• Keine Ergebnisse gefunden

Es ist sicherzustellen, dass die Interessenabwägung zwischen den denkmalschützerischen Interessen der Allgemeinheit und den wirtschaftlichen Interessen der Eigentümerschaft nicht „automatisch“ zugunsten der Denkmalpflege ausfällt

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Es ist sicherzustellen, dass die Interessenabwägung zwischen den denkmalschützerischen Interessen der Allgemeinheit und den wirtschaftlichen Interessen der Eigentümerschaft nicht „automatisch“ zugunsten der Denkmalpflege ausfällt"

Copied!
4
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

M 247/2006 ERZ 27. Juni 2007 ERZ C Motion

1152 Iseli, Zwieselberg (SVP) Flück, Brienz (FDP)

Weitere Unterschriften: 32 Eingereicht am: 20.11.2006

Denkmalpflege: Korrekturmassnahmen zur Behebung einer Fehlentwicklung

Der Regierungsrat wird beauftragt, dem Grossen Rat die erforderlichen Änderungen des Denkmalpflegegesetzes und der übrigen denkmalpflegerechtlichen oder steuerrechtlichen Erlasse vorzulegen.

Die folgenden Forderungen sind umzusetzen:

1. Die Interessen der Eigentümerschaft sind besser zu wahren.

2. Die Zusammenarbeit zwischen Eigentümerschaft, Kanton, Gemeinden und den denkmalpflegerischen Organisationen ist zu verbessern.

3. Die Eigentümerschaft ist bezüglich Einvernehmlichkeit bei der Unterschutzstellung als gleichwertiger Partner zu behandeln.

4. Es ist sicherzustellen, dass die Interessenabwägung zwischen den denkmalschützerischen Interessen der Allgemeinheit und den wirtschaftlichen Interessen der Eigentümerschaft nicht „automatisch“ zugunsten der Denkmalpflege ausfällt.

5. Während bei der Unterschutzstellung der unbeweglichen schützenswerten Denkmäler der Kanton nach wie vor seine Zuständigkeiten wahrnehmen soll, erfolgt die Unterschutzstellung der unbeweglichen erhaltenswerten Denkmäler ausschliesslich durch die Gemeinden, soweit nicht die Voraussetzungen von Artikel 10c BauG gegeben sind.

6. Schützenswerte Denkmäler haben Anspruch auf kantonale Finanzhilfen, erhaltenswerte Denkmäler haben allenfalls Anspruch auf kommunale Finanzhilfen (Unterschutzstellungszuständigkeit und Finanzierungsverantwortung sind zur Deckung zu bringen).

7. Eine mit Kantons- und Gemeindevertretungen paritätisch zusammengesetzte Denkmalpflege-Kommission soll sicherstellen, dass in allen Gemeinden – ob gross oder klein – mit den gleichen Ellen gemessen wird.

8. Der amtliche Wert schützenswerter Denkmäler soll im Interesse deren nachhaltigen Bewirtschaftung durch die Eigentümerschaft reduziert werden. Artikel 57 Abs. 2 des Steuergesetzes ist systematisch zu vollziehen.

Begründung

Dem Denkmalpflegegesetz des Kantons Bern in der heutigen Fassung waren lange politische Wirren vorausgegangen. Mit der Einführung der Inventare wollte man die Rechtssicherheit erhöhen. Heute ist das Gegenteil der Fall: In vielen Gemeinden empfinden

(2)

2

die Behörden wie auch die Eigentümerschaft das Wirken der Denkmalpflege als unangemessen und rechtsstaatlich problematisch. Oft werden Entscheide der Stimmberechtigten durch denkmalpflegerische Argumente (im Wunschbereich) in Frage gestellt. Gerade in kleinen Gemeinden ohne Denkmalpflege-Fachstelle ist man den Denkmalpflege-Profis ausgeliefert. Die Zuständigkeiten sind nach wie vor unklar.

