hieraus ergaben sich für uns folgende Fragestellungen:

 Ist der Nachweis von Aceton im Blut und/oder im Urin ein sicheres Vorgehen, um die Diagnose Kältetod zu verifizieren?

 Worin unterscheiden sich die acetonpositiven von den acetonnegativen Todesfällen?  Gibt es Zusammenhänge zwischen einem positiven Acetonwert und dem Auftreten

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2. Material und Methode

2.1 Untersuchungsgut

Die vorgelegte Arbeit ist eine retrospektive Studie aller Unterkühlungstodesfälle des

Sektionsgutes des Institutes für Rechtsmedizin der Humboldt Universität zu Berlin (jetzt Charité-Universitätsmedizin Berlin) aus den Jahren 1993 bis 2003.

Alle Obduktionsgutachten aus diesem Zeitraum wurden darauf hin untersucht, ob in dem entsprechenden Totenschein todesursächlich eine Unterkühlung angegeben worden war. Die Gutachten der Fälle, auf die das zutraf, wurden einer genaueren Analyse unterzogen.

Insgesamt fanden sich unter 6659 Obduktionsfällen im 11-Jahres-Untersuchungszeitraum 111 Verstorbene mit todesursächlicher Unterkühlung.

Es bleibt zu berücksichtigen, dass entsprechend der, in jenem Zeitraum herrschenden speziellen Hochschulsituation mit drei rechtsmedizinischen Instituten, nicht alle der in Berlin

rechtsmedizinisch untersuchten Leichen im Institut für Rechtsmedizin der Humboldt Universität obduziert wurden, sondern nur etwa ein Drittel. Ein weiteres Drittel wurde im Institut für

Rechtsmedizin der Freien Universität obduziert, und das verbliebene Drittel im Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin in Berlin. Jenes Institut war auch federführend bei der Verteilung der Leichen auf die drei Institute, da das Leichenschauhaus, in welches alle beschlagnahmten Leichname gebracht wurden, dem Landesinstitut unterstand. Es ist also insgesamt von einer entsprechend höheren Anzahl von an Unterkühlung verstorbenen Personen im untersuchten Zeitraum auszugehen.

2.2 Methode

Die Daten zu den Verstorbenen sowie die offizielle Todesursache wurden den

Sektionsprotokollen, den beiliegenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsunterlagen und den toxikologischen Untersuchungsberichten entnommen.

Diese Daten wurden mit Hilfe eines vorher hierfür erstellen Auswertungsbogens (siehe Anhang) erhoben.

(17)

Die Akten wurden auf folgende Punkte hin ausgewertet:

 Biographische und individuelle Daten (Alter, Geschlecht, Größe, Gewicht, BodyMassIndex)

 Zeitpunkt und Örtlichkeit des Versterbens

 Soweit dokumentiert Auffindesituation (paradoxes Entkleiden, terminales Höhlenverhalten), Umgebungs- und Rektaltemperatur

 Kältetodspezifika (Kälteerytheme, Wischnewskiflecken, Psoaseinblutungen, Pankreasveränderungen, Farbe der Totenflecke)

 Histologische Untersuchungen mit Augenmerk auf Nierentubuliverfettung, Thyroidkolloidschwund, fettige Degeneration der Nebennierenrinde

 Auswertung von Aceton und Alkohol im Blut und/oder Urin, Glucosemessung im Urin und/oder Liquor

 Anamnestisch angegebener Diabetes mellitus.

Die erhobenen Daten wurden anschließend am PC mittels Software Microsoft Word und Microsoft Excel ausgewertet.

Der BMI (BodyMassIndex) wurde mittels folgender Formel berechnet: Gewicht in Kilogramm dividiert durch die Körpergröße im Meter zum Quadrat. Die Ergebnisse wurden entsprechend der Definition der World Health Organisation (WHO) in die folgenden Kategorien eingeteilt.

Kategorie BMI kg/m2 Starkes Untergewicht < 16 Mässiges Untergewicht 16 – 17 Leichtes Untergewicht 17 – 18,5 Normalgewicht 18,5 – 25 Präadipositas 25 – 30 Adipositas Grad I 30 – 35 Adipositas Grad II 35 – 40

Adipositas Grad III > 40 Tabelle 1: Kategorisierung des BMI (WHO 2004)

(18)

In einem ersten Schritt wurde das Gesamtkollektiv in zwei Gruppen unterteilt, zum einen diejenigen mit positivem Acetonwert (im Folgenden als „acetonpositiv“ bezeichnet) in Blut und/oder im Urin und des Weiteren in diejenigen bei denen der Acetonnachweis negativ verlaufen war. Die Nachweisgrenze von Aceton lag bei 0,01 mg/g. Verstorbene, in deren Blut und/oder Urin Werte unterhalb der Nachweisgrenze nachgewiesen wurden, werden im

Folgenden, wie auch in den, den Fallakten beiliegenden toxikologischen Gutachten, als „acetonnegativ“ bezeichnet. Die beiden Gruppen wurden hinsichtlich der oben genannten Merkmale analysiert.

Im Folgenden wurde die Gruppe der acetonpositiven Fälle einer genaueren Analyse unterzogen. Um einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Aceton und dem

Unterkühlungstod ermitteln zu können, wurden aus dieser Gruppe jene Fälle ausgeschlossen, bei denen der Acetonwert durch einen nicht unterkühlungsbedingten Mechanismus

(z.B. Diabetes mellitus, Alkoholabusus, Hungerzustände) hätte positiv sein können.

Die Ausschlusskriterien waren wie folgt:

 Positiver Glucosewert in Urin und/oder Liquor, ermittelt durch Streifenschnelltest während der Obduktion

 Eine Ethylalkoholkonzentration von ≥ 0,4 mg/g in Blut und/oder Urin  Anamnestisch gesicherter Diabetes mellitus.

Eine Alkoholbestimmung wurde im Untersuchungszeitraum (1993-2003) routinemäßig bei jeder obduzierten Leiche durchgeführt.

Es ist vorgeschrieben, dass die Alkoholbestimmung mit zwei unterschiedlichen Methoden durchgeführt werden muss (Richtlinien zur Bestimmung der Blutalkoholkonzentration im Blut (BAK) für forensische Zwecke, 2006).

In dieser Untersuchung war dies bis zum Jahr 2001 die Widmark-Methode, die Anfang 2001 durch die ADH-Methode ersetzt wurde, und zum anderen die gaschromatographische Messung. Die Analyse nach Widmark wird heute nicht mehr durchgeführt, da sie bei fortgeschrittener Leichenfäulnis falsch positive Werte für Alkohol anzeigt.

(19)

Zur Obduktion wurden die Leichen in das Institut für Rechtsmedizin der Humboldt Universität verbracht, wo die Obduktionen standardisiert durchgeführt wurden.

Es erfolgte die Eröffnung aller drei Körperhöhlen, also von Thorax, Abdomen und Schädel, sowie die Entnahme und genaue Inspektion der darin befindlichen Organe. Für die

Alkoholbestimmung wurde Blut und/oder Urin entnommen. War es aufgrund fortgeschrittener Fäulnis oder anderer Umstände nicht möglich Blut und/oder Urin zu asservieren, wurden andere Gewebe oder Körperflüssigkeiten, wie z.B. Fäulnisflüssigkeit oder Muskel entnommen.

Während der Sektion wurde mittels handelsüblicher Teststreifen das Vorhandensein von Glucose im Urin und im Liquor ermittelt.

