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Archiv "Vermeidbare Krankheiten — Anregungen zur Kostendämpfung" (17.06.1976)

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Academic year: 2022

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Die Kostenexplosion im Krank- heitssektor, die Zunahme der Zivili- sationskrankheiten und der sich anbahnende Rückgang der Le- benserwartung sind Folgen von Fehlentwicklungen und Versäum- nissen seit Jahrzehnten in der Ge- sundheits- und Umweltpolitik. Si- cher sind sie Vorboten einer Um- weltkatastrophe. Das dürfte .den meisten verantwortlichen Politi- kern auch klar sein. Sie wissen auch, wo wirksame Hebel ange- setzt werden könnten, aber die we- nigsten finden den Mut, mit Rück- sicht auf die Wähler und mächtige Interessengruppen das Notwendige vorzuschlagen und zu erproben.

Denn je länger man wartet, um so schmerzhafter werden die Eingrif- fe, die dann notwendig werden.

Und so unterbleibt eben das Not- wendige, wie wir es seit Jahren in Sachen Inflation und Umweltschutz erleben.

Dennoch möchte ich als vorwie- gend präventiv arbeitender Allge-

FORUM

meinarzt folgende Gesichtspunkte zu diesem Thema zur Diskussion stellen: Die Forschungen der letz- ten Jahrzehnte beweisen klar, daß wir z. B. gegen eine vollentwickelte Arteriosklerose fast nichts mehr, bei rechtzeitiger Ausschaltung ent- sprechender, erkannter Risikofak- toren fast alles erreichen können.

Die Fahndung nach solchen ist recht einfach. Dasselbe gilt für vie- le andere Zivilisationskrankheiten wie Karies, Leberzirrhose, Diabe- tes, Gicht, Fettsucht, die meisten rheumatischen Erkrankungen, Ma- gengeschwüre, Raucherbeine, Lun- genkrebs u. a. Fehlernährung, Be- wegungsmangel, Disstreß, Zigaret- ten-, Alkohol- und Medikamenten- mißbrauch erzeugen mehr Elend als nötig und uferlose, vermeidbare Kosten.

Wenn ich durch Vermeiden erkann- ter Risikofaktoren bestimmte Krankheiten verhüten oder verzö- gern kann und ich diese Chance nicht wahrnehme, dann kann ich Medizinstudium

Selbständigkeit über die Ausbil- dung der Fähigkeit selbständigen Arbeitens.

Nun ist Multiple choice durchaus nicht unvermeidlich. Zentrale schriftliche Prüfungen mit hohem Objektivitätsgrad werden in sach- gerechter Form auf Landesebene etwa im juristischen Staatsexamen durchgeführt. Allerdings mit we- sentlich höherem Aufwand, als für ein standardisiertes Multiple choice benötigt wird. Man darf vermuten, daß das Lob, welches von bürokra- tischer Seite dem Multiple choice bis heute gespendet wird, in den geringen Kosten dieses Verfahrens seine Ursache hat. Die Kosten ei- nes zentralen Verfahrens in erträg- lichen Grenzen zu halten geht, so scheint es, nicht ohne EDV. EDV aber ist angewiesen auf kumulier- bare Daten. Diese zu liefern ist die Aufgabe des Multiple choice. Lei- der wird das Multiple choice we- gen seines personalsparenden Ef- fekts auch bei fachbereichsinter- nen Prüfungen immer beliebter.

Daß diese Unsitte, größere Studen- tenzahlen via Multiple choice auf billige Weise zu „betreuen", dort keine Verbreitung fände, wo dies gesetzlich nicht vorgeschrieben ist, nämlich bei den Erfolgskontrollen der Praktika, bleibt dringend zu wünschen. Denn praktische Befähi- gung per Multiple choice bestäti- gen zu wollen bleibt ein Unfug, gleichgültig, ob es sich um die Dia- gnose eines Herzfehlers oder um das Verständnis des technischen Arrangements eines Experiments handelt.

