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Es ist nicht alles Gold was glänzt

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Es ist nicht alles Gold was glänzt

Ein Überblick über die Bezeichnungsvorschriften der Schweizer Edelmetallge- setzgebung

Zitiervorschlag: Simone Dobler, Es ist nicht alles Gold was glänzt, in: Jusletter 18. Februar 2013 ISSN 1424-7410, www.jusletter.ch, Weblaw AG, info@weblaw.ch, T +41 31 380 57 77

Hersteller von Uhren und Schmuck sind grundsätzlich verpflichtet, auf ihren Produkten aus Edelmetall verschiedene Bezeichnungen anzubringen. Die Einhaltung dieser Vorschriften kann insbesondere im grenzüberschreitenden Verkehr mit Edelmetallprodukten zu Problemen führen, da jedes Land verschiedene, sich widersprechende und teilweise sogar ausschlie- ssende Regelungen betreffend die Bezeichnung von Edelmetallwaren kennt. Der Beitrag stellt die Bezeichnungsvorschriften der Schweizer Edelmetallgesetzgebung systematisch dar und nimmt insbesondere Bezug auf die Praxis der Edelmetallkontrolle. Damit soll der Zugang zu diesem eher exotischen Rechtsgebiet für den Praktiker erleichtert werden.

Rechtsgebiet(e): Wirtschafts- und Wirtschaftsverwaltungsrecht; Immaterialgüterrecht;

Beiträge

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Inhaltsübersicht 1. Einleitung

1.1. Gesetzliche Regelung in der Schweiz 1.2. Zweck der Edelmetallgesetzgebung 1.3. Verhältnis zum UWG und MSchG 1.4. Anwendungsbereich 2. Feingehaltsangabe

2.1. Edelmetallwaren im Allgemeinen 2.2. Zusammengesetzte Waren 2.3. Mehrmetallwaren 2.4. Plaquéwaren 2.5. Ersatzwaren

2.6. Zulässige unedle Metallteile, Goldnuggets und nichtmetallische Stoffe 3. Verantwortlichkeitsmarke

4. Garantiepunze 4.1. Uhrgehäuse 4.2. Übrige Edelmetallwaren 5. Grenzüberschreitender Verkehr

5.1. Import 5.2. Export

5.2.1. Grundsatz

5.2.2. Ausnahme für Uhrgehäuse 5.3. Wiener Konvention

5.4. Bilaterale Abkommen

5.4.1. Abkommen Schweiz – Frankreich 5.4.2. Abkommen Schweiz – Italien 5.4.3. Abkommen Schweiz – Österreich 5.4.4. Briefwechsel Schweiz – Spanien 6. Beanstandungsverfahren und Rechtsweg 7. Strafbestimmungen

7.1. Täuschung

7.2. Verletzung von Stempelvorschriften

1. Einleitung

1.1. Gesetzliche Regelung in der Schweiz

[Rz 1] Die Bezeichnung von Edelmetallen ist in der Schweiz durch das Edelmetallkontrollgesetz vom 20. Juni 1933 (EMKG) und die Edelmetallkontrollverordnung vom 8. Mai 1934 (EMKV) reguliert. Die Teilrevisionen dieser beiden Erlasse traten am 1. August 1995 in Kraft. Rechtsprechung ist in diesem eher exotischen Rechtsgebiet jedoch – soweit ersichtlich – nur sehr spärlich vorhanden. Als Auslegungs- hilfe sind jedoch die Instruktionen über die Anwendung der Edelmetallgesetzgebung vom 1. Mai 2010 (EMKI) des Zen- tralamts für Edelmetallkontrolle zu beachten, insbesondere auch im Hinblick darauf, als dass das Zentralamt den Verkehr mit Edelmetallwaren überwacht (Art. 36 Abs. 1 EMKG) sowie die in den gesetzlichen Grundlagen vorgesehenen gewerbe- polizeilichen Aufgaben wahrnimmt.1

1 Die Schweizerische Edelmetallkontrolle ist der Oberzolldirektion angeglie- dert (Art. 3 EMKV) und ist aufgegliedert in das Zentralamt in Bern, sowie die Kontrollämter in Basel (inkl. Dienstabteilungen in Biel und Le Noir- mont), La Chaux-de-Fonds, Chiasso, Zürich (inkl. Dienstabteilung Zürich Flughafen) und Genf (inkl. Dienstabteilung Genf Flughafen), die jeweils ei- nem bestimmten Zollamt angeschlossen sind (vgl. Ziff. 12 EMKI). Die Auf- sicht führt das der Oberzolldirektion direkt unterstellte Zentralamt.

1.2. Zweck der Edelmetallgesetzgebung

[Rz 2] Die Regulierung der Bezeichnungsvorschriften von Edelmetallen bezweckt, dass Edelmetalle von anderen un- edlen Metallen oder nichtmetallischen Materialien unter- schieden werden können. Die Schweizer Edelmetallbranche, so insbesondere die Uhren- und Schmuckindustrie, soll vor billigen Kopien oder sonstigen Fälschungen geschützt wer- den. Nur qualitativ hochwertige Goldschmiedewaren dürfen deshalb auch als Edelmetalle bezeichnet werden.2 In diesem Sinne handelt es sich bei der Edelmetallgesetzgebung um eine Art Wettbewerbsrecht, das die Hersteller vor unlauterer Konkurrenz schützen soll. Gleichzeitig bezweckt die Edel- metallgesetzgebung auch den Schutz der Konsumenten vor Irreführungen, indem es alle Bezeichnungen und Anpreisun- gen untersagt, die Konsumenten täuschen könnten.3 [Rz 3] Um eine lautere Bezeichnung von Edelmetallwaren si- cherzustellen, schreibt das EMKG vor, dass Edelmetallwaren immer mit einer Feingehaltsangabe, einer Verantwortlich- keitsmarke sowie bei Uhrgehäusen mit einer Garantiepunze gekennzeichnet werden müssen. Diese drei im Edelmetall- gesetz vorgeschriebenen Bezeichnungen werden unter Ziff.

2 ff., 3 ff. bzw. 4 ff. eingehend dargestellt.

1.3. Verhältnis zum UWG und MSchG

[Rz 4] In der Praxis werden die Bestimmungen des EMKG oft neben den Vorschriften des UWG (insbesondere Art. 2 und Art. 3 lit. b und i UWG) sowie des MSchG angewandt.4 Diese kumulative Anwendbarkeit scheint gerechtfertigt, da die verschiedenen Erlasse auch (teilweise) unterschiedliche Schutzzwecke verfolgen.

[Rz 5] Wie bereits vorne unter Ziff. 1.2 ausgeführt, bezweckt das EMKG gemäss dessen Botschaft das kaufende Publikum vor Übervorteilung durch irreführende Warenbezeichnungen und zugleich auch die einheimische Industrie gegen eine un- erwünschte Konkurrenz und deren minderwertige Produkte zu schützen sowie ihren guten Ruf international zu wahren.5 Damit möchte das EMKG in erster Linie unlautere Geschäfts- praktiken verhindern. Insofern handelt es sich beim EMKG um einen Spezialerlass des UWG,6 welcher unlautere Ge- schäftspraktiken in Bezug auf Edelmetalle verbietet.

2 Vgl. Botschaft zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Kontrolle des Verkehrs mit Edelmetall und Edelmetallwaren vom 8. Juni 1931, BBl S.

889, 892, 895 sowie Botschaft betreffend den Entwurf eines Bundesge- setzes über die Kontrolierung der Gold- und Silberwaren vom 28. Novem- ber 1879, BBl. S. 987 ff.

3 Vgl. BGE 111 IV 180, E. 3c.

4 Vgl. BezGer ZH vom 20. September 1995, SMI 1996/3, S. 448 ff.; BGer vom 14. Dezember 1988, SMI 1991/1, S. 121 ff.

5 Botschaft zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Kontrolle des Ver- kehrs mit Edelmetall und Edelmetallwaren vom 8. Juni 1931, BBl S. 889, 892, 895.

6 Hierbei ist zu beachten, dass das Bundesgesetz über die Kontrollierung der Gold- und Silberwaren (Vorgängererlass des EMKG) bereits am 23.

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[Rz 6] Demgegenüber schützt das UWG den Markt generell vor täuschenden oder in anderer Weise gegen den Grund- satz von Treu und Glauben verstossende Massnahmen, die geeignet sind, den Wettbewerb zu beeinflussen (Art. 1 und 2 UWG). Im Einzelfall kann deshalb das UWG weit über den Anwendungsbereich des EMKG hinausgehen. Eine kumula- tive Anwendbarkeit beider Erlasse wird auch aus dem Um- stand verdeutlicht, dass die Lauterkeitskommission ebenfalls Grundsätze über die Werbung mit Edelmetallen aufgestellt hat (vgl. Grundsatz Nr. 5.8 Ziff. 3).7 Darüber hinaus hat die Lauterkeitskommission aber auch Bestimmungen zur Wer- bung mit anderen Schmuckbestandteilen wie Edelsteinen und Perlen erlassen (Grundsatz Nr. 5.8 Ziff. 1 und 2), was den umfassenderen Anwendungsbereich des UWG im Ver- gleich zum EMKG hervorhebt.8

[Rz 7] Das Markenrecht bezweckt hingegen gemäss Art. 1 Abs. 1 MSchG, Waren oder Dienstleistungen eines Unter- nehmens von solchen anderer Unternehmen zu unterschei- den und verleiht dem Inhaber der Marke gemäss Art. 13 Abs. 1 MSchG ein absolutes subjektives Ausschliesslich- keitsrecht.9 Somit dient das Markenrecht primär der Indi- vidualisierung und Herkunftsdeklaration10 von Waren und

Dezember 1880 (praktisch zeitgleich mit dem Bundesgesetz betreffend den Schutz der Fabrik- und Handelsmarken vom 19. Dezember 1879), das UWG hingegen erst über hundert Jahre später am 19. Dezember 1986 er- lassen wurde.