Bei fortgeschrittener Fäulnis mit Erweichung des Gehirns und somit nicht mehr sicher abgrenzbarem Liquor oder auch bei entleerter Blase konnte dieses Testverfahren nicht angewendet werden.

Die oben genannten Asservate wurden im Rahmen der Sektion im Sektionssaal auf folgende Art und Weise entnommen:

Blut: Das Blut wurde im Regelfall aus der Vena iliaca communis mittels Punktion mit einer Spritze entnommen und in ein 9 ml fassendes Probengefäß gegeben, welches keine zusätzliche Trägersubstanz enthielt.

War eine Blutentnahme aus der Vena ilicaca communis nicht möglich, wurde alternativ Herzblut, oder wenn auch dieses nicht mehr asservierbar war, ein Stück des Musculus psoas entnommen.

Urin: Zur Gewinnung des Urins wurde die Harnblase mit einem Schnitt eröffnet und der Urin mittels einer Schöpfkelle in ein 9 ml fassendes Probengefäß gegeben, welches keine zusätzliche Trägersubstanz enthielt.

Zur weitergehenden Untersuchung bei gezielten, fallspezifischen Fragen, die auf die ursächliche Diagnose der letalen Unterkühlung keinen Einfluss hatten, wurde in Einzelfällen auch

Hämatomblut und Liquor entnommen und auf das Vorhandensein von Alkohol getestet. Die im Obduktionssaal befüllten Probengefäße wurden mit dem Entnahmedatum und der entsprechenden Sektionsnummer versehen, gekühlt und in die institutszugehörige Toxikologie verbracht. Dort wurden die Proben weiter bei Kühlschranktemperatur (etwa 4°C) aufbewahrt und

(20)

Für die Gaschromatographie wurden die Proben mit dem internen Standard „tertiärem Butanol (0,01%)“ in einem speziellen Glasbehältnis vermischt, verschlossen, mit einer entsprechenden Nummer versehen und in den Gaschromatographen positioniert.

Der verwendete Gaschromatograph war ein Gerät der Marke ‚Perkin Elmer

Gaschromatograph 8600’. Vor jedem Durchlauf wurde das Gerät mittels einer wässrigen Ethanollösung kalibriert. Ein Messdurchlauf dauerte sieben Minuten. Jede Probe wurde doppelt ausgewertet, um eventuelle Messfehler zu detektieren. Als endgültiges Resultat wurde der Mittelwert aus beiden Messungen errechnet. Nach Bearbeitung wurde der Rest der Probe aus dem Sektionssaal für insgesamt 2 Jahre gekühlt aufbewahrt und hiernach vernichtet.

Die ermittelten Werte wurden auf einer Skala (X-Achse Time (Minuten), Y-Achse Response (mv)) dargestellt. Der Zeitpunkt, an dem der Peak auftritt, ist charakteristisch für die zu

bestimmende flüchtige Substanz, während die Fläche des Peaks die entsprechende Konzentration anzeigt.

Aceton ist ein Stoff, der automatisch bei jeder Messung mitbestimmt wird, wobei in dieser Untersuchung die Nachweisgrenze bei 0,01 mg/g liegt. Mengen, die knapp über bzw. unter der Nachweisgrenze liegen wurden in den toxikologischen Gutachten mit ‚Spuren von Aceton’ angegeben. In dieser retrospektiven Untersuchung wurde nur Aceton ausgewertet, die anderen Ketonkörper (Acet(o)acetat und ß-Hydroxybutyrat) wurden nicht analysiert.

Der ermittelte Wert und die Interpretation der Ergebnisse wurden in einem toxikologischen Gutachten dem Institut für Rechtsmedizin mitgeteilt und zusätzlich noch in den so genannten „Alkoholbüchern“ in der Toxikologie handschriftlich archiviert.

Eine weitere Substanz die bei erhöhtem Alkoholkonsum aber auch bei Alkoholabusus analysiert werden kann, ist das Isopropanol. [34]. Da es in dieser Untersuchung nur in einem Fall

nachgewiesen wurde (449/02, Blut 0,2 mg/g Isopropanol, Urin 0,2 mg/g Isopropanol), ist sie in der folgenden Auswertung zu vernachlässigen.

(21)

3. Ergebnisse

Im Erhebungszeitraum von 11 Jahren wurden 111 Unterkühlungstodesfälle obduziert, was etwa 1,7% des gesamten Obduktionsgutes (n=6659) des Instituts für Rechtsmedizin der Humboldt Universität Berlin entspricht.

3.1. Allgemeiner Ergebnisteil

Diese Studie umfasst insgesamt 111 Verstorbene (n=111). Bei 17 Verstorbenen fand sich ein positiver Acetonnachweis (n=17) entweder im Blut, im Urin oder in beiden Asservaten. Bei den übrigen 94 Verstorbenen blieb der Acetonnachweis in den genannten Medien negativ (n=94), also unterhalb der Nachweisgrenze von 0.01 mg/g.

Aus diesem Grund werden im Folgenden die Ergebnisse der zwei Gruppen unterschieden (acetonpositive und acetonnegative Verstorbene).

3.1.1. Alters- und Geschlechterverteilung (Gesamtkollektiv)

Bei den Verstorbenen handelte es sich um 48 Frauen (43%) und 63 Männer (57%). Das Alter der Frauen lag zwischen 35 und 92 Jahren (Mittelwert 68 Jahre), das der Männer zwischen 27 und 87 Jahren (Mittelwert 58 Jahre). Eine Anhäufung von Todesfällen durch Unterkühlung gab es bei den Frauen in der Altersgruppe der 71 – 80 Jährigen (17 Fälle, 35%) und bei den Männern in der Altersgruppe der 51 – 60 Jährigen (25 Fälle, 40%).

3.1.2. Alters- und Geschlechterverteilung (Acetonnegativ n=94)

In der Gruppe der acetonnegativen Verstorbenen fanden sich 39 Frauen (41%) und 55 Männer (59%), wobei die Frauen im Mittel 69 Jahre (zwischen 36 – 92 Jahre) und die Männer 57 Jahre (zwischen 27 – 87 Jahre) alt geworden waren. Der größte Anteil der Frauen lag auch hier in der Altersgruppe der 71 – 80 Jährigen (14 Fälle), wobei die meisten Männer in der Altersgruppe der 51 – 60 Jährigen anzutreffen waren (22 Fälle).

3.1.3. Alters- und Geschlechterverteilung (Acetonpositiv n=17)

In dieser Gruppe von insgesamt 17 Verstorbenen befanden sich 9 Frauen (53%) und 8 Männer (47%). Die Frauen waren im Mittel 68 Jahre alt geworden (zwischen 35 – 86 Jahre), die Männer 54 Jahre (zwischen 43 – 65 Jahre).

(22)

Der Altersgipfel lag bei den Frauen ebenfalls in der Altersgruppe der 71 – 80 Jährigen (3 Fälle), und bei den Männern mit je 3 Fällen sowohl in der Altersgruppe der 41 – 50 Jährigen, als auch der 51 – 60 Jährigen.

