im 13. und 14. Jahrhundert.
Von Kurt Röder.
Im Vorwort zu seinem Führer durch die Sammlung
Islamischer Töpferwaren des Nahen Ostens im Britischen
Museum sagt R. L. Hobson'): „With regard to the classifi¬
cation, it is not yet possible, with our limited knowledge, to
group the material by factories or even, except in few cases,
by districts." Diese Feststellung gilt auch für die persischen
Fayencen, die nur einen, wenn auch bedeutenden Ausschnitt
aus dem großen Gebiet der islamischen Töpferkunst dar¬
stellen. Die unendliche Fülle von Scherben, die der Boden
Persiens barg, bescherte uns zwar das Wissen von der Mannig¬
faltigkeit persischer Irdenware, verwehrte aber bei den bis¬
herigen Gegebenheiten ihrer Auffindung eine klare Erkennt¬
nis der Umstände ihrer Entstehung.
Welche Förderung unser Wissen auch auf diesem Gebiete
durch planmäßige Ausgrabungen erfährt, lehren die Ergeb¬
nisse, die F. Sarre in Samarra '*) und in Milet*) erzielte. Mit
ähnlichen Mitteln Klarheit in das Gebiet der persischen
Töpferware zu bringen, unternimmt die Pennsylvania-Expe¬
dition*), die E. F. Schmidt nach Rhages geführt hat.
Rhages, das ihm benachbarte Veramin, und das südöstlich
von Hamadan gelegene Suitanabad sind die vorzüglichsten
Fundstellen persischer Fayence; mit diesen Namen werden
1) R. L. Hobson, A Guide to the Islamic Pottery of the Near
East, London 1932.
2) F. Sabbb, Die Keramik von Samarra, Berlin 1925.
3) F. Sabbe, Die Keramik der islamischen Zeit von Milet, in : Das islamische Milet, Berlin 1935, S. 69 ff.
4) E. Schmidt, Excavations at Rayy, Ars Islamica, Vol. IL,
Part 1, 1935. S. 139L
ifi«
226 K. Röder, Zur Technik der Persischen Fayence im 13. u. 14. Jahrh.
bislang leichterer Verständigung halber Gruppen persischer
glasierter Irdenware bezeichnet, die auf Grund stilistischer
und technischer Merkmale mehr oder weniger scharf vor¬
einander zu sondern sind. Wenn auch bekannt war, daß der
persische Sprachgebrauch bunte glasierte Fliesen, die zum
Wandbelag und zur Auskleidung von Bädern dienten, Käsi
nannte, und daraus eine ursprüngliche Herkunft solcher
glasierten Fliesen aus Käsän zu erschließen war, so wurde
doch bisher mit dieser Stadt durchaus nicht eine besondere
Gruppe von Irdenwaren verbunden, ja es wurde nicht einmal
versucht, bestimmte Fliesen ihr zuzuweisen. Im Gegenteil,
hervorragende Fliesen wurden in vorläufiger Weise ebenso
wie die anderen Töpferwaren nach ihrer Fundstelle gruppiert,
in der Erwartung, daß bessere Grundlagen verläßlichere Be¬
stimmungen ermöglichten.
Eine solche Grundlage ist nun gefunden und zwar nicht,
wie nach der Lage der Dinge zu erwarten stand, durch die
Spatenarbeit des Ausgräbers, sondern durch Mitteilung
schriftlicher Überlieferung.
Das Heft III der ,, Istanbuler Mitteilungen" (1935) mit
dem Titel ,, Orientalische Steinbücher und Persische Fayence¬
technik" ist das Ergebnis fruchtbarer Zusammenarbeit von
H. Ritter, J. Ruska, F. Sarre und R. Winderlich.
H. Ritter beschreibt 20 orientalische Steinbücher, die
ihm bisher bekannt wurden. Als letztes nennt er das im
Jahre 700/1301 in Tebriz verfaßte Werk eines Abu'l-Qäsim
'Abdalläh b. 'Ali b. Muhammed b. Abi Tähir al-Qä§äni, das
gawähir al-'arä'is wd'atäjib an-naja'is betitelt ist. Dieses von
Edelsteinen und Spezereien handelnde Buch charakterisiert
Ritter als stark von dem tansuh-näme des Näsir al-Din Tüsi
(gest. 672/1273) abhängig; vor diesem ist es indessen aus¬
gezeichnet durch ein Schlußkapitel über das Glasieren von
Irdenware. Das Werk fand Ritter in zwei Handschriften er¬
halten, AYA SOFYA 3614, dem Autograph vom Jahre 700/
1301, und AYA SOFYA 3613 vom Jahre 991/1583; die
Handschriften stimmen im Text nicht völlig überein. In dem
Schlußkapitel der jüngeren Handschrift z. B. fehlen einige
Stellen, die sich in dem Autograph fmden. Dafür ist jene um
einige Ausführungen bereichert, durch die der offenbar sach¬
kundige Abschreiber das ältere Werk verdeutlichen wollte.
Dieses Schlußkapitel nun hat H. Ritter in beiden Fas¬
sungen herausgegeben und gemeinsam mit J. Ruska über¬
setzt. R. Winderlich versah die Übersetzung mit wichtigen
Erklärungen bezüglich der vorkommenden Stoffe und der
beschriebenen chemischen Vorgänge; J. Ruska steuerte An¬
merkungen bei, die besonders hinsichtlich mineralogischer
Begriffe das Verständnis des Inhalts fördern. In derselben
Weise haben die gleichen Verfasser das Kapitel über den
Lagward aus dem zu Ende des 15. Jahrhunderts verfaßten
Steinbuch eines gewissen Muhammed b. Mansür, das Ritter
an 9. Stelle unter den orientalischen Steinbüchern beschreibt,
bearbeitet und im Anschluß an die Abhandlung über glasierte
Töpferwaren mitgeteilt.
In einem abschließenden Aufsatz würdigt F. Sarre den
Wert der auf solche Weise gewonnenen Kenntnisse und ver¬
sucht den Verfasser des Kapitels über Töpfereiglasuren mit
persischen Töpfern in Verbindung zu bringen, deren Namen
uns durch Signaturen auf glasierten Fliesen erhalten sind.
