Winter 2015/2016, Prof. Thomas M¨ uller, IEKP, KIT Aufgabenblatt 9; ¨ Ubung am 13. Januar 20016 (Mittwoch)
1. Fliehkraft
Auf ein Wasserteilchen an der Oberfl¨ache wirken die Schwerkraftmg und die Fliehkraftmω2x.
Die senkrecht zur ResultierendenF verlaufende Tangente hat den Anstieg:
tanφ= dy
dx = mω2x mg =ω2
g ·x (1)
, (siehe Bild) woraus folgt dy=ω2
g ·x·dx, y=ω2 g
Z
x·dx= ω2
2gx2+C (2)
F¨ur x=0 sei y=0, womit wiederum C=0 wird, und man erh¨alty= ω2g2x2(Pa- rabel)
Die Fl¨ussigkeit hat also die Gestalt eines Rotationsparaboloides, welches um so st¨arker nach innen gew¨olbt ist, je gr¨oßer die Rotationsgeschwindigkeit ist.
ODER:Diskussion mittels schiefe Ebene: und dann Verallgemeinerung: → F1 = mgsinφ = F2 = mω2xcosφ mit F1 entspricht der Hangabtriebskraft resultierend aus der Gewichtskraft, undF2 Kraft nach oben resultierend aus der Zentrifugalkraft.→mgsinφ=mω→2xcosφ→ dydx = tanφ= ω2gx
2. Deimos
(a) Seine Gewichtskraft auf der Erde:
Fg,T =mg auf dem Mond:
Fg,L=mMLG r2L Damit
η= 0.17 = Fg,L
Fg,T
⇒ML =ηgr2L
G = 7.57·1022kg
(b) Deimos ¨ahnelt eher einer Kartoffel denn einer Kugel. Man nehme aber trotzdem an, dass Deimos kugelf¨ormig ist. Sonst kann Deimos bei dieser geringen Entfernung vom Schwerpunkt nicht mehr als Punktmasse be- trachtet, und damit das Gravitationsgesetz nicht mehrohneIntagration
¨uber den Himmelsk¨orper angewandt werden.
Berechne die Winkelgeschwindigkeit, die der Astronaut in einer Deimos- Umlaufbahn hat. Setze wie immer die Gewichtskraft gleich der Zentripe- talkraft:
mAMDG
r2D =mAω2rD→ω= s
MDG
r3D = 2.20·10−41 s Damit erreicht er die Rakete wieder nach der ZeitT:
T =2π
ω = 28500s≈8h.
Hierf¨ur ist diese Absprunggeschwindigkeit n¨otig:
v=ωrD= 1.43m
s = 5.16km h
Bei Geschwindigkeiten darunter erreicht er irgendwann den Deimosbo- den.
Bis zur Fluchtgeschwindigkeit vF (von der Deimosoberfl¨ache aus und gegen¨uber Deimosin Ruhe)
Epot=Ekin⇒ mMDG rD = 1
2mv2F ⇒vF =
r2MDG
rD = 2.03m s gelangt er in irgendeine h¨ohere Deimosumlaufbahn. Dar¨uber verl¨aßt er Deimos zwar, bleibt aber noch in einer Marsumlaufbahn.
Zus¨atzliche relevante Diskussion zum Themenkomplex: Geostation¨are Bahn. Nicht relevant bei Deimos, da Deimos sich nicht dreht.
3. Skyhook
Gravitation= Fliehkraft Z rmax
re
GρMe r2 dr =
Z rmax
re
ρω2rdr
−GρMe
1 rmax − 1
re
= 1
2ρω2 r2max−re2
−GρMe
re−rmax
rmaxre
= 1
2ρω2(rmax−re) (rmax+re)
⇒re=rmaxist triviale L¨osung GρMe
rmaxre = 1
2ω2(rmax+re)
r2max+re·rmax−2ρGMe
reω2 = 0 (3)
rmax=−re
2 ± rre
2 2
+2ρGMe
reω2 = 15000km (4) mitMe= 6·1024kg; re−6.4·106m; G= 6.67·−11 kgsm32; ω=86400s2π
≈halber Weg zum Mond. Negative Loesung: Seil h¨angt durch die Erde und an der anderen Seite wieder raus.
4. Meteorit
F¨ur den Punkt n¨achster Ann¨aherung gilt~v⊥~rmin, sonst w¨urde der Me- teor ja noch n¨aher kommen oder w¨are vorher n¨aher gewesen.