3.2 Größe, Gewicht und BodyMassIndex (BMI) (Gesamtkollektiv)

Da Aceton bei einem länger andauernden Hungerzustand gebildet wird, wurde versucht, in dieser Untersuchung auch auf diesen Umstand einzugehen. Retrospektiv können hier keine gesicherten Angaben zur Nahrungsaufnahme in den Tagen vor dem Versterben und somit zu allfälligen Hungerperioden getätigt werden. Eine Möglichkeit, dieser Problematik

entgegenzutreten ist die Auswertung des BodyMassIndex (BMI) des Verstorbenen, wobei auch dieser nur eingeschränkt Hinweise auf die Ernährungssituation kurz vor Todeseintritt gibt. Eine weitere Einschätzung wäre durch den Füllungszustand des Gastrointestinaltraktes möglich, dies wurde aber in dieser Untersuchung nicht berücksichtigt.

3.2.1 Größe, Gewicht und BodyMassIndex (BMI) der acetonnegativen Gruppe (n=94) Bei den Frauen befand sich der BMI in einem Bereich von 11,7 – 43,8 kg/m2, mit einem Mittelwert von 21,6 kg/m2. Die Körpergröße betrug minimal 136 cm und maximal 179 cm (Mittelwert 159 cm). Das Körpergewicht bewegte sich in einem Rahmen von 27 – 96 kg (Mittelwert 56 kg).

Bei den Männern verhielt es sich ähnlich. Der BMI-Mittelwert lag bei 19,5 kg/m2 (11,8 – 30,7 kg/m2). Die männlichen Probanden waren im Durchschnitt 174 cm groß (161 – 193 cm) und wogen durchschnittlich 60 kg (32 – 105 kg).

3.2.2 Größe, Gewicht und BodyMassIndex (BMI) der acetonpositiven Gruppe (n=17) In der Studiengruppe lag der BMI bei den Frauen bei einem Mittelwert von 19,1 kg/m2 (17,6 – 20,6 kg/m2). Sie waren minimal 35 kg und maximal 52 kg schwer (Mittelwert 46 kg), und die Größe variierte zwischen 159 cm und 167 cm (Mittelwert 160 cm).

(23)

Entsprechend der Einteilung der WHO lag der Mittelwert der acetonnegativen wie auch der acetonpositiven Gruppe im Bereich des unteren Normalgewichtes von 18,5 – 25 kg/m2.

3.3 Zeitpunkt des Todes durch Unterkühlung

Der Zeitpunkt des Todes wurde mit der Auffindung des Leichnams gleichgesetzt, da eine genaue Todeszeitbestimmung in den überwiegenden Fällen nicht möglich bzw. nicht erfolgt war. Der Untersuchungszeitraum erstreckte sich von Januar 1993 bis Dezember 2003.

3.3.1 Zeitpunkt des Todes durch Unterkühlung in der acetonnegativen Gruppe (n=94) Die Monate mit den meisten Todesfällen in dieser Gruppe waren der Januar und der Februar (jeweils n=16). Die meisten Todesfälle (n=68) ereigneten sich im Zeitraum zwischen November bis März. Die übrigen 26 Fälle waren annährend gleichmäßig über die weiteren Monate verteilt. Auch in den Sommermonaten gab es einzelne Todesfälle durch Unterkühlung (Juni-August n=6, 6%). 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 Januar 5 1 1 1 2 0 0 1 1 3 1 16 Februar 3 5 1 0 2 1 1 2 1 0 0 16 März 1 3 0 2 1 1 1 0 0 0 1 10 April 2 1 0 2 3 0 0 0 0 0 0 8 Mai 1 1 0 1 1 0 0 0 1 0 0 5 Juni 0 1 0 0 1 0 0 0 0 0 0 2 Juli 0 0 0 1 0 0 0 0 0 1 0 2 August 0 0 0 1 0 0 1 0 0 0 0 2 September 0 1 0 0 1 1 0 1 1 1 0 6 Oktober 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 1 November 1 1 1 3 1 2 0 2 1 1 0 13 Dezember 2 1 2 2 3 0 2 0 1 0 0 13 15 15 5 14 15 5 5 6 6 6 2 94

(24)

In den Jahren 1993, 1994, 1996 und 1997 fanden sich die meisten Unterkühlungsfälle: Die wenigsten Fälle von Unterkühlung, in dieser Gruppe nur 2 Fälle, konnten im Jahr 2003 nachgewiesen werden.

3.3.2 Zeitpunkt des Todes durch Unterkühlung in der acetonpositiven Gruppe (n=17)

Auch in diesem Untersuchungskollektiv zeigte sich ein entsprechender Trend. Dort fanden sich die meisten Todsfälle ebenfalls in den Wintermonaten November bis März (n=13, 76%). Aber auch hier wurden Verstorbene in den Sommermonaten aufgefunden (n=1, 6%). Die häufigsten Todesfälle waren in gleichen Anteilen zu je 3 Verstorbenen auf die Monate November, Januar und März verteilt. 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 Januar 2 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 3 Februar 0 1 0 0 0 0 1 0 0 0 0 2 März 1 0 0 1 0 1 0 0 0 0 0 3 April 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 Mai 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Juni 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Juli 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 August 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 1 September 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 1 Oktober 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 November 0 1 0 0 0 0 1 0 0 0 1 3 Dezember 1 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 2 4 4 0 2 1 2 2 0 0 1 1 17

Tabelle 3: Verteilung der Todesfälle der acetonpositiven Gruppe (n=17) auf Monat/Jahr

In diesem Untersuchungskollektiv fand sich die größte Anzahl von Kältetodesfällen in den Jahren 1993 und 1994. In den Jahren 1995, 2000 und 2001 konnte kein Fall von

(25)

3.4 Örtlichkeit der Leichenauffindung

Die Örtlichkeit der Leichenauffindung wurde grob in „drinnen“ (innerhalb von Räumlichkeiten) und „draußen“ (außerhalb von Räumlichkeiten) aufgeteilt, wobei drinnen in einem Gebäude, einer Wohnung, einem Krankenhaus, einer U-Bahnstation oder einem Fahrzeug bedeutet und mit draußen der Auffindeort unter freiem Himmel bzw. allenfalls an einer überdachten Bushaltestelle gemeint ist.

3.4.1 Örtlichkeit der Leichenauffindung der acetonnegativen Gruppe (n=93)

Der überwiegende Anteil der acetonnegativen Verstorbenen wurde in geschlossenen Räumen, meist in der eigenen Wohnung, aufgefunden (73 Fälle, 78%), während lediglich 20 Verstorbene (21%) im Freien gefunden wurden.

Hier sah die Geschlechterverteilung wie folgt aus: drinnen wurden 30 (31%) Frauen und 43 (47%) Männer gefunden und draußen 8 (9%) Frauen und 12 (13%) Männer.

In einem Todesfall (Sektionsnummer: 16/00) einer Frau war in den Unterlagen keine Aussage zum Auffindeort getroffen worden (n=93).

3.4.2 Örtlichkeit der Leichenauffindung der acetonpositiven Gruppe (n=17)

Bei diesem Untersuchungskollektiv wurden 14 Verstorbene (82%), also die überwiegende Mehrheit im Inneren eines Gebäudes aufgefunden, hierunter befanden sich 8 Frauen und 6 Männer. Nur 3 Verstorbene (18%) wurden draußen aufgefunden (1 Frau, 2 Männer).

Da das postmortale Intervall allenfalls einen geringen Einfluss auf die Acetonbildung im Körper besitzt [27; 28], wurde auf eine Differenzierung nach geschätzter Liegezeit bzw.

fortgeschrittener Leichenfäulnis verzichtet.

