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Archiv "Vilmar appelliert: Wir brauchen Ihre Mitarbeit in der Selbstverwaltung!" (13.09.1990)

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AKTUELLE POLITIK

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

„Der Tag der deutschen Einheit rückt näher. Doch wenn wir jetzt zusammenkommen, haben wir natürlich noch nicht die Proble- me, die mit der Einheit auf uns zukommen, gelöst. Die sind dann unsere gemeinsamen Probleme." So stimmte der Präsident der Bundesärztekammer, Dr. Karsten Vilmar, seine (westdeutschen) Zuhörer auf die Zukunft ein. Vilmar sprach bei einem berufspoliti- schen Seminar des Grado-Kongresses der Bundesärztekammer.

D

DR-Teilnehmer waren be- reits als Kongreßbesucher angekündigt, aber noch nicht da. Doch später be- währten sich dieser Kongreß der Bundesärztekammer und dieser Kongreßort wieder einmal als Begeg- nungsstätte — diesmal unter gesamt- deutschen Auspizien. Wen Ernüch- terung und Frustration, die wohl un- weigerlich mit dem Einigungsprozeß verbunden sind, in den letzten Wo- chen zunehmend bedrückten, der war überrascht, wie willkommen die Besucher aus dem östlichen Teil Deutschlands ihren westdeutschen Landsleuten waren. Auch Vilmars ganz auf die innerdeutschen Proble- me konzentriertes Referat fand die ungeteilte Aufmerksamkeit der fast 200 Seminarteilnehmer.

Bereits auf dem nächsten Deut- schen Ärztetag — im Mai 1991 in Hamburg — werden die dann gegrün- deten fünf Arztekammern auf dem Gebiet der heutigen DDR mit stimmberechtigten Delegierten ver- treten sein. Die Delegiertenzahl des Ärztetages, die satzungsgemäß auf 250 beschränkt ist, wird indes unver- ändert bleiben. Von den 250 Dele- gierten dürften im nächsten Jahr et- wa 50 aus dem anderen Teil Deutschlands kommen; entspre- chend verringern sich die Delegier- tenzahlen der übrigen Ärztekam- mern. Der Vorstand der Bundesärz- tekammer wird um die fünf Kam- merpräsidenten der neuen Ärzte- kammern erweitert und auf 20 Köpfe anwachsen; im Vorstand der BAK wird zur Zeit überlegt, wie die Ar- beitsfähigkeit eines so großen Gre- miums gewährleistet werden kann.

Die vier auch für die ärztlichen Selbstverwaltungen und das Gesund- heitswesen entscheidenden Gesetze werden bis zur Einigung wahrschein- lich unter Dach und Fach sein: Das Krankenkassenvertragsgesetz (das

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Vilmar appelliert:

Wir brauchen Ihre Mitarbeit

in der

Selbstverwaltung!

auch Kassenarztrecht behandelt) wurde vom Ministerrat der DDR verabschiedet. Das Kassenerrich- tungsgesetz dürfte bei Erscheinen dieses Heftes die Volkskammer pas- siert haben. Das Krankenhausfinan- zierungsgesetz sowie das (vorläufige) Kammergesetz sind verabschiedet.

Hinzu kommt der Einigungsvertrag, in dem zum Teil dieselben Fragen behandelt sind und dessen Ratifizie- rung jetzt ansteht. Insgesamt sind die Gesetzeswerke, einschließlich Eini- gungsvertrag, so konzipiert, daß in der DDR, abgesehen von Über- gangsregelungen, ein Gesundheits- und Sozialwesen nach dem gelten- den Muster der Bundesrepublik ent- stehen wird.

Spaltung verhindert

Um nur einige Punkte beispiel- haft herauszugreifen: Es wird eine gegliederte Krankenversicherung ge- ben; der Alleinvertretungsanspruch der AOKen wurde zurückgewiesen.

Der Sicherstellungsauftrag für die ambulante ärztliche Versorgung wird allein bei den kassenärztlichen Vereinigungen liegen. Die Kranken- hausfinanzierung folgt dem dualen

Finanzierungsmodell. Den Ärzte- kammern werden exakt die gleichen Aufgaben zugewiesen wie den west- deutschen Arztekammern.