Drehimimpulserhaltung:
Lo=~ro×~p=b·m·vo=s·m·vmax⇒vmax= v0·b
s (5)
Eo= 1
2mv2o; EAnn¨aherung =1
2mvmax2 −GM m
s (6)
mitvmax= vos·b
s=−GM vo2 ±
s GM
vo2 2
+b2 (7)
sis positiv (a) s=414km
(b) Maximale Geschwindigkeit des Meteoriten (minimale potentielle Ener- gie)
vmax=vo·b
s = 48m
s (8)
Betrachte Grenzf¨alle
vo→ ∞ ⇒ s→b vo→0 ⇒ s→0 b→0 ⇒ s→0
5. Interplanetare Reise Kerbin nach Deimos (a) Startgeschwindigkit
M=M
Drehimpulserhaltung:
m·v1·rK=m·v2·rD → v2=v1·rK
rD (9)
Energieerhaltung:
1
2m·v12−GmM rK
= 1
2m·v22−GmM rD
(10) 1
2(v21−v22) = GM 1
rK − 1 rD
(11) v12
1−
rK
rD
2
= 2GM
1 rK
− 1 rD
(12)
v1 = v u u u t
2GM
1 rK−r1
D
r2K
1 r2K −r12
D
(13)
= v u u t
2GM rK2
1 rK +r1
D
= v u u t
2GM rK
1 +rrK
D
(14) (b) Gesamtenergie der Rakete
Etot=1
2mv21−GmM rK
= GmM
rK 1 + rrK
D
−GmM rK
(15)
Etot= GmM rK
1−1−rrK
D
1 + rrK
D
!
=− GM m
rK+rD (16) (c) Geschwindigkeit in Anh¨angigkeit von r
Etot=Ekin+Epot: − GM m rK+rD
=1
2mv2−GM m
r (17)
⇒v= s
2GM 1
r− 1 rK+rD
(18) 6. Gravitation I
Als Zentralkraft ist die Gravitationskraft radial anziehend, d.h. in Kugelko- ordinaten ist sie in Richtung−ˆrgerichtet. ˆrist dabei der Einheitsvektor der Radialkoordinate.
(a) Die Gravitationskraft außerhalb der Erde ist direkt F~ =−GN·m·mE
r2 ·rˆ f¨ur r≥R (19) mit (der Vollst¨andigkeit halber) den WertenmE = 5.974·1024kg,R = 6.378·106m und der GravitationskonstantenGN = 6.673·10−11m3kg−1s−2.
Das GravitationspotentialU(rm) am Ortrmdes K¨orpers ergibt sich aus dem Wegintegral der gewonnenen (geleisteten) Arbeit:
U(rm) = Z ∞
rm
F~(r)dˆr=−GNmmE Z ∞
rm
dr
r2 =−GNmmE
−1 r
∞
rm
=−GN
m·mE rm
(20) wobei wieder gilt:rm≥R.
(b) F¨ur die Gravitationskraft innerhalb der Erde (r < R) gilt unter Benut- zung der MassendichteρE=mE/(4/3·πR3)
F~ =−GN ·m·ρE·4πr3
3r2 ·rˆ=−GNmmE
R3 ·r·rˆ (21) und entsprechend f¨ur das Gravitationspotential innerhalb des Erdradius R:
U(rm) = −GN
m·mE
R +
Z R
rm
−GNmmE
R3rdr=−GNmmE 1 R +
r2 2R3
R
rm
! (22)
= −GNm·mE
2R3 (3R2−r2m) (23)
(c) Man definiere (geschickterweise) zur Vereinfachung folgende konstante Gr¨oße:
g= GN·mE
R2 (24)
Dann l¨asst sich das Gravitationspotential wie folgt schreiben:
U(r)−mg3R2−r2
2R =−mg
3 2R− r2
2R
=−mgR−mgR2−r2 2R (25) An der Erdoberfl¨ache gilt also U(R) = −mgR = U0, in der N¨ahe der Erdoberfl¨ache gilt dannr≈Rund ∆r=R−rR. Damit k¨onnen wir das Potential wie folgt schreiben:
U(r)−U0=−mg(R−r)(R+r)
2R ≈mg∆r·2R
2R =mg∆r (26)
Setzt man jetzt noch wie ¨ublich f¨ur ∆rdie H¨ohehein, so erh¨alt man die potentielle EnergieU(h) =mgh, wobei
F(r)
R
r
|F|
mg
7. James Bond
(a) Bombe siehe Skizze letzte Aufgabe - Kraft im innern einer Vollkugel ist linear zum Mittelpunkt gerichtet.
F =−GM m r2 =−G
4 3πr3ρm
r2 =−Gρ4
3rm; (27)
DGL mitGρ43πm=k
F =ma=m¨r=m·r¨=−k·r (28) Ahnlich Federpendel¨ m¨s=−Ds⇒Federpendel. Dies wurde in der Vorle- sung schon besprochen jedoch nicht in der ¨Ubung (Schwingungen werden sp¨ater ausf¨uhrlich behandelt).
Ansatzr(t) =r0sinωt
→ ¨r(t) =−r0ω2sinωt
−mr0ω2sinωt=−ksinωt (29) ω=
rk m =
r Gρ4
3 = 2π
T (30)
⇒T = 2π q
Gρ43
(31)
⇒ T2 = 2600s≈45min
(b) und jetzt ohne Sprengstoff- elastischer Stoss Epot=1
2kx2= 1 2Gρ4
3πmr2=1 2
GM m r = 1
2mv2 (32) mitMErde= 6·1024kg; G= 6.67·−11 kgsm32; r= 64·106m
v=
rGMErde
r = 7.9·103m
s (33)
Elastischer Stoss:M v=M vn+mcundM v2=M v2n+mc2 c= 2v
1 + mM = 14.3·103m
s (34)
Nun verliert die Masse natuerlich wieder Energie bei der Aufw¨artsbewe- gung.
1
2mc2−1
2kx2 = 1 2m
2v 1 + Mm
2
−1 2
GMErdem
r (35)
= 2v2mM2 (m+M)2−1
2
GMerdem
r (36)
= 2mM2
(m+M)2
GMErde
r −1 2
GMerdem
r (37)
= GMerdem r
2M2 (m+M)2 −1
2
(38)
= 7.2·109J (39)
Oberer Term ergibt Null f¨urm=M, wie erwartet.
1kg T N T = 4.184·106J
Die Masse schl¨agt mit mehr Energie ein, als die Explosion von TNT der selben Masse freisetzen wrde. Um eine Explosion dieser Gr¨oße zu erhalten, br¨auchte man 1,7t TNT!
Ubungsleiter: Frank Hartmann, IEKP, CN, KIT¨ Tel.: +41 75411 4362; Mobil - immer
Tel.: +49 721 608 23537 - ab und zu Email: Frank.Hartmann@kit.edu
www-ekp.physik.uni-karlsruhe.de/∼hartmann/Mechanik.htm
(a) Lagrange-Punkte System Erde-Mond ohne Testmasse:
Erde und Mond rotieren um Ihren gemeinsam Schwerpunkt, d.h. mit gleicher Winkelgeschwindigkeit. Siehe auch Zeichnung weiter unten.
Masse ErdeM; Masse Mondm
r1: S−Erde; r2: S−M ond; r1+r2=d; rr2
1 = Mm; r1=1+dM
m
; r1= M+mm d; r2=MM+md
Nebenbei: mit M = 6·1024kg;m = 7.35·1022kg;d = 384400km liegt der SchwerpunktS noch innerhalb der Erdkugel.
Anziehungskraft:
F =GmM
d2 =M ω2r1=mω2r2 (40) ω2= Gm
d2r1 =G(M+m)
d3 (41)
(a) L1: Fliehkraft und Mond ziehen in dieselbe Richtung (Testmasseµ) r Abstand zum Schwerpunkt. Allerdings ist das Ganze natuerlich un- abh¨angig vonµ, d.h.µl¨aßt sich gleich k¨urzen.
Abstand Testmasse zum Schwerpunkt:d−r−r1. GM µ
(d−r)2 = Gmµ
r2 +µω2(d−r−r1) (42) GM
(d−r)2 = Gm
r2 +G(M +m)
d3 d− d 1 + Mm −r
!
(43) M
(d−r)2 = m
r2 +M+m d3 d
M m
1 + Mm
!
−r
!
(44)
= m
r2 +M+m d3
M
M +md−r
(45) L2: Fliehkraft wirkt gegen beider Anziehungen.
Abstand Testmasse zum Schwerpunkt:d+r−r1. GM µ
(d+r)2 +Gmµ
r2 = µω2(d+r−r1) (46) GM
(d+r)2 +Gm
r2 = G(M +m)
d3 (d+r−r1) (47) M
(d+r)2 +m
r2 = (M+m) d3 ( M
M +md+r) (48) (49) Alles ¨ahnlich L1.
Die Gravitationskr¨afte von Erde und Mond heben in L2 die Zentrifugal- kraft auf.
L3: Wie L2 aber mit umgedrehtem r
GM µ
r2 + Gmµ
d+r2 = µω2(r+r1) (50) M
r2 + m
(d+r)2 = M+m d3
d 1 + Mm +r
!