3.5 Temperaturen

Da häufig die Leichenschauen vor Ort nicht durch Rechtsmediziner durchgeführt wurden, war nur in wenigen Fällen eine Temperaturmessung erfolgt, weshalb die Fallzahlen mit

(26)

3.5.1 Umgebungstemperatur

Bei der acetonnegativen Gruppe war in 18 Fällen (n=18) eine Messung der

Umgebungstemperatur erfolgt. Hier wurde eine mittlere Umgebungstemperatur von 8°C (5 – 13°C) gemessen. Bei der acetonpositiven Gruppe war in 4 Fällen (n=4) eine Messung der Umgebungstemperatur erfolgt und hier lag der Mittelwert bei 9°C (–16 – 18°C).

3.5.2 Rektaltemperatur

Bei der acetonnegativen Gruppe war in 16 Fällen (n=16) eine Messung der Rektaltemperatur erfolgt. Hier ergab sich ein gemessener Mittelwert von 21°C (13 – 26°C). Bei der

acetonpositiven Gruppe war in 6 Fällen (n=6) eine Messung der Rektaltemperatur erfolgt. Hier lag die Rektaltemperatur im Mittel bei 18°C (6 – 34°C).

Hinweise zur Dauer des Unterkühlungsvorgangs bzw. eine Beschreibung der Auffindesituation, als möglicher Grund für das Unterkühlungsereignis der Verstorbenen fanden sich in den

Obduktionsunterlagen nicht. Die Länge der Agonie und somit indirekt auch die des Unterkühlungszeitraums wäre nur in der Zusammenschau der Rektal- und

Umgebungstemperatur mit den sicheren Todeszeichen (Leichenstarre und Leichenflecken) zu beurteilen.

(27)

4. Spezieller Ergebnisteil - Kältespezifische Merkmale

4.1 Wischnewski Flecke

4.1.1 Wischnewski Flecke; acetonnegative Gruppe (n=94)

Der Nachweis von Wischnewski Flecken war in der acetonnegativen Gruppe sehr häufig erfolgt. So fanden sich bei 86 Verstorbenen (91%; Frauen n=32, 82%, Männer n=54, 98%) die

charakteristischen, braun bis schwarzen Schleimhauterosionen im Magen (Abbildung 1).

4.1.2 Wischnewski Flecke; acetonpositive Gruppe (n=17)

In diesem Untersuchungskollektiv fand sich ein ähnliches Bild. Hier waren bei 16 Verstorbenen (94%) Wischnewski Flecke nachweisbar (Frauen n=8, 89%, Männer n=8, 100%).

(28)

4.2 Kälteerytheme

Kälteerytheme treten bevorzugt an den Knien und Ellbogen auf, können jedoch auch an den Akren vorgefunden werden. Sie stellen sich als blaurote bis bräunliche Hautunterblutungen dar, die auf Einschnitten eine sulzige Konsistenz aufweisen.

4.2.1 Kälteerytheme; acetonnegative Gruppe (n=94)

In der vorliegenden Untersuchung fanden sich bei 35 von 94 Verstorbenen (37%) derartige Hautveränderungen (Abbildung 2).

4.2.2 Kälteerytheme; acetonpositive Gruppe (n=17)

(29)

4.3 Psoasblutungen

Einblutungen in den Musculus psoas, entweder ein- oder beidseitig, ist ein häufig beschriebenes, aber in der Praxis doch eher selten beobachtetes Merkmal für einen Tod durch Unterkühlung. In unserer Untersuchung fand sich dieses Phänomen in der acetonnegativen Gruppe bei 3 Verstorbenen (3%).

Das acetonpositive Untersuchungsgut wies keinen einzigen Fall von Psoasblutungen auf.

Bei dieser Variabel wurden alle Fälle, bei denen in den Obduktionsprotokollen nicht explizit auf nicht vorhandene Psoasblutungen hingewiesen worden war, als negative Ergebnisse angesehen, da davon ausgegangen wurde, dass bei jeder Obduktion regelhaft der Musculus psoas

eingeschnitten worden war.

4.4 Paradoxes Entkleiden und terminales Höhlenverhalten

Zu diesen beiden Punkten der Auswertung muss angemerkt werden, dass bei einem Großteil der hier analysierten Fälle keine rechtsmedizinische Leichenschau am Fundort des Leichnams durchgeführt wurde. So wurden manche Fälle von paradoxem Entkleiden und terminalem Höhlenverhalten möglicherweise nicht erkannt und somit nicht dokumentiert. Die hier vorgenommenen Auswertungen sind somit nur eingeschränkt aussagekräftig.

4.4.1 Paradoxes Entkleiden und terminales Höhlenverhalten; acetonnegative Gruppe

Ein paradoxes Entkleiden fand sich bei insgesamt 8 der 94 Verstorbenen (9%), wobei es bei Männern (n=7, 11%) häufiger auftrat als bei Frauen (n=3, 8%).

Das terminale Höhlenverhalten konnte nur bei einem Fall (weiblich) beobachtet werden (1%).

4.4.2 Paradoxes Entkleiden und terminales Höhlenverhalten; acetonpositive Gruppe

In diesem Untersuchungskollektiv fanden sich 2 Fälle (12%) von paradoxem Entkleiden, jeweils ein Mann und eine Frau, und bei einem Mann (6%) wurde ein terminales Höhlenverhalten beobachtet.

(30)

4.5 Farbe der Totenflecken

Als ein eher unspezifisches und postmortal produzierbares Merkmal für den Tod durch

Unterkühlung sind auffällig hellrote Totenflecken beschrieben. Die Beschreibung einer Farbe ist natürlicherweise ein sehr subjektiver Vorgang und erschwert die objektive Auswertung

erheblich. Berücksichtig wurden hier die Fälle, in denen die Totenfleckfarbe mit auffällig hellrot oder rötlich angegeben wurde.

4.5.1 Farbe der Totenflecken; acetonnegative Gruppe

In 17 Fällen der acetonnegativen Gruppe wurde die Farbe der Totenflecken im Sektionsprotokoll nicht erwähnt, so dass sich die Fallzahl auf n=77 verringert.

Als hellrot (n=2) bzw. rötlich (n=3) wurden die Totenflecken jedoch nur in 5 Fällen beschrieben.

4.5.2 Farbe der Totenflecken; acetonpositive Gruppe

In dieser Gruppe wurde die Totenfleckfarbe bis auf einmal in jedem Sektionsprotokoll beschrieben (n=16), wobei in keinem Fall die alleinige Bezeichnung rot verwendet wurde.

4.6 Pankreasveränderungen

Bei Unterkühlungen kann es sowohl zu Einblutungen in das Pankreasgewebe als auch zu Nekrosen kommen.

In der acetonnegativen Gruppe fanden sich 3 Fälle (3%) von Einblutungen und keine Nekrosen, während in der acetonpositiven Gruppe weder Einblutungen noch Nekrosen beschrieben wurden.

Acetonnegativ (%) Acetonpositiv (%) Wischnewski Flecke 91 94 Kälteerytheme 37 35 Psoasblutungen 3 0 Paradoxes Entkleiden 9 12 Terminales Höhlenverhalten 1 6

Farbe der Totenflecken 6 0

(31)

5. Spezieller Ergebnisteil – laborchemische Auswertung

5.1 Glucose und Alkohol

5.1.1 Glucose und Alkohol in der acetonpositven Gruppe

Bei 17 Verstorbenen der 111 ausgewerteten Todesfälle durch Unterkühlung (15%) fanden sich in der gaschromatograpischen Untersuchung des während der Obduktion asservierten Blutes

und/oder Urins positive Ergebnisse für Aceton.

