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Lob des Andersseins

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Academic year: 2022

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(1)Lob des Andersseins. Autor(en):. Tansi, Sony Labou. Objekttyp:. Article. Zeitschrift:. Actio humana : das Abenteuer, Mensch zu sein. Band (Jahr): 100 (1991) Heft 2. PDF erstellt am:. 30.01.2022. Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-553852. Nutzungsbedingungen Die ETH-Bibliothek ist Anbieterin der digitalisierten Zeitschriften. Sie besitzt keine Urheberrechte an den Inhalten der Zeitschriften. Die Rechte liegen in der Regel bei den Herausgebern. Die auf der Plattform e-periodica veröffentlichten Dokumente stehen für nicht-kommerzielle Zwecke in Lehre und Forschung sowie für die private Nutzung frei zur Verfügung. Einzelne Dateien oder Ausdrucke aus diesem Angebot können zusammen mit diesen Nutzungsbedingungen und den korrekten Herkunftsbezeichnungen weitergegeben werden. Das Veröffentlichen von Bildern in Print- und Online-Publikationen ist nur mit vorheriger Genehmigung der Rechteinhaber erlaubt. Die systematische Speicherung von Teilen des elektronischen Angebots auf anderen Servern bedarf ebenfalls des schriftlichen Einverständnisses der Rechteinhaber. Haftungsausschluss Alle Angaben erfolgen ohne Gewähr für Vollständigkeit oder Richtigkeit. Es wird keine Haftung übernommen für Schäden durch die Verwendung von Informationen aus diesem Online-Angebot oder durch das Fehlen von Informationen. Dies gilt auch für Inhalte Dritter, die über dieses Angebot zugänglich sind.. Ein Dienst der ETH-Bibliothek ETH Zürich, Rämistrasse 101, 8092 Zürich, Schweiz, www.library.ethz.ch http://www.e-periodica.ch.

(2) OB DES ANDERSSEINS ESSAY. fAwer ZA.voy. 7s7. Y/Y. A/w//rac7/e, Y/Y So/zy L/zYow 7a«j/ ö//.y ÄY/zgo-7?razzöv/7/e am 70. /////z/ar 7997 fl« Yer Fro//-. /z«//g Yer 700-/a//rTY/Yr Yer F/Yge«osse/zsc/za/i' z>z SeY/z/zo/za /zzz/Ze« WO///C. Kor Yem /V7/7cro////o« /egZe er Yc/v Afß/zzzsÄrz/zZ. Yme/Ye. z/zzY. reYe/e. /rzYc/z vo/z Yer LeYer weg. 7)er Yi/äTzz/ge NY/zrz/Z-. 57e//er z/zzY Feg/Asez/r gz/Z «Ts. Wir leben heute in einer Welt, die systematisch vesucht, derZeit Zeit zu stehlen. Sie versucht auch, dem Menschen den Menschen zu stehlen und der Vernunft die Vernunft. Wie soll ich das erklären? «Schweizer? Weshalb denn Schweizer?» rief Antoine - er kommt in einem meiner Theaterstücke vor - aus, als er lernte, wie man zu einem verunsicherten Volk spricht. «Niemand kann besser Erklärungen lesen als ein Schweizer», antwortete ihm der Italiener Ritoroni. Darauf geriet der Landesvater Antoine, ein schwarzer Mestize französischer Herkunft, in Zorn und rief wie von Sinnen: «Keine Schweizer in meiner Politik! Behalte sie für Deine Frau und Deine. Kinder!» Ich versuche, mit dieser Anekdote zu zeigen, dass die Dichter, die Erschaffer von Hoffnung und Verrücktheit, ausser der Poesie über kein anderes funkelndes Werkzeug verfügen. Ich darf indessen nicht vergessen, dass man mich in die Schweiz eingeladen hat, um zu Schweizern über die Schweiz und die Schweizer zu sprechen. Und dass ich also nicht über das Privileg verfüge, ohne Schwierigkeiten ins Laboratorium des Benehmens einzudringen, wie man das einer Theaterfigur zugesteht. Nun, was soll ich Ihnen denn sagen, meine Freunde? Ein Gast sieht sich immer den. Qualen der Höflichkeit und den Traumen der diplomatischen Rituale ausgesetzt. Er muss sich den Geboten des Respekts und der Zurückhaltung unterziehen - es sei denn, es handle sich um eine gefestigte Freundschaft. In diesem Fall ist es erlaubt, die herkömmliehen Auflagen in Verpflichtungen zur Ehrlichkeit umzuwandeln. Sämtliche Höflichkeiten der Lüge verwandeln sich in den Wunsch, das zu sagen, was man auf dem Herzen hat. Ich habe wirklich zu viele Freunde in der Schweiz, um hier höflich und diplomatisch zu sein. Ich spreche also in aller Freundschaft zu Ihnen, ich mische mich ohne Hemmungen ein, und ich übe mich selbstverständlich ohne Arroganz und ohne Anmassung - in keiner Weise in Neutralität. Dieses Land, Ihr Land, ist ohne Zweifel ein grosses Land, vorausgesetzt man nimmt es so, wie es ist, mit all seinem Bewussten und Unbewussten. Ich fühle mich verpflichtet, Sie daran zu erinnern, dass wir in derselben Welt leben. Einer kranken Welt, wie etliche glauben, einer reichen und blühenden Welt, wie andere denken. Ich fühle mich der Freundschaft zu diesem Land verpflichtet. Ich muss mich deshalb nicht der Tricks des gemässigten Tons bedienen. Die Kongolesen hören schon im Mutterleib von den Schweizern reden. Sie hören Gutes und Böses, sie hören von Uhren, von Schokolade, von Messern, von Kreuzen, von Kantonen, von Geld, von gewaschenem Geld. Sie können sich vorstellen, was für einen Salat das von Afrika aus gesehen ergibt. Trotzdem befinden wir, Sie und wir, uns auf einem Weg, auf dem sich ein allen Menschen gemeinsames übergreifendes Schicksal abzuzeichnen beginnt. Die kulturelle Öffnung, die einige naiv Dialog der Kulturen nennen, und die ich ebenso naiv als Dialog der Unterschiede bezeichne, fügt sich in dieselbe Logik ein wie das absehbare weltweite, dem ganzen Stamm der Menschen vorbehaltene Schicksal. Die Welt wird immer mehr zum riesigen Dorf, in dem sich Angst und Hoffnung um das Beste im Menschen streiten. Der Zweite Weltkrieg ist soeben in Deutschland und in der sowjetischen Gorbatschewei zu Ende gegangen. Wir haben den dritten begönnen. Er wird eine pikante Angelegenheit sein, handelt es sich doch um den ersten Krieg der Welten. Wir wollten schneller als die Geschichte und die Zeit sein und haben so die besten Rendezvous verpasst, die uns Zeit und Geschichte gewährten. Wir haben überall Wegwerfkulturen errichtet und ver-.

