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Teil 13: Luthers Lehren

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Prof. Dr. Christian Thies (Universität Passau)

Teil 13: Luthers Lehren

An Ostern im Jahre1527 ermittelte die fürstbischöfliche Verwaltung 38 „Ungehorsame“, die nicht die Osterkommunion empfangen hatten. Während diese mit dem Leben davonkamen, machte man dem Lutheraner Leonhard Käser auf dem Passauer Domplatz den Prozess. Als Ketzer verurteilt und hingerichtet, gilt er als erster protestantischer Märtyrer Bayerns.

Sagen Sie mal, Herr Thies, haben Luthers Lehren in der heutigen Zeit eigentlich noch irgendeine Relevanz?

Die historische Relevanz von Luthers Lehre ist unbestreitbar. Die mächtige Wirkungsgeschichte zeigt sich nicht nur im Protestantismus mit seinen verschiedenen Richtungen (Calvinismus, Anglikanismus u. a.), sondern auch im Katholizismus, der sich in Reaktion auf Luthers Vorstoß selbst reformieren musste – vom Konzil in Trient 1545–1563 über das Zweite Vatikanischen Konzil 1962–1965 bis in unsere Gegenwart.

Doch damit nicht genug: Das protestantische Arbeitsethos war, nach der bekannten Theorie Max Webers, eine wichtige Stütze für die Entwicklung des modernen Kapitalismus. Den Ursprung bildet Luthers Kritik am Mönchswesen; nach seiner Auffassung können alle Tätigkeiten, nicht nur die der Priester, eine Berufung sein, womit die Idee des bürgerlichen Berufs vorbereitet wird. Dies war zugleich ein Vorstoß in Richtung Gleichberechtigung: Wenn alle Menschen geistlichen Stands sind (sogar die Frauen!), es keine Heiligen und keinen Papst mehr gibt, ist der Weg zur Demokratie geebnet. Außerdem beförderte der Protestantismus das Selbstwertgefühl des einzelnen Menschen. Vorbild war Luther selbst, der 1521 in Worms allein auf sich gestellt vor dem Kaiser und seinen Söldnern einen Widerruf seiner Lehren verweigerte.

Schließlich hat die Abschaffung von Reliquien und Wundern die Natur entzaubert und so die modernen Naturwissenschaften ermöglicht.

Darüber hinaus prägte Luther mit seiner Bibel-Übersetzung die hochdeutsche Sprache. Wichtig ist auch seine Rolle für die Musik: Man denke beispielsweise an das Werk von Johann Sebastian Bach, der übrigens 30 der 37 von Luther geschriebenen Lieder vertonte. Und zu guter Letzt ist es wohl kaum ein Zufall, dass fast alle bedeutenden deutschen Philosophen – von Leibniz über Kant bis Nietzsche – aus protestantischen Familien kamen, viele sogar aus evangelischen Pfarrhäusern.

Man kann also sagen: Ohne Luther sähe die Welt heute anders aus – in Passau regierte vielleicht noch der Fürstbischof, alle sprächen Mittelbairisch und viele gute Bücher stünden auf einem Index verbotener Schriften, den es noch bis 1967 gab.

Martin Luther selbst ging es natürlich um etwas ganz anderes: nämlich um unser individuelles Verhältnis zu Gott. In seinem Großen Katechismus schreibt er: „Gott ist das, woran wir unser Herz hängen und dem wir unbedingt vertrauen.“ Nach dieser schönen Definition haben auch heute fast alle Menschen einen Gott, aber nach Luthers Auffassung wohl kaum den richtigen.

Vor allem war Luther davon überzeugt, dass man sich auf vergängliche und weltliche Dinge nicht verlassen könne, sondern nur auf das Absolute.

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Prof. Dr. Christian Thies (Universität Passau)

Das muss nicht jeden überzeugen. Es mag Menschen geben, die religiös unmusikalisch sind, also kein Verhältnis zu den letzten Dingen haben und auch keines entwickeln wollen. Insofern ist das fundamentale Grundrecht der Religionsfreiheit vor allem das Recht, a-religiös, ja anti-religiös zu sein. Atheismus ist legitim. Verwunderlich finde ich eher die verbreitete Gleichgültigkeit gegenüber letzten Fragen. In jedem Fall wird, wie auch Luther meinte, unser Verhältnis zu Gott oder zum Absoluten, höchst individuell sein, ja privat, oft gar nicht artikulierbar.

(PASTA!, April 2017, S.52/53)

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