7 Grundsatz Nr. 5.8 Ziff. 1 der Lauterkeitskommission lautet wie folgt: a) Edelmetalle sind Gold, Silber und Platin roh oder in Form von Schmelzpro- dukten (Goldbarren) oder Schmelzgut (Abfälle aller Art). Die Schmelzpro- dukte sind mit dem tatsächlichen Feingehalt sowie mit einem Schmelzer- und Prüfzeichen zu bezeichnen. b) Edelmetallwaren sind Fertigprodukte aus Edelmetallen, auch in Verbindung mit anderen Stoffen (z.B. Edelstei- ne, Glas, Holz), nicht aber in Verbindung mit unedlen Metallen. Sie müssen eine gesetzliche Feingehaltsangabe und eine Verantwortlichkeitsmarke aufweisen. Uhrgehäuse aus Edelmetall müssen zudem mit einer amtlichen Garantiepunze gestempelt sein. Zulässige Feingehalte (in Tausendstel):

Gold: 750 (= 18 Karat) 585 (= 14 Karat) 375 (nur für Uhrgehäuse) Silber:

925 und 800 Platin: 950 c) Doubléwaren (auch «Plaquéwaren» genannt) sind Waren aus unedlem Metall, die auf galvanischem oder mechanischem Weg mit einer Schicht aus den vorgenannten Edelmetallen überzogen wor- den sind (Ausnahme: galvanische Versilberungen). Minimaldicke der Ver- edlung: 8 Mikron. Der Mindestfeingehalt ist ebenfalls vorgeschrieben.

Doubléwaren sind mit der entsprechenden Bezeichnung (z.B. Doublé G 10 Mikron) und einer Verantwortlichkeitsmarke zu versehen. Feingehaltsan- gaben sind verboten. d) Ersatzwaren sind Waren aus unedlem Metall mit einem Edelmetallüberzug unter 8 Mikron oder Waren aus Edelmetall, die den vorgeschriebenen Mindestfeingehalt nicht erreichen. Sie können als

«vergoldet», «versilbert» oder «verplatiniert» bezeichnet werden. Anga- ben des Feingehalts und der Dicke der Edelmetallschicht sind verboten.

Phantasienamen wie «Gam», «Gome», «Nec», «Dica», u.a.m. dürfen für Waren mit einem niedrigen Goldgehalt (8-10 Karat) verwendet werden.

8 Vgl. hierzu hinten Ziff. 1.4(g).

9 Thouvenin/noTh, in: noTh/Bühler/Thouvenin, MSchG, Einleitung N 134 f.; Wil-

li, Kommentar MSchG, Vor Art. 1 MSchG N 62; vgl. auch BrauchBar Birk-

häuser, in: Jung/spiTz, UWG, Einleitung N 40.

10 Mit Einführung der freien Übertragbarkeit und Lizenzierbarkeit der Marke im geltenden MSchG (Art. 17 und 18 MSchG) wird die Herkunftsfunkti- on im Sinne einer abstrakten Ursprungsidentifikation verstanden, welche

Dienstleistungen.11 Diese unterschiedliche Ausrichtung im Schutzzweck führt dazu, dass das EMKG und das MSchG immer nebeneinander zur Anwendung kommen, sofern die betreffenden Voraussetzungen erfüllt sind.12

1.4. Anwendungsbereich

[Rz 8] Vorab ist festzuhalten, dass nur Gold, Silber, Platin und Palladium als Edelmetalle im Sinne des EMKG behandelt werden (Art. 1 Abs. 1 EMKG). Alle anderen Edelmetalle13 und sonstigen Metalle14 gelten als unedle Metalle. Das EMKG un- terscheidet weiter die folgenden Warenkategorien:

(a) Edelmetallwaren im Allgemeinen

Das EMKG bezeichnet grundsätzlich alle Metalllegie- rungen als Edelmetallwaren, die eine bestimmte Men- ge reines Edelmetall pro Gewichtseinheit enthalten (sog. gesetzlicher Mindestfeingehalt).15 Nichts an der Qualifikation als Edelmetallwaren ändern Verbindun- gen mit nichtmetallischem Material wie z.B. Edelstei- nen, Glas oder Holz.

(b) Zusammengesetzte Waren

Als zusammengesetzte Waren im Sinne des EMKG gelten Produkte, die aus unterschiedlichen Edelme- tallen (welche alle den gesetzlichen Mindestfeingehalt erreichen) hergestellt wurden (vgl. Art. 40 EMKV). Die zusammengesetzten Waren stellen eine Unterkatego- rie der Edelmetallwaren dar.

Gewähr dafür bietet, dass die Produkte unter der Verantwortung und Kon- trolle eines Unternehmens hergestellt worden sind, vgl. statt vieler noTh/ Thouvenin, in: noTh/Bühler/Thouvenin, MSchG Kommentar, Art. 1 N 33 ff.;

a.M. DaviD, BSK MSchG, Art. 1 MSchG N 3.

11 Willi, MSchG, Vor Art. 1 MSchG, N 1. Namentlich hat die Marke – vor- behältlich der Garantiemarke gemäss Art. 21 MSchG – keine rechtlich geschützte Qualitätsfunktion. Zudem bietet der Ausschluss von irrefüh- renden Marken gemäss Art. 2 lit. c MSchG nur einen beschränkten mit- telbaren Schutz der Qualität der Marke, DaviD, BSK MSchG, Art. 1 MSchG N 4; vgl. auch BGer vom 24. Oktober 1986, PMMBl 1987, S. 11 – «GOLDEN RACE».

12 Vgl. als Beispiel einer kumulativen Anwendbarkeit von UWG, MSchG und EMKG BezGer ZH vom 20. September 1995, SMI 1996/3, S. 448 ff., wo eine Frau nachgeahmte Chanelprodukte wie Uhren, T-Shirts, Taschen und Foulards, die mit der Marke «Chanel» gekennzeichnet waren, in einem In- serat im Namen einer nicht existierenden «J.S.G. & Co.» mit 50% Rabatt als «echt» anpries. Einerseits verletzte sie das MSchG, indem sie die mar- kenrechtlich geschützte Bezeichnung «Chanel» im Original-Schriftzug im Inserat abbildete. Zudem erweckte sie mit der Verwendung «J.S.G. & Co.»

den Eindruck, dass es sich beim Verkäufer um eine Kollektiv- oder Kom- manditgesellschaft handle.

13 Zu den Edelmetallen werden gemeinhin auch Rhodium, Ruthenium, Osmi- um und Iridium, teilweise auch Quecksilber, gezählt.

14 Z.B. Titan, Chrom, Kupfer, Nickel, Zink oder Eisen.

15 Der gesetzliche Mindestfeingehalt liegt bei Goldwaren bei 3750 (ent- spricht 9 Karat), bei Silberwaren bei 8000, bei Platinwaren bei 8500 und bei Palladiumwaren bei 5000.

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(c) Mehrmetallwaren

Demgegenüber gelten Verbindungen von Edelme- tallwaren mit unedlen Metallen als Mehrmetallwaren, sofern sich die Edelmetalle von den unedlen Metallen farblich unterscheiden.

(d) Uhrgehäuse

Das EMKG kennt zudem einige Bestimmungen, wel- che zwischen Uhrgehäusen16 (entweder vollständig aus Edelmetall oder Mehrmetall) und anderen Edelme- tallwaren unterscheiden.

(e) Plaquéwaren

Plaquéwaren (auch Doubléwaren genannt) sind Wa- ren aus unedlem Metall oder einem nichtmetallischen Material,17 die auf galvanischem, mechanischem, che- mischem oder physikalischem Weg mit einer Schicht aus Edelmetall überzogen worden sind (vgl. Art. 2 Abs. 1 EMKG i.V.m. Art. 43 Abs. 1 EMKV). Dabei muss die Edelmetallschicht eine bestimmte Dicke,18 die sich über die gesamte Oberfläche erstreckt,19 sowie einen bestimmten Mindestfeingehalt aufweisen.20

(f) Ersatzwaren

Als Ersatzwaren gelten grundsätzlich alle Produkte, die die materiellen Anforderungen an die vorgenann- ten Warenkategorien nicht erfüllen (vgl. Art. 2 Abs. 3 EMKG).21

16 Als Uhrgehäuse im Sinne des EMKG gelten alle Umschliessungen von Uhr- werken (Art. 38 EMKV).

17 Als Unterlage dienen heutzutage nicht nur unedle Metalle, sondern auch andere Materialien wie Kunststoff, Glas oder Porzellan, DaviD/reuTTer, Schweizerisches Werberecht, 2. A., Zürich 2001, S. 329.