Der Gesetzgeber bekannte sich zur heutigen Lösung, welche den Fachstellen (Denkmalschutz) ein Antragsrecht einräumt, den jeweiligen Entscheid indessen der Baubewilligungsbehörde anheimstellt. Die Denkmalpflege ist im Verfahren "Partei", während die Baubewilligungsbehörde resp. ein später entscheidendes Gericht die unerlässliche Interessenabwägung (in der Regel Erhalt von Gebäuden contra wirtschaftliches Interesse an einer uneingeschränkten Nutzung) vorzunehmen hat. Es verhält sich nun so, dass die Baubewilligungsbehörden resp. die Gerichte in aller Regel den Bericht der Dankmalpflege zum Entscheid machen und der eigentlichen Interessenabwägung aus dem Wege gehen. Die Baubewilligungsbehörde fühlt sich nicht kompetent, der Denkmalpflege am Zeug herumzuflicken. Dazu kommt, dass die wirtschaftlichen Folgen dieser "Tendenz" ja weder die Baubewilligungsbehörde noch die Gerichte zu tragen haben. Somit ist es im konkreten Fall naheliegend, den denkmalpflegerischen Interessen den Vorzug zu geben. Die denkmalpflegerischen Auflagen gehen dabei selten so weit, dass die Grundeigentümer Ansprüche aus materieller Enteignung geltend machen können.

Der Lösungsansatz besteht darin, die kantonalen Fachstellen nur noch in restriktiv geregelten Fällen zu begrüssen. Die Gemeinden können weitergehende Fälle selber regeln. Dem Kanton würde es zudem freistehen, weitergehende Objekte zu schützen, er müsste aber diesfalls die entsprechenden Kostenfolgen umfassend auf sich nehmen. Somit wäre der Kanton angesichts knapper Mittel gehalten, von diesem Recht zurückhaltend Gebrauch zu machen. Die Gemeinden könnten je nach politischem Entscheid selber mehr oder weniger schützen. Die Gemeinden müssten aber nur und ausschliesslich gegenüber ihren Stimmberechtigten Rechenschaft über ihre Entscheide ablegen.

Ein grosses Problem liegt in der sehr unterschiedlichen Handhabung der Denkmalpflegevorschriften durch Kanton und Gemeinden. Es ist sattsam bekannt, dass sich widerspenstige Gemeindebehörden nach langem „schtürmen“ und zum Teil unter Zuhilfenahme externer Dritter gegenüber den kantonalen Fachleuten durchsetzen können, während sich autoritätsgläubige Gemeinden und Eigentümer dem Diktat des Kantons in der Regel unterziehen und nur die Faust im Sack machen. Dieser Zustand ist mehr als unbefriedigend. Eine aus Kantons- und Gemeindevertretern zusammengesetzte Denkmalpflegekommission soll die rechtsgleiche Behandlung sämtlicher denkmalpflegerischer Geschäfte über das ganze Kantonsgebiet hinweg sicherstellen.

Schliesslich muss die Eigentümerschaft schützenswerter Denkmäler steuerlich entlastet werden, damit sie ihre sehr aufwendigen Liegenschaften nachhaltig bewirtschaften kann.

Zu grosse steuerliche Lasten führen nicht selten dazu, dass die Bausubstanz mittel- bis langfristig Schaden nimmt. Dies kann ja nicht die Absicht der Denkmalpflege sein.

Antwort des Regierungsrates

Im Bereich der Baudenkmäler unterscheidet die Baugesetzgebung zwischen schützenswerten und erhaltenswerten Gebäuden. Schützenswerte Gebäude dürfen nicht abgebrochen werden (Art. 10b Abs.2 BauG), bei erhaltenswerten Gebäuden ist ein Abbruch zulässig, wenn die Erhaltung des Objekts unverhältnismässig ist (Art.10b Abs.3 BauG). 93 Prozent der bernischen Gemeinden haben die durch die Baugesetzrevision

(3)

3

1995 geforderten Bauinventare erhalten. Im Durchschnitt sind 3,8 % des Baubestandes als schützenswert und 6,9 % als erhaltenswert eingestuft worden.

