A434 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 10⏐⏐6. März 2009
A K T U E L L
Wegen der Honorarreform haben am Aschermittwoch Ärztinnen und Ärzte in vielen Städten Nordrhein- Westfalens gegen die Unterfinan- zierung in der ambulanten Versor- gung protestiert und ihre Praxen ge- schlossen. Die Freie Ärzteschaft hatte zum „gesundheitspolitischen Aschermittwoch“ nach Solingen eingeladen, zu dem nach Angaben der Veranstalter etwa 600 Ärzte ka- men. Der Hausärzteverband Westfa- len-Lippe zählte bei einer Kundge- bung in der Halle Münsterland rund
3 500 Teilnehmer. Der Verband der Ersatzkassen nannte die Protestak- tionen der Ärzte „unangemessen“.
Vertreter der ärztlichen Selbst- verwaltung forderten hingegen, die Unzufriedenheit der Ärzte ernst zu nehmen. Der Vorstand der Kas- senärztlichen Vereinigung Nord- rhein, Dr. med. Leonhard Hansen, bat die Bevölkerung um Verständnis für die Praxisschließungen. Der Protest der Ärzte sei auch im Inter- esse der Patienten. Dr. med. Theo- dor Windhorst, Präsident der Ärzte-
kammer Westfalen-Lippe, sagte eben- falls, es müsse den Ärzten erlaubt sein, ihren Unmut über die gefähr- dete Patientenversorgung auf diese Weise zu dokumentieren. BH
GENTHERAPIE GEGEN HIV IST PRINZIPIELL MÖGLICH
Eine Gentherapie kann Lymphozyten vor der Zerstörung durch HIV schützen und damit das Immunsystem stabilisieren. Das belegt die ers- te randomisierte, doppelblinde und placebo- kontrollierte Studie zur Gentherapie von HIV- infizierten Patienten (Nature Medicine 2009;
doi:10.1038/nm.1932).
Bei den 74 Studienteilnehmern wurden zunächst hämatopoetische Progenitorzellen isoliert (CD34-positive Zellen). In die Vorläufer- zellen der Verumgruppe übertrugen die For- scher das therapeutische Gen: Es codiert für das Ribozym OZ1. Ribozyme können Nukle- insäuren spalten und dadurch inaktivieren. In diesem Fall zerstörte OZ1 das tat-Gen des HI- Virus, das für die Virusreplikation in den CD4- Zellen benötigt wird. Nach der Gentherapie oder der Scheinbehandlung wurden die CD34- Zellen den HIV-Infizierten reinfundiert. Das Ziel:
Die aus den behandelten Progenitorzellen ent- standenen CD4-positiven Zellen sollen wider- standsfähig gegen HIV sein, sodass die Inte- grität des Immunsystems erhalten bleibt. Die- ses Ziel scheint erreicht worden zu sein – wenn auch mit zeitlicher Verzögerung.
Absinken der Viruslast
In den ersten Monaten hatte die Gentherapie keine Effekte auf den Verlauf der HIV-Therapie, wie Ronald Mitsuyasu vom Aids Institute der Universität von Kalifornien in Los Angeles/USA und Mitarbeiter berichten. Die Konzentrationen der HI-Viren im Blut waren – gemessen an ei- ner temporären Unterbrechung der antiretrovi- ralen Therapie – nicht niedriger als im Placebo- Arm. Erst zwischen der 40. und 100. Woche sank die Viruslast signifkant. Die Zahl der CD4- Zellen war im Gentherapie-Arm jedoch wäh-
rend der 100 Wochen Laufzeit der Studie höher als im Placebo-Arm. Spezifische Nebenwirkun- gen der Gentherapie habe es nicht gegeben, berichten die Autoren. Für eine klinische An- wendung seien die Effekte allerdings viel zu gering.
Für Prof. Dr. med. Dorothee von Laer vom Georg-Speyer-Haus in Frankfurt am Main liegt denn auch die Bedeutung der Studie vor allem im „Nachweis für die Machbarkeit einer Gentherapie gegen HIV durch eine randomi- sierte Untersuchung“. Gegenüber dem Deut- schen Ärzteblatt sagte von Laer: „Das unter- stützt die weitere Forschung.“ Angesichts her- vorragender Medikamente sei eine Genthera- pie im Prinzip bei Patienten sinnvoll, die nicht mehr auf Medikamente ansprächen, diese nicht vertrügen oder noch unbehandelt seien, aber bald eine Therapie benötigten. rme/nsi Die verstärkten Qualitätsprüfungen
von Heimen und ambulanten Pfle- gediensten könnten zu enormen Zusatzkosten führen. Davor hat der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) gewarnt.
Hochgerechnet auf alle 22 500 Pfle- geeinrichtungen sei mit Mehrkosten von 81 Millionen Euro zu rechnen.
Qualitätssicherung sei eine wich- tige Aufgabe, sagte bpa-Präsident Bernd Meurer. Die Kostensätze des
Medizinischen Dienstes der Kran- kenkassen (MDK) seien aber nicht nachvollziebar. Die Prüfung einer Einrichtung werde in der Regel über zwei Tage und von zwei Mitarbei- tern vorgenommen. Die Vergütung liege bei insgesamt 3 600 Euro.
Der Geschäftsführer des Medi- zinischen Dienstes des Spitzenver- bandes Bund der Krankenkassen, Dr. Peter Pick, wies die Kritik zu- rück. Dem vom MDK veranschlag-
te Tagessatz von 900 Euro liege eine Vollkostenrechnung zugrunde. Er beinhalte neben der Vergütung für den Prüfer unter anderem auch Verwaltungskosten. Verglichen mit anderen Zertifizierungen sei der MDK günstig.
Nach der Pflegereform sollen al- le Heime bis Ende 2010 mindestens einmal vom MDK geprüft worden sein. Im Anschluss sind dann jährli- che Kontrollen vorgesehen. BH HONORARE
Protestaktionen in Nordrhein-Westfalen
Foto:dpa
PFLEGEQUALITÄT