18 Bei Auflagen aus Gold, Platin und Palladium beträgt die Mindestdicke 5 Mikrometer, bei Auflagen aus Silber 10 Mikrometer, sowie bei Uhrgehäu- sen und Ergänzungsteilen mit einer Goldschicht der Qualität «Coiffe or»

200 Mikrometer, vgl. Anhang 1 zum EMKG. Die Minustoleranz bezüglich der Dicke der Edelmetallschicht beträgt 20 Prozent (Art. 43 Abs. 4 EMKV).

19 Bei Plaquéwaren ist jedoch erlaubt, nur denjenigen Teil der Oberfläche mit einer Edelmetallschicht zu überziehen, der für das Aussehen und die Funktion der Ware wesentlich ist, d.h. die sog. massgebende Oberfläche (Art. 43 Abs. 1 EMKV). Gemäss Praxis des Zentralamts dürfen jedoch nicht plattierte Teile oder Oberflächen von Plaquéwaren keine dünneren Überzüge des gleichen Edelmetalls tragen (vgl. Ziff. 4.2 EMKI). Zudem sind auf nicht plattierten Teilen oder Oberflächen von partiell plattierten Waren Oberflächenveredelungen verboten, deren Farbe oder Zusammen- setzung mit dem Edelmetallüberzug verwechselt werden könnten (vgl.

Ziff. 4.2 EMKI).

20 Der mittlere Feingehalt des Edelmetallüberzugs darf die folgenden Mini- malfeingehalte nicht unterschreiten: für Goldwaren den Mindestfeingehalt von 5850, für Platinwaren von 8500, für Palladiumwaren von 5000 und für Silberwaren von 8000 (Art. 43 Abs. 5 EMKV i.V.m. Anhang 1 zum EMKG).

21 Darunter fallen beispielsweise vergoldete Waren, dessen Edelmetall- schicht die geforderte Dicke oder den Mindestfeingehalt von 5850 nicht erreicht, Waren aus Silber die den Mindestfeingehalt von 8000 nicht er- reichen oder aber generell Waren aus unedlen Metallen oder nichtmetalli- schen Materialien.

(g) Nichtmetallische Materialien

Die Bezeichnung von nichtmetallischen Materialien wie z.B. Edelsteinen22 oder Keramik, Leder, Perlen und Holz ist in der Schweiz nicht reguliert. Diesbezüglich gilt das allgemeine lauterkeitsrechtliche Prinzip gemäss Art. 3 lit. b UWG, dass über Waren keine unrichtigen oder irreführenden Angaben gemacht werden dürfen.

Damit müssen auch in Bezug auf nichtmetallische Ma- terialien sämtliche Qualitätsangaben die wahre Zusam- mensetzung der Produkte wiedergeben. Jegliche irre- führenden Bezeichnungen sind unzulässig. Namentlich dürfen gemäss den Grundsätzen der Lauterkeitskom- mission nur natürliche Edelsteine23 , Schmucksteine24 und Perlen in der Werbung mit «echt», «edel», «natür- lich» oder gleichbedeutenden Ausdrücken25 bezeich- net werden.

2. Feingehaltsangabe

[Rz 9] Die Feingehaltsangabe ist eine Verhältniszahl, die den Anteil von reinem Edelmetall einer Metalllegierung pro Gewichtseinheit anzeigt (vgl. Art. 3 Abs. 1 EMKG).26 Dabei dürfen nur die vom EMKG festgelegten Mindestfeingehalte angegeben werden.27

2.1. Edelmetallwaren im Allgemeinen

[Rz 10] Gemäss Art. 7 Abs. 1 EMKG müssen sämtliche in der Schweiz in Verkehr gebrachten Edelmetallwaren mit ei- ner gesetzlich vorgesehenen Feingehaltsangabe versehen sein.28 Diese muss mindestens dem tatsächlichen Feingehalt

22 Edelsteine können jedoch auf freiwilliger Basis beim Schweizerischen Gemmologischen Institut (SSEF) in Basel geprüft werden lassen.

23 Gemäss Grundsatz Nr. 5.8.1.a der Lauterkeitskommission gelten folgende Mineralien als Edelsteine: Brillante, Saphire, Smaragde und Rubine.

24 Als Schmucksteine gelten alle anderen Mineralien, wie z.B. Quarze, Achate oder Türkise (Grundsatz Nr. 5.8.1.a der Lauterkeitskommission).

25 Vgl. Grundsatz Nr. 5.8.1.c der Lauterkeitskommission. Synthetische Stei- ne, Imitationen und Zucht- oder Kulturperlen, sowie auch künstliche Produkte müssen als solche benannt werden (vgl. Grundsatz Nr. 5.8.2 der Lauterkeitskommission). Künstliche Farbveränderungen von Edel- und Schmucksteinen sind zudem anzugeben (Grundsatz Nr. 5.8.1. der Lauterkeitskommission).

26 Der Feingehalt ist in Tausendsteln, ausgedrückt in arabischen Ziffern, an- zugeben. Die Feingehaltsangabe muss sichtbar, lesbar und unlöschbar auf der Ware selbst angebracht werden und eine Mindesthöhe von 0,5 mm aufweisen (Art. 46 EMKV, Ziff. 2.2.1 EMKI), vgl. auch DaviD/reuTTer, Schweizerisches Werberecht, 2. A., Zürich 2001, S. 330.

27 Die gesetzlichen Mindestfeingehalte sind für Gold: 9990 (24 Karat), 9160 (22 Karat), 7500 (18 Karat), 5850 (14 Karat), 3750 (9 Karat); für Silber:

9990, 9250, 8000; für Platin: 9990, 9500, 9000, 8500; und für Palladium:

9990, 9500, 5000. Für Medaillen sind weitere, zusätzliche Feingehalte zu- gelassen (vgl. Anhang 2 des EMKG).

28 Folgende Edelmetallwaren müssen im Sinne einer Ausnahme nicht mit ei- ner Feingehaltsangabe gekennzeichnet sein: Waren zur Verwendung in Wissenschaft und Technik, zu ärztlichen und zahnärztlichen Zwecken;

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sämtlicher Edelmetallteile entsprechen.29 Ein Produkt, das aus Bestandteilen verschiedener Legierungen des gleichen Edelmetalls zusammengesetzt ist, hat deshalb den niedrigs- ten dabei verwendeten Mindestfeingehalt anzugeben (Art. 46 Abs. 3 EMKV). Dabei gilt eine sog. Nulltoleranz; das Schwei- zer Recht akzeptiert namentlich keinerlei Abweichungen vom angegebenen Mindestfeingehalt.30 Edelmetallwaren, die den niedrigsten gesetzlich vorgesehenen Mindestfeingehalt nicht erreichen, dürfen demgegenüber keine Feingehaltsan- gabe aufweisen. Solche Produkte werden als Ersatzwaren behandelt.

[Rz 11] Darüber hinaus bestehen für gewisse Edelmetal- le weitergehende Bezeichnungsvorschriften: Produkte aus Platin und Palladium sowie vollständig vergoldete oder gold- plattierte Silberwaren müssen zusätzlich zur Feingehalts- angabe die Bezeichnung des Edelmetalls tragen, d.h. als Platin, Palladium oder Silber gekennzeichnet werden (Art. 7 Abs. 3 EMKG i.V.m. Art. 46 Abs. 5 EMKV und Art. 46 Abs. 6 EMKV).31

[Rz 12] Sonstige zusätzliche Bezeichnungen auf Edelme- tallwaren sind grundsätzlich zulässig, sofern sie nicht irre- führend oder täuschend sind. Insbesondere darf bei Gold- legierungen die Karatangabe und bei Silberwaren mit einem Feingehalt von 9250 die Bezeichnung «Sterling» hinzugefügt werden (Art. 46 Abs. 4 EMKV).

2.2. Zusammengesetzte Waren

[Rz 13] Bei zusammengesetzten Waren wird in Bezug auf die Feingehaltsangabe danach differenziert, ob sich die verschiedenen Bestandteile farblich unterscheiden. Können diese aufgrund ihrer Farbe auseinandergehalten werden, so müssen die einzelnen Edelmetallteile je für sich mit der jewei- ligen Feingehaltsangabe bezeichnet werden (Art. 47 Abs. 1 EMKV).32 Ist eine Unterscheidung der Edelmetalle hingegen allein anhand ihrer Farbe nicht möglich, darf nur die Fein- gehaltsangabe des minderwertigsten Edelmetalls ange- bracht werden.33 Gemäss Art. 47 Abs. 3 EMKV gilt Platin als

Waren, welche mehr als 50 Jahre alt sind; Musikinstrumente; und für öf- fentliche Sammlungen bestimmte Kunstobjekte (Art. 45 Abs. 1 EMKV).

29 Namentlich dürfen Edelmetallwaren im Innern keine Metalle oder Subs- tanzen enthalten, welche sich vom Edelmetall der Hauptmasse unterschei- den (Art. 37 Abs. 1 EMKV).