Er kommt zu dem Schluß, daß der Verfasser des Traktates
über Fayence niemand anders sein kann als der Sohn des
Künstlers, der den Mihräb von Kum (1264, jetzt in Berlin)
und den von Veramin (1265, jetzt in Philadelphia) und des
weiteren, daß er höchstwahrscheinlich der Bruder jenes
Jüsuf b. 'Ali Muhammed ist, der 1305 das Mihräb vom Grabe
des Imäm Jahjä (jetzt in Leningrad) fertigte. Damit stellt
F. Sarre den Verfasser der Abhandlung als einen Mann dar,
der aus eigener Anschauung Bescheid weiß, und weist nach,
daß die eben genannten außerhalb KäSäns gefundenen
Kunstwerke nur aus Kä§än selbst stammen können.
Damit gewinnen wir zum erstenmal eine bestimmte Vor¬
stellung von der Bedeutung der Töpferwerkstätten von
Kä§än, die wir bisher nur aus der allgemein üblichen Be¬
nennung glasierter Fliesen ableiten konnten. In Zukunft wird
Kä§än neben und möglicherweise vor Rhages, Veramin und
228 K. Röder, Zur Technik der Persischen Fayence im 13. u. 14. Jahrh.
Sultanabad als Herkunftsort von persischer glasierter Irden¬
ware genannt werden müssen.
Das Schlußkapitel des Steinbuchs enthält die Kenntnisse,
die der Verfasser von der Herstellung der käSi-geri besaß.
In der Übersetzung wird dieser Ausdruck mit ,, Emailtechnik"
wiedergegeben, doch dürfte Käsän-Ware den Sinn des persi¬
schen Wortes eher treffen. Unter Email wird gewöhnlich ein
Glasfluß verstanden, der ein Metall zur Unterlage hat; auch
werden Gläser, die mit bunten Schmelzfarben bemalt sind,
wohl emailliert genannt; bei Fayencen hat sich die an sich
richtige Benennung ihrer Glasur mit „Email" noch nicht
durchgesetzt und kann daher zu Mißverständnissen führen.
Bei den Erzeugnissen von Käsän handelt es sich um glasierte
Irdenware, was auch daraus hervorgeht, daß als eine andere
Bezeichnung für käSl-geri auch ga^ära angegeben wird, wo¬
mit ausschließlich Irdenware benannt wird. Die hohe Be¬
deutung, die der Verfasser selbst dem Wissen um die Eigen¬
tümlichkeit solcher glasierten Irdenware beimißt, wird deut¬
lich, wenn er die Kunst, sie herzustellen, als eine Art „Stein
des Weisen" anspricht.
Der Traktat ist in drei Teile gegliedert : einen einleitenden Teil über die Rohstoffe, einen zweiten über deren ,, Lösung",
d. h. ihre Herrichtung zur weiteren Verarbeitung, und einen
dritten über ihre „Zusammensetzung", d. h. die endgültige
Herstellung der verschiedenen Waren. Die Gesichtspunkte,
nach denen der Verfasser innerhalb dieser Teile sein Material
geordnet hat, sind nicht kenntlich gemacht. Desto wich¬
tiger erscheint es, diese Gesichtspunkte aufzuzeigen, da aus
der Anordnung des Stoffes zu entnehmen ist, welche Be¬
deutung der Verfasser den einzelnen von ihm behandelten
Gegenständen und Vorgängen beimißt. Da, wie F. Sarrk
nachweist, der Verfasser aus einer namhaften Töpferfamilie
stammt, dürfte seine Einstellung zur glasierten Irdenware
auch die der persischen Töpfer gewesen sein. Ich gebe also
im folgenden eine Übersicht über den Inhalt des Traktates,
wobei ich gleichzeitig versuche, seine Anordnung deutlich
werden zu lassen.
Es werden 12 Rohstoffe aufgezählt, wobei allerdings an
8. und 12. Stelle anstatt eines Rohstoffes mehrere zu einer
Gruppe zusammengefaßt sind, so daß sich deren Anzahl
tatsächlich auf 22 beläuft. Schon die Ordnung, in der diese
Rohstoffe aufgeführt werden, muß auffallen. Bei einem
Traktat über die Töpferkunst steht wohl zu erwarten, daß
an erster Stelle der Ton und dann erst etwa dessen nötige
Zuschläge genannt werden. Hier hingegen beginnt der Ver¬
fasser mit dem Quarz (mahä), der niemals den Grundstoff
für ein irdenes Gefäß bilden kann. Dieser vor allen anderen
genannte und somit wohl auch als wichtigster Rohstoff ge¬
kennzeichnete Quarz wird hinsichtlich der erwünschten Eigen¬
schaften genau beschrieben, und es wird gesagt, daß er durch
den Bergkristall (billaur) zu ersetzen sei; dieses geschähe
zwar wegen dessen seltenen Vorkommens nicht, indessen läßt
uns dieser Hinweis erkennen, daß der Quarz hier kaum zum
Magern des Tons bestimmt ist, sondern wirklich, wie zu ver¬
muten stand, zur Gewinnung eines Glases bzw. einer Glasur
dienen soll. Es ist auffällig, daß Sand nicht als ein möglicher
Ersatz des Quarzes genannt wird, obgleich diese Form des
Siliziumdioxyds für eine weitere Verarbeitung den Vorzug
aufweist, bereits weitgehend zerkleinert zu sein, ein Vorzug,
der bei der großen Härte dieses Stoffes nicht gering zu ver¬
anschlagen ist. Die Ursache, derentwegen Sand im vor¬
liegenden Falle keinen geeigneten Ersatz für Quarz bietet,
wird darin zu suchen sein, daß Sand durch Fremdkörper ver¬
unreinigt zu sein pflegt, die sich bei einer weiteren Ver¬
arbeitung des Sandes im Feuer durch ihre Farbe störend
bemerkbar machen. Daß aber gerade auf die Reinheit dieses
Rohstoffes besonderes Gewicht gelegt wurde, darauf scheint
auch der Umstand hinzuweisen, daß die Arbeiter den zur
Verwendung gelangenden Quarz ,, Zuckerstein" ($eker seng)
nannten; abgesehen von der äußeren Ähnlichkeit des weißen
Quarzes mit Zucker, die J. Ruska hervorhebt, dürfte der
Zucker auch deshalb einen geeigneten Vergleichsgegenstand
geboten haben, weil er sich farblos löst.