Die mündliche Prüfung, das prakti- sche Testat, haben hier nicht nur den Vorzug größerer Sachgerech- tigkeit. Der mündliche Dialog hat darüber hinaus den Vorteil, daß die individuelle Grenze des Wissens ins Licht rückt, daß auf persönliche Schwächen hingewiesen werden kann, daß der Student etwas lernt.

Anschriften der Verfasser:

Eckard Daser

Saarstraße 30, 6500 Mainz Anette Pohl

Friedrichstraße 19, 6500 Mainz

Vermeidbare Krankheiten Anregungen

zur Kostendämpfung

Johannes von Mengershausen

Die fast unerschöpflichen Vorschläge zur Bekämpfung der Kosten- expansion im Gesundheitswesen bleiben zumeist im Kurieren von Symptomen stecken. Die Bekämpfung des Kostenproblems auf lan- ge Sicht erfordert indes eine Erforschung und Klarlegung der Krankheitsursachen. Zivilisationskrankheiten und gesundheitsge- fährdende Verhaltensweisen nehmen in den Entstehungsbedingun- gen der Krankheiten nach heutigen Erkenntnissen einen wichtigen Platz ein. Der Verfasser gibt einige „Denkanstöße", wie aus seiner Sicht dem Kostenproblem beizukommen ist. Der Beitrag ergänzt den Artikel von Dr. Max-Otto Bruker über „Die Kostenexpansion im Krankheitswesen und die eigentlichen Ursachen" (DEUTSCHES ÄRZTEBLATT, Heft 16/1976, Seite 1111).

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Heft 25 vom 17. Juni 1976 1691

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Spektrum der Woche Aufsätze - Notizen

Anregungen zur Kostendämpfung

auch für die Folgekosten die Versi- chertengemeinschaft gerechterwei- se nicht in Anspruch nehmen. Das durch unsere „Vollkaskoversiche- rung" weitgehend verlorene Selbst- verantwortungsgefühl kann durch Aufklärung allein nicht wiederge- wonnen werden, sondern nur bei gleichzeitiger Kenntnis der Krank- heitskosten und preisgerechter Selbstbeteiligung an ihnen unter vernünftiger Berücksichtigung von Härtefällen. Bei der Autohaftpflicht in der Krankenversicherung der Bundesbahnbeamten und in der französischen Krankenversicherung mit Rückerstattung hat sich das bestens bewährt. Wir beobachten ja auch, daß Selbstzahler unsere Gesundheitsratschläge wesentlich konsequenter durchführen als die meisten Pflichtversicherten. Aus den Fehlern in England und Schweden sollten wir lernen.

Wie ist es z. B. möglich, sich in dem teuren Amerika für einen Bruchteil unserer Versicherungs- beiträge gegen Krankheit gut zu versichern?

Verursacherprinzip in der Krankenversicherung anwenden Im Umweltschutz wird das Verursa- cherprinzip anerkannt und prakti- ziert; warum nicht auf dem Krank- heitssektor? Seit Jahrzehnten wird bei uns die Steuer zur Verbrauchs- lenkung benutzt. Warum ziehen wir diese nicht zur Kostendeckung heran für Schäden an der Volksge- sundheit, welche auf das Konto der Zigaretten- und Alkoholindustrie gehen, auf Zucker und Süßigkeiten und Weißmehl sowie auf Nah- rungsmittel, die mit Pestiziden, An- tibiotika, Hormonen und anderen gefährlichen Zusätzen angereichert auf den Markt kommen? Ebenso müßte auch mit anderen Umwelt- sündern verfahren werden.

Hier könnte eine „Krankheitssteu- er" im Verhältnis der Schadwir- kung der betreffenden Produkte er- hoben werden mit gezieltem Ein- satz zur Deckung der entstandenen Krankheitskosten und zur Finanzie- rung laufender Gesundheitsaufklä- rung in allen geeigneten Medien.

Warum dulden wir eigentlich im- mer noch die skrupellose Alkohol- und Zigarettenreklame, wenn wir wissen, daß letztere sich zur Auf- klärung über Rauchergefährdung verhält wie 8000 zu 1? Natürlich müßte dann auch die kostenlose Schleichwerbung durch unsere Prominenz vor dem Fernsehschirm mit der Zigarette in der Hand auf- hören.

