Leserdienst
Hinweise •Anregungen Rentenversicherung
Prozent unterstellt. Bundesarbeits- minister Arendt hat sich jahrelang dagegen gesträubt, Alternativrech- nungen vorzulegen.
Nun hat Arendt aber entsprechen- den Wünschen des Sozialbeirates und des Bundesrates plötzlich Rechnung getragen. Statt der er- warteten zwei oder drei ,Modell- rechnungen präsentierte der Ar- beitsminister aber gleich 15 Modell- rechnungen.
Diskussion über
Beitragserhöhungen soll im Wahljahr vermieden werden Dabei fällt auf, daß auf die reali- tätsbezogeneren Annahmen der mittelfristigen Wirtschaftsprojek- tion verzichtet wird. Eigene Be- rechnungen des Sozialbeirates las- sen die Motive des Ministers für den überraschenden Wechsel des Berechnungsverfahrens erkennen.
Eine Modellrechnung nach dem bisherigen Verfahren hätte für die Rentenversicherung schon 1978 deutlich ein Defizit ans Licht ge- bracht und damit Arendt schon jetzt verpflichtet, einen Vorschlag zur Beitragserhöhung dem Parla- ment vorzulegen. Das hat der Ar- beitsminister mit Blick auf den Wahltermin im Herbst 1976 vermei- den wollen. Da von den 15 Varian- ten seiner Rechnung immerhin vier den Verzicht auf eine Beitragserhö- hung möglich erscheinen lassen, glaubt Arendt wohl, sich der Dis- kussion über die Beitragshöhe vor- erst entziehen zu können.
In seinen Rechnungen werden fol- gende Annahmen für die nächsten fünfzehn Jahre miteinander kombi- niert: Arbeitslosenquote 2,5 Pro- zent, 2 Prozent, 1,5 Prozent; jährli- che Lohnsteigerungen 6, 7, 8, 9 und 10 Prozent. Aus den Modell- rechnungen lassen sich folgende Schlüsse ziehen:
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Ausschlaggebend für die Ent- wicklung der Rentenfinanzen sind die jährlichen Einkommenssteige- rungen der Erwerbstätigen; dieHöhe der Arbeitslosigkeit ist von geringerer Bedeutung. Steigen die Löhne jährlich um 6 Prozent, so wird die Mindestrücklage bereits 1978 unterschritten, und zwar selbst bei der relativ günstigen Ar- beitslosenquote von 1,5 Prozent.
Bei einer jährlichen Einkommens- steigerung von 7 Prozent reicht die Rücklage 1979 nicht mehr aus. Be- trägt die jährliche Zuwachsrate 8 Prozent, so wird die Mindestrückla- ge 1980 unterschritten.
Erst wenn die Löhne jährlich um 9 Prozent steigen und die Arbeitslo- senquote unter zwei Prozent liegt, ergäbe sich eine positive Bilanz.
Mittelfristig ist eine so günstige Ar- beitslosenquote nicht zu erreichen;
selbst auf lange Sicht wird heute eine Arbeitslosenquote von immer- hin 2,5 Prozent als optimal ange- sehen.
Lohnsteigerungen von 9 oder mehr Prozent passen weder kurz- noch langfristig zur Wirtschaftspolitik der Bundesregierung, die darauf abzielt, die Lohnquote zu senken, um Anreiz zum Investieren zu schaffen.
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Bei Lohnsteigerungen von 6 Prozent jährlich müßten die Ren- tenbeiträge 1978 um zwei Prozent- punkte erhöht werden. Bei 7 Pro- zent Einkommenszuwachs reichte eine Beitragsanhebung um 1,7 Pro- zentpunkte von 1979 an aus. Bei 8 Prozent Zuwachsrate wäre immer noch eine Beitragserhöhung um ei- nen Prozentpunkt von 1980 an fäl- lig.0
Die Rechnungen des Arbeitsmi- nisters sind mit hohen Risiken be- lastet. So ist darin bereits berück- sichtigt, daß die Krankenkassen der Rentenversicherung die wach- sende Last der Krankenversiche- rung der Rentner abnehmen sol- len.Der entsprechende Gesetzentwurf der Bundesregierung hat aber we- nig Chancen, fristgerecht und in der vorliegenden Fassung verab- schiedet zu werden. Hier geht es um Milliardenbeträge. Auch wird in
den Rechnungen des Ministers un- terstellt, daß der Bund seine stän- dig wachsenden Zuschüsse — 22 Milliarden Mark im Jahre 1976 — zahlen und die früher gestunde- ten Milliardenbeträge nachzahlen kann. Das erscheint bei der heuti- gen Finanzlage des Bundes als au- ßerordentlich unwahrscheinlich.