(51) Die Gravitationskr¨afte von Erde und Mond heben in L3 die Zentrifugal- kraft auf.
(b) Das gleichseitige Dreieck - Die 60 Grad Punkte:
Damit eine korrekte Kreisbahn vorliegt, muss die Fliehkraft/Zentrifugalkraft durchSlaufen und die horizontalen und vertikalen Komponenten der Gra- vitation entsprechen.
E S M
µ
r
} h = d 2 tan 60o = 3 4 d
}
dcos60o=d 2
d 1 2 − 1
1+ M m
⎛
⎝
⎜
⎜
⎜
⎞
⎠
⎟
⎟
⎟
}
60o hFliehkraft
Gravitationskraft
Erde Gravitations-
kraft Mond
Gesamt:
FF lieh=µω2r (52)
Horizontale Fliehkraft:
FF lieh,horizontal = µω2d 1 2− 1
1 + Mm
!
=Gµ(M+m) d3 ·d
1
2 − m
m+M (53)
= Gµ
d2
M +m
2 −m
=1 2
GµM d2 −1
2 Gµm
d2 (54)
= cos 60GµM
d2 −cos 60Gµm
d2 (55)
= FGrav,Erde,horizotal−FGrav,M ond,horizotal (56) mit cos(60) = 12
Oder - Horizontale Komponente auch via:
FF lieh
FF lieh,horizontal
= r
d
1 2−1+1M
m
(57) Vertikale Fliekraft:
FF liehkraf t,vert = µω2d
2tan60 = Gµ(M +m) d3
d
2tan 60 (58)
= 1
2tan 60Gµ M d2+1
2tan 60Gµm
d2 (59)
= FGrav,Erde,vert−FGrav,M ond,vert (60) Anmerkung = sin 60; falls jemand mit Sinus rechnen mag.
Oder - Vertikale Komponente auch via:
FF lieh
= r
= r
(61)
(b) Corioliskraft
In der Bewegungsgleichung f¨ur den senkrechten Wurf tritt außer der Gewichts- kraft mg zus¨atzlich die Corioliskraft 2m(~v×~ω) auf:
m~a=md~v
dt =m~g+ 2m(~v×~ω) (62)
Im mitrotierenden Koordinatensystem (s. Bild; die Striche von ~v, x, y, z sind der ¨Ubersichtlichkeit halber weggelassen) ist f¨ur einen Punkt mit der geogra- phischen Breite φ: ~ω = ω~k, ~g = −g(cosφ~j+ sinφ~k), ~v0 = v0(cosφ~j+ sinφ~k) (Anfangsgeschwindigkeiten) und allgemein:~v = vx~i+vy~j+vz~k. Dies in (62) eingesetzt, liefert die drei Differentialgleichungen
˙
vx= 2ωvy, v˙y= 2ωvx,v˙z=−gsinφ (63) durch die Bewegung beschrieben wird. (63a) nach der Zeit differenzieren und in (63b) eingesetzt, ergibt eine lineare DGL 2. Ordnung f¨urvx:
¨
vx+ 4ω2vx=−2ωgcosφ=−2ωsenkrecht (64) mitgsenkrecht=gcosφ.
mit den Anfangsbedingungenvx= 0 und ˙vx= 2ωvy= 2ωv0cosφf¨ur t=0 findet man als deren L¨osung das Geschwindigkeits-Zeit-Gesetz
vx(t) =dxdt =v0cosφsin 2ωt−gsennkrecht2ω (1−cos 2ωt];
man kontrolliere dies durch Einsetzen in (64). Nach Integration ¨uber t mit x(t=0)=0 folgt das zugeh¨orige Weg-Zeit-Gesetz
x(t) = Z t
0
vxdt= v0cosφ
2ω (1−cos 2ωt)−gsenkrecht
4ω2 (2ωt−sin 2ωt)) (65) Man erkennt, dass nur die zuωsenkrechten Komponentenv0cosφundgsenkrecht
in die seitliche Abweichung eingehen. F¨ur nicht allzugroß Wurfzeiten 2ωt1 wird mit (1−cos 2ωt)≈2ω2t2 und (2ωt−sin 2ωt)≈4ω3t3/3 sowie der Steig- zeit ts=T /2 =v0/g die halbe seitliche Abweichungx/2 ≈2ωgt3scosφ/3. Mit ω= 2π/(24h) = 7,27·10−5rad/sundts= 65.0serh¨alt man daraus die gesuchte Abweichung zu x=157,2 m.