Solche Überlegungen erscheinen bei den heutigen Machtverhältnis- sen utopisch und undurchführbar.

Sind sie es wirklich, wenn sie ver- nünftig geplant und unter Vermei- dung von Härtefällen durchgeführt werden? Eine Menschheit, die zum Mond fliegt, kann vieles, wenn sie nur will. Wir sind es doch selbst, welche die heutigen Probleme mit- verursacht haben. Ist es wirklich zu spät, Fehlentwicklungen zu korri- gieren, sich neuen Notwendigkei- ten anzupassen und alte Tabus aufzugeben? Und was geschieht, wenn wir das nicht tun? Diese Denkanstöße entspringen 40jähri- ger Erfahrung mit praktischer Prä- ventivmedizin, welche mich hoffen läßt. Vielleicht können sie als Ent- scheidungshilfe für die Gesetzge- ber dienen.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med.

Johannes von Mengershausen Klinik für Naturheilverfahren 8163 Bayrischzell-Tannerhof

ZITAT

Entpolitisierung der Sozialversicherung

„Die Eindämmung der Ko- stenexplosion wird nur ge- lingen, wenn die Sozialversi- cherung entpolitisiert und in die Ordnungspolitik einbezo- gen wird."

Professor Dr. Herder-Dorn- eich, Ordinarius für Sozial- politik an der Universität Köln, auf einer Veranstaltung des Arbeitgeberverbandes der Metallindustrie in Köln.

BRIEFE AN DIE REDAKTION

FAMILIENPOLITIK

Zu dem Artikel: „Ordnung im eigenen Haus" von Drs. Ferdinand und Dietrich Oeter in den Heften 10 und 11/1976:

Ausgleichsabgabe für Kinderlose

Den Anmerkungen zur gegenwärti- gen Wirtschafts- und Finanzkrise

„Ordnung im eigenen Haus" von Ferdinand Oeter und Dietrich Oe- ter kann man nur zustimmen. Sie berühren die Zukunft unseres Vol- kes und auch aller Industrienatio- nen... Für jeden aus dem Erwerbs- leben Ausscheidenden muß eine junge Arbeitskraft nachrücken, sonst nutzt die juristisch noch so gut abgesicherte Altersversiche- rung nichts. Der Gesamtkomplex der Altersversorgung darf nicht mehr außerhalb einer exakten Kosten-/Nutzungsrechnung be- handelt werden. Zur Sicherung dieses Systems müßten dann dieje- nigen, die keine eigenen Kinder haben, durch eine Ausgleichsabga- be beitragen, die kontenmäßig ver- bucht nach der Geburt des 1. Kin- des zur Hälfte, nach der Geburt des 2. Kindes ganz zurückgezahlt wird.

Das von einer Arbeitsgemeinschaft zur Förderung der Mutter-Kind-Bin- dung in Trier geforderte „Mutter- Entgelt" (A. Z. Mainz vom 30. April 1975) in Höhe von etwa 200 DM für Mütter mit Kindern unter 3 Jahren wäre immer •noch besser als der jetzige Zustand, aber die von den beiden Autoren F. und D. Oeter vorgeschlagene „Ausgleichsabga- be" hat den Vorteil, daß hier gleich Wege zur Aufbringung der Mittel angegeben sind. Jeder, der an ei- ner gesicherten Altersversorgung teilnehmen will, wird zu einer Fami- lienbesteuerung herangezogen. Die Motivation zur Geburt eines Kindes bleibt bei jedem einzelnen, aber er braucht im Falle der Geburt eines Kindes nicht mehr so große finan- zielle Einbußen und oft auch eine soziale Schlechterstellung hinzu- nehmen. Der Erwerbstätige, der keine Kinder hat, muß die Gewiß- heit haben, daß in seinen alten Ta-

1694 Heft 25 vom 17.Juni 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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