(3) leugnen unbarmherzig unsere Unterschiede.. entfernt und nicht auf der Höhe der vornehmen Anforderungen der Zeit. Im Osten und in den ehemaligen kommunistischen Ländern ist etwas zusammengebroKranken, Obdachlosen, Verzweifelten, Aus- chen. Es ist noch zu früh, um zu sagen was. gestossenen und Hungernden haben Die kapitalistische Komödie wird uns noch Die Vernunft, die Einbildungskraft, sogar während einiger Dutzend Jahre erheitern. die Intelligenz werden von der Arroganz und Ihr Ende wird insofern ehrbar sein, als die der Allmacht der Vermarktung der menschWegwerfkultur selbst unweigerlich wegwerfliehen Beziehungen niedergewalzt. Unsere barwird. Was könnte sie tun, damit der ArchiZukunft ist in der Diktatur der Rentabilität pel der Reichen nicht in den Krieg gegen den gefangen. Kontinent der Verarmten eintritt? Dass die In einer Welt, die so klein wird, müssten drin- Revolte nicht jene Menschen in ihren Bann gend neue Regeln für das Weltspiel geschafzieht, die dazu verurteilt sind, die von den fen, müsste der Rechtsbegriff mit Hilfe aller Reichen inszenierte Verschwendung zu Instrumente der Solidarität und unserer reproduzieren? Die Völker, die die nötige gegenseitigen Abhängigkeit - einer neuen, Unterentwicklung liefern müssen, damit die aber unausweichlichen Realität - überprüft Misswirtschaft des Wegwerfbaren aufrechtwerden. Wenn wir überleben wollen, müssen erhalten werden kann, können nicht mehr wir die wirtschaftlichen Blindheiten, die kul- mithalten. turellen Taubheiten, die Parameter der Bru- Das Recht der Reichen ist verdammt alt talität der Märkte - deren strukturelle Ver- geworden. Wir wohnen einer Art weltweiten sklavungsprogramme als Verbrechen gegen Vermischung aller Formen der Verarmung die Menschheit entlarvt werden müssen und des menschlichen Elends bei. Die Wisbekämpfen. senschaftsgläubigkeit verliert langsam, aber Sie im trügerisch wohlhabenden Zentrum sicher an Glanz. Die Ideologien packen zuund wir verarmten Menschen an derPeriphesammen. Mitten in dieser Situation bleibt rie sind von dieser Situation gemeinsam der Mensch Mensch. Zu wenig Mensch. Wir betroffen, die die Kulturen des Wegwerf- sind alle nicht menschlich genug, um uns lebens, der Tod der Träume, die hemmungsden Anforderungen, die das Uberleben lose Schädigung unserer Umwelt, der immer an uns richtet, zu stellen. Wir sind nicht offensichtlicher werdende Kosmozid schaf- menschlich genug, um die weltweite Trafen. Wie Sie sind auch wir vom Schwinden gödie der Wegwerfkultur abzuwenden. Wir der Vorstellungskraft angesichts des Bildes sind mit einem Wort nicht mehr lebendig unci des Zeichens der Niederlage der Kultur genug, um unser Überleben zu sichern. Wir der leben in einer weltweiten Verwirrung, in der gegenüber Barbarei, des Sieges der Angst über die Vernunft herausgefordert. sich alle Stellungen des Geistes, der IntelliDer Augenblick ist vielleicht gekommen, die genz und der Vernunft entvölkern, um der Geschichte dem Gewissen aller Menschen Mittelmässigkeit Platz zu machen. Vielleicht zu öffnen. Kein Volk wird jemals mehr allein liegt der Grund darin, dass wir unseren im Schlamassel sitzen. Die