Fazit: Die Finanzierung der dyna- mischen Rente wäre mittelfristig und langfristig nur dann als gesi- chert anzusehen, wenn Löhne und Gehälter Jahr für Jahr um wenig- stens 10 Prozent steigen. Damit kann niemand rechnen, und es wäre nicht einmal wünschenswert;
die Inflationierung würde auf 15 Jahre programmiert. wst
Widerrufsrecht auch bei
Bargeschäften
Die Mitglieder des Arbeitskreises
„Gut beraten — zu Hause gekauft"
haben beschlossen, vom 1. Januar 1976 an ihren Kunden bei Barge- schäften das gleiche Widerrufs- recht wie bei Abzahlungsgeschäf- ten zu gewähren. Damit bekommt der Käufer die Möglichkeit, beim Kauf in der Wohnung jeden Ver- tragsabschluß innerhalb einer Wo- che ohne Angabe von Gründen zu widerrufen. Der Beschluß sieht vor, daß das Widerrufsrecht, wie auch im Abzahlungsgesetz geregelt, durch ein Rückgaberecht ersetzt werden kann. Die 16 Mitgliedsfir- men des Arbeitskreises hatten im letzten Jahr 1,6 Milliarden DM Um- satz. Sie repräsentieren rund 70 Prozent des klassischen Vertreter- versandhandels. VD
Bauspar-Rendite beachten
Mit der Sparförderung geht es bergab. Für das Kalenderjahr 1975 wurde sie eingeschränkt durch Einführung der Nettoeinkommens- Höchstgrenze von 24 000/48 000 DM für Ledige/Verheiratete und
228 Heft 4 vom 22. Januar 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Leserdienst
Hinweise •Anregungen
REISE
Grüner Tee am Skilift
Wenn die Taifune über dem Süd- chinesischen Meer toben und die Monsune über den Äquator we- hen, wälzen Stürme aus der endlo- sen Weite Sibiriens Wolken über das Japanische Meer, die sich dann über dem Land der aufgehen- den Sonne entladen. Es schneit oft tagelang, und doppelt und dreifach schneit es auf der Nordinsel Hok- kaido, die als eines der schneesi- chersten Gebiete der Erde gilt.
Zehn Millionen Japaner schwär- men jährlich von Dezember bis April in diese winterliche Bergwelt
— zehn Millionen Skiläufer (bei ei- ner Gesamtbevölkerung von 100 Millionen). Bataillone skibewehrter Menschen füllen in Tokio schon vor Morgendämmerung Züge, Flug- zeuge, Busse und Skiautos, glei- ches auch in Nagoya, Osaka, Kobe: Skilauf in Japan ist nicht nur ein fröhlicher, erholsamer Sport, man faßt das Skilaufen auch als
„serious business" auf, wie sich ein Liftmanager in Naeba aus- drückte.
Japans erster Skilift wurde von der US-Armee nach Kriegsende bei Moiwa/Sapporo in die Schneeland- schaft gestellt; insgesamt notiert man heute rund 200 Skiplätze, die meisten allerdings nur mit kleine- ren Anlagen ausgerüstet, zehn Sta- tionen weisen die Größenordnung alpenländischer Wintersportstatio- nen auf.
Der Begriff „Skilauf in Japan" er- weckt automatisch die Vorstellung von Sapporo, das durch die Olym- pischen Winterspiele 1972 zu Ja- pans bekanntester Wintersportre- gion wurde. Das 1871 erbaute Sap- poro ist die Hauptstadt Hokkaidos, jener Insel, die noch in den fünfzi- ger Jahren als fast unbekannt galt, aber mit ihren Vulkanen, Seen, Wäldern, Schluchten und Parks von großartiger landschaftli-
cher Schönheit ist. Japanische Städte führen ihren Ursprung zum Teil in vorchristliche Zeiten zurück
— so gesehen, ist Sapporo eine Stadt ohne Tradition, modern in der Anlage, ohne die für Japan charakteristischen Tempel und Gärten. Dagegen beleben während des „Schnee-Festivals" im Januar Dutzende von überdimensionalen, in Eis gemeißelten Buddhas und genauso japanische Heldenfiguren den die Stadt buchstäblich in zwei Teile spaltenden Odori-Boulevard.
