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Archiv "Therapie und Prognose kindlicher Hirntumoren" (03.08.1998)

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om 6. bis 9. Mai 1998 fand un- ter der Leitung von Profes- sor Concezio Di Rocco von der Katholischen Universität Sacro Cuore in Rom das „8th Internatio- nal Symposium on Pediatric Neuro- Oncology“ statt, das mit mehreren hundert Delegierten unterschiedli- cher Fachrichtungen und über drei- hundert wissenschaftlichen Beiträgen die bislang größte Veranstaltung zu diesem Thema war. Sie

sollte zum Ausgang der

„Dekade des Gehirns“

eine Übersicht über den aktuellen Stand der molekularen Patholo- gie und Epidemiologie sowie der Diagnostik, Therapie und Prognose kindlicher Hirntumo- ren geben und Aus- blicke auf Fortschritte im 21. Jahrhundert er- öffnen.

Epidemiologie

A. Bleyer (Hous- ton) berichtete, daß in den USA zwischen 1973 und 1994 die Inzidenz von ZNS-Tumoren bei

Kindern unter 15 Jahren von 2,35 auf 3,45 Fälle pro 100 000 Kinder pro Jahr zugenommen hat und seit 1990 größer ist als die der akuten lymphoblasti- schen Leukämie (ALL). Obwohl die Mortalität kindlicher Hirntumoren im gleichen Zeitraum von 1,0 auf 0,78 pro 100 000 abgenommen hat, ist sie au- genblicklich dreimal so hoch wie die von ALL, die aufgrund verbesserter Therapie von 1,28 auf 0,38 pro 100 000 pro Jahr zurückgegangen ist. S. Pres- ton-Martin (Los Angeles) zeigte an- hand retrospektiver Studien, daß Vit- amingaben während der Schwanger- schaft, wie sie in den Vereinigten Staa- ten üblich sind, bei Anwendung in zwei Trimestern das Risiko des Kindes, an einem Hirntumor zu erkranken, um 30 Prozent, bei drei Trimestern um etwa

50 Prozent reduzierten. Es wurde je- doch kein signifikanter Effekt für die Vitamineinnahme im Monat vor der Schwangerschaft oder während der Stillperiode gefunden. Anschließend präsentierte C. H. Rickert (Münster) eine Übersicht über die Häufigkeits- verteilung von Hirntumoren in den er- sten vier Lebensjahren, wobei Astro- zytome mit einem Drittel der Fälle die häufigsten Tumoren sind, gefolgt von

primitiven neuroektodermalen Tumo- ren (PNET inklusive Medulloblasto- me) mit 20 Prozent und Ependymo- men mit 15 Prozent. Das erste Lebens- jahr zeichnet sich dabei durch eine re- lativ große Anzahl von Plexustumoren und Teratomen sowie durch eine deut- liche Prädilektion für supratentorielle und höhergradige Tumoren (77 Pro- zent WHO III/IV) aus, die mit zuneh- mendem Alter seltener werden. Nach anfänglich gleichmäßigem Befall bei- der Geschlechter sind Jungen ab dem zweiten Lebensjahr um 20 bis 30 Pro- zent häufiger betroffen. Als Risikofak- toren konnten bislang nur ionisierende Strahlen und hereditäre Syndrome be- stätigt werden; ein höheres Risiko scheint jedoch auch von mütterlicher Exposition gegen Nitrate und aromati-

sche Aminobestandteile auszugehen sowie von anderen ZNS-Erkrankun- gen bei Familienangehörigen. Einen erheblichen Anteil an höhergradigen Hirntumoren entdeckte auch F. More- no(Buenos Aires) bei Kindern unter drei Jahren. Von den Betroffenen wie- sen 65 Prozent Tumoren vom WHO- Grad III und IV auf; deren 50-Mo- natsüberlebensrate betrug 17 Prozent, verglichen mit 91 Prozent bei niedrig- gradigen Tumoren.