Da Ketonkörper, respektive Aceton bekanntlich auch durch diabetische

Stoffwechsel-entgleisungen oder eine hochgradige Alkoholisierung entstehen können, wurden Verstorbene bei denen eine mögliche schwere Alkoholisierung oder diabetische Stoffwechselentgleisung

angenommen werden konnte, aus dem endgültigen Untersuchungskollektiv ausgeschlossen.

Diese geschah anhand der folgenden Ausschlusskriterien:

1. Ein positiver Glucosenachweis im Urin oder im Liquor, da hierdurch ein vorbestandener Diabetes mellitus nicht ausgeschlossen werden konnte.

2. Ein nicht durchführbarer Glucosenachweis, da weder Urin noch Liquor beim Leichnam asserviert werden konnte und so ein bestehender Diabetes mellitus weder nachgewiesen, noch ausgeschlossen werden konnte.

3. Ein Wert von ≥0,4 mg/g Ethylalkohol in Blut und/oder Urin. Werte kleiner als 0,4 mg/g, könnten auch noch durch postmortale Fäulnisprozesse entstanden sein und sind somit nicht sicher als Alkoholisierung zu werten.

Anhand dieser Kriterien wurden sieben Verstorbene aus der acetonpositiven Gruppe ausgeschlossen.

 1 x war die Glucosemessung nicht mehr durchführbar (Sektionsnummer 364/96)  4 x war entweder im Liquor, im Urin oder in beiden Asservaten der

Glucosenachweis positiv (42/93, 687/94, 139/96, 45/99) verlaufen

 2 x waren die Ethylalkoholwerte im Blut und im Urin zu hoch (449/02: 0,5 bzw. 0,4 mg/g; 510/03: 1,4 bzw. 2,2 mg/g).

(32)

Schließlich resultierte hieraus eine endgültige Fallzahl von insgesamt 10 Verstorbenen (n=10).

Auf den Ausschluss von Verstorbenen mit fraglich bekanntem Alkoholabusus wurde bewusst verzichtet, da es häufig nur Angaben von Angehörigen oder Bekannten der verstorbenen Personen waren und keine ärztlich gesicherten oder morphologisch fassbaren Diagnosen vorlagen. Bei Alkoholentzug und Alkoholabusus kann vor allem ß-Hydroxybutyrat, aber auch Aceton in den Körperflüssigkeiten erhöht sein. Eine Analyse des ß-Hydroxybutyrat wurde in dieser retrospektiven Untersuchung nicht durchgeführt.

Bei den ausgewählten 10 Verstorbenen der Studiengruppe, verhielt es sich mit den

Alkoholwerten in Blut und Urin wie folgt: Bei 9 Verstorbenen war der Alkoholnachweis im Blut durchführbar und fiel mit 0,00 mg/g negativ aus, bei einer Verstorbenen wurde der Test auf Alkohol im Muskel durchgeführt wobei 0,2 mg/g Alkohol nachgewiesen wurden.

Der Urin konnte bei 7 Verstorbenen auf Alkohol getestet werden und war in 3 Fällen negativ und jeweils in 2 Fällen lag er bei 0,1 mg/g und 0,2 mg/g.

5.1.2 Glucose und Alkohol in der acetonnegativen Gruppe (n=94)

Auch in der acetonnegativen Gruppe wurden die Konzentrationen von Alkohol in Blut und Urin ermittelt, sowie eine Glucosemessung in Liquor und Urin mittels Streifentest durchgeführt.

Bei 3 Verstorbenen war ein Diabetes mellitus anamnestisch bekannt.

In 13 Fällen war eine Glucosetestung weder im Urin, noch im Liquor möglich oder wurde nicht durchgeführt. Hierzu fanden sich in den Sektionsprotokollen keine Hinweise.

In 2 Fällen fand sich ein positiver Glucosewert im Liquor, in 3 Fällen war der Streifentest im Urin positiv auf Glucose verlaufen, und bei einem Leichnam konnte sowohl im Liquor als auch im Urin Glucose nachgewiesen werden. Somit wurden insgesamt 6 Verstorbene (6%)

ausgeschlossen.

(33)

zweimal in Muskel und Fäulnisflüssigkeit (Mittelwerte 0,7 und 1 mg/g) und schließlich fanden sich 23 Fälle mit Alkohol im Blut und im Urin (Mittelwerte 1,7 und 2,4 mg/g).

Bei mindestens 55 Verstorbenen fand sich somit ein negativer Acetonwert, obwohl eine Alkoholisierung bzw. eine diabetische Stoffwechsellage vorlagen.

5.2 Aceton

Bei 6 von 10 Verstorbenen mit positivem Acetonnachweis konnte das Aceton entweder nur im Blut oder nur im Urin und bei 4 Verstorbenen in beiden Körperflüssigkeiten nachgewiesen werden.

Die Werte im Blut reichten von Spuren von Aceton bis zu 0,16 mg/g (Mittelwert 0,06 mg/g) und im Urin von 0,04 bis zu 0,53 mg/g (Mittelwert 0,12 mg/g), wobei Spuren von Aceton einer Konzentration von <0,01mg/g entsprechen (siehe auch Tabelle 5).

Verstorbene (Sektionsnr.) Acetongehalt Blut in mg/g Acetongehalt Urin in mg/g

31/93 Negativ 0,22 113/93 0,07 0,10 662/93 0,16 Negativ 100/94 0,08 0,16 201/94 Negativ 0,04 613/94 0,12 0,53 23/97 0,1 Negativ 93/98 Spuren 0,1 429/98 Spuren Negativ 477/99 0,1 Negativ

Tabelle 5: Acetonkonzentration in Blut und/oder Urin bei den 10 Verstorbenen ohne Hinweis auf Alkoholisierung oder diabetische Stoffwechsellage

(34)

Zum Vergleich konnte bei den 7 Verstorbenen, welche aufgrund von positivem Glukosenachweis bzw. einem Alkoholgehalt von ≥ 0,4 mg/g aus der Studiengruppe

ausgeschlossen wurden, ein Mittelwert 0,15 mg/g (negativ – 0,30 mg/g) Aceton im Blut und von 0,27 mg/g (0,10 – 0,50 mg/g) Aceton im Urin nachgewiesen werden. Bei 2 von 7 Verstorbenen mit positivem Acetonnachweis konnte das Aceton nur im Urin und bei 5 Verstorbenen in beiden Medien nachgewiesen werden (siehe auch Tabelle 6).

Verstorbene (Sektionsnr.) Acetongehalt Blut in mg/g Acetongehalt Urin in mg/g

42/93 0,12 0,22 687/94 Negativ 0,13 139/96 0,30 0,50 364/96 0,20 0,40 45/99 Negativ 0,10 449/02 0,2 0,20 510/03 0,22 0,37

Tabelle 6: Acetonkonzentration in Blut und/oder Urin bei den 7 Verstorbenen mit Hinweis auf Alkoholisierung oder diabetische Stoffwechsellage

Bei einem Vergleich der beiden Gruppen fällt auf, dass die Acetonkonzentration sowohl im Blut als auch im Urin bei den Verstorben, die aus der Studiengruppe ausgeschlossen worden waren etwa doppelt so hoch ausfällt wie bei denen der Studiengruppe.