30 Der Bundesrat hat von seiner Möglichkeit gemäss Art. 5 EMKG, Fehler- grenzen für Abweichungen vom Feingehalt festzusetzen, bislang keinen Gebrauch gemacht. Demgegenüber erlaubt z.B. die Regelung in Deutsch- land gewisse Abweichungen vom angegebenen Feingehalt (vgl. § 2 Abs. 2 D-FeinGehG).

31 Entweder muss die vollständige Bezeichnung des Edelmetalls oder das chemische Symbol angegeben werden.

32 Weisen Gegenstände verschiedene Teile des gleichen Edelmetalls auf, so genügt es, wenn nur ein Teil eine Feingehaltsangabe trägt.

33 Man kann sich jedoch fragen, ob nicht eine dahingehende Regelung, dass auch bei Kombinationen von farblich nicht unterscheidbaren Edel- metallen beide Feingehaltsangaben angegeben werden müssen, dem

hochwertigstes Edelmetall, gefolgt von Gold, Palladium und letztlich Silber.

[Rz 14] Gemäss Praxis des Zentralamts werden die Kombi- nationen von Weissgold, Platin, Palladium und Silber grund- sätzlich als farblich nicht unterscheidbar qualifiziert. Nur aus- nahmsweise, wenn sich die einzelnen Edelmetalle so deutlich im Farbton unterscheiden, dass eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen werden kann, wird farbliche Unterscheid- barkeit angenommen (vgl. Ziff. 1.3.1 EMKI). Eine Verwechs- lungsgefahr kann gemäss den Instruktionen des Zentralamts auch mittels einer Oberflächenveredelung (z.B. mit Rhodium, Ruthenium oder Platin) eines Edelmetallbestandteils vermie- den werden (vgl. Ziff. 1.4.1 EMKI). Demgegenüber verhelfen nach Ansicht des Zentralamts mechanische Oberflächen- bearbeitungen (z.B. gebürstete oder polierte Teile) nicht zu einer farblichen Unterscheidbarkeit (Ziff. 1.3 EMKI).

2.3. Mehrmetallwaren

[Rz 15] Auch bei Mehrmetallwaren müssen die verschiede- nen Bestandteile separat gekennzeichnet werden: Das Edel- metall ist mit der gesetzlichen Feingehaltsangabe zu verse- hen, das unedle Metall dagegen muss entweder mit dem Wort «Metall» oder mit dem konkreten Namen des Metalls bezeichnet werden (Art. 7a Abs. 2 EMKG i.V.m. Art. 48 Abs. 1 EMKV).34 Dabei wird bei Mehrmetallwaren zwingend voraus- gesetzt, dass sich die verschiedenen (unedlen und edlen) Metallteile farblich unterscheiden (Art. 7a Abs. 3 EMKG). Eine solche farbliche Unterscheidbarkeit kann gemäss Praxis des Zentralamts wiederum mittels einer Oberflächenbehandlung erreicht werden (vgl. Ziff. 1.3.2 ff. EMKI).35 Produkte, bei wel- chen die edlen nicht von den unedlen Metallteilen unterschie- den werden können, gelten als Ersatzwaren.

2.4. Plaquéwaren

[Rz 16] Plaquéwaren dürfen grundsätzlich keine Bezeichnun- gen tragen, die eine Verwechslungsgefahr mit Edelmetallwa- ren verursachen könnten (vgl. Art. 8 Abs. 2 EMKG). Insbeson- dere sind Feingehaltsangaben, Namen von Edelmetallen36

Täuschungs- und Irreführungsgebot besser gerecht werden würde. Denn mit einer Nennung beider Edelmetallbestandteile (inkl. ihres volumenmä- ssigen Anteils) würde die wahre Zusammensetzung des Produkts darge- legt und könnte deshalb einer Täuschung oder Irreführung der Konsumen- ten wohl am besten vorbeugen.

34 Gemäss der Praxis des Zentralamts werden Teile aus Edelmetalllegie- rungen unter dem niedrigsten gesetzlichen Feingehalt als unedles Metall betrachtet und müssen mit «METALL» bezeichnet werden (vgl. Ziff. 3.2 EMKI).

35 Allerdings dürfen die unedlen Metallteile gemäss Praxis des Zentralamts nicht mit einem Edelmetall wie Gold, Silber, Platin oder Palladium plattiert sein (vgl. Ziff. 3.2 EMKI).

36 Kombinationen mit dem Namen von Edelmetallen sind jedoch dann zuge- lassen, wenn es sich um den hinterlegten Namen eines Betriebs handelt und wenn die Bezeichnung mit der Unternehmensform oder Symbolen wie

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sowie Angaben über deren Anteil oder Gewicht37 verboten (Art. 50 Abs. 1 EMKV). Gemäss Praxis des Zentralamts müs- sen zudem andere Grössenbezeichnungen oder Nummern immer mit der Abkürzung der jeweiligen Masseinheit ergänzt werden, damit jedwede Täuschung über die Zusammenset- zung des Produkts vermieden werden kann (vgl. Ziff. 4.3.2 EMKI).

[Rz 17] Gemäss Art. 49 Abs. 1 EMKV sind Plaquéwaren mit «Plaqué» sowie mit der Fabrikationsweise38 zu bezeich- nen.39 Des Weiteren darf der Name des Überzugmetalls oder die Schichtdicke des Überzugs in Mikrometern angegeben werden (Art. 49 Abs. 2 EMKV).40 Goldplattierte Uhrgehäuse und Ergänzungsteile können alternativ auch mit der Art des Überzugs41 und mit der Schichtdicke des Überzugs in Mikro- metern bezeichnet werden (Art. 49 Abs. 4 EMKV). Auf diese Bezeichnungsvariante für goldplattierte Uhrgehäuse und Er- gänzungsteile findet jedoch Art. 49 Abs. 2 EMKV keine An- wendung, d.h. der Name des Überzugsmetalls darf hier nicht angegeben werden.

2.5. Ersatzwaren

[Rz 18] Für Ersatzwaren gibt es keine obligatorischen Be- zeichnungsvorschriften, weshalb diese grundsätzlich ohne Angaben in Verkehr gebracht werden dürfen (vgl. zur Defi- nition vorne Ziff. 1.4(f). Allerdings hat der Gesetzgeber auch bei Ersatzwaren gewisse Einschränkungen in Bezug auf Bezeichnungen aufgestellt: Im Grundsatz dürfen Ersatzwa- ren nur Angaben tragen, die wahr, d.h. weder irreführend noch täuschend, sind. Dabei sind insbesondere jegliche Be- zeichnungen in Verbindung mit Namen von Edelmetallen,42

®, © oder " usw. ergänzt wird (vgl. Ziff. 4.3.3 EKMI). Zudem darf die Edel- metallbezeichnung in Verbindung mit dem Wort «Plaqué» angegeben wer- den (vgl. Art. 49 Abs. 2 EMKV).

37 Dies gilt gemäss Praxis des Zentralamts insbesondere für Karatangaben und Ausdrücke wie «fein» oder «rein» (vgl. Ziff. 4.3.1 EMKI).

38 Die Fabrikationsart wird mit «L» für «laminé» (aufgewalzt) und «G» für

«galvanisch» angegeben.

39 Bei partiell plattierten Waren müssen gemäss Praxis des Zentralamts ana- log der Regelung bei Mehrmetall- und zusammengesetzten Waren die ent- sprechenden Teile je für sich gesondert bezeichnet werden (vgl. Ziff. 4.3 EMKI), wobei die nicht plattierten Teile keine Überzüge des gleichen Edel- metalls oder Oberflächenveredelungen, deren Farbe oder Zusammenset- zung mit dem Edelmetallüberzug verwechselt werden könnten, aufweisen dürfen (vgl. Ziff. 4.2 EMKI).

40 Bei Produkten, die mit Edelmetallüberzügen unterschiedlicher Dicken be- deckt sind, darf nur der kleinste Wert angegeben werden (vgl. Ziff. 4.3 EMKI).

41 Folgende Bezeichnungen der Art des Überzugs sind zulässig: «GR» für die Walzplattierung; «GP» für alle anderen Arten von Plaqué; und «GC» für

«coiffe or».

42 Für Produkte ausserhalb der Uhren-, Schmuck und Goldschmiedeindus- trie ist es gemäss Praxis des Zentralamts jedoch gestattet, den Namen von Edelmetallen zu verwenden, wenn in diesen Industrie- oder Hand- werksbranchen die Bezeichnung üblich ist und nicht zu Missverständnis- sen in Bezug auf die wirkliche Qualität der Produkte Anlass gibt. Unter

Feingehaltsangaben,43 Angaben des Edelmetallanteils oder -Gewichts44 sowie Angaben der Schichtdicke unzulässig (Art. 8 Abs. 4 EMKG i.V.m. Art. 50 EMKV). Das Bundesgericht hat namentlich die Bezeichnungen «Goldbesteck» bzw. «Sil- berbesteck'45, «flash gold 999,9» und «flash silver 0,999'46 sowie jegliche Verwendung des Wortes «or», insbesondere die Bezeichnungen «or 23 carats» und «frappé sur or battu 23 carats»,47 auf Ersatzwaren als täuschend und irreführend qualifiziert. In einem Entscheid des Bundesverwaltungsge- richts wurden die Bezeichnungen «Cadre à photos, argenté, aluminium, verre antireflets» sowie «Cornice, argento, allu- minio, vetro antireflesso» für Bilderrahmen aus Aluminium als unzulässig erklärt.48 Gemäss Praxis des Zentralamts sind zudem Angaben in Verbindung mit Begriffen wie «fein» oder

«rein» täuschend und irreführend und damit unzulässig (vgl.