Sapporo ist eine Stadt zwischen Küste und Bergen. In 40 Autominu- ten erreicht man das Skigebiet Mount Teine. Dort fällt zunächst eine Kuriosität ins Auge: Tausende von gelben Gummistiefeln tippeln, ameisengleich aufgereiht, emsig bergwärts, darüber unförmige Rucksäcke mit kreuz und quer ra- genden Skiern. Und man bestaunt die Übungshänge am Fuß des Ber- ges: ein Betrieb, so hektisch wie auf Tokios Ginza, ein ganzer Schock von Lifts, man kurvt und stemmt in einem Zug, bienenflei- ßig, bis in die späte Nacht bei Flut- licht.
Mount Teine zählt mit 16 Aufzügen neben Zao, Shiga Heights und Na- eba zu den größten japanischen Skigebieten, an Wochenenden ver- sammeln sich hier bis zu 10 000 Skiläufer. Teines Abfahrten waren Schauplatz der olympischen Sla- lom- und Riesenslalom-Wettbewer- be — obwohl es nicht unbedingt olympischer Qualitäten bedarf, um hier mit Anstand zu bestehen. Die Pisten winden sich in breit ausge- schlagenen Schneisen durch Bir- kenwäldchen mittlerer Neigung, auf diesen mit fernöstlicher Präzi- sion gepflegten Abfahrten fährt und fällt das Skivolk der Japaner bunt durcheinander. Mit ungeheuerer Geduld, fast schon an Fanatismus Wirtschaft
durch Prämiensenkung auf 20 Pro- zent für Sparverträge und 23 Pro- zent für das Bausparen (jeweils plus zwei Prozent je Kind). Schon durch die Einkommensgrenze sind viele Sparer ausgeschieden. Wenn die Prämien 1976 weiter gesenkt werden (15 Prozent waren bei Re- daktionsschluß im Gespräch, aber noch nicht beschlossen), könnte beim Bausparen für noch nicht Bauwillige die Anlagerendite all- mählich uninteressant werden, denn der ohnehin geringe Haben- zins von zumeist drei Prozent wird nicht durch entsprechende Prä- mienvorteile kompensiert (die Prä- mie muß ja auf die ganze Laufzeit des jährlich eingezahlten Kapital- anteils umgelegt werden). Man sollte sich im individuellen Fall die Rendite berechnen lassen. Als Alternative bieten sich Spar(kas- sen)obligationen oder Investment- konten an, die beide so lange, wie der Staat Prämien zahlt, auch als Wertpapiersparvertrag noch prä- mienbegünstigt angelegt werden können. gk
Tagegeld ohne
„Aussteuerung"
Die Deutsche Kranken-Versiche- rung (DKV) bietet seit kurzem neue, verbesserte Krankentagegeldtarife für Selbständige und Arbeitnehmer an. Die bisher übliche Leistungs- begrenzung auf ein oder zwei Jah- re entfällt bei diesen Tarifen. Das je nach Tarif vereinbarte Tage- geld wird für die gesamte Dauer der Arbeitsunfähigkeit gezahlt. Die Höhe des Krankentagegeldes kann der Einkommensentwicklung des Versicherten angepaßt werden;
dies ermöglicht eine entsprechen- de Gleitklausel.
Die Umstellung der bisherigen Ta- rife mit zeitlicher Leistungsbegren- zung auf die neuen Tarife ist mög- lich. Bereits über 400 000 Personen sind bei der DKV gegen Verdienst- ausfall versichert" das sind rund 40 Prozent aller in der privaten Krankenversicherung abgeschlos- senen Krankentagegeldversicherun-
gen. WZ
Streifzug durch japanische Wintersportgebiete
230 Heft 4 vom 22. Januar 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT