DEUTSCHES ARZTEBLATT
G
eschickt, geschickt, wie CDU und CSU ihre Wahlwerbung für die FDP betreiben. Und das besorgt nicht nur, unnachahmlich wie immer, unser großer Franz Jo- sef: indem er so tut, als habe er den Alleinsieg der Union schon in der Tasche, rüttelt er alle auf, die zwar der Union den Sieg und alles Gute wünschen, die abso- lute Mehrheit aber scheuen.Landauf, landab gibt es dane- ben Unionsmannen, die sich um die kleineren Wählerpotentiale der FDP kümmern; etwa Dieter aus Krefeld, der die Freien Be- rufe aufs Korn genommen hat.
Tatsächlich hat der stellver- tretende Vorsitzende des CDU- Landesverbandes Nordrhein- Westfalen, Dieter Pützhofen, mit seiner Anregung, die Freien Berufe, namentlich die Ärzte, der Gewerbesteuerpflicht zu un- terwerfen, es der FDP außeror- dentlich leicht gemacht, sich zu profilieren. Süffisant kommen- tierte die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Bundes-
Wahlkampfblüte
Dietern
sei Dank gesagt
tagsfraktion, Dr. Irmgard Adam- Schwaetzer: „Daß wir mit gleichbleibender Regelmäßig- keit den Sozialdemokraten den steuerlichen Sonderzugriff auf die Freien Berufe aus ordnungs- und steuersystematischen Grün- den ausschlagen müssen, daran haben wir uns gewöhnt. Das klappt auch. Daß es nun auch an der Spitze des größten CDU- Landesverbandes eifrige Kämp- fer gibt, die die Freien Berufe zu.
Gewerbebetrieben machen wol- len, ist mehr als verwunderlich.
Die Gewerbesteuer sollte nicht ausgeweitet, sondern abge- schafft werden."
Für die Ärzte geht es hier nicht um ein paar Mark oder ein paar hundert Mark, sondern um
ein Prinzip. Im § 1 der Bundes- ärzteordnung steht: „Der ärzt- liche Beruf ist kein Gewerbe; er ist seiner Natur nach ein freier Beruf." In ruhigen Zeiten wird über einen solchen Satz hinweg- gelesen; er scheint selbstver- ständlich. Doch er zeugt von ei- ner langen historischen Ausein- andersetzung. Die Ärzte waren nämlich im 19. Jahrhundert wi- der ihren Willen zu Gewerbe- treibenden deklariert worden.
Und der erste Grund, sich zu ei- ner einheitlichen Berufsvertre- tung zusammenzuschließen, war nicht etwa die Auseinanderset- zung mit der Krankenversiche- rung, das kam später, sondern der Kampf der Arzteschaft ge- gen die Subsumierung als Ge- werbetreibende.
Pützhofen freilich wird der FDP unbelastet von solchen Ge- schichten in die Hand gespielt haben. Immerhin hat er einen kleinen Beitrag geleistet, die konservativ-liberale Koalition zu erhalten — sofern der Wähler es will. Dietern sei Dank. NJ
E
in „Kuckucksei" beab- sichtigt das Bundesin- nenministerium den li- quidationsberechtigten beamte- ten Ärzten als „Wahlgeschenk`Nest zu legen. Konkret:
Wurde mit dem neuen „Neben- tätigkeitsbegrenzungsgesetz"
(1985) ohnedies das Terrain für nebentätige Beamte stark einge- grenzt, so ist die vom Bundesin- nenministerium vorbereitete
„Verordnung zur Änderung der Bundesnebentätigkeitsverord- nung" nun im Begriff, die Rechtsstellung von rund 10 000 beamteten Klinikdirektoren we- sentlich zu beeinträchtigen und die erlaubte und versorgungs- notwendige Nebentätigkeit durch „Strafsteuern" so zu ver- leiden, daß sie für den beamte- ten Arzt künftig zum Verlustge- schäft wird. Grund genug für den Präsidenten der Bundesärz- tekammer, Dr. Karsten Vilmar, und den Präsidenten des Ver- bandes der leitenden Kranken- hausärzte, Prof. Dr. Dr. Her-
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Schröpfsteuer für beamtete Ärzte?
mann Hoffmann, in Bonn eine Begradigung der Entwurfsfas- sung zu verlangen.
Die Sprecher der Ärzte- schaft haben gegenüber dem Ministerium nicht nur die Höhe der Gesamtabgabe moniert, die sich zur „Erdrosselungssteuer"
kumulieren würde, sondern die Tatsache kritisiert, daß das ein- heitliche Nutzungsentgelt der Klinikdirektoren künftig in zwei selbständige Abgabenformen aufgesplittet werden soll. Eine rechtssystematisch bedenkliche Verordnung des Bundes läßt auch „negative Signalwirkun- gen" im Landesbeamtenrecht sowie im Angestelltenvertrags- recht befürchten.
Die vierfache Schröpfung beamteter Klinikärzte sähe künftig so aus: Der liquidations- berechtigte Klinikarzt soll ver- pflichtet werden, neben der her- kömmlichen Kostenerstattung einen zusätzlichen Vorteilsaus- gleich zu zahlen, der zwischen 20 und 40 Prozent betragen soll.
Nach dem Pflegesatzrecht be- trägt die Kostenerstattung be- reits jetzt sechs Prozent des Pflegesatzes. Hinzu kommen die nach der GOA '82 vorge- schriebene Honorarminderung um 15 Prozent (für bereits im Pflegesatz enthaltene Sachko- sten) und die aus dem Landes- krankenhausrecht resultierende Pflicht zur Honorierung der ärztlichen Mitarbeiter (Pool).
Die kombinierte vierfache Ab- gabenbelastung könnte sich so zu einer Gesamtabgabe addie- ren, die mehr als 20 Prozent über der derzeitigen Höhe läge.
Von dem erklecklichen Rest frißt ohnedies noch die Hälfte die Steuer. . . HC
Dt. Ärztebl. 84, Heft 1/2, 2. Januar 1987 (1) A-1