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Archiv "Kasuistik: Beenden einer Transfusionsbehandlung bei Patientin mit infauster Prognose" (23.01.2015)

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KASUISTIK

Beenden einer Transfusionsbehandlung bei Patientin mit infauster Prognose

73-jährige wache, orientierte Patientin in reduziertem Allgemeinzustand bei fortgeschrittenem metastasiertem Kolonkarzinom mit rezidivierenden Blutungen und Anämie bei fehlender therapeutischer Option. Aufnahme in die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) zur Mitbehandlung bei progredienten viszeralen Tumor- schmerzen und komplexer Symptomkonstellation

D

ie Patientin lebt in ihrer häuslichen Umgebung und ist nach Umstellung der Analgetika auf Opioide der Stufe III wieder wohnungsmobil, bei nur geringen belastungsabhängigen Schmerzen gelegentliche Einnahme eines unretardierten Opioids als Be- darfsmedikation. Zunehmend pro- blematisch sind rezidivierende in- testinale Blutungen, die in immer kürzeren Abständen eine Transfusi- on von Erythrozytenkonzentraten erforderlich machen. Durch den ho- hen logistischen Aufwand für die Kreuzblutabnahme beim Hausarzt im ländlichen Bereich und für den Transport zum behandelnden Onko- logen in die nächstgelegene Stadt zur Durchführung der Transfusions- behandlung stellt sich für die Pa- tientin sowie die betreuenden Ange- hörigen die Frage nach der Sinnhaf- tigkeit der Fortsetzung der Transfu- sionsbehandlung. Diese wird in mehreren gemeinsamen Gesprächen mit der Patientin und den Angehöri- gen ausführlich erörtert. Dabei wird auch erläutert und besprochen, in- wiefern durch eine Fortsetzung der Therapie eine mögliche Lebensver- längerung bei zu erwartendem wei- teren Tumorprogress und Kompli- kationen erreicht werden könnte und wie das Sterben in der Blu- tungsanämie bei noch recht gerin- gen, gut kontrollierbaren Sympto- men durch die Tumorerkrankung nach medizinischer Einschätzung verliefe. Die Patientin und ihre An- gehörigen lehnen nach einer Be- denkzeit eine hämatologisch-onko- logische Therapie sowie insbeson- dere die weitere Gabe von Blut ab.

Unter intensiver Betreuung durch den Hausarzt, zusammen mit einem Pflegedienst und dem SAPV-Team, sind die Symptome der Patientin gut gelindert und sie verstirbt bei zunehmender Schwä- che wenige Wochen später im Krei- se der Angehörigen in ihrer häusli- chen Umgebung.

Fragestellung

Für den Hausarzt und das SAPV- Team stellt sich die Frage, ob die Therapiezieländerung mit Beendi- gung der Transfusionen zu diesem Zeitpunkt im Krankheitsverlauf medizinisch und ethisch vertretbar und rechtlich zulässig ist.

Kommentar aus medizin - ethischer und medizin- rechtlicher Sicht und Fazit Grundsätzlich sind die medizini- sche Indikation einerseits und der Wille der Patientin andererseits die Grundlagen für die Festlegung des Therapieziels und für Therapieent- scheidungen, wobei die Autonomie der Patientin über dem objektiven Prinzip des Lebensschutzes und

damit auch der medizinischen In- dikation steht. Die Patientin befin- det sich nicht in der Sterbephase, eine Transfusion könnte die Lebens- zeit verlängern. Nach ärztlicher Einschätzung wird sie aufgrund der progredienten, inkurablen Tu- morerkrankung in absehbarer Zeit versterben. Die Überprüfung und damit möglicherweise eine Ände- rung des Behandlungszieles ist unter anderem geboten, wenn le- benserhaltende Maßnahmen, zum Beispiel eine Fortsetzung der Transfusionsbehandlung bei Blu- tungsanämie eines metastasierten Kolonkarzinoms, das Leiden ver- längern würden oder die Änderung des Behandlungsziels dem Willen des Patienten entspricht. Hier ist letztlich entscheidend, dass die gut informierte Patientin nach einge- hender Erörterung eine Fortset- zung der Transfusionsbehandlung ablehnt. Von daher ist ihre Be - endigung rechtlich zulässig und medizinisch nachvollziehbar und stellt die Behandler auch letztlich nicht vor einen ethischen Konflikt.

An die Stelle von Lebensverlänge- rung und Lebenserhaltung tritt die palliativmedizinische Versorgung einschließlich pflegerischer Maß-

nahmen.

Expertenteam: Erik Bodendieck, Dr. med. Stefan Krok, Prof. Dr. jur. Volker Lipp, Prof. Dr. med.

Friedemann Nauck, Prof. Dr. phil. Alfred Simon, Dr. med. Martina Wenker

LITERATUR

Alt-Epping B, Simon A, Nauck F:

Substitution von Blutkomponenten in der Palliativversorgung – Kriterien der Transfusions- begrenzung in der ethischen Reflexion.

Deutsch Med Wschr 2010; 135: 2083–7.

Unter www.aerzteblatt.de/umgangmitsterben hat das Deutsche Ärzteblatt ein Glossar der wichtigsten Begriffe sowie weitere Beiträge zum Thema „Umgang mit Sterben“

zusammengestellt. Die Seite wird sukzessive um die Beiträge der Serie mit palliativmedizinischen Kasuistiken ergänzt. Die wichtigsten Artikel aus den letzten Jahren stehen als PDF-Ausgabe zur Verfügung.

UMGANG MIT STERBEN

Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 112

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Heft 4

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23. Januar 2015 A 127

T H E M E N D E R Z E I T

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