Molekularpathologie

J. Y. H. Kim(Boston) wies darauf hin, daß Medulloblastome 20 bis 25 Prozent aller kindlichen Hirntumoren stellen und eine sehr variable Prognose haben. Seine In-vitro-Untersuchungen zeigten, daß eine hohe Expression des Neurotrophin-3-Rezeptors TrkC einen positiven Einfluß auf die Überlebens- zeit bei Medulloblastomen hatte (92 versus 39 Monate), während andere Neurotrophine und ihre Rezeptoren keine Korrelation zum Überleben er- gaben. Zellkultur- und Tierversuche dokumentierten, daß die Gabe von Neurotrophin-3 in TrkC-exprimieren- den Zellinien Apoptose induzierte und das Tumorwachstum inhibierte. D. C.

Leyden (New York) berichtete über seine Untersuchungen an der Id-Gen- familie, die aus vier Genen besteht, wobei Id 1 und 3 in mitotisch aktiven, weniger differenzierten neuroektoder- malen Zellen, Id 2 und 4 jedoch in rei- feren Neuronen und Gliazellen expri- miert werden. Alle vier sind in Me- dulloblastomen erhöht, nur Id 2 und 4 dagegen in niedriggradigen Astrozyto- men. In Tierversuchen zeigte sich, daß Id-1- und 3-Knock-out-Mäuse 100 Ta- ge nach Injektion einer Lymphomzell- Linie nach initialer Tumorbildung mit anschließender Regression alle ohne Krankheitszeichen am Leben waren, während alle Wildtyp-Mäuse nach 44 Tagen verstorben waren. Da Kinder mit supratentoriellen PNET trotz ähn- licher Histologie eine schlechtere Pro- gnose haben als Träger infratentoriel- A-1917

M E D I Z I N KONGRESSBERICHT

Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 31–32, 3. August 1998 (45)

Therapie und Prognose kindlicher Hirntumoren

V

Das Logo des achten Internationalen Symposiums für pädiatrische Neuro- onkologie vom 6. bis 9. Mai 1998 in Rom.

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ler PNET/Medulloblastome, unter- suchte C. Russo (San Francisco) diese Tumoren molekularpathologisch. Er kam zu dem Ergebnis, daß infratento- rielle PNET Zugewinne auf Chromo- som 17q sowie Verluste auf 16q und 22q in 12 bis 40 Prozent der Fälle auf- wiesen. Keine dieser Veränderungen wurde bei supratentoriellen PNET ge- funden, die sich in 40 Prozent durch Verluste auf 14q auszeichneten, welche wiederum nicht bei infratentoriellen Tumoren gefunden wurden, so daß die genetischen Grundlagen der Tu- morentstehung dieser Entitäten unter- schiedlich zu sein scheinen.

Kraniopharyngeome

Laut G. Bunin (Chicago) beträgt die Inzidenz von Kraniopharyngeomen in den USA 0,13 pro 100 000 Personen und Jahr und zeigt keine Geschlechts- oder ethnischen Unterschiede; die bi- modale Altersverteilung weist hinge- gen Häufungen in den Altersgruppen der 5- bis 14- sowie 65- bis 74jährigen auf. Die Fünf-Jahresüberlebensrate be- trägt insgesamt 80 Prozent, nimmt je- doch bei höherem Alter zum Zeitpunkt der Diagnose ab. Pro Jahr werden in den USA 96 Fälle bis zum Alter von 14 Jahren erwartet. R. Hayward (London) stellte die Ergebnisse einer Studie vor, die den Einfluß prä- und intraope- rativer Faktoren für die Morbidität bei Kraniopharyngeomen untersuchte.

Dabei zeigte sich, daß Hydrozephalus, intraoperative Komplikationen und ein Alter zum Operationszeitpunkt von unter fünf Jahren mit hoher Morbidität assoziiert waren, während hypothala- mische Störungen mit der Tumorhöhe in der Mittellinie und dem Verbleib von Tumorgewebe im Bereich des Hypo- thalamus korrelierten. Als Risikofak- toren für ein Rezidiv stellten sich Tu- morgröße, Alter unter fünf Jahren und das Vorliegen eines höhergradigen Hy- drozephalus heraus, während vollstän- dige Tumorresektion und postoperati- ve Bestrahlung das Rezidivrisiko ver- minderten. P. G. Fisher(Palo Alto) er- mittelte bei kindlichen Kraniopharyn- geomen eine Fünf-Jahresüberlebensra- te von 95 Prozent und ein progressions- freies Überleben von 59 Prozent. Der fehlende Nachweis von Verkalkungen zum Diagnosezeitpunkt ging dabei mit

einem signifikant geringeren Rezidivri- siko einher, wobei das durchschnittli- che rezidivfreie Intervall ein Jahr be- trug. Ein Visusverlust fand sich sowohl prä- als auch postoperativ bei der Hälf- te der Kinder, während 97 Prozent postoperativ endokrine Defizite auf- wiesen (65 Prozent präoperativ), so daß kindliche Kraniopharyngeome mit ei- ner erheblichen postoperativen Mor- bidität, jedoch mit ausgezeichneten Überlebensraten assoziiert waren. S. C.