Ziff. 4.3.1 i.V.m. Ziff. 5.2 EMKI). Demgegenüber ist es erlaubt, mit Edelmetall überzogene Ersatzwaren als vergoldet, ver- silbert, platiniert oder palladiert zu bezeichnen (Art. 8 Abs. 3 EMKG i.V.m. Ziff. 5.2 EMKI).49

2.6. Zulässige unedle Metallteile, Goldnuggets und nichtmetallische Stoffe

[Rz 19] Edelmetallwaren dürfen aus technischen Gründen Teile aus unedlem Metall aufweisen, sofern sie nicht zur Ver- stärkung, zum Füllen oder zur Gewichtserhöhung verwendet werden.50 Diese Metallteile müssen grundsätzlich mit dem Wort «Metall» oder dem spezifischen Namen des verwen- deten Metalls bezeichnet werden. Andernfalls sind solche

diese Ausnahme fallen auch andere Gegenstände, bei denen keine Ver- wechslungsgefahr mit Edelmetall- oder Plaquéwaren besteht, wie z.B. bei Produkten aus der Lebensmittel- und Kosmetikbranche, wenn sich die Be- zeichnung zweifelsfrei auf die Farbe des Produkts oder auf das symboli- sche Ansehen und nicht auf dessen Zusammensetzung bezieht (vgl. Ziff.

6.1 f. EMKI). In Bezug auf Namen von Edelmetallen, die gleichzeitig hinter- legte Namen von Betrieben sind, vgl. Fn 31.

43 Dies gilt auch für Feingehaltsangaben in Karat.

44 Eine Ausnahme hiervon gilt für Tafelgeräte und -bestecke, welche mit dem Gewicht der abgeschiedenen Silbermenge bezeichnet werden dürfen (Art. 51 EMKV i.V.m. 5.3 EMKI).

45 BGE 111 IV 180 E. 4a, b und d.

46 BGE 106 IV 302, E. 2b.

47 Entscheid des EFD, in: VPB 36/1972, Nr. 61, S. 150 ff.

48 Urteil des Bundesverwaltungsgerichts B-2659/2012 vom 3. September 2012, insbesondere E. 5.3 ff. Indessen wurde offen gelassen, ob die deut- sche Bezeichnung «Bilderrahmen, silber, Aluminium, reflexfreies Glas»

aufgrund der Grossschreibung von «Aluminium», welche deshalb klar auf eine Materialbezeichnung hinweist im Gegensatz zur Kleinschreibung von

«silber», auch einen unerfahrenen Konsumenten vor der unzutreffenden Annahme schützen könne, dass es sich um eine silberhaltige Mehrme- tall- oder Plaquéware handle, vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts B-2659/2012 vom 3. September 2012, insbesondere E. 5.5.1.

49 Vgl. auch BGE 111 IV 180, E. 4b; BGE 106 IV 302, E. 2b.

50 Wie z.B. Mechaniken von Schreibgeräten oder Feuerzeugen, Verschluss- magnete, Uhrwerke oder Zifferblätter (vgl. Ziff. 2.3.2 EMKI).

(7)

unedlen Metallteile nur zulässig, sofern sie sich in der Farbe klar vom Edelmetall unterscheiden (vgl. 2.1.3.1 EMKI).

[Rz 20] Gemäss Praxis des Zentralamts sind zudem sog.

Goldnuggets (gediegenes Gold in Form von Klumpen) auf Edelmetall- und Mehrmetallwaren ohne jegliche Bezeich- nungsvorschriften zugelassen; namentlich müssen diese weder eine Feingehaltsangabe aufweisen noch sich farblich von den anderen Edelmetallteilen unterscheiden (vgl. 2.1.7 EMKI).

[Rz 21] Des Weiteren sind nichtmetallische Materialien wie Edelsteine, Glas, Holz, Kunststoff, usw. in Kombination mit Edelmetallwaren grundsätzlich zugelassen. Dabei sind ledig- lich die allgemein gültigen Regeln betreffend die Gefahr von Täuschungen und Irreführungen in Bezug auf Edelmetalle zu beachten (vgl. 2.1.9.1 EMKI).

3. Verantwortlichkeitsmarke

[Rz 22] Der Hersteller ist gemäss Art. 9 Abs. 1 EMKG ver- pflichtet, auf seinen Edelmetall-,51 Mehrmetall- und Plaqué- waren eine sog. Verantwortlichkeitsmarke anzubringen.52 Mit der Pflicht zur Bezeichnung dieser Produkte mit einer Ver- antwortlichkeitsmarke wird erreicht, dass der jeweilige Mar- keninhaber für die Qualität seiner Produkte und deren Be- schriftung einstehen muss (vgl. Art. 58 Abs. 1 EMKV). Damit handelt es sich bei der Verantwortlichkeitsmarke um eine Art Garantieerklärung.

[Rz 23] Die Verantwortlichkeitsmarke ist mit der Garantie- marke gemäss Art. 21 MSchG insoweit vergleichbar, als letz- tere bestimmte, in einem Reglement festgesetzte sachliche Eigenschaften, mithin einen bestimmten Qualitätsstandard der mit ihr gekennzeichneten Produkte gewährleistet.53 Es handelt sich um ein eigentliches Güte- bzw. Gewährleis- tungszeichen.54 Auch die Verantwortlichkeitsmarke gemäss EMKG garantiert die auf der Edelmetallware angebrachten Bezeichnungen. Damit bürgt die Verantwortlichkeitsmarke

51 Dazu gehören auch die sog. zusammengesetzten Waren.

52 Die Verantwortlichkeitsmarke muss spätestens im gleichen Zeitpunkt wie die Feingehaltsangabe deutlich und dauerhaft auf dem Produkt selbst an- gebracht werden (Art. 9 Abs. 4 i.V.m. Art. 10 Abs. 2 EMKG).

53 Die Garantiemarke kann dabei beliebige Merkmale der mit der Marke ver- sehenen Waren oder Dienstleistungen gewährleisten; vgl. holzer, in: noTh/ Bühler/Thouvenin (Hrsg.), Markenschutzgesetz (MSchG), Vorbemerkungen Art. 21 – 27 N 1 f.; MarBach, in: von Büren/DaviD (Hrsg.), SIWR III/1, Mar- kenrecht, 2. A., Basel 2009, N 1792. Im Unterschied zur Verantwortlich- keitsmarke darf jedoch der Inhaber einer Garantiemarke gemäss Art. 21 MSchG diese nicht für seine eigenen Produkte gebrauchen, da er von Ge- setzes wegen für eine wirksame Kontrolle der Benützung der Garantiemar- ke verantwortlich ist, so dass die unter der Marke angebotenen Produk- te die zu gewährleistenden Merkmale aufweisen; holzer, in: noTh/Bühler/ Thouvenin (Hrsg.), Markenschutzgesetz (MSchG), Art. 21 N 3, 11, 18.

54 holzer, in: noTh/Bühler/Thouvenin (Hrsg.), Markenschutzgesetz (MSchG), Art. 21 N 2.

wie die Garantiemarke für bestimmte sachliche Eigenschaf- ten der Produkte.

[Rz 24] Die Garantiemarke erfüllt darüber hinaus neben der Gewährleistungs- auch eine Unterscheidungsfunktion, indem die unter der Marke in Verkehr gebrachten Produk- te vom Angebot anderer Anbieter unterschieden werden.55 Im Gegensatz zur Individualmarke kennzeichnet die Garan- tiemarke jedoch nicht das Angebot eines einzelnen Unter- nehmens, sondern dasjenige einer Unternehmensmehrheit.

Demgegenüber erfüllt die Verantwortlichkeitsmarke nur be- schränkt eine Unterscheidungsfunktion, da sie nicht primär der Abgrenzung von Produkten anderer Hersteller dient.

[Rz 25] Die Verantwortlichkeitsmarke muss beim Zentral- amt in ein öffentliches Register eingetragen werden (Art. 10 Abs. 1 i.V.m. Art. 12 EMKG).56 Sie kann aus einzelnen Buch- staben, Zahlen, Wörtern, bildlichen Darstellungen, Formen oder aus einer Kombination dieser Elemente bestehen. Von einer Eintragung ausgeschlossen sind jedoch Zeichen, die mit bereits registrierten Verantwortlichkeitsmarken oder mit den amtlichen Garantiepunzen verwechselbar sind (Art. 10 EMKG).57 In der Praxis überprüft das Zentralamt darüber hi- naus auch, ob eine Verwechslungsgefahr mit einer eingetra- genen Marke im Sinne des MSchG oder mit der Abkürzung der Bezeichnung einer Internationalen Organisation besteht.