(35)

6. Spezieller Einzelfall

Im Rahmen der Auswertung der Sektionsakten fiel auf, dass es im Jahre 1993 zu einem Doppeltodesfall durch Unterkühlung gekommen war. Ein Ehepaar (Sektionsnummer: 112/93 und 113/93) war in der gemeinsamen Wohnung zur gleichen Zeit tot aufgefunden worden. Bei beiden Verstorbenen wurde von einer Leichenliegezeit von etwa 14 Tagen vor Leichenschau ausgegangen.

Während beim Ehemann (112/93) kein Aceton im Blut oder Urin nachgewiesen werden konnte, lagen bei der Ehefrau (113/93) hingegen positive Acetonwerte sowohl im Blut als auch im Urin vor.

Die anderen Vergleichsmerkmale sind in Tabelle 7 zusammengefasst.

Ehemann (112/93) Ehefrau (113/93)

Alter 59 Jahre 56 Jahre

Größe / Gewicht 177 cm / 69 kg 165 cm / 52 kg

BMI 22 kg/m2 19.1 kg/m2

Aceton Blut und Urin negativ Blut (0,07 mg/g) und Urin (0,10 mg/g) positiv

Alkohol Blut 2,4 mg/g; Urin 3,5 mg/g Blut 0,0 mg/g; Urin 0,1 mg/g

Diabetes Nicht bekannt Nicht bekannt

Glucoseschnelltest Liquor und Urin negativ Liquor negativ, Urin nicht durchgeführt

Wischnewskiflecke Positiv Positiv

Kälteerytheme Negativ Positiv

Pankreasveränderungen Negativ Negativ Hellrote Leichenflecke Negativ Negativ Paradoxes Entkleiden und

terminales Höhlenverhalten

Negativ Negativ

Psoasblutungen Negativ Negativ

(36)

Da beide in der gleichen Wohnung und etwa zur gleichen Zeit verstarben, müssen ergo für beide Verstorbenen die gleichen Temperatur- und Umgebungsbedingungen geherrscht haben.

(37)

7. Diskussion

Es ist häufig schwierig den Tod durch Unterkühlung zu diagnostizieren. Es existieren einige wenige makroskopische und mikroskopische Befunde, die einen Hinweis auf eine mögliche letale Unterkühlung geben können, häufig bleibt es aber eine Ausschlussdiagnose. Aus diesem Grunde ist es wichtig, nach weiteren richtungweisenden oder auch spezifischen Markern für den Kältetod zu suchen. Der in einzelnen Publikationen beschriebene mögliche Zusammenhang zwischen Unterkühlung und dem Nachweis von Aceton wurde von uns deshalb untersucht.

In der vorliegenden retrospektiven Studie wurden die Obduktionsgutachten aller

Unterkühlungstodesfälle eines 11-Jahres-Zeitraums, welche im Institut für Rechtsmedizin der Humboldt Universität Berlin obduziert wurden, ausgewertet. Die todesursächliche Unterkühlung war mittels Obduktion sowie unter Einbeziehung der Fundsituation, der toxikologischen

Ergebnisse und - soweit bekannt - der Vorgeschichte der verstorbenen Personen durch qualifizierte Rechtsmediziner festgelegt und im Gutachten festgehalten worden.

Es wurden insgesamt 111 Gutachten von Unterkühlungstodesfällen ausgewertet, was einem Anteil von 1,7% am gesamten Obduktionsgut des Institutes im genannten Zeitraum entspricht (n=6659).

7.1 Allgemeine Befunde

Von diesen 111 Verstorbenen waren 43% weiblichen und 57% männlichen Geschlechts. Das durchschnittliche Alter lag bei den Frauen bei 68 Jahren und bei den Männern bei 58 Jahren.

In einem nächsten Schritt wurde diese Gruppe anhand der Auswertung der in den

Obduktionsakten befindlichen toxikologischen Unterlagen in diejenigen eingeteilt, bei denen Aceton weder im Blut noch im Urin nachgewiesen werden konnte, also unterhalb der

Nachweisgrenze von 0,0l mg/g lag. Die andere Gruppe setzte sich demzufolge aus den Verstorbenen zusammen, welche im Blut und/oder Urin positive Acetonkonzentrationen aufwiesen; dies waren insgesamt17 der 111 Verstorbenen.

(38)

Bei einem Vergleich dieser beiden Gruppen fanden sich im Hinblick auf die biographischen Daten nur minimale Unterschiede. Die acetonnegative Gruppe (n=94) setzte sich aus 41% Frauen und 59% Männern zusammen. In der acetonpositiven Gruppe war der Frauenanteil mit 53% gegenüber 47% Männern höher als in der acetonnegativen Gruppe.

Im Bezug auf das Alter waren die Frauen der acetonnegativen Gruppe mit 69 Jahren um ein Jahr älter als diejenigen in der acetonpositiven Gruppe (Durchschnittsalter 68 Jahre). Bei den

Männern verhielt es sich ähnlich, hier betrug das Durchschnittsalter der acetonnegativen Gruppe 57 Jahre und das der acetonpositiven 54 Jahre.

In beiden Gruppen fanden sich die meisten Todesfälle bei den Frauen in der Altersgruppe der 71 – 80 Jährigen (insgesamt 17 Fälle), bei den Männern konnten die meisten Todesfälle in der Gruppe der 51 – 60 Jährigen (insgesamt 25 Fälle) angetroffen werden.

Diese Ergebnisse zeigen einmal mehr, dass besonders die alten, häufig auch multimorbiden Menschen dem Unterkühlungstod am ehesten zum Opfer fallen. Hier sind besonders die Frauen in einer Altersgruppe von 71 – 80 Jahre und die im Schnitt zehn Jahre jüngeren Männer, welche vermehrt in Situationen geraten, in denen sie sich aus der Kälteeinwirkung nicht mehr befreien können. Ursachen dafür können eine Demenz, körperliche Schwäche, eine erhöhte

Sturzgefährdung und natürlich anderweitige chronische Erkrankungen als prädisponierender Faktor sein [31, 32]. Auffällig ist in dieser Untersuchung außerdem, dass die Frauen sowohl in der acetonnegativen, als auch in der acetonpositiven Gruppe im Durchschnitt etwa 10 Jahre älter waren als die entsprechenden Männer. Dies könnte einerseits natürlich mit der üblichen längeren Lebenserwartung der Frauen allgemein zusammenhängen, da die durchschnittliche

Lebenserwartung der Frauen in etwa 5 Jahre mehr als die der Männer beträgt (Statistisches Bundesamt Deutschland, 2010). Zum anderen weisen Männer ein höheres Risikoverhalten in Bezug auf Alkoholismus - und damit einem bekannten Korisikofaktor für einen möglichen Unterkühlungstod - auf als Frauen (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung 2010).

Ein konkurrierender Mechanismus zur Produktion von Ketonkörpern ist eine länger anhaltende Hungerperiode sowie die Erkrankung an einer Anorexie. Dieses Kriterium ist postmortal nur sehr schwer nachweisbar. Eine kurze Hungerperiode von wenigen Tagen reicht zwar aus, um Ketonkörper zu produzieren, da sich bereits nach 48 Stunden Nahrungskarenz Ketonkörper im

(39)

Es ist durchaus vorstellbar, dass eine Korrelation zwischen der Dauer der Agonie und somit dem Unterkühlungsvorgang und der Höhe der Acetonkonzentration bestehen könnte. Je länger dem Körper keine Nahrung zugeführt wird, desto mehr werden die Fettreserven mobilisiert und dementsprechend Ketonkörper gebildet.