Dutton (Boston) berichtete über die Effizienz der fraktionierten stereotak- tischen Strahlentherapie bei Patienten mit unvollständig entfernten oder rezi- divierten Kraniopharyngeomen unter fünf Zentimeter Durchmesser. Nach postoperativer Bestrahlung mit tägli- chen Fraktionen von 1,8 Gy und einer Gesamtdosis von 53 Gy fand sich keine Tumorprogression nach einem Follow- up von durchschnittlich 2,5 Jahren.

Astrozytome

P. G. Fisher(Palo Alto) untersuch- te niedriggradige Astrozytome in Pati- enten unter 21 Jahren und fand, daß die Fünf- und Zehn-Jahresüberlebensra- ten 84 Prozent (pilozytisch 95 Prozent, fibrillär 45 Prozent) und 81 Prozent be- trugen, während die Daten für das pro- gressionsfreie Überleben nach einem und fünf Jahren bei 80 Prozent und 57 Prozent lagen. Eine Lokalisation außerhalb des Hirnstamms sowie kom- plette Tumorentfernung gingen dabei mit einem besseren Verlauf einher, während Strahlen- und Chemotherapie mit Tumorprogression vergesellschaf- tet waren. Bei Hypothalamus-Gliomen fand D. Reardon(Memphis) eine Fünf- Jahresüberlebensrate von 86 Prozent und ein progressionsfreies Überleben von 31 Prozent, welches signifikant schlechter war bei Kindern unter zwei Jahren (11 versus 42 Prozent), weniger als subtotaler Tumorentfernung (20 versus 67 Prozent) und höhergradigen Gliomen. Untersuchungen zur Prolife- rationsaktivität und Prognose von Op- tikus-Tumoren zeigten laut T. Czech (Wien), daß die MIB-1-Proliferations- indizes zwischen 0 und 11 Prozent la- gen, die der anschließend verstorbenen Kinder jedoch alle unter vier Prozent, so daß der MIB-1-Index keine Aussa- gekraft im Hinblick auf die Prognose

bei Optikus-Tumoren zu haben scheint. A. K. Gnekow(Augsburg) be- richtete über den Wert einer Vincristin- Induktion mit Carboplatin-Pulsen für das Hinausschieben konventioneller Strahlentherapie bei Kindern unter fünf Jahren mit nicht operablen, pro- gressiven, niedriggradigen Gliomen.

Dabei reagierten 87 Prozent mit einem Sistieren oder einer Verbesserung ihres Zustands, wobei das progressionsfreie Überleben je 83 Prozent nach einem und zwei sowie 67 Prozent nach drei Jahren betrug. N. Shah (London) er- mittelte bei der Analyse von Kindern mit supratentoriellen WHO-Grad-III- und -IV-Gliomen nach radikaler The- rapie ein mittleres Überleben von 24 Monaten und eine Fünf-Jahresüberle- bensrate von 30 Prozent. Eine längere Überlebenszeit ergab sich nach Tumor- resektion (40 vs 13 Monate) und bei Al- ter des Kindes unter zehn Jahren zum OP-Zeitpunkt (64 vs 16 Monate), nicht jedoch bei einem Grad-III-Gliom und nach Strahlentherapie. Anschließend teilte E. N. E. Noll(Boston) mit, daß der Einsatz von Gangliosid GM3selek- tive Apoptose in sich teilenden ZNS- Zellen induzierte und es in Gliobla- stom-Zellkulturen zu einer 65prozenti- gen Zellverminderung kam, während gesundes Gewebe nicht beeinträchtigt wurde. Zusätzlich zeigte sich bei im- plantierten Nacktmäusen ein längeres symptomfreies Überleben bei fehlen- der Neurotoxizität der Substanz, so daß sich GM3als ein neues Agens für die Chemotherapie von Gliomen anbieten könnte.