Im Baubewilligungsverfahren ist bei schützenswerten Objekten sowie bei erhaltenswerten Objekten innerhalb von Ortsbildperimetern und Baugruppen (so genannten K-Objekten) ein Mitbericht der kantonalen Denkmalpflege als Fachstelle einzuholen (Art.10c Abs.1 BauG).

Die Motion will die Stellung der Eigentümerschaft von erhaltenswerten Baudenkmälern gegenüber der Fachstelle stärken. Bei erhaltenswerten Objekten ausserhalb von Ortsbildperimetern und Baugruppen, sollen nur noch die Gemeinden zuständig sein. Im Weiteren sollen die Baubewilligungsbehörden die Stellungnahmen der Fachstelle nicht automatisch übernehmen. Die Denkmalpflegekommission soll mit Gemeindevertretern ergänzt werden und einheitliche Geschäftsbeurteilung sicherstellen. Schliesslich soll von der Möglichkeit, den amtlichen Wert eines kulturhistorisch bedeutsamen Objekts herabzusetzen, systematisch Gebrauch gemacht werden.

Der Regierungsrat begrüsst grundsätzlich das Anliegen der Motionäre. In der Tat gibt es nicht wenige Gemeinden, die auch die Baugesuche von erhaltenswerten Objekten, die den Tatbestand von Art. 10c Abs1 BauG nicht erfüllen, der kantonalen Denkmalpflege unterbreiten. Dies ist zu ändern. Die Fachberichte der Denkmalpflege sind der Beweiswürdigung zu unterziehen. Die Denkmalpflegekommission kann ergänzt werden.

Art. 57 Abs. 2 des Steuergesetzes wird kaum vollzogen, er soll auf Verlangen strikt durchgesetzt werden.

Der Regierungsrat nimmt zu den Forderungen der Motion im Einzelnen folgendermassen Stellung:

1. Im Baubewilligungsverfahren hat die Denkmalpflege bei etwa 7,5% des kant.

Baubestandes Mitberichte zu verfassen; diese geben die Auffassung der Fachstelle wieder. Ihre Überlegungen und Anträge unterliegen der freien Beweiswürdigung der Baubewilligungsbehörde, die in ihrem Entscheid mit triftigen Argumenten von der Fachmeinung abweichen kann. Der Regierungsrat ist der Auffassung, dass dieser schon bisher geltende Rechtsgrundsatz in geeigneter Form in Art. 35 Baubewilligungsdekret integriert werden soll.

2. Die Zusammenarbeit der bei Baubewilligungen beteiligten Instanzen unterliegt auch im Bereich der Denkmalpflege den Vorschriften des Baubewilligungsdekrets. Die Spielregeln und Freiräume sollen den Gemeinden in einer spezifischen BSIG (Bernische Systematische Information der Gemeinden) neu dargestellt werden.

3. Unterschutzstellungen erfolgten seit dem Inkrafttreten des Denkmalpflegegesetzes im Jahr 2001 durchwegs einvernehmlich und partnerschaftlich mittels Vertrag; es gab keine zwangsweise Unterschutzstellung.

4. Die Baubewilligungsbehörden sollen mit den in Pt. 1 und 2 genannten Mitteln auf die Aufgabe der Beweiswürdigung im Baubewilligungswesen aufmerksam gemacht werden. Bei den (im Bereich der Denkmalpflege höchst seltenen) Baubeschwerdeverfahren darf von der Unabhängigkeit der Instanzen ausgegangen werden.

5. Die im Denkmalpflegegesetz (Art. 15 DPG) vorgesehene Möglichkeit der behördlichen Unterschutzstellung setzt voraus, dass das öffentliche Interesse an der Bewahrung des Denkmals gegenüber den privaten Interessen überwiegt. Dieser Umstand schliesst aus, dass erhaltenswerte Baudenkmäler, die die Voraussetzungen von Art. 10c Abs.1BauG nicht erfüllen, betroffen sein können. Diese behördliche Unterschutzstellung kann überdies nur vom Regierungsrat verfügt werden. Hingegen macht es keinen Sinn, die einvernehmliche Unterschutzstellung von erhaltenswerten Objekten mittels Vertrag

(4)

4

zwischen Eigentümerschaft und Amt für Kultur grundsätzlich zu unterbinden. Den Gemeinden bleibt es im Übrigen unbenommen, im Rahmen des Planerlassverfahrens Objekte unter Schutz zu stellen.