Ein rascher Kältetod, wie er in der Arbeit von F. Fischer [33] bei Opfern einer perakuten

Unterkühlung beschrieben wird, zeigte keine relevante Ketonkörpererhöhung im Schnelltest. Bei einer weiteren Art der schnellen Unterkühlung der Immersionshypothermie können die

klassischen morphologischen Kältetodzeichen nur selten nachgewiesen werden [1]. Ein Zusammenhang zwischen der Dauer der Unterkühlung und der Entstehung von Ketonkörpern und morphologischen Zeichen wie Wischnewskiflecken und anderen ist denkbar aber nur schwer zu beweisen.

In beiden Gruppen und bei beiden Geschlechtern lag der BMI in dem von der WHO als Normalgewicht deklarierten Bereich von 18,5 – 25 kg/m2, wobei auffiel, dass er sich

hauptsächlich deutlich im unteren Bereich des Normalgewichts bewegte. Im Durchschnitt lag er bei den Männern bei 19,5 kg/m2 (acetonnegativ) und 20,4 kg/m2 (acetonpositiv) und bei den Frauen bei 21,6 kg/m2 (acetonnegativ) und 19,1 kg/m2 (acetonpositiv). Ein Normalgewicht im unteren Bereich scheint somit ein weiterer Risikofaktor für die tödliche Hypothermie zu sein.

Der Todeszeitpunkt durch Unterkühlung liegt bei beiden Gruppen erwartungsgemäß

überwiegend in den kalten Wintermonaten November bis März, und auch in beiden Gruppen gab es vereinzelt Todesfälle in den Sommermonaten. Einen Unterschied zwischen den Gruppen kann in diesem Kriterium nicht festgestellt werden.

Allgemein waren die Jahre mit den meisten Todesfällen insgesamt die Jahre 1993 und 1994 mit jeweils 19 Unterkühlungstoten. Die wenigsten Kältetodesfälle (n=3) ereigneten sich im

Jahre 2003. Womit der doch augenfällige Rückgang der Kältetodfälle von 1993 bis 2003 zusammenhängt, kann hier nur gemutmaßt werden. Anhand der Daten des Deutschen Wetterdienstes an der Messstation Berlin Tempelhof besteht kein Zusammenhang zwischen einer allgemeinen Erwärmung und dem Rückgang der Hypothermietodesfälle. Ein

exemplarischer Vergleich der mittleren Temperaturen in 2 Meter über Bodenhöhe ergab im Dezember 1993 3,7°C und im Dezember 2003 2,8°C (Deutscher Wetterdienst 2010). Es war also im Dezember 2003 um 0,9°C kälter als 1993, und es finden sich 16 Hypothermie-assoziierte

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Todesfälle weniger. Unter Umständen wurde in diesen Jahren der überwiegende Teil derart Verstorbener in den beiden anderen rechtsmedizinischen Instituten in Berlin obduziert, was bedeuten würde, dass es keinen temperaturabhängigen Grund für die Zahlen gibt.

Bereits in der Untersuchung von Bockhold, Maxeiner und Müller aus 2004 konnte ermittelt werden, dass der überwiegende Teil der letalen Unterkühlungsfälle in Gebäuden, und nicht wie möglicherweise vermutet, unter freiem Himmel stattgefunden hatten. In unserer Auswertung präsentierte sich ein ähnliches Bild.

In der acetonnegativen Gruppe war die Mehrzahl der Verstorbenen (78%) in Gebäuden aufgefunden worden. Ebenso verhielt es sich in der acetonpositiven Gruppe, in der 82% der Verstorbenen ‚drinnen’ aufgefunden worden waren.

Die Temperatur der Umgebung am Leichenfundort war in beiden Gruppen nur in den wenigsten Fällen gemessen worden, ebenso verhielt es sich mit der Rektaltemperatur der Verstorbenen. Die Fallzahlen korrespondieren hier also nicht mit den ursprünglichen der beiden Gruppen. Dennoch konnte ein Mittelwert der Umgebungstemperatur von 8°C bei den acetonnegativen und 9°C bei den acetonpositiven Verstorbenen ermittelt werden.

Bei den Rektaltemperaturen ergaben sich Mittelwerte von 21°C bei den acetonnegativen und 18°C bei den acetonpositiven Verstorbenen.

Somit konnte auch in diesem Punkt kein Gruppenunterschied dargestellt werden, so dass es offenbar keinen Zusammenhang zwischen der Auffindetemperatur und der Acetonentstehung im Körper gibt.

Dennoch zeigt es einmal mehr, dass es die sehr tiefen Temperaturen nicht benötigt, um an den Folgen der Hypothermie zu versterben. Wie beschrieben, versterben die meisten

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7.2 Kälte-assoziierte Befunde

In der rechtsmedizinischen Praxis werden die hier bereits mehrfach erwähnten Kälte-assoziierten makroskopischen und mikroskopischen Befunde als diagnostisches Kriterium für den Kältetod herangezogen, obwohl sie keineswegs pathognomonisch sind. Dies geschieht in

Übereinstimmung mit Fachbüchern und der gängigen Literatur zum Thema Kältetod.

Wischnewski Flecken sind das in der Literatur am häufigsten auftretende kältespezifische Merkmal. Der Erstbeschreiber Wischnewski fand sie in seinem Untersuchungskollektiv bei 91% aller Fälle. Auch in nachfolgenden Untersuchungen zeigten sie sich stets als das in der Mehrzahl auftretende Merkmal [2].

Wie erwartet konnte es auch in dieser Studie in großer Anzahl aufgefunden werden. Bei den acetonnegativen zu 91%, bei den acetonpositiven sogar zu 94%.

Das Verhältnis bei der Auswertung der Gruppen in Bezug auf die Kälteerytheme sah ähnlich aus. In beiden Gruppen konnten bei etwa 1/3 der Verstorbenen Kälteerytheme nachgewiesen werden (acetonnegativ 37%, acetonpositiv 35%).

Diese Häufigkeiten liegen unterhalb derer in den Untersuchungen von Mant 44%, Gillner und Waltz 72%, Hirvonen 54% und Thrun 43%. [2].

Ein Unterschied zwischen den hier ausgewerteten Gruppen und einem möglichen

Zusammenhang mit einer erhöhten Acetonkonzentration ließ sich jedoch nicht darstellen.

Einblutungen in den Muskulus psoas werden auch in der Literatur eher selten beobachtet. Auch in unserer Untersuchung war dieser Befund nur sehr selten nachgewiesen worden.

Lediglich bei 3% der acetonnegativen Gruppe konnte eine Einblutung im Muskulus psoas festgestellt werden, in der acetonpositiven Gruppe gab es keinen Fall.

Die beiden Phänomene des paradoxen Entkleidens und des terminalen Höhlenverhaltens sind in dieser Studie nur begrenzt auswertbar. Nur in wenigen Fällen wurde eine professionelle

Leichenschau am Leichenfundort durchgeführt und die entsprechenden Befunde dokumentiert. In den meisten Fällen, hatte der untersuchende Rechtsmediziner die Leiche erst im

Obduktionssaal das erste Mal zu Gesicht bekommen und fand sie dort meist entkleidet auf dem Obduktionstisch vor. In vielen Untersuchungsakten war zur Auffindesituation, respektive zur

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Die folgenden Zahlen lassen insofern keine gesicherte Auswertung zu. Das paradoxe Entkleiden konnte in der acetonnegativen Gruppe bei 9%, in der acetonpositiven Gruppe bei 12%

vorgefunden werden. Ein terminales Höhlenverhalten fand sich in der acetonnegativen Gruppe nur bei 1% der Fälle, in der acetonpositiven Gruppe jedoch mit einer Häufigkeit von 6%. Ein signifikanter Zusammenhang zur Acetonbildung konnte nicht hergestellt werden.