Manchem mag solche Anglei- chung der westlichen und östlichen Systeme selbstverständlich erschei- nen, doch so selbstverständlich war das alles nicht. So hat ausgerechnet das westdeutsche Bundesarbeitsmi- nisterium für manche Querschüsse gesorgt. Dr. Vilmar sprach in Grado sogar davon, daß die (DDR-)Gesetz- entwürfe auf Betreiben einzelner Mitarbeiter „unseres" Arbeitsmini- steriums sozialistische Perspektiven hätten eröffnen sollen. Ausdrücklich erwähnte Vilmar den Bonner Plan, einen gespaltenen Sicherstellungs- auftrag — der zu einer unfairen Kon- kurrenz zwischen staatlich geförder- ten Polikliniken und niedergelasse- nen Arzten geführt hätte — zu reali- sieren. Kassenärztliche Bundesverei- nigung und Bundesärztekammer hätten solche Bonner Vorhaben im Zusammenspiel mit den zuständigen Ostberliner Stellen verhindert.

Dr. Vilmar machte ferner auf Äußerungen des Vereins demokra- tischer Arztinnen und Ärzte auf- merksam, der dazu geraten habe, die große Chance zu nutzen, die Struk- turen des Gesundheitssystems der Bundesrepublik Deutschland zu ver- ändern. Statt dessen sollten DDR- Strukturen wie Polikliniken und (ku- rativ tätige) betriebsärztliche Dien- ste aufrechterhalten werden.

Vilmar wandte sich energisch gegen die Übernahme sozialistischer Modelle für das geeinte Deutsch- land. Die Ärzte in der DDR seien nicht auf die Straße gegangen, „da- mit die sozialistischen ‚Errungen- schaften' nun von uns übernommen werden". Demokratische Selbstver- waltungen der Ärzteschaft würden im übrigen nicht nur in der DDR eingeführt. Im gesamten ehemaligen Ostblock sei großes Interesse an dem westlichen Modell der Selbstverwal- tung festzustellen. Vertreter der westdeutschen Ärzteschaft hätten über ihre demokratischen Struktu- ren in vielen der früheren Ostblock- länder informiert sei es in Polen, in Bulgarien oder in der Sowjetunion.

Dr. Vilmar riet, auch unter dem Ein- druck solcher Besuche, über der ver- Dt. Ärztebl. 87, Heft 37, 13. September 1990 (17) A-2685

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Dr. Ulrich Oesingmann:

Objektive Gründe für

das Leistungswachstum

ständlichen Zuwendung zur DDR nicht die übrigen Länder im Osten zu vergessen. Sie benötigten ebenso Aufmerksamkeit und Hilfe.

• Mag sein, daß die Ärzte in der Bundesrepublik ihre Selbstver- waltungseinrichtungen heute allzu sehr als Selbstverständliches ein- schätzen und deshalb ihren Wert nicht immer zu würdigen wissen.

Manche Meldungen über Wahlbetei- ligungen bei Kammern oder KV- Wahlen stützen eine solche Vermu- tung. Der Präsident der Bundesärz- tekammer warb jedenfalls in seinem Referat nachdrücklich um Mitarbeit in der Selbstverwaltung: „Machen Sie mit — mindestens durch Wahlbe- teiligung". Die Ärzteschaft müsse sich bemühen, via Selbstverwaltung einheitliche ärztliche Standpunkte zu den wesentlichen gesundheitspo- litischen Fragen zu erarbeiten. Nur dann werde sie in der Politik gehört.

Gelegentlich geriet Vilmars be- rufspolitisches Referat in Grado ge- radezu zu einem Privatissimum über die Aufgaben von Kammern und Kassenärztlichen Vereinigungen.

Vilmar wies zum Beispiel darauf hin, daß es nicht allein Aufgabe der Kammer ist, die beruflichen Belange der Ärzteschaft zu vertreten, son- dern auch die Interessen der Allge- meinheit in Sachen Gesundheitswe- sen zu wahren. Er erinnerte die Kas- senärzte daran, wie vorteilhaft es für sie ist, sich nicht persönlich mit ein- zelnen Krankenkassen auseinander- setzen zu müssen, sondern sich der Kassenärztlichen Vereinigungen be- dienen zu können. Vilmar warb auch um Verständnis dafür, daß die Öf- fentlichkeit ein Recht habe, zu wis- sen, wie die Krankenversicherungs- gelder, die ja steuerähnlich einge- trieben werden, verwandt werden.