Als zweiten Rohstoff nennt der Verfasser einen ,,Stab-
230 K. Röder, Zur Technik der Persischen Fayence im 13. u. 14. Jahrh.
bruch" (sä iSkene, Kurzform für 'asä iSkene) benannten Stein;
Winderlich vermutet, daß es sich hier um Kalkspat handelt,
da Kalkspat für Glasuren irdener Gefäße Verwendung findet.
Wozu der ,, Stabbruch" gebraucht wurde, wird nicht an¬
gegeben; wir erfahren nur noch, daß dieser Stein mit den
gleichen Mitteln zerkleinert wird wie der Quarz.
Das gleiche wird von dem dritten Rohstoff ausgesagt,
einem Stein, der in der Umgebung des Käsän benachbarten
Dorfes Fin vorkam. Die Arbeiter nannten ihn ,, Futter"
(bitäna). Ruska leitet aus dieser Benennung ab, daß dieser
Rohstoff einen ,, Grundbestandteil der Schmelzmasse", also
doch wohl der Glasur ausgemacht habe; Winderlich bringt
den Feldspat in Vorschlag, auf den die Beschreibung des
Steines von Fin ganz gut paßt, und der ebenso wie der Kalk¬
spat zur Bereitung von Glasuren gebraucht werden kann;
Sarre hingegen glaubt, mit dem Stein von Fin wäre ,,der
Ton an sich gemeint". Dieser Stein von Fin wird abschließend
als die ,, Grundsubstanz der Gefäße von zwei Feuern" be¬
zeichnet und dann überhaupt nicht mehr erwähnt.
Im Gegensatz dazu wird etwas mehr über die Weiter¬
verarbeitung des als vierten Rohstoffes genannten Steines
qamsari berichtet. Winderlich kommt zu dem Schluß, daß
qamsarl Borax oder Borokalzit gewesen sein kann, deren
beider Verwendung zur Gewinnung leicht schmelzender
Glasuren heute üblich ist und damals möglich war. Ruska
erinnert zwar daran, daß Borax als bäraq gut bekannt war,
und es daher auffallen muß, wenn im vorliegenden Falle der
Ortsname Qamsar zu seiner Bezeichnung gewählt wurde. Es
ist jedoch möglich, daß die Töpfer von Kä§än den Borax in
der bei Qamsar anstehenden Form nicht erkannten, oder aber,
daß sie Wert darauf legten, die Identität von büraq mit
ihrem qamsarl zu verheimlichen.
Auch das fünfte Material dient der Bereitung von Glas
oder Glasur: die Pottasche (Mhär). Sie soll für den fraglichen
Zweck nur aus einer bestimmten Pflanze, dem uSnän, bereitet
werden. Eine gewisse Undeutlichkeit indessen bleibt dadurch
bestehen, daß die beste Pottasche die Eigentümlichkeit haben
soll, „beim Zerbrechen innen rot" zu sein und einen ,, scharfen
Geruch" zu besitzen, Eigenschaften, die wir bei Pottasche
nicht kennen.
Mit dem sechsten Rohstoff kommt der Verfasser zu den
Materialien, die der Färbung von Glasflüssen dienen; er be¬
ginnt hier mit den Rohstoffen zur Blaufärbung, zu welcher
vorzüglich der bei Qamsar zu findende Stein lägward benutzt
wurde. Mit lägward benennt der Perser gewöhnlich den
Lapislazuli oder Lasurstein, einen undurchsichtigen Stein
von tiefblauer Farbe, dann aber auch in weiterem Maße jeden
Stein von ähnlichem Aussehen, so daß die Bezeichnung
nicht eindeutig ist. Hier wird indessen das Aussehen des
Steines — das keineswegs blau ist, sondern metallisch wie
Silber — und die Art seines Vorkommens so genau beschrie¬
ben, daß Winderlich ihn als Kobaltglanz zu erkennen ver¬
mochte. Diesen erhielten die Töpfer von Käään, wie erwähnt,
aus der Umgebung des ihnen nahen Qamsar, die uns schon
als Fundstelle des nach diesem Dorfe genannten vierten
Rohstoffes (Borax) genannt wurde. Von den Arbeitern wurde
der Stein nicht lägward, sondern sulaimänl genannt, weil der
Prophet Salomo ihn entdeckt haben sollte. Er diente zur
Gewinnung tiefblauer Glasflüsse. In diesem Falle verdankt
also der an sich unscheinbare Rohstoff der durch ihn be¬
wirkten Blaufärbung von Glasuren den Namen des blauen
Edelsteines. Indessen wurde nicht nur der einheimische
Kobaltglanz benutzt. Sogar aus dem ,, Frankenland" wurde
zu gleichem Zweck ein Rohstoff bezogen, für den der Ver¬
fasser zwar keinen Namen hat, dessen Beschreibung aber
gut auf Kobalt-Manganerz paßt. Selbst die giftige Kobalt¬
blüte, die aus arsenhaltigen Kobalterzen herauswittert, ver¬
mutlich also samt dem Kobaltglanz bei Qamsar zu finden
war, wird als Rohstoff für die blaue Farbe genannt, zu deren
Gewinnung die Töpfer von Kä§än sich also weder Mühe,
noch Unkosten und Gefahr verdrießen ließen.