6. Auf Finanzhilfen unter dem Titel Denkmalpflege besteht kein gesetzlicher Anspruch; die Einführung einer derartigen Verpflichtung ist auch aus finanzpolitischen Gründen abzulehnen. Hingegen besteht eine langjährige Praxis in der Unterstützung von Restaurierungsvorhaben aus Budgetmitteln der Erziehungsdirektion, aus Lotteriemitteln und solchen des Bundesamtes für Kultur. Die Gesuche werden gestützt auf die gesetzlichen Bestimmungen rechtsgleich behandelt. Es kann nicht im Interesse der Eigentümerschaft von erhaltenswerten Objekten ausserhalb von Ortsbildperimetern und Baugruppen sein, sie von allfälligen Finanzhilfen unter dem Titel Denkmalpflege von vornherein auszuschliessen. Allfällige Beitragsleistungen der Gemeinden sind damit nicht ausgeschlossen.

7. Die Denkmalpflegekommission ist eine Fachkommission, die nicht nur aus Kantonsvertretern zusammengesetzt ist. Der Regierungsrat wird die Denkmalpflegeverordnung ändern, um die Kommission mit Gemeindevertretungen zu ergänzen. Eine paritätische Verteilung zwischen 'Gemeindevertretern' und Fachleuten sowie Kantonsvertretern würde jedoch zu weit gehen und wäre der Sache nicht angepasst.

8. Der Regierungsrat ist grundsätzlich mit dem Anliegen der Motionäre betreffend Vollzug von Art. 57 Abs. 2 Steuergesetz einverstanden. Der entsprechende Vollzug ist in einem Instruktionsschreiben und mittels Orientierung der Eigentümerschaft sicherzustellen.

Antrag: Ziffer 1, 2, 4, 8: Annahme

Ziffer 3: Annahme unter gleichzeitiger Abschreibung Ziffer 5, 6, 7: Ablehnung

An den Grossen Rat

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Ungeachtet dessen, ob das grüne Wahlprogramm den Anforderungen des Pariser Klimaabkom- mens gewachsen ist, kann die grüne Kanzlerkandidatin au- thentisch argumentieren, dass

Mit dem Einzug Trumps im Weißen Haus wird ein aggressiver Merkantilismus in Washington salonfähig, der sich nicht nur gegen deutsche Autoproduzenten richtet, wie Trump in

Im Vorfeld mehren sich die Warnungen, dass die von den Ländern geplanten Minderungsbeiträge für Treibhaus- gasemissionen nicht ausreichen werden, um die Erder- wärmung auf unter 2°

Umeichungen sind sogar lokal (an jedem Ort und zu jeder Zeit anders) möglich Die lokale Eichsymmetrie wird durch Aufnahme oder Abgabe von Eichteilchen garantiert. Diese

NJW Neue Juristische Woche (Zeitschrift) NVwZ Zeitschrift für Verwaltungsrecht (Zeitschrift). NVwZ-RR Zeitschrift für Verwaltungsrecht Rechtsprechungs-Report NZA Neue Zeitschrift

Punkt 4 verlangt die Sicherstellung, dass die Abwägung zwischen wirtschaftlichen und denkmalpflegerischen Interessen nicht „automatisch“ zugunsten der Denkmalpflege

Da der Regierungsrat des Kantons Bern nicht im Bankrat vertreten ist, hat er keine Kenntnis darüber, zu welchem Zeitpunkt der Bankrat über die Massnahmen zur

Man sollte sich regelmäßig über die Innovationen, die den Beruf betreffen, informieren und den Kontakt zum Arbeitsplatz nicht abbrechen lassen!. Wer dicht am Geschehen bleibt,