Die Beschreibung von eher unspezifisch hellroten Totenflecken ist ein sehr subjektives Kriterium und vom Farbempfinden des jeweiligen Obduzenten abhängig.

In nicht allen Obduktionsprotokollen war die Farbe der Livores beschrieben worden, so dass in der acetonnegativen Gruppe eine Fallzahl von 77 ausgewertet werden konnte, wo bei fünf Fällen eine entsprechende Beschreibung vorlag. In der acetonpositiven Gruppe fehlte einmal die

Beschreibung der Totenfleckfarbe (n=16), hellrote Totenflecken wurden allerdings nie beschrieben.

Auch die in der Literatur sehr uneinheitlich beschriebenen, makroskopischen

Pankreasveränderungen waren nur in sehr geringer Anzahl nachgewiesen worden. Lediglich in der acetonnegativen Gruppe fanden sich drei Fälle von Pankreaseinblutungen. Die sehr geringen Fallzahlen erlauben hier keine Aussage zu einem möglichen Zusammenhang zwischen

Acetonbildung und Pankreasveränderungen.

In der Zusammenschau der makroskopischen, Kälte-assoziierten Befunde finden sich, bis auf einzelne kleine Unterschiede bei den Pankreaseinblutungen (3% zu 0%), den hellroten Totenflecken (5% zu 0%), Psoasblutungen (3% zu 0 ) und schließlich dem nur bedingt auswertbaren Kriterium des terminalen Höhlenverhaltens (0% zu 6 %) keinerlei ins Auge fallende Diskrepanzen zwischen den beiden Gruppen. Bei keinem dieser genannten Merkmale konnte ein Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Aceton in Blut und/oder Urin

festgestellt werden.

Auch bei den allgemeinen Merkmalen, wie biographischen Daten, Größe, Gewicht, Zeitpunkt und Örtlichkeit des Leichenfundes respektive des Versterbens konnten im direkten Vergleich

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Bei einer genaueren Auswertung des BMI fiel auf, dass in beiden Gruppen einen Mittelwert im unteren Normbereich vorlag, sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern. Eine allfällige Kachexie kommt somit als Auslöser der Acetonproduktion in diesen Fällen nicht in Betracht.

Da es anhand der in dieser Studie ausgewerteten Merkmale keine Unterschiede zwischen den acetonnegativen und den positiven Verstorbenen gibt, kann auch kein Zusammenhang zwischen der Bildung von Aceton und dem Tod durch Unterkühlung hergestellt werden. Ein Grossteil der Gruppe der sicher an Unterkühlung Verstorbenen wies kein Aceton auf.

Insofern kann abschließend gesagt werden, dass sich mit dieser Untersuchung keine Verbindung zwischen dem positiven postmortalen Nachweis von Aceton im Blut / Urin und dem Kältetod herstellen lässt. Damit scheidet der Acetonnachweis anhand der hier vorgelegten

Untersuchungen als sicherer und diagnostisch wertvoller Marker für die Diagnose Kältetod aus.

Eine histologische Aufarbeitung und Befundung hat nur in drei der 111 Fälle stattgefunden. Dabei fanden sich keine der beschriebenen Merkmale, wobei auch die erforderliche

Sudanfärbung des Nierenpräparates in keinem der Fälle durchgeführt worden war. Demzufolge kann also auf die histologischen Befunde in dieser Arbeit nicht näher eingegangen werden, da sich aufgrund der geringen Fallzahl keine repräsentativen Aussagen tätigen lassen. Die

histologischen Untersuchungen wurden jeweils bei Verstorbenen aus der acetonnegativen Gruppe durchgeführt. In keinem der histologischen Berichte sind die, in der Literatur [18, 2, 19, 20] beschriebenen histologischen Merkmale aufgefunden worden.

7.3 Auswertung der laborchemischen Befunde

Bei der genaueren Analyse der acetonpositiven Gruppe mussten einige dieser Fälle aufgrund von den oben bereits genannten Ausschlusskriterien entfernt werden.

In einem Fall wurde während der Obduktion aus unbekannten Gründen die Messung der Glucose mittels Streifentest im Urin und/oder im Liquor nicht durchgeführt.

Vier weitere Fälle mussten wegen positivem Glucosetest im Urin und/oder Liquor ausgeschlossen werden und bei zwei weitern Fällen lag der Ethylalkoholwert über dem festgelegten Wert von ≥0,4 mg/g.

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Schlussendlich verblieb eine Gruppe von 10 Verstorbenen zur Auswertung.

Nach Anwendung derselben Ausschlusskriterien reduzierte sich die Fallzahl der acetonnegativen Gruppe von 94 auf 61 Verstorbene.

Schneider und Kluge (1980) beschreiben in ihrer Arbeit Acetonkonzentrationen von 4 – 20 mg/l im Blut und von 11 – 36 mg/l im Urin.

Giebe und Demme (1984) weisen lediglich darauf hin, dass 18 Verstorbene ihres Kollektivs von insgesamt 48 Fällen einen erhöhten Acetongehalt im Blut aufgewiesen hatten, womit ein

Überschreiten der Nachweisgrenze von 10 mg/L gemeint war.

In einer weiteren Untersuchung betrachteten Wessel und Schneider (1987), die an Unterkühlung verstorbenen Personen der Jahre 1983 – 1985) des Instituts für Rechtsmedizin der Freien

Universität Berlin. Die Studiengruppe bestand aus 20 Personen von denen 8 Fälle (40%) positive Acetonwerte im Blut und/oder Urin hatten. Die Konzentration reichte von 32 mg/l – 365 mg/l im Blut und erreichte im Urin Werte von 343 – 678 mg/l [36].

In der Untersuchung von Schnabel et al. [30] wurden bei drei an Unterkühlung Verstorbenen, im Blut von bis zu 209 mg/L und im Urin von bis zu 2703 mg/L gemessen. Gleichzeitig konnte bei allen drei Fällen keine Glucose im Urin, als Hinweis auf einen Diabetes mellitus gefunden werden.

Die von uns untersuchten Fälle der Studiengruppe von 10 Verstorbenen (nach Anwendung der Ausschlusskriterien) wiesen im Durchschnitt einen Gehalt von 60 mg/l Aceton im Blut und 120 mg/l Aceton im Urin auf. Diese Werte lassen sich in etwa mit denen von Schneider und Kluge oder auch denen von Tutsch-Bauer et al. [29] vergleichen. Warum Schnabel et al. bis zu 10 fach höhere Konzentrationen gemessen hat, kann allenfalls durch die niedrige Fallzahl seiner

Untersuchung erklärt werden.

Bei der ebenfalls in Berlin (Institut für Rechtsmedizin der Freien Universität) von Bockhold, Müller und Maxeiner [26] durchgeführten Untersuchung fand sich bei 50 % der Fälle (n=161) ein positiver Acetonnachweis im Blut oder im Urin. Bei einer Durchsicht der, diesem Artikel

Referenzen

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