• Nachdrücklich appellierte der Präsident der Bundesärztekam- mer an die Ärzte, keine einseitigen politischen Ideologien in die Selbst- verwaltung hineinzutragen. Er warn- te davor, Tendenzen zu Fanatismus und Intoleranz nachzugeben, und beschwor die Kolleginnen und Kolle- gen, den Pluralismus der Meinungen gelten zu lassen, Toleranz ..zu üben.

Gerade das hätten die Ärztinnen und Ärzte in der DDR mit ihrer friedlichen Revolution erstrebt. NJ

Mit Beginn des 2. Quartals 1990 ist der neue Honorarvertrag mit den Ersatzkassen in Kraft getreten — ein Vertrag, der die Weichen für die angestrebte Rückkehr zur Einzel- leistungsvergütung stellen soll.

Doch schon bevor auch nur die er- sten Abrechnungsergebnisse vorlie- gen — was erst gegen Ende Septem- ber der Fall sein wird — hat bereits die Diskussion darüber begonnen, ob das erklärte Ziel überhaupt er- reichbar sein wird.

Der Grund für die Besorgnis- Im 1. Quartal 1990, das noch unter den alten Honorarvertrag fällt, ist es zu einer ungewöhnlich hohen Steige- rung des Leistungsbedarfs um 14,33 Prozent gekommen. Was wird, wenn ähnlich überproportionale Steige- rungsraten auch in den ersten Quar- talen des neuen Honorarvertrages eintreten, lautet die Frage.

Ich habe durchaus Verständnis dafür, daß eine derart ungewöhnli- che Entwicklung des Leistungsbe- darfs im Vorfeld einer neuen Hono- rarvereinbarung auf besondere Sen- sibilität bei den Ersatzkassen trifft.

Auch für den Vorstand der Kassen- ärztlichen Bundesvereinigung war dieses Ergebnis Anlaß für eine nähe- re Analyse des Leistungsgeschehens.

Wir haben die wesentlichen Ur- sachen geprüft und benannt: ange- fangen beim zusätzlichen Leistungs- bedarf durch zahlreiche Änderungen am Einheitlichen Bewertungsmaß- stab (EBM), über die Einführung neuer Leistungen wie der Gesund- heitsuntersuchung und der U 9, bis hin zum Vorwegnahme-Effekt des Gesundheits-Reformgesetzes, der einen ausgesprochen niedrigen Aus- gangswert im Vergleichsquartal 1/89 zur Folge hatte (Deutsches Arzte- blatt Heft 31/32).

Dies zusammengenommen hat schließlich zu einem Punktwert von 10,31 Pfennigen für jene Leistungen geführt, die nach dem neuen Hono-

rarvertrag ab dem 2. Quartal 1990 mit einem festen Punktwert von 10,65 Pfennigen vergütet werden sol- len. Vor diesem Hintergrund erklä- ren sich die Sorgen, die mit der au- ßergewöhnlichen Leistungssteige- rung in 1/90 verbunden sind.

Doch so verständlich die Sorge um die Tragfähigkeit der neuen Ho- norarvereinbarung auch ist, so wenig ist es zum gegenwärtigen Zeitpunkt angezeigt, vorschnell von einer Ent- wicklung zu reden, die den Weg zu- rück zur Einzelleistungsvergütung zunichte macht. Dies gilt erst recht, wenn den Ärzten in diesem Zusam- menhang unterschwellig unterstellt wird, sie würden „in die Menge ge- hen".

Daß dies nicht der Fall ist, bele- gen auch die jetzt vorliegenden Er- gebnisse des Abrechnungs-Informa- tions-Systems des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI).

Nach der ZI-Studie für den Be- reich der Primärkassen ist das Lei- stungs- und Umsatzwachstum im Jahresvergleich 1989 zu 1988 vor al- len Dingen auf die neu eingeführten Leistungen zurückzuführen. Ohne diese erstmals abgerechneten Lei- stungen zeigt das Leistungs- und Umsatzvolumen eine stabile Ent- wicklung.

Konkret: Die Leistungsverände- rungen von 1989 zu 1988 verzeichnen ein Plus von 1,07 Prozent und wären ohne die neu eingeführten Leistun- gen sogar um 1,91 Prozent gesunken Bei den Punktzahlveränderungen liegt der Zuwachs bei 4,54 Prozent gegenüber 0,92 Prozent ohne die

Ü

ZI-Studie belegt:

Leistungswachstum vor allem durch neue Leistungen

A-2686 (18) Dt. Ärztebl. 87, Heft 37, 13. September 1990

Referenzen

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