Ependymome

Obwohl Ependymome die dritt- häufigsten kindlichen Tumoren stellen, ist wenig über ihre Molekularpatholo- gie bekannt. D. Reardon (Memphis) entdeckte in je 24 Prozent seiner Fälle Verluste der Chromosomen 6q und 22 sowie bei 18 Prozent geringe Amplifi- kationen auf 1q. C. Mazewski(Cincin- nati) bestätigte, daß die häufigsten Aberrationen, meist als Monosomien, das Chromosom 22 betreffen, gefolgt von 1, 11q und 6q. Während Patienten mit normalem Karyotyp ein mittleres Überleben von 5,8 Jahren und eine Rezidivrate von 55 Prozent aufwiesen, betrugen diese Werte 2,5 Jahre und 86 A-1918

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(46) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 31–32, 3. August 1998

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Prozent bei Patienten mit abnormem Karyotyp. Was die Therapie bei Epen- dymomen angeht, hielt T. Tomita (Chicago) die totale Tumorresektion für den wichtigsten Therapieschritt, während der Wert von Strahlen- und Chemotherapie eher zweifelhaft ist, gerade im Hinblick auf die häufigen und schwerwiegenden Strahlenfolge- schäden bei Kindern. Dies war auch dem Beitrag von E. Kovnar(Gaines- ville) zu entnehmen, der bei Ependy- momen der hinteren Schädelgrube der konventionell fraktionierten eine hy- perfraktionierte Bestrahlung gegen- überstellte und fand, daß letztere nur bei subtotal entfernten Tumoren bes- sere Ergebnisse zeigte, jedoch nicht bei kompletter Resektion. C. Kalifa(Ville- juif) und M. Fouladi(Toronto) kamen ebenfalls zu dem Schluß, daß die Rolle der Chemotherapie bei Epen- dymomen, unabhängig vom Zeitpunkt der Applikation und der Kombination mit einer Strahlentherapie, sehr frag- lich ist, während D. Alderete(Buenos Aires) sogar eine beschleunigte Tu- morprogression unter Carboplatin, Vincristin, Ifosfamid und VP16 wahr- nahm.

Medulloblastome

Den diagnostischen und progno- stischen Wert molekularer Marker bei PNET des Kindesalters untersuchte W.

Scheurlen (Mannheim) und kam zu dem Ergebnis, daß Amplifikationen von c-myc mit Therapieresistenz und einer schlechten Prognose einhergin- gen, während der Verlust der Hetero- genität des Chromosoms 17p mit Li- quormetastasen und der des Abschnitts 9q22 mit Rezidiven assoziiert war. Bei der von D. Perek(Warschau) durchge- führten Analyse von Risikofaktoren für PNET/Medulloblastom-Rezidive ergab sich, daß Geschlecht, Alter bei Diagnose und Ausmaß der Resektion keinen Einfluß auf das Rezidivrisiko hatten, dieses sich jedoch mit der ur- sprünglichen Tumorgröße und dem Nachweis von Tumorzellen im Liquor erhöhte, während postoperative Chemo- und Strahlentherapie das Rezidivrisiko erniedrigten. Als häufig- sten Grund für ein Therapieversagen bei Medulloblastomen gab T. Tomita (Chicago) die frühe Liquoraussaat an

und schilderte, daß nach radikaler Tu- morresektion die Rezidivquote in sei- nem Patientengut bei alleiniger Be- strahlung 64 Prozent, hingegen nur 26 Prozent bei Bestrahlung mit adjuvanter Chemotherapie betrug. E. Hsu(Otta- wa) berichtete über die Prognose rezi- divierender Medulloblastome, deren Ein-, Zwei- und Fünf-Jahresüberle- bensraten nach Rezidiv 43, 11 und 9 Prozent betrugen, wobei das Überle- ben nicht mit der initialen Klinik bei Erstdiagnose und der ursprünglichen Therapiekombination korrelierte. Bei der Therapie des Rezidivs wies die au- tologe Knochenmarkstransplantation die längste Überlebenszeit auf. An- schließend demonstrierte R. J. Packer (Washington), daß Medulloblastom- Patienten, die jünger als drei Jahre sind, nach zerebrospinaler und lokaler Be- strahlung mit adjuvanter Chemothera- pie ein drei Jahre progressionsfreies Überleben von 30 Prozent aufwiesen, während die Werte für Kinder im Alter von drei bis zehn Jahren ohne Liquor- aussaat 82 Prozent, mit Aussaat weni- ger als 53 Prozent betrugen, so daß Al- ter und Liquorstatus von prognosti- scher Bedeutung zu sein scheinen.

Tumor- und Therapiefolgen

I. Astigarraga(Vizcaya) schilderte, daß endokrine Dysfunktionen häufig bei Kindern nach Bestrahlung des ZNS auftreten und ein Mangel an Wachs- tumshormon schon bei Dosen von nur 18 Gy beschrieben wurde. Im eigenen Patientengut entwickelten 70 Prozent der bestrahlten Hirntumorpatienten endokrine Störungen, 60 Prozent da- von in Form eines Panhypopituita- rismus, 40 Prozent als isolierten Wachs- tumshormonmangel. Diese Störungen waren um so schwerer, je höher die Do- sis, je jünger der Patient und je größer die Nähe zu Hypophyse und Hypotha- lamus war. So fand K. Bhambhani(De- troit) bei 85 Prozent der Patienten, die bei Diagnose von PNET und Ependy- momen der hinteren Schädelgrube jün- ger als fünf Jahre waren, Adipositas und verminderte Körpergröße, wäh- rend T. Shiminski-Maher(Arcadia) bei der Untersuchung von 300 Kindern un- ter drei Jahren, die eine Chemothera- pie für maligne Hirntumoren erhalten hatten, keine Wachstumsretardierung

vorfand. Z. E. Dreyer (Houston) be- richtete über Späteffekte der Therapie bei überlebenden ZNS-Tumorkindern, wobei diese unabhängig von Therapie und Alter auftraten. Dabei standen En- dokrinopathien und Lernstörungen im Vordergrund mit 59 und 50 Prozent, während 33 Prozent der Kinder an neu- rologischen Folgeschäden litten und 22 Prozent Hörgeräte benötigten. In einer großen Kohorte von Kindern, die mit Dosen von 35 bis 55 Gy bestrahlt wurden, beobachtete A. Gajjar(Mem- phis) bei sechs Prozent der Patienten das womöglich durch mikrovaskuläre Veränderungen bedingte Auftreten von Lakunen in der weißen Substanz der Hemisphären, die sich etwa zwei Jahre nach Radiatio manifestierten und meist multipel auftraten, wobei der mittlere Intelligenzquotient der betrof- fenen Kinder 70 betrug. Bei der Unter- suchung des Risikos für das Auftreten anderer Neoplasmen bei Patienten mit Hirntumoren war J. Propp(Chicago) zu dem Ergebnis gekommen, daß diese meist ein bis neun Jahre nach initialer Hirntumordiagnose auftraten, wobei das Risiko bei unter 20jährigen sechs- mal, bei Zustand nach Radiatio noch dreimal höher war als das der übrigen Bevölkerung. Es war außerdem größer für männliche Patienten sowie wenn der primäre Hirntumor ein Astrozy- tom, Medulloblastom oder Oligoden- drogliom gewesen war. Die neuropsy- chologischen Folgen der Hirntumor- therapie bei Kindern unter fünf Jahren analysierte A. Walter (Memphis). Es zeigte sich, daß diese durchschnittlich 2,6 IQ-Punkte pro Jahr verloren, nach Radiatio sogar 3,8 Punkte. PNET und höhergradige Gliome sowie dienzepha- le Tumoren hatten dabei den ungün- stigsten Verlauf. Dieser Punkt wurde durch die Daten von B. D. Moore (Houston) unterstützt: Bei Kindern un- ter drei Jahren fanden sich bei bestrahl- ten Patienten ein um 15 Punkte niedri- gerer Intelligenzquotient sowie eine Verschlechterung von Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Schulleistungen, möglicherweise als Resultat der Schä- digung von Bahnen in der weißen Sub- stanz.

Dr. med. Christian H. Rickert Institut für Neuropathologie Westfälische Wilhelms-Universität Domagkstraße 19 · 48129 Münster

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