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Archiv "Hausarztzentrierte Versorgung: Unterschrift unter Vertrag Nummer zwei" (13.11.2009)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 106

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Heft 46

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13. November 2009 A 2287 HAUSARZTZENTRIERTE VERSORGUNG

Unterschrift unter Vertrag Nummer zwei

Für die einzig richtige Antwort auf die Honorarprobleme halten Hausärzteverband und Medi-Verbund in Baden-Württemberg den Abschluss von Selektivverträgen.

In Stuttgart präsentierten sie nun einen zweiten Hausarztvertrag nach § 73 b SGB V.

S

eit dem 1. Oktober können sich Hausärzte sowie Kinder- und Jugendärzte in den neuen Ver- trag zur hausarztzentrierten Versor- gung (§ 73 b SGB V) zwischen dem Landesverband Baden-Württem- berg des Deutschen Hausärztever- bandes und dem Medi-Verbund sowie 56 Betriebskrankenkassen (BKKen) einschreiben. Die Versi- cherten können sich von Januar 2010 an dafür entscheiden. Start der Versorgung nach dem neuen Ver- trag ist der 1. April 2010. Damit ist nach dem AOK-Vertrag das zweite Abkommen in Baden-Württemberg unter Dach und Fach.

Selektivverträge sollen bald „andocken“

Der Vorsitzende des baden-würt- tembergischen Hausärzteverbands, Dr. med. Berthold Dietsche, ist überzeugt davon, dass sich bis Ende nächsten Jahres zwischen 70 und 80 Prozent der infrage kommenden circa 5 000 Hausärzte und 200 000 Versicherten eingetragen haben

werden. Bereits am ersten Tag, an dem die Anmeldeformulare im In- ternet veröffentlicht waren, hätten sich 1 500 Praxen zur Teilnahme angemeldet.

Der Vertragsabschluss sei nicht nur ein „Meilenstein in der Ent- wicklung der hausärztlichen Versor- gung“, so Dietsche, sondern die Ba- sis für das Andocken weiterer Mo- dule in Form von Selektivverträgen für Fachärzte nach § 73 c SGB V.

Der erste Facharztvertrag mit der AOK soll noch in diesem Jahr vom Medi-Verbund und dem Berufsver- band der Kardiologen unterzeichnet werden und am 1. Januar 2010 in Kraft treten (siehe Kasten).

Ohne 73-c-Verträge würden die 73-b-Verträge nicht erfolgreich sein, argumentiert der Medi-Vorsit- zende, Dr. med. Werner Baumgärt- ner. Im Medi-Verbund sind mehr Fachärzte als Hausärzte organisiert.

Auch für die Betriebskrankenkas- sen steht der Abschluss von 73- c-Verträgen als nächstes Ziel auf der Agenda. Bernhard Mohr, Vor-

stand der Bosch BKK, betonte in Stuttgart, dass dem 73-b-Vertrag jetzt weitere Verträge über besonde- re ambulante ärztliche und inte- grierte Versorgungsformen folgen müssten, in die auch die Kranken- häuser eingebunden seien.

Vertragsstruktur, Vergütungssys- tematik und Abrechnung des neuen BKK-Vertrags sind eng an den der AOK angelehnt. Feste Eurobeträge, weniger Bürokratie und höhere Planbarkeit werden von den teil- nehmenden Ärzten als wichtigste Vorteile geschätzt. Ein Unterschied besteht nach Angaben von Dietsche insofern, als im BKK-Vertrag mehr Wert auf Einzelleistungen gelegt wird, weshalb die Pauschalen etwas niedriger ausfallen.

Es gibt einmal im Jahr je einge- schriebenen Versicherten eine kon- taktunabhängige Pauschale (P1) in Höhe von 65 Euro. Die kontaktab- hängige Pauschale (P2) in Höhe von 40 Euro wird quartalsweise fällig. Für chronisch Kranke wird eine Pauschale (P3) über 30 Euro Nicht verwandt,

aber nun Vertrags- partner: Der Vorstand der Betriebskranken- kasse MH-plus, Win- fried Baumgärtner (links) und Medi-Chef Werner Baumgärtner mit dem Vorsitzenden des Hausärztever- bands Berthold Diet- sche

Foto: Klaus Schmidt

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13. November 2009 pro Quartal angesetzt. Zusätzlich

kann pro Quartal eine Vertreter- beziehungsweise Zielauftragspau- schale von 17,50 Euro abgerechnet werden.

Dazu kommen Zuschläge, etwa für Prävention, Einsatz der Versor- gungsassistentin in der Hausarzt- praxis (VERAH) oder preiswerte Arzneimittelverordnungen. Einzel- leistungen wie Besuche zu Unzei- ten oder kleine Chirurgie werden gesondert vergütet, ebenso die spre- chende Medizin. Der durchschnitt- liche Fallwert wird auf circa 80 Eu- ro geschätzt. Eine Fallzahlbegren- zung gebe es nicht, was vor allem für junge Praxen von Vorteil sei, sagt Baumgärtner. Eine neue Soft- ware müssen die Praxen zudem nicht anschaffen; sie können die Software des AOK-Vertrags nutzen.

Dietsche freut sich, dass mit dem Vertrag 56 von 100 baden-württem- bergischen Betriebskrankenkassen im Land ihre bisherige „Blockade- haltung“ aufgegeben hätten. Ledig- lich in Schleswig-Holstein gibt es einen ähnlichen Vertrag. Es gehe nicht nur ums Geld, betonte der Hausarzt-Vertreter, sondern um ei- ne neue Versorgungsstruktur mit ei- ner nachhaltigen Steuerung, die auch den Krankenkassen Vorteile bringe.

Als fahrlässig bezeichnete es der Medi-Vorsitzende Baumgärtner,

wenn Ärzte allein auf das Kollek- tivvertragssystem setzten. Für die niedergelassenen Ärzte seien drei Säulen wichtig: der Kollektivver- trag, der Selektivvertrag und die Kostenerstattung. Aus dem Selek- tivvertrag könnten sie jederzeit wieder aussteigen, da die Teilnah- me für Ärzte wie für Patienten frei- willig sei.

Der Vorstand der MH-plus-BKK, Winfried Baumgärtner, räumte ein, dass die Krankenkassen mit der hö- heren Vergütung der Hausärzte ein gewisses Risiko eingingen. Es sei ihnen aber wichtig, mit dem Selek- tivvertrag ein neues Element der Versorgung zu etablieren. Die Be- triebskrankenkassen bringen den Hausärzten als Organisatoren der Versorgung nach seinen Worten ein hohes Maß an Vertrauen entgegen.

Sie gingen davon aus, dass die Hausärzte die Versorgung optimier- ten und darauf achteten, Doppelbe- handlungen oder unnötige stationä- re Einweisungen zu vermeiden so- wie eine rationale Pharmakothera- pie zu betreiben.

Er sei überzeugt davon, dass sich der Vertragsabschluss rechne, versi- cherte auch Bosch-BKK-Vorstand Mohr. Zunächst würden zwar höhe- re Kosten entstehen, aber er glaube, dass sie sich schon nach neun Mo- naten ausgleichen würden. „Wer jetzt nicht einsteigt“, sagte Mohr,

„wird es schwer haben, die Fragen der Zusammenarbeit zum Vorteil aller Beteiligten zu lösen.“

Bereinigung: „Die Schlacht der Schlachten“

Dass es gleichwohl auch diejenigen schwer haben, die in Selektivverträ- ge eingestiegen sind, verdeutlichte Anfang November bei einer Veran- staltung des AOK-Bundesverbands Dr. Christopher Hermann, stellver- tretender Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg. „Das ist das größte Projekt, das die AOK je gefahren hat“, sagte er mit Blick auf den eigenen Hausarztvertrag nach

§ 73 b. Aber schon die Beteiligung des Vertragspartners Medi habe si - gnalisiert, „dass nicht bei 73 b stehen geblieben wird“, so Hermann.

Wenn man Selektivverträge nach

§ 73 c abschließt, dann müssen nach seiner Auffassung Abläufe und Zu- ständigkeiten klar definiert sein:

„Deswegen geht das alles nicht so schnell.“ Erschwerend kommt der Streit um eine korrekte Bereinigung des Gesamtbudgets hinzu. „Hier wird die Schlacht der Schlachten geschlagen“, kritisierte Hermann die KVen. „Wenn man den Fort- schritt blockieren will, muss man die Geldhähne blockieren.“

Aus Sicht des AOK-Vorstands gibt es jedoch für Krankenkassen keine Alternative mehr dazu, Selek- tivverträge abzuschließen. Ohne ei- ne vernünftige hausärztliche Basis werde man die Versorgungsproble- me nie lösen können, ist Hermann überzeugt. Für die angrenzenden Schnittstellen aber „brauchen Sie die Fachärzte“.

Nach Ansicht des Gesundheits- ökonomen Prof. Dr. Eberhard Wille braucht es noch mehr. Wille findet es richtig, dass Krankenkassen in Zukunft auch Strukturen steuern.

Verträge nach 73 c könnten in die- sem Zusammenhang zu einer besse- ren ambulanten Versorgung führen, nur: „Sektorenübergreifend ange- legt sind sie nicht.“ Damit seien sie wie vieles im System stark anbie- ter- und sektorenorientiert, nicht aber ein Beispiel für ein populati- ons- oder sektorenübergreifendes

Zukunftskonzept. ■

Klaus Schmidt, Sabine Rieser

„Die 73er-Verträge sind eine sanfte Form des Ausstiegs aus dem System der Kassenärztli- chen Vereinigungen“, erläuter- te der Medi-Verbund-Vorsit- zende, Dr. med. Werner Baum- gärtner, vor rund zwei Jahren.

Damals ergänzte er, man be- reite Angebote nach § 73 c SGB V vor – doch es dauerte.

In Baden-Württemberg wird jetzt erst ein 73-c-Vertrag über eine kardiologische Vollversor- gung unterzeichnet, der 2010 wirksam wird. Beteiligt sind Medi Baden-Württemberg, der Bundesverband der niederge-

lassenen Kardiologen und der Berufsverband niedergelasse- ner Fachinternisten ohne Schwerpunkt sowie die AOK Baden-Württemberg.

Ebenfalls zum Januar 2010 soll ein Modul über die gastro- enterologische Versorgung auf Basis eines 73-c-Vertrags in Kraft treten. Es ist bereits durch einen bis Ende 2009 befristeten Integrationsvertrag nach § 140 SGB V zwischen der AOK Baden-Württemberg, dem Medi-Verbund und dem Berufsverband niedergelasse- ner Gastroenterologen vorbe-

reitet worden. Teilnehmen kön- nen AOK-Versicherte, deren Hausarzt in das AOK-Hausarzt- programm eingeschrieben ist.

In Brandenburg hat die AOK bereits im Frühjahr einen Ver- trag nach § 73 c mit einer Ge- nossenschaft geschlossen, die mehr als 100 Augenärzte ver- tritt. Er umfasst die ambulan- ten Kataraktoperationen, Glas- körper- und netzhautchirurgi- sche Eingriffe. Gezahlt werden Komplexfallpauschalen. Um die Bereinigung des Gesamthono- rars ringen AOK und KV Bran- denburg noch.

§ 73 C: DIE ERSTEN VERTRÄGE

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