unglaubliche Not Unterschieden zu wenig Rechnung getragen der Verarmten wird langfristig auch die Reihaben. Wir sind unserem Gewissen als chen verarmen lassen. Sie wird den Krieg der anspruchsvolle Wesen zu wenig gerecht Welten an der Peripherie gegen jene des geworden. Wir haben den tausend Gesichwohlhabenden Zentrums auslösen. Es sei tern unseres menschlichen Schicksals zu wenig Beachtung geschenkt. denn, in den neuen Regeln des Weltspiels, die wir erfinden müssen, erweise sich die Vielleicht könnten wir heute, wo wir entdekSolidarität als Eckstein des Friedens und ken, dass wir verschieden und gleich sind, damit als einziger Garant für eine lebbare diesen allzu oft geträumten Traum weiterträumen: Das kommende Jahrhundert wird und dauerhafte Zukunft. Solidarität als Recht kalt sein, sehr kalt. Die menschliche Wärme Nummer eins des Menschen. Wir handeln und wir denken, wie wenn das ist die einzige Antwort auf diese JahrhunUniversum unerschöpflich wäre. Die All- dertkälte. Jede Zeit muss ihre Hoffnungen macht der Diktatur des Gewinns hindert uns benennen. Möglicherweise sind viele unserer Hoffnungen in den Rillen unserer daran, die Realität anders als in ihrer konjunkturellen, also künstlichen, Wegwerfform Unterschiede eingraviert. Seien wirverschieden! Es ist vielleicht der kürzeste Weg, um zu leben. Dieses Land, Ihr Land ist vielleicht der zum Frieden, zur menschlichen Würde und wunderbare Ort, von dem aus man die fol- zum einfachen Überleben unserer Art zu gelangen. genschwersten kleinen Gemeinheiten am Lasst uns hoffen, dass es uns gelingt, den unbesten sieht. Sie verstehen es so gut, uns die ermesslich reichen Schatz zu verwalten, den Grenzen des Staates aufzuzeigen. Sie sagen Zuunsere Verschiedenheit darstellt und dersich uns laut und deutlich, dass das friedliche sammenleben unterschiedlicher Menschen zwischen zwei Schlüsselworten eingezwängt findet: gegenseitige Abhängigkeit und Solizu einer Energiequelle und einem wunderdarität. Unsere Welt ertappt uns auf frischer baren Schlupfwinkel für die Freiheit werden Tat: jener des Anspruchs, verstanden als kann. Wir leben auf einem Planeten, der an Fähigkeit, unsere besten Kräfte darauf zu der Ungerechtigkeit, an der Gewissenlosigall das einzudämmen, was uns verwenden, keit, an der Erniedrigung, an der Unwürdigder Fortschritt und die Moderne an Verkeit und an der Entmutigung Feuer fängt. Obwohl wir alle Mittel hätten, um glücklich pfuschtem, Verfehltem und Verdorbenem Sony Labou Tansi und frei zu sein, sind wir sehr weit vom Glück gebracht haben, m. Wir leben von Normen und falschen Sicherheiten. Wir werden auf dieser Erde eine immer erschreckendere Zahl von Armen,. e/Vrr r/er Zity/P//?fWc/.5Y<?«. .SV/7/v/L. •ste/VrA/n/ras. Er «/ /fi/tor vo/? Roma/ze«, GVr//c7;/e« 77/77/ 77zeT?/e/*.s/Y/VVc/? 7//7(7 /e/ter /'/7 /J/Y/zzav/V/e e/z/e 77?ea/e/-gn//7/?e. A/zA/crp. se/'/zp/- BV/Vp .s'/>7<7 7>7. vmc/7/V-. z/e/ze S/irac/ze/z. wôme/z/ worz/p/z. /(///'z/ez/Tsr/z 57/7(7. mc/z/enp«. zzIV/sc/z/z/Tzge/zp Le/>e/7/> 77/77/ zz/Zp/Y/ose fp//z7.y-. 57//?g//, 7/77. ZVo-tV/Y//#.. FOTO: RDZ/S. KUHN. 21.

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