Weniger klar sehen wir bei dem als siebentem Rohstoff
aufgeführten muzarrad, der zur Bereitung der schwarzen
Farbe diente und aus den Bergen von Öägarm in Horäsän
232 K. Rödeb, Zur Technik der Persischen Fayence im 13. u. 14. Jahrh.
bezogen wurde. Schon die Übersetzung des Namens bereitet
Schwierigkeiten, da seine wörthche Bedeutung ,,mit Panzer¬
ringen versehen" oder ,,in der Art von Panzerringen" sich
nicht ohne weiteres mit einem „Stein von äußerstem Schwarz,
dunkel wie Spiesglanz" in Verbindung bringen läßt. Ruska
glaubt, daß der Glanz des Minerals zu der Benennung Mu¬
zarrad Anlaß gab, während Ritter vermutet, eine Körnung
des Steins habe ihm den Namen gegeben. Winderlich bringt
zunächst für muzarrad Graphit in Vorschlag, dessen Ver¬
wendung in der Töpferei bekannt ist, aber zur Malerei unter,
in oder auf der Glasur (so wird wohl ,, Porzellanmalerei" zu
verstehen sein) nicht genutzt wurde; er verweist dann auf
eisenhaltige Kupfererze, die wohl eine schwarze Schmelz¬
farbe zu liefern vermögen. Vielleicht ist einer endgültigen
Bestimmung dadurch näher zu kommen, daß man von dem
Namen muzarrad auf eine wellenförmige Bänderung des
Minerals schließt, denn aneinandergefügte Panzerringe können
sehr wohl solchen Eindruck erwecken.
An achter Stelle nennt der Verfasser, wie bereits erwähnt,
entgegen seiner bisher beobachteten Gepflogenheit nicht
einen, sondern gleich zehn Rohstoffe. Diese Rohstoffe zählt
er indes lediglich mit Namen auf und verheißt, sie später an
passender Stelle näher zu beschreiben. Dieses Versprechen
löst er nicht ein; es wird ihrer weiter keine Erwähnung getan,
weshalb auch wohl der Redaktor der Hs. von 1583 hinzufügt,
daß sie zur Bereitung verschiedener Farben benutzt würden,
von denen er allerdings nur Rot und Gelb erwähnt.
Erst als neunten Rohstoff endlich nennt der Verfasser
den Ton, der zur Bereitung der glasierten Irdenware von
Kä§än benutzt wurde. Seine Beschaffenheit wird als stark
und klebrig-fett beschrieben, und es wird gesagt, daß es der¬
artigen Ton zwar an jedem Orte gäbe, daß indes ein fetter
Ton von weißer Farbe seltener sei, und gerade der in Käsän
benutzte sei weiß und von großer Güte. Diesen Ton bezogen
die Käääner Töpfer aus der Umgegend eines benachbarten
Dorfes und den westlich gelegenen Bergen; sie nannten ihn
nach dem Dorfe warkänl und nach den Bergen lüri. Der
weißeste Ton scheint indessen in den Bergen von Nä'in bei
Isfahan gefunden worden zu sein, doch wird nicht gesagt,
daß er nach Käsän gebracht wurde. Ob wir in diesem weißen,
fetten Ton Kaohn erkennen dürfen, ist nach diesen Angaben
allein nicht auszumachen. Aber selbst wenn es sich eryveisen
lassen sollte, daß die Töpfer von Käsän wirklich Kaolin zur
Verfügung gehabt hätten, so wäre aus dieser Tatsache allein
noch nicht zu schließen, daß sie deswegen auch imstande
gewesen wären, echtes Porzellan herzustellen. Gerade die
Art, wie der Verfasser, der um Käsän's Arbeitsweise doch
Bescheid wissen mußte, diesen Ton erst an neunter Stelle
unter dem Dutzend wichtiger Rohstoffe für glasierte Irden¬
ware nennt, ihn also keineswegs besonders würdigt, und zu¬
dem der Umstand, daß weder er noch sein späterer Abschreiber
und Kommentator in irgendeiner Weise auf die weitere Ver¬
arbeitung des Tons zu sprechen kommen, zeigen deutlich,
wie wenig Neigung bestand, mögliche keramische Vorzüge
dieses Tons auszuwerten. Seine Eigenschaft, weiß zu brennen,
war wohl die einzige beachtete. Eine Ähnlichkeit besteht
allerdings zwischen dem Ton von Nä'in und der Schnorr-
schen Erde, wie nach dem Besitzer der Fundstelle das Kaolin
genannt wurde, das Böttger in Dresden und später in Meißen
zu Porzellan verarbeitete, nämlich die, daß beide auf Grund
ihrer natürlichen schneeigen Weiße auch noch von anderen
Leuten als den Töpfern geschätzt wurden: in Persien diente
die weiße Erde mit Gips vermischt zum Tünchen der Häuser,
in Sachsen soll sie einen vorzüglichen Puder für die modische
Haartracht abgegeben haben.
Mit der Beschreibung des zehnten und der beiden folgen¬
den Rohstoffe kehrt der Verfasser wieder zu Materialien für
Glasur und Farben zurück; er wendet sich, wie er selbst
sagt, den Stoffen zu, die aus den sieben Metallen hergestellt
werden und mit deren Beschreibung er die Aufzählung der
Rohstoffe abschließt.
Als zehnten Rohstoff nennt er das Zinn, das hauptsäch¬
lich aus dem Frankenland und, offenbar in geringeren Mengen,
aus China und Bulgarien bezogen wurde. Das fränkische Zinn
1 C
234 K. Röder, Zur Technik der Persischen Fayence im 13. u. 14. Jahrh.
war in Schlangenform gegossen und gestempelt, das chine¬
sische wurde in großen Stücken geliefert, während von den
Bulgaren blattdünnes Zinn, das zwischen Papier aufgehoben
wurde, zu erwerben war. Dieses Stanniol diente den Zwecken
der Kiisäner Töpfer am besten, die, wie später beschrieben
wird, das Zinn veraschten, um eine milchige Trübung der
Glasur zu erzielen.
An elfter Stelle folgt dann das Blei, das im Gegensatz
zum Zinn an mehreren Orten Persiens vorkommt. Als beste
Art des Bleis wurde jedoch nicht die einheimische, sondern
die von den Bulgaren bezogene erachtet, weil aus dieser ein
besonders weißes Bleioxyd zu gewinnen war; das aus Rüm
kommende Blei war indessen wenig geschätzt. Der Verfasser
fügt noch hinzu, daß aus dem Blei gelbe Bleiglätte, rote
Mennige und das Bleiweiß der Maler zu gewinnen sind.
Unter dem zwölften und letzten Rohstoff werden wie bei
dem achten verschiedene Materialien zusammengefaßt, dieses
Mal Kupfer und Eisen. Das Kupfer lieferte im Feuer eine
grüne, das Eisen eine gelbe Farbe.
Der auffällige Umstand, daß Zinn und Blei nicht an¬
schließend an die übrigen Glasurmaterialien, Kupfer und
Eisen nicht im Zusammenhang mit den färbenden Sub¬
stanzen aufgeführt werden, erklärt sich daraus, daß der Ver¬
fasser die Metalle in dem Maße als zusammengehörig und
von den anderen Stoffen verschieden erachtete, daß er sie
gemeinsam behandeln zu müssen glaubte.
Nach dieser Aufzählung der Rohstoffe wird ihre Her¬
richtung zur endgültigen Verarbeitung beschrieben. Sie be¬
stand in einer mechanischen Zerkleinerung und in einer che¬
mischen Weiterverarbeitung.
Die mechanische Zerkleinerung wurde je nach der Härte
des Rohstoffes entweder durch Pochen und Mahlen oder
durch Pulverisierung auf einem länglichen Reibstein vor¬
genommen. Der „Zuckerstein" (1), d. h. der sehr harte Quarz,
bedurfte des erstgenannten Verfahrens. Er wurde mit einem
eisernen Hammer bis auf Erbsengröße zerkleinert und dann
gemahlen, am vorteilhaftesten mittels einer Handmühle. In
gleicher Weise geschah nur noch die Zerkleinerung des ,, Stab¬
bruchs" (2) und des ,, Futterstoffes" (3), die also von ähn¬
licher Härte gewesen sein müssen wie der Quarz, so daß
Windkrlich's Angabe, diese Rohstoffe seien mit Kalkspat
und Feldspat zu identifizieren, zutreffen dürfte.
Auf dem Reibstein werden sowohl die unter 10—12 auf¬
geführten Metalle, als auch die von 6—8 genannten Roh¬
stoffe zum Färben des Glasflusses zerkleinert. Der an 4. Stelle
genannte qamsarl, sowie die an 5. Stelle genannte Pottasche
bedürfen einer Zerkleinerung nicht. Erstaunlicherweise wird
von einer Zerkleinerung des an 9. Stelle genannten Tones
nicht gesprochen und über seine Zurichtung keine Auskunft
gegeben. Dies ist besonders zu beachten, da gerade die Ver¬
arbeitung des Tons einen breiten Raum in den Beschrei¬
bungen einnimmt, die islamische Schriftsteller von der Be¬
reitung des chinesischen Porzellans geben.
Es folgt nunmehr eine Beschreibung, wie aus den zer¬
kleinerten Rohstoffen die Substanzen zu gewinnen sind, die
für die endgültige Herstellung der glasierten Ware von Käsän
benötigt wurden; denn mehrere der genannten Rohstoffe
sind auch zerkleinert noch nicht ohne weiteres verwendbar,
sondern bedürfen einer chemischen Umsetzung. Vier, mög¬
licherweise auch nur drei dieser Substanzen werden auf¬
gezählt; im Anschluß daran wird beschrieben, wie aus Blei
andere Präparate zu bereiten sind, die in der Heilkunde, der
Malerei und auf anderen Gebieten Verwendung finden.
Zunächst bereitete der Käsäner Töpfer aus ,, Zucker¬
stein" (1) und Pottasche (5) eine Fritte, die — wie Winder-
LicH erläutert — als Wasserglas anzusprechen ist. Zu diesem
Zwecke wurde ein in einem bestimmten, von der jeweiligen
Beschaffenheit der Pottasche abhängigen Verhältnis her¬
gestelltes Gemisch dieser beiden Rohstoffe in einem Ofen
geschmolzen; die glühende Schmelze wurde dann löffelweise
aus dem Ofen genommen und in Wasser gestürzt, wodurch
sie gekühlt und gekörnt wurde. Darauf wurde diese Fritte
„zerstoßen, gepulvert, gemahlen und gesiebt" und zur wei-
236 K. Röder, Zur Technik der Persischen Fayence im 13. v. 14. Jahrh.
teren Verwendung aufbewahrt. Diese Fritte war, wie Windkr-
LicH betont: die Grundlage der Glasur; denn mit Wasserglas
lassen sich sowohl Kalk als auch Ton und anorganische Farb¬
stoffe leicht zusammenschmelzen. Die Arbeiter nannten diese
Fritte gauhar, ein Wort, mit dem für gewöhnlich Edelsteine
bezeichnet werden. Dabei erinnern wir uns, daß der an sech¬
ster Stelle aufgeführte, zur Bereitung blauen Glasflusses
dienende Rohstoff (Kobaltglanz) zwar von den Arbeitern
nach dem Namen des Königs Salomo benannt, vom Ver¬
fasser indessen als lägward bezeichnet wurde. Auch lägward
bezeichnet an sich einen Edelstein (Lapislazuli) und keines¬
wegs den Stoff, mittels dessen das Mineral nachgeahmt wird.
Ähnlich ist hier wohl die Benennung der Fritte mit gauhar
zu verstehen; aus ihr ließen sich nämlich Edelsteinen ähnelnde
Gläser bereiten. Damit ist allerdings das im Worte gauhar
enthaltene Problem nur aufgeworfen, aber nicht gelöst.
Es folgt eine gute Beschreibung der Herstellung eines
„Äschers", d. h. der Veraschung von Zinn (10) und Blei (11)
auf dem Treibherd. Zinnoxyd dient dazu, die Glasur un¬
durchsichtig weiß zu trüben, wobei der Zusatz von Bleioxyd
die deckende Kraft der Zinnglasur erhöht und sie ansehn¬
licher macht. Während nun die Fritte bei der weiteren Be¬
schreibung des öfteren erwähnt wird, kommt der Verfasser
auf diesen Äscher nicht mehr zu sprechen; doch ist dessen
Verwendung zur Gewinnung einer deckend weißen Glasur
hinreichend bekannt. Wir dürfen den Äscher vielleicht unter
dem „gemahlenen, streichbaren (?) Zinnoxyd (?)" (S. 45)
wiedererkennen, das ohne färbende Zusätze weiß aus dem
Feuer herauskommt (S. 46).
Undeutlich ist, was die dritte Substanz, deren Rezept
nunmehr beschrieben wird, darstellt, und wozu sie dient. Der
vierte Rohstoff, der Stein qamsarl, und der fünfte, die Pott¬
asche, wurden nämlich zu gleichen Teilen vermengt und ge¬
röstet; nach dem Erkalten wurde dann dem Röstprodukt
die dreifache Menge Fritte (Wasserglas) zugesetzt und alles
gemeinsam geschmolzen, in Wasser gestürzt, dann gestoßen
und gemahlen und in diesem Zustand aufgehoben. Über die
weitere Verwendung wird nichts mehr ausgesagt. Es wurde
schon erwähnt, welche Schwierigkeiten sich der Deutung des
Steines qamsarl entgegenstellen, und daß Wikdkrlich sich
entschieden hat, in ihm Borax oder einen Borokalzit zu sehen.
An sich, so führt Winderlich aus, würde auch Sand mit
Pottasche und Fritte in beschriebener Weise vermengt und
behandelt eine ähnlich ausschauende Masse ergeben, wie in
dem Falle, daß Borax der gleichen Prozedur unterworfen
wird. Indes spricht das Rösten eben mehr für Borax als für
Sand, und zudem legt die heute allgemein übliche Benutzung
des Borax zur Bereitung leicht schmelzender Glasflüsse die
Annahme nahe, daß auch damals schon Käsäns erfahrene
Töpfer diese Möglichkeit gekannt haben. In diesem Falle
hätten wir in der dritten Substanz, die aus den Rohstoffen
hergestellt wurde, einen leicht schmelzbaren Fluß für die
Farben zu erblicken.
An vierter Stelle beschreibt der Verfasser die Bereitung
einer weißen Farbe aus Zinn allein, also ohne Zusatz von
Blei. Dieses unvermischte weiße Zinnoxyd wurde zur Her¬
stellung von Türkispaste verwendet, also vielleicht gar nicht
für die Töpferei benutzt. Später wird dieser weiße Farbstoff
oder die aus ihm zu bereitende Türkispaste auch nicht mehr
ausdrücklich genannt. Immerhin besteht noch die Möglich¬
keit, daß es sich bei dem ,, gemahlenen streichbaren (?) Zinn¬
oxyd (?)", das wir bereits mit dem Äscher gleichzusetzen
versuchten, um dieses weiße Zinnoxyd handelt, wobei dann
allerdings unklar bliebe, bei welcher Gelegenheit der Äscher
Verwendung gefunden haben sollte. Es bleibt schließlich die
Möglichkeit anzunehmen, daß das reine weiße Zinnoxyd gar
nicht für die glasierte Irdenware Verwendung fand, sondern
nur zur Bereitung türkisfarbener Glasperlen diente. Auch
die anschheßend mitgeteilten Präparate haben ja für die
Keramik keine Bedeutung.
Der dritte Teil der Abhandlung behandelt die Art und
Weise, auf welche die verschiedenen Waren aus den Roh¬
stoffen und den aus ihnen zubereiteten Substanzen bereitet
wurden. Zwei verschiedene Gruppen von Irdenwaren werden
16«
238 K. Röder, Zur Technik der Persischen Fayence im 13. u. 14. Jahrh.
unterschieden; die eine Gruppe umfaßt alles mögliche Ge¬
schirr und Hausbekleidungen, die andere Fliesen und Schrift.
Das Rezept für die erste Gruppe schreibt eine Mischung
von 10 Teilen Quarz, 1 Teil Wasserglas und 1 Teil weißem
Ton vor. Winderlich erläutert, daß dieses Rezept sich nicht
auf die Zusammensetzung der Masse zur Bereitung des
Scherbens, sondern nur auf die Zusammensetzung der Glasur
beziehen kann. Die angegebene Mischung ergibt nämlich
keine form- und brennbare Tonmasse, sondern die Grundlage
zu einer leicht schmelzenden Glasur, und das bei einem
Glasurrezept auffällige Fehlen des Kalks deutet sogar darauf,
daß die beschriebene Glasur für einen kalkhaltigen Ton¬
scherben bestimmt war. Diese Feststellung Winderlich's ist
deswegen wichtig, weil der Text diese Tatsache nicht ohne
weiteres erkennen läßt. Im Gegenteil, hier heißt es, daß das
Rezept zur Zusammensetzung der ,, Körper" der Geschirre
dient, eine Bezeichnung, die bei glasierter Irdenware nur auf
den Scherben bezogen werden kann; des weiteren wird im
Rezept der Ton erwähnt, wodurch der Eindruck hervor¬
gerufen werden kann, es handele sich wirklich um die Be¬
reitung eines irdenen Scherbens; schließlich wird sogar ge¬
sagt, ,,der Meister verarbeitet es auf der Drehscheibe zu
schönen Werkstücken", eine Beschreibung, die ausschließlich
auf die Verarbeitung der Masse deutet. Nur der Umstand,
daß die angegebene Mischung keinen irdenen Scherben er¬
geben kann, vermag hier vor Mißverständnissen zu bewahren.
Die anschließend beschriebene Verarbeitung der Werk¬
stücke ist ebenfalls nicht ganz verständlich, da nur das Auf¬
drehen der Gefäße, das Ansetzen der Füße und das Glätten
der Oberfläche, keineswegs aber das Glasieren geschildert
wird. Abweichend von der Hs. von 1301 A. D. sagt die Hs.
von 1583 A. D.: ,,der Meister bringt auf die Drehscheibe in
der gewünschten Art irdene Werkstücke". Dies scheint an¬
zudeuten, daß die irdenen Gefäße bereits gedreht waren und
nun abermals auf die Drehscheibe gesetzt wurden, um für
das Glasieren zugerichtet zu werden. Über den Arbeitsgang
selbst erfahren wir aus dieser Beschreibung jedenfalls recht
wenig, und über die Verwendung der hier mitgeteilten Glasur¬
masse gar nichts.
Für die zweite Gruppe von Irdenwaren, Fliesen und
Schrift, liegt die gleiche Unklarheit in bezug auf Masse und
Glasur vor, die hier noch dadurch verstärkt wird, daß
ausdrücklich gesagt wird, das Rezept bezöge sich auf ,,die
Masse für Fhesen und Schrift". Aber aus einem Gemisch von
Feldspat, Kalkspat, Wasserglas und Ton, dem kein Quarz
zugesetzt wird, ist eben auch nur ein Glasfluß zu gewinnen,
eine Tatsache, die insofern aus dem Text ihre Bestätigung
findet, als gesagt wird, es gäbe eine durchsichtige und eine
undurchsichtige Art dieser ,, Masse", Unterscheidungen, die
sich kaum mit einem irdenen Scherben verbinden lassen.
Bei der durchsichtigen Art werden wiederum zwei Sorten
unterschieden; die eine diente zum Malen auf weißem Grund
und konnte durch entsprechende Metalloxyde schwarz, blau,
rot, grün oder gelb gefärbt werden; vor dem Auftrag wurde
ein wenig Quarz zugesetzt, dessen Fehlen im Rezept also bei
dieser Gelegenheit ausgeglichen wurde. Die andere Art diente
zum Malen auf grünem Grund, was nur mit schwarzer Farbe
geschah, die aus muzarrad gewonnen wurde und offenbar
auch keinen Zusatz von Quarz erhielt. Die ,, Masse" für
Fliesen und Schrift ist demnach kaum als Glasur anzusehen,
sondern eher als ein bunter Glasfluß, mit dem auf weißem
oder grünem Grund gemalt v/urde.
Dann wird angegeben, daß die Werkstücke mit pulveri¬
sierter und mit Wasser angesetzter Fritte, also mit Wasser¬
glas, bestrichen würden; erst hier haben wir eine Beschrei¬
bung des Glasierens der Gefäße, das also, wie es scheint, erst
nach der Grundierung mit Weiß oder Grün, und der Be¬
malung mit fünf bzw. einer Farbe geschah. Offenbar wurden
die Werkstücke nach dem Auftrag der Glasurmasse, deren
Rezept angegeben ist, deren Auftrag aber nicht beschrieben
wurde, noch einmal mit Wasserglas glasiert. Die glasierten
Gefäße wurden zunächst auf ein über einen Trog gelegtes
Sieb gestellt, damit der Überschuß des Glasurbreis abfließen
konnte; danach wurden sie in der Sonne getrocknet. Im
Zeitschrift d. D.M.G. Neue Folge Bd. XIV (Bd. 89) 16
240 K. Rödeb, Zur Technik der Persischen Fayence im 13. u. 14. Jahrh.
Text heißt es allerdings, der Überschuß der „Farbe" sollte
auf dem Sieb abfließen, doch ist von einer Farbe vorher nicht
die Rede, und sinngemäß kann es sich nur um den Glasur¬
brei handeln.
Anschließend werden vier durchsichtige und vier un¬
durchsichtige Schmelzfarben beschrieben, die zum Grun¬
dieren der Werkstücke verwendet wurden. Die durchsichtigen
Schmelzen wurden mit Kupfer grün, mit Kobalt blau und mit
Braunstein schwarz oder violett gefärbt, die undurchsichtigen
mit Zinn und Kupfer türkis-, also hellblau, mit Kobalt blau,
mit Kobalt und Mennige grau und mit Zinn weiß gefärbt.
Jedes Werkstück wurde zum Brande, der offenbar dem
Glasieren bzw. dem Grundieren und Bemalen folgte, in eine
tönerne Kapsel eingesetzt, die mit einem Deckel verschlossen
wurde. Der Brand geschah in einem Kuppelofen, dessen
Inneres mit reihenweise angeordneten irdenen Pflöcken ver¬
sehen war, auf die die Kapseln gestellt wurden, und er
dauerte 12 Stunden. Das Erkalten des Ofens nahm mehrere
Tage in Anspruch; erst eine Woche nach dem Beginn des
Brandes konnte der Ofen geöffnet werden. Gefeuert wurde
mit weichem Holz, mit Wermutstauden und Nußbaum, wie
die spätere Hs. hinzufügt. In Bagdäd, Tebriz und anderen¬
orts nahm man geschältes Weidenholz zur Feuerung.
Die mit durchsichtiger Glasur versehenen Werkstücke
waren nach diesem Brande fertig, ebenso diejenigen, die mit
türkis- und kobaltblauer undurchsichtiger Glasur verarbeitet
waren (die graue undurchsichtige Glasur wird hier nicht ge¬
nannt). Was hingegen mit weißer undurchsichtiger Glasur
versehen war, wurde nach diesem ersten Brande noch mit
,, Glasur von zwei Feuern" bemalt.
Unter dieser „Glasur von zwei Feuern" wurde offenbar
eine Bemalung der Werkstücke mit Lüsterfarben verstanden,
deren Bereitung, Auftrag, Brand und Politur beschrieben wird.
Es folgt eine Anweisung, wie die glasierten Irdenwaren
zu vergolden sind, und wie zu einer weiteren Bemalung rote,
weiße, schwarze und gelbe Glasflüsse hergestellt werden.
Sowohl das Gold als auch diese Glasflüsse werden in einem
besonderen Ofen eingebrannt, in den sie wie beim zuerst
beschriebenen Brande einzeln in Kapseln eingesetzt wurden.
Der Brand geschah bei einer geringeren Temperatur als der
erste Brand und dauerte nur 6 Stunden, mußte aber öfters
kontrolliert werden.
In dieser Weise wurden alle vergoldeten Werkstücke und
„Schrift" hergestellt und auch die um 1301 A. D. bereits
außer Übung gekommene Malerei mit 7 Farben. Die in Sieben¬
farbenmalerei ausgeführte Irdenware erkennt F. Sarre in
den persischen Fayencen wieder, die Minai-Ware genannt
werden. Die Minai-Ware wurde bisher ausschließlich als ein
Erzeugnis von Rhages betrachtet; soweit solche Minai-Ware
eine weiße undurchsichtige Glasur hat, kommt für ihre Her¬
kunft auf Grund des Traktates Käään in Frage.
Als Ergebnis dieser Übersicht über den Traktat ist fest¬
zustellen, daß die Rohstoffe in einer Reihenfolge aufgezählt
werden, die für eine Abhandlung über Irdenware durchaus
merkwürdig ist.
Der Ton, der wichtigste Bestandteil und die Grundlage
eines jeden irdenen Erzeugnisses wird erst als 18. Rohstoff
genannt. Man kann sogar behaupten, daß der Ton überhaupt
an letzter Stelle aufgezählt wird, denn es ist zu berücksich¬
tigen, daß die dem Ton noch folgenden vier Rohstoffe nur
deshalb den Schluß der Aufzählung bilden, weil sie als Me¬
talle nach der Ansicht des Verfassers einer gesonderten Be¬
handlung bedürfen; ihrer Verwendung nach hätten nämlich
von diesen Metallen Zinn und Blei im Anschluß an die Pott¬
asche als Rohstoffe für die Glasur und Schmelzflüsse, Kupfer
und Eisen anschließend an die unter 6. bis 8. genannten
zwölf färbenden Substanzen behandelt werden müssen.
Auch aus der Art, in der der Verfasser über den Ton
spricht, ist nicht zu entnehmen, daß er in ihm das eigentlich
wichtigste Material erblickt. Freilich betont er die verhältnis¬
mäßige Seltenheit eines weißen fetten Tons, den die Käääner
Töpfer glücklich genug waren, gleich von zwei Stellen unweit
ihrer Stadt beziehen zu können. In der Nähe Isfahans kam
ein schneeweißer Ton vor, der besser gewesen zu sein scheint,
16«
242 K. Röder, Zur Technik der Persischen Fayence im 13. u. 14. Jahrh.
als der bei Käsän zu findende Ton. Jener wurde aber an¬
scheinend nicht nach Käsän gebracht, obgleich die Käsäner
Töpfer bei anderen Materialien nicht zögerten, die geringere
einheimische Qualität durch eine bessere, von auswärts be¬
zogene zu ersetzen.
Eine Zurichtung des Tons, seine weitere Verarbeitung und
sein Verhalten im Brande werden überhaupt nicht erwähnt.
Nur gelegentlich der beiden Rezepte für Glasur und Glasfluß
wird angegeben, daß dem Gemenge ein Quantum Ton zu¬
gesetzt wurde.
Es ist die Glasur der Gefäße von Käään, die den Ver¬
fasser vorwiegend beschäftigt. Ihrer Bereitung dienen die
den Anfang der Rohstoffhste bildenden fünf Rohstoffe und
die beiden ersten der die Liste beschließenden Metallgruppe.
Die mechanische Zerkleinerung dieser Rohstoffe und ihre
Mischung wird beschrieben und auch die Art, in der sie ge¬
schmolzen werden. Mit ähnlicher Teilnahme werden die
färbenden Substanzen behandelt, deren 14 im Anschluß an
die zur Glasur benötigten Rohstoffe aufgezählt werden. Mit
ihnen werden sowohl die verschiedenen Glasuren gefärbt,
als auch Schmelzflüsse, mit denen die glasierten Gefäße
weiter bemalt werden können.
Fünf verschiedene Öfen werden genannt und alle im Hin¬
blick auf die Glasur oder die Bemalung behandelt. Ein Ofen
dient der Bereitung von Wasserglas, in einem anderen werden
Zinn und Blei verascht. Der Kuppelofen dient dem zwölf-
stündigen Brand der glasierten Gefäße. In einem besonderen
Ofen wird in dreitägigem Brand die Lüsterfarbe auf die
bereits glasierten und fertig gebrannten Gefäße gebracht, und
in einem Vergoldungsofen werden in sechsstündigem Feuer
Vergoldung und bunte Bemalung eingebrannt.
Aus dem allen geht hervor, daß der Verfasser des Trak¬
tates in den glasierten Irdenwaren vor allem ein Erzeugnis
der Schmelzkunst erblickte, und der Traktat selbst vor
allem eine Darstellung gibt von der Behandlung bunter Glas¬
flüsse auf irdenem Scherben, dessen Beschaflenheit seihst
nur geringe Beachtung verdient.
Von Franz Dornseiff.
Das Buch mit dem Titel „Der Versammlungsredner"
nennt seinen Verfasser nicht. König Salomo soll es nicht sein,
er redet vielmehr innerhalb der Schrift und sagt: Ich war
König (1, llf.). Es ist nichts davon bekannt, daß er vor
seinem Tod abgedankt hätte. 1. Kön. 11 erzählt zwar, wie
das Haus der Davididen das Königreich verliert, Salomo hat
es durch Vielweiberei und Abgötterei verscherzt. Aber die
Strafe trifft erst den Sohn und Nachfolger Rehabeam. Spä¬
tere Ausgestaltung läßt Salomo noch selbst ins Exil gehen.
Salomo mahnt also aus dem Totenreich heraus (s. auch 9, s)
oder hält zum mindesten eine posthume Ansprache. Die
Schrift Qohelet bildet also die Situation dieses Kapitels
1. Kön. 11, in dem Exzesse und Ende des Königs Salomo
beschrieben waren, selbständig weiter um. Solche Midraschim
entsprechen als literarisches Unternehmen genau den antiken
rhetorischen Produktionen, wo die Frage beantwortet wird:
„Tivag äv elnoi Xöyovg der berühmte N. N., als er in der
berühmten Lage war?" Nur verfolgen die Schriftsteller hier
bei der neuen Vergegenwärtigung geheiligter Gestalten der
Vergangenheit erbaulich religiöse Absichten, während in der
griechisch-römischen Welt rein künstlerische Freude an der
Neubeleuchtung, rednerische Übung und prunkende Fertig¬
keit am Werke ist. In diese Produktion gehören u. a. auch
viele Psalmen, besonders die Gruppe 51—72 am Schluß des
zweiten Buches. Sie wirken wie lyrische, nachträglich ge¬
machte Prosimetrum-Einlagen') für die verschiedenen Le¬
benslagen in einen historischen Roman über das Leben des
Königs David.
1) Antikes zum A. T. I, ZAW. 11/1934, 74 f.