[Rz 26] Ersatzwaren müssen demgegenüber keine Verant- wortlichkeitsmarke tragen. Sie dürfen aber ohne Weiteres mit einer Marke, einem Firmennamen oder einer anderen Bezeichnung gekennzeichnet werden, unabhängig davon, ob diese Zeichen als Verantwortlichkeitsmarken registriert sind oder nicht.

4. Garantiepunze

58

[Rz 27] Das Zentralamt überprüft die Richtigkeit der

55 BGE 131 III 495, E. 4 und 5 – Felsenkeller; holzer, in: noTh/Bühler/Thouve-

nin (Hrsg.), Markenschutzgesetz (MSchG), Art. 21 N 1; a.M. MarBach, wo- nach die Garantiemarke nur der sachlich segmentierenden Gewährleis- tung von Eigenschaften und nicht der Individualisierung eines Angebots dient, MarBach, in: von Büren/DaviD (Hrsg.), SIWR III/1, Markenrecht, 2. A., Basel 2009, N 1794, 1769.

56 Für Uhrgehäuse können mehrere Fabrikanten eine Kollektiv-Verantwort- lichkeitsmarke eintragen (Art. 60 ff. EMKV). Die Kollektiv-Verantwort- lichkeitsmarke gemäss EMKG unterscheidet sich von der Kollektivmarke gemäss MSchG insofern, als dass letztere nicht zwingend sachliche Merk- male ihrer gekennzeichneten Produkte gewährleistet, weshalb sie keine eigentliche Garantiefunktion erfüllt. Die Kollektivmarke gemäss MSchG ist im Grundsatz identisch mit einer Individualmarke gemäss MSchG mit dem einzigen Unterschied, dass diese nicht nur auf ein einzelnes Unter- nehmen, sondern auf die Zugehörigkeit zu einem Verbund von Unterneh- men hinweist; holzer, in: noTh/Bühler/Thouvenin (Hrsg.), Markenschutzge- setz (MSchG), Art. 22 N 2; MarBach, in: von Büren/DaviD (Hrsg.), SIWR III/1, Markenrecht, 2. A., Basel 2009, N 1774.

57 Vgl. auch Art. 59 EMKV.

58 Die aktuelle Schweizer Garantiepunze stellt einen Bernhardinerkopf dar, vgl. Anhang II Ziff. 1 der EMKV.

(8)

Feingehaltsangabe sowie der Verantwortlichkeitsmarke und bescheinigt dies, sofern sämtliche gesetzlichen Vorschriften erfüllt sind, mit der amtlichen Stempelung der Edelmetallwa- re mit der Schweizer Garantiepunze (Art. 14 EMKG, Art. 81 EMKV).59 Mit anderen Worten ist die amtliche Punze die offi- zielle, staatliche Garantie für die Richtigkeit der Feingehalts- angabe sowie der Verantwortlichkeitsmarke.

4.1. Uhrgehäuse

[Rz 28] Uhrgehäuse aus Edelmetall müssen zwingend vor ihrer Inverkehrbringung in der Schweiz dem Zentralamt zur amtlichen Prüfung und Stempelung vorgelegt werden (Art. 13 Abs. 1 EMKG i.V.m. Art. 82 Abs. 1 EMKV). Im Ausland her- gestellte Uhrgehäuse müssen damit spätestens im Zeitpunkt ihrer Einfuhr dem Zentralamt unterbreitet werden. Bei in der Schweiz produzierten Uhrgehäusen muss vor Auslieferung der Ware zu Kunden bzw. Händlern um amtliche Prüfung und Stempelung ersucht werden (vgl. Art. 82 Abs. 2 EMKV). Die amtliche Stempelung von Uhrgehäusen, die aus Edelmetal- len und unedlen Metallen bestehen, ist jedoch gemäss Pra- xis des Zentralamts fakultativ (vgl. Ziff. 7.1 EMKI).

4.2. Übrige Edelmetallwaren

[Rz 29] Für alle übrigen Edelmetallwaren und Mehrmetall- waren ist die amtliche Stempelung fakultativ (Art. 13 Abs. 2 EMKG). Diese kann vom jeweiligen Inhaber der Ware jeder- zeit beantragt werden, wobei auch die freiwillige Stempe- lung der Edelmetallwaren mit der gleichen Garantiepunze erfolgt wie die obligatorische Stempelung. Dabei ist jedoch zu beachten, dass nur Edelmetallwaren amtlich geprüft und gestempelt werden können, die den gesetzlichen Feingehalt angeben sowie eine Verantwortlichkeitsmarke tragen (vgl.

Art. 16 EMKG). Für Plaqué- und Ersatzwaren ist eine amt- liche Stempelung mit der Garantiepunze deshalb gänzlich ausgeschlossen.

5. Grenzüberschreitender Verkehr

[Rz 30] Die Vorschriften zur Bezeichnung von Edelmetall- waren sind in jedem Land unterschiedlich geregelt, weshalb die Einhaltung der jeweiligen Bestimmungen im grenzüber- schreitenden Verkehr mit Edelmetallwaren für die Hersteller regelmässig eine Herausforderung darstellt. Deshalb ist die Regelung des grenzüberschreitenden Verkehrs bei Edelme- tallwaren meist von zentraler Bedeutung.

59 Nur das Zentralamt ist befugt, die amtliche Prüfung und Punzierung von Edelmetallwaren vorzunehmen. Im Gegensatz hierzu sind Handelsprüfer nur für Feingehaltsbestimmungen bei Schmelzprodukten zuständig (vgl.

Art. 32 Abs. 1 und 41 EMKG, Art. 28 Abs. 1 und 2 EMKV).

5.1. Import

[Rz 31] Im Ausland hergestellte Edelmetall-, Mehrmetall-, Plaqué- und Ersatzwaren dürfen nur in die Schweiz einge- führt werden, wenn sie den Vorschriften des EMKG entspre- chend bezeichnet und bei Uhrgehäusen zusätzlich amtlich geprüft und gestempelt worden sind (vgl. Art. 20 Abs. 1 EMKG, Art. 126 Abs. 1 und 2 EMKV). Für die Einhaltung die- ser Vorschriften ist der Empfänger der Ware verantwortlich.

5.2. Export

5.2.1. Grundsatz

[Rz 32] Im Grundsatz müssen auch Edelmetall-, Mehrmetall-, Plaqué- und Ersatzwaren, die nicht zuerst in der Schweiz in Verkehr gebracht, sondern direkt in ein anderes Land aus- geführt werden, die vorgeschriebenen Bezeichnungen tra- gen (Art. 21 Abs. 1 EMKG). Gemäss Art. 21 Abs. 2 EMKG dürfen diese Waren jedoch von den Herstellern auf eigene Verantwortung hin bereits zu Beginn nur mit den im Export- land vorgeschriebenen Bezeichnungen versehen werden,60 sofern ihre Zusammensetzung diesen Bezeichnungen auch tatsächlich entspricht (Art. 135 Abs. 1 EMKV). Im Ergebnis bedeutet dies, dass Edelmetallwaren bei ihrer Ausfuhr grund- sätzlich nicht von den Kontrollämtern auf ihre Übereinstim- mung mit Schweizer Recht überprüft werden.

5.2.2. Ausnahme für Uhrgehäuse

[Rz 33] Gemäss Art. 82 Abs. 1 EMKV gilt die Befugnis in Art. 21 Abs. 2 EMKG zur Bezeichnung der Waren allein ge- mäss den Vorschriften des Bestimmungslandes – entgegen ihrem eigentlichen Wortlaut – nicht für Uhrgehäuse aus Edel- metall. Uhrgehäuse aus Edelmetall werden demnach auch bei ihrer Ausfuhr danach kontrolliert, ob sie die Feingehalts- angabe, die Verantwortlichkeitsmarke sowie die Schweizer Garantiepunze tragen.61

5.3. Wiener Konvention

62

[Rz 34] Die Schweiz ist Mitglied des am 15. November 1972 in Wien abgeschlossenen internationalen Übereinkommens

60 Gemäss Praxis des Zentralamts müssen die Waren jedoch dann mit einer Verantwortlichkeitsmarke versehen sein, wenn diese eine Qualitätsanga- be tragen (vgl. Ziff. 9.2 EMKI).

61 In Art. 82 Abs. 4 EMKV wird erwähnt, dass bei Uhrgehäusen, die direkt in Länder mit einer obligatorischen Prüfung der Uhrgehäuse exportiert wer- den, von der amtlichen Stempelung in der Schweiz Umgang genommen werden könne. Das Zentralamt eruiere anhand der ausländischen gesetz- lichen Bestimmungen diejenigen Staaten, welche eine solche obligatori- sche Prüfung der Uhrgehäuse vorsehen und lege diese in einer Wegleitung fest. Von dieser Ausnahmeregelung, welche Raum für bilaterale Abkom- men geboten hätte, wurde jedoch kein Gebrauch gemacht und ist des- halb ein toter Buchstabe geblieben. Somit können Uhrgehäuse nur mit der Schweizer Garantiepunze ausgeführt werden.

62 SR 0.941.31.

(9)

betreffend die Prüfung und Bezeichnung von Edelmetallge- genständen.63 Diese Wiener Konvention bezweckt, unter gleichzeitiger Aufrechterhaltung des Konsumentenschutzes, den internationalen Handel mit Edelmetallgegenständen zu erleichtern.64

[Rz 35] Hierfür sieht die Wiener Konvention die Möglichkeit der Stempelung von Edelmetallwaren mit der sog. Gemein- samen Punze vor. In den Mitgliedstaaten der Wiener Konven- tion kann deshalb zusätzlich zur amtlichen Stempelung mit der nationalen Garantiepunze die Stempelung der Produkte mit der Gemeinsamen Punze der Wiener Konvention ver- langt werden. Für eine solche Stempelung mit der Gemein- samen Punze müssen jeweils die nationalen Vorschriften wie auch die Bestimmungen der Wiener Konvention erfüllt sein. Ist dies der Fall, wird die Edelmetallware zusätzlich zur Feingehaltsangabe, Verantwortlichkeitsmarke und nationa- len Garantiepunze mit der Gemeinsamen Punze gestempelt.

[Rz 36] Dies hat den Vorteil, dass mit der Gemeinsamen Pun- ze gestempelte Edelmetallwaren in jedem anderen Mitglied- staat anerkannt werden und deshalb bei ihrer Einfuhr keiner weiteren amtlichen Prüfung und Stempelung unterliegen (Art. 1 Abs. 1 Wiener Konvention). Grundsätzlich werden nur die eigenen nationalen Garantiepunzen vom jeweiligen Land anerkannt; importierte Edelmetallwaren werden deshalb von jedem Land separat gemäss den jeweiligen nationalen Be- stimmungen geprüft und gestempelt. Die Stempelung mit der Gemeinsamen Punze hat somit in zeitlicher Hinsicht den Vorteil, dass die Edelmetallware nicht am Zoll zur Prü- fung und Stempelung angehalten wird. Andererseits wird die Edelmetallware nicht mehrmals gestempelt, was bei Uhren und Schmuck aus ästhetischen Gründen einen Mehrwert darstellt. Darüber hinaus erlaubt es die Gemeinsame Punze der Wiener Konvention, die Verantwortlichkeitsmarke nur in demjenigen nationalen Register eintragen zu lassen, in wel- chem die amtliche Prüfung und Stempelung mit der Gemein- samen Punze auch erfolgt.

[Rz 37] Allerdings ist zu beachten, dass die Produkte – ob- wohl sie bei ihrer Einfuhr keiner obligatorischen Kontrolle unterzogen werden – trotzdem den jeweiligen nationalen ge- setzlichen Bestimmungen über die Bezeichnung von Edelme- tallwaren entsprechen müssen. Das Wiener Übereinkommen

63 Folgende Länder sind heute neben der Schweiz Mitglied des Abkommens:

Dänemark, Finnland, Irland, Israel, Lettland, Litauen, Niederlande, Norwe- gen, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, Slowakei, Slowenien, Tsche- chische Republik, Ungarn, Vereinigtes Königreich und Zypern. Die für die Schweiz wichtigen europäischen Staaten Deutschland, Frankreich, Spani- en und Italien sind demgegenüber bisher nicht Mitglied des Übereinkom- mens. Italien hat sich jedoch am 24. März 2011 als Mitglied der Wiener Konvention beworben. Darüber hinaus beabsichtigt offenbar auch Kroati- en, sich als Mitglied der Wiener Konvention zu bewerben. Vgl. http://www.

hallmarkingconvention.org.

64 Die Wiener Konvention ist – entsprechend dem Schweizer Recht – an- wendbar auf die Edelmetalle Gold, Silber, Platin und Palladium (Art. 2 Wie- ner Konvention).

verpflichtet die Mitgliedstaaten namentlich nicht, die Einfuhr oder den Verkauf von Edelmetallgegenständen zu gestatten, deren Bezeichnungen nicht den nationalen Vorschriften ent- sprechen (vgl. Art. 1 Abs. 2 Wiener Konvention).

5.4. Bilaterale Abkommen

[Rz 38] Zusätzlich zur Wiener Konvention hat die Schweiz mit den Staaten Frankreich, Italien, Österreich und Spanien bi- laterale Abkommen abgeschlossen, welche den Handel mit Edelmetallen erleichtern. Nachfolgend werden die wichtigs- ten Bestimmungen dieser Abkommen kurz erwähnt:

5.4.1. Abkommen Schweiz – Frankreich65

[Rz 39] Gemäss diesem Abkommen werden die nationalen Garantiepunzen von beiden Staaten gegenseitig anerkannt, weshalb eine erneute Kontrolle bei der Einfuhr in den an- deren Staat grundsätzlich entfällt. Nichtsdestotrotz müssen jedoch die materiellen Bestimmungen des anderen Staates jeweils eingehalten werden. Die Verantwortlichkeitsmarke muss ferner nur in demjenigen Staat hinterlegt sein, welcher die Ware mit der nationalen Punze amtlich stempelt. Dieses Abkommen ist nicht auf Palladiumwaren anwendbar (Art. 1 lit. g des Abkommens).

5.4.2. Abkommen Schweiz – Italien66

[Rz 40] Edelmetallwaren, die mit der Schweizer Garantiepun- ze amtlich gestempelt sind, müssen die nach italienischem Recht verlangte Identifikationsmarke des italienischen Im- porteurs nicht tragen. Im Gegenzug werden die italienischen Identifikationszeichen in der Schweiz als Verantwortlichkeits- marken anerkannt. Dies gilt auch für Uhrgehäuse aus Edel- metall; diese müssen nicht zusätzlich zur italienischen Iden- tifikationsmarke amtlich punziert werden. Unabhängig davon müssen jedoch die weiteren Bezeichnungsvorschriften des anderen Staates, insbesondere die Angabe des Feingehalts, jeweils eingehalten werden. Ferner muss die Verantwortlich- keitsmarke bzw. Identifikationsmarke nur in diesem Staat hinterlegt sein, in welchem der Markeninhaber seinen Sitz hat, sofern die amtliche Stempelung auch von diesem Staat vorgenommen wird.

5.4.3. Abkommen Schweiz – Österreich67

[Rz 41] Beide Staaten anerkennen gegenseitig die amtlichen Punzen auf Uhrgehäusen und mit solchen fest verbundenen Ansatzbändern. Das Abkommen ist jedoch nicht auf Uhrge- häuse bzw. Ansatzbänder aus Palladium anwendbar.

65 SR 0.941.334.91.

66 SR 0.941.345.4.

67 SR 0.941.316.3.

(10)

5.4.4. Briefwechsel Schweiz – Spanien68

[Rz 42] Beide Staaten anerkennen gegenseitig die amtlichen Punzen auf Waren der Uhrenbranche. Hierunter fallen Uhr- gehäuse sowie deren Ergänzungsteile wie z.B. Uhrbänder.

6. Beanstandungsverfahren und Rechtsweg

[Rz 43] Die amtliche Prüfung wird grundsätzlich durch ein schriftliches Gesuch beim zuständigen Kontrollamt eingelei- tet (Art. 16 EMKG).69 Das Kontrollamt stempelt die Edelme- tallware mit der Garantiepunze, sofern diese sämtliche ge- setzlichen Bezeichnungsvorschriften erfüllt. Falls jedoch das Kontrollamt aufgrund dieser Prüfung zum Ergebnis gelangt, dass nicht alle gesetzlichen Voraussetzungen gemäss EMKG eingehalten wurden, setzt es die amtliche Stempelung aus und zeigt dies dem Zentralamt an, welches sodann eine sog.

Oberexpertise anordnet (Art. 17 Abs. 1 EMKG i.V.m. Art. 98 EMKV).70 Das Kontrollamt reicht hierfür dem Zentralamt ei- nen Bericht über die Beanstandungsgründe ein (Art. 99 Abs. 1 EMKV). Falls die Oberexpertise den Befund des Kont- rollamts bestätigt, wird die amtliche Stempelung definitiv ver- weigert und die Ware vom Zentralamt beschlagnahmt und, bei Anhaltspunkten einer Verletzung von Art. 44 bzw. Art. 47 EMKG, Strafanzeige eingereicht (Art. 17 Abs. 2 und 3 EMKG i.V.m. Art. 103 Abs. 1 EMKV).71 Wenn kein Verdacht auf ein Vergehen vorliegt, kehrt das Zentralamt die nötigen Mass- nahmen vor, um zu verhindern, dass die Edelmetallware in Verkehr gesetzt wird (vgl. Art. 104 EMKV). Bei Verletzungen in Bezug auf die Feingehaltsangabe werden die Produkte grundsätzlich unbrauchbar gemacht (vgl. Art. 105 Abs. 1 EMKV). Das Zentralamt ist gemäss Art. 17 Abs. 3 EMKG sogar ausdrücklich dazu befugt, die Waren zu zerstören. Im

68 SR 0.941.333.2.

69 Beim Import von Uhrgehäusen und Uhren müssen diese spätestens bei ih- rer Einfuhr in die Schweiz dem zuständigen Kontrollamt mit einem Gesuch um Stempelung vorgelegt werden (vgl. Art. 130 Abs. 2 EMKV).

70 Das Beanstandungsverfahren kann auch von Amtes wegen aufgrund ei- ner Einfuhr- oder Ausfuhrkontrolle der Kontrollämter eingeleitet werden (vgl. Art. 131 EMKV). Gemäss Art. 180 Abs. 1 EMKV sind die Kontroll- ämter denn auch verpflichtet, jede ihnen bekannt gewordene Widerhand- lung gegen das EMKG beim Zentralamt anzuzeigen. Das Zentralamt ist darüber hinaus gemäss Art. 181 EMKV angewiesen, bei Kenntnis von Ver- stössen gegen das EMKG oder sonstigen strafrechtlich relevanten Ver- letzungshandlungen die erforderlichen Untersuchungen in die Wege zu leiten. Darüber hinaus obliegt es gemäss Art. 22a EMKG dem Zentral- amt, die Vermutung einer unzulässigen Verwendung oder Nachahmung von Verantwortlichkeitsmarken oder einer Verletzung von Immaterialgü- terrechten dem Geschädigten mitzuteilen und gegebenenfalls die Waren zurückzubehalten.

71 Das Zentralamt als hierarchisch übergeordnete Verwaltungseinheit ist je- doch grundsätzlich jederzeit befugt, einzelne Geschäfte aus dem Zustän- digkeitsbereich eines Kontrollamtes zum Entscheid an sich zu ziehen, Urteil des Bundesverwaltungsgerichts B-2659/2012 vom 3. September 2012, E. 3.2.

Falle einer Beanstandung der Verantwortlichkeitsmarke wird eine Ordnungsbusse verhängt und das Produkt ohne Stem- pelung mit der Aufforderung zur ordnungsmässiger Anbrin- gung der Verantwortlichkeitsmarke retourniert (vgl. Art. 106 Abs. 3 EMKV).

[Rz 44] Verfügungen der Kontrollämter können mit Be- schwerde an das Zentralamt angefochten werden (Art. 43 EMKG). Gegen erstinstanzliche Verfügungen und Beschwer- deentscheide des Zentralamts kann wiederum beim Bun- desverwaltungsgericht (vgl. Art. 31 und Art. 33 lit. d VGG i.V.m. Art. 5 VwVG) und letztinstanzlich beim Bundesgericht (Art. 82 ff. BGG) Beschwerde eingereicht werden.72

7. Strafbestimmungen

[Rz 45] Für Hersteller von Juwelierwaren und Uhren stehen in der Praxis insbesondere die Straftatbestände der Täuschung (Art. 44 EMKG) sowie der Verletzung von Stempelvorschrif- ten (Art. 47 EMKG) im Vordergrund.73

7.1. Täuschung

[Rz 46] Gemäss Art. 44 EMKG macht sich derjenige straf- bar, der Waren, die den vorgeschriebenen Feingehalt nicht besitzen, unter einer zur Täuschung geeigneten oder durch das EMKG verbotenen Bezeichnung als Edelmetallwaren zur Punzierung vorweist oder zum Zwecke der Veräusserung an- fertigt, anfertigen lässt oder einführt, feilbietet oder verkauft.74 Das Gleiche gilt für Mehrmetall-, Plaqué- und Ersatzwaren, die den Vorschriften des EMKG nicht entsprechen.75 Dabei ist nicht erforderlich, dass die unzulässige Bezeichnung tat- sächlich jemanden getäuscht hat; es kommt allein auf die Täuschungseignung an.76 Im Unterschied zum Wettbewerbs- und Markenrecht wird dabei nicht auf den durchschnittlich aufmerksamen Käufer abgestellt. Gemäss Bundesgericht ist

72 Uns ist nur ein publizierter Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts in Bezug auf solche Beanstandungen bekannt (vgl. Urteil des Bundesverwal- tungsgerichts B-2659/2012 vom 3. September 2012). Dies mag eventu- ell daran liegen, dass bei abweichenden Auffassungen über die Bezeich- nungsvorschriften von den Herstellern vorwiegend versucht wird, mit dem Zentralamt eine einvernehmliche Lösung zu finden.

73 Bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Verletzung von Vorschriften des Edel- metallrechts (EMKG oder EMKV), allgemeiner Weisungen (z.B. der EMKI) oder Einzelverfügungen kann das Zentralamt gemäss Art. 55 EMKG auch Ordnungsbussen bis CHF 2'000.- erlassen.

74 Vgl. BGer vom 14. Dezember 1988, SMI 1991/1, S. 121 ff., E. 1a, wo ein Uhrgehäuse mit «925, Argent plaqué or G 20M» bezeichnet wurde, ohne dass das Uhrgehäuse tatsächlich aus Silber mit einem gesetzlichen Fein- gehalt zusammengesetzt war.

75 Vgl. BGer vom 14. Dezember 1988, SMI 1991/1, S. 121 ff., E. 1a, wo ein Uhrgehäuse mit «925, Argent plaqué or G 20M» bezeichnet wurde, obwohl der Überzug eine Schichtdicke von nur einem Mikron aufwies.

76 BGer vom 14. Dezember 1988, SMI 1991/1, S. 121 ff., E. 1a; BezGer ZH vom 20. September 1995, SMI 1996/3, S. 448 ff., E. II.3.

(11)

zwar nicht der unerfahrene Käufer,77 jedenfalls aber nicht der aufmerksame Käufer massgebend.78

[Rz 47] Der Satzteil «zum Zwecke der Veräusserung» bezieht sich auch auf «einführen». Damit ist die Einfuhr von zur Täu- schung geeigneter oder gesetzwidrig bezeichneter Ware nur dann strafbar, wenn diese zum Zwecke der Veräusserung erfolgt. Hierfür spricht auch, dass gemäss Art. 128 lit. d und e EMKV folgende Waren zur Einfuhr zugelassen sind: Ge- schenke, Andenken, usw., die von Privaten an Private adres- siert oder im Auftrag von Privaten versandt werden sowie im Reiseverkehr eingeführte Waren, die ausschliesslich für den persönlichen Bedarf des Einführenden oder für Geschenk- zwecke bestimmt sind. Diese Ausnahmen in der Verordnung präzisieren insofern die Strafbestimmung in Art. 44 EMKG.

[Rz 48] Weiter ist gemäss Art. 44 EMKG auch derjenige straf- bar, der Edelmetallwaren oder Mehrmetallwaren mit einer Stempelung versieht, die auf einen höheren Feingehalt als den wirklich vorhandenen schliessen lässt.

[Rz 49] Im Allgemeinen ist zu beachten, dass die Strafbestim- mung in Art. 44 EMKG nicht nur die Verwendung gesetzwid- riger bzw. zur Täuschung geeigneter Angaben auf der Ware selber, sondern auch die Verwendung solcher Bezeichnun- gen in der Werbung sowie auf Etiketten, der Verpackung, auf Garantiescheinen und in Rechnungen erfasst.79 Auch das Bundesgericht hat das Anbieten von vergoldetem und ver- silbertem Besteck, d.h. von sog. Ersatzwaren, in Inseraten und Prospekten unter der Bezeichnung «Goldbesteck» bzw.

«Silberbesteck» als strafbar gemäss Art. 44 EMKG qualifi- ziert, andernfalls der Zweck des Edelmetallkontrollgesetzes, namentlich der Schutz der Konsumenten vor Irreführungen, vereitelt würde.80

7.2. Verletzung von Stempelvorschriften

[Rz 50] Gemäss Art. 47 EMKG macht sich derjenige straf- bar, der Edelmetallwaren ohne Angabe des Feingehalts oder ohne Verantwortlichkeitsmarke sowie Uhrgehäuse ohne Punzierung in Verkehr bringt. Zudem verbietet diese Strafbe- stimmung die Ausgabe und das Inverkehrbringen von Waren als Mehrmetallwaren oder Plaquéwaren ohne die gesetzlich vorgesehene Bezeichnung oder ohne die Verantwortlich- keitsmarke anzugeben.

77 So noch in BGE 106 IV 302, E. 2d; vgl. auch Urteil des Bundesverwaltungs- gerichts B-2659/2012 vom 3. September 2012.

78 BGE 111 IV 180, E. 4c; vgl. auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts B-2659/2012 vom 3. September 2012.

79 Allerdings genügt eine täuschende Verwendung der Angaben auf der Ware selbst; eine korrekte bzw. richtigstellende Angabe auf der Verpackung ver- mag eine Strafbarkeit gemäss Art. 44 EMKG nicht auszuschliessen, vgl.

Entscheid des EFD vom 8. Februar 1971, in: VPB 1970 – 1971, Nr. 111, S.

269 f.

80 BGE 111 IV 180. Vgl. auch den Entscheid des EFD vom 25. Februar 1972, in: VPB 1972, Nr. 61, S. 150 ff. sowie den Grundsatz Nr. 5.8.4 der Lauterkeitskommission.

RA lic. iur. Simone Dobler ist als Rechtsanwältin in den Berei- chen Immaterialgüterrecht und Informationstechnologie bei Walder Wyss AG in Zürich tätig.

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