180 Erdkunde BandV
entschlossen. Eine entsprechende Zunahme passatischer
Niederschlage in den ubrigen Jahreszeiten ist nach Abschnitt 2 unwahrscheinlich. Noch unwahrscheinli
cher ist eine Verlagerung der Giirtel ganzjahriger Nie derschlage, die an die innertropische Konvergenzzone bzw. die Polarfront (planetarische Frontalzone) ho herer Breiten gekoppelt sind; das gilt auch fiir die
mediterranen Winterregen.
4. Es darf keinesfalls verkannt werden, dafi es Grofiraumprojekte gibt, die vom meteorologischen
Standpunkt durchaus positiv beurteilt werden kon nen. Hierzu zahlt das russische Windschutzprojekt in der siidrussischen Steppe (11), das mit den mikrokli matischen Erfahrungen der deutschen Meteorologen (R. Geiger, W. Kreutz) und den hierauf aufbauenden kleinraumigen Projekten in recht guter Beziehung steht, ebenso auch die ahnlichen Anlagen Amerikas.
Hierzu gehort aber auch der Davydow-Vl&n, der von
einem zentralsibirischen Riesenstausee aus eine Bewas
serung der aralokaspischen Steppe vorsieht; dieser Plan stellt (12) ein durchaus diskutables Projekt dar.
Unsere ablehnende Stellungnahme bezieht sich nur auf die von den Schopfern des ?Atlantropa"-Projek
tes erwarteten Klimaanderungen; seine technische
Durchfiihrbarkeit, die damit verkniipften hydrologi schen und bodenkundlichen Probleme liegen jenseits der Zustandigkeit des Meteorologen. Aber die grofien Eingriffe des Menschen in den Wasserhaushalt, wie
sie in alien Kulturlandern seit 100 bis 150 Jahren in wachsender Starke durchgefiihrt wurden, haben iiber
all schwerwiegende Folgen gehabt: Grundwassersen kungen, Bodenerosion usw. Sollte nicht gerade der Techniker aus diesen kleinraumigen Vorgangen auch in grofien Raumen etwas Bescheidenheit, ja Ehrfurcht
vor den Naturkraften lernen? Nicht ein ?gigantischer"
Sieg iiber die Natur, sondern die Ausniitzung ihrer besten Krafte* durch sorgsame Anpassung an ihre Ge gebenheiten sollte das wahre Ziel des Menschen unse
rer Zeit sein.
Literatur:
1) C. Trolly /. van Eimern, W. Daume, Herman Sorgels
?Atlantropa" in geographischer Sicht. Erdkunde IV (1950), 177?188.
2) F. Albrechty Untersuchungen iiber den Warmehaushalt der Erdoberflache in verschiedenen Klimagebieten. Wiss.
Abh. RA. f. Wetterd. VIII, 2 (1940).
3) F. Albrechty Die Methoden zur Bestimmung der Ver dunstung der natiirlichen Erdoberflache. Arch. Meteor.
Geophys. Bioklim. B II (1950), 1?38.
4) T. Bergeron, The problem of artificial control of rain fall on the globe. Tellus 1 (1949); Nr. 1, 32?43; Nr. 3, 15?32.
r>) V. J. Schaefery Experimental Meteorology. Z. angew.
Math. Physik 1 (1950) 153?184, 217?236.
6) Min. Publ. Worksy Egypt, Climatological Normals for Egypt and the Sudan, Cyprus and Palestine. Cairo. 198.
7) H. v. Pickery Die Passatinversion. Veroff. Meteor. Inst.
Berlin I, 4 (1936).
8) B. Schroder, Ober die Feuchtemessung bei den Aufstie gen mit Marinesonden. Ann. Hydrog. /I (1943), 190?193, vgl. audi:
9) H. Flohn, Arch. Meteor. Geophys. Bioklim. A2 (1950), 17?64, sowie Met. Rundsch. 1950, 149.
10) H. Flohn, Studien iiber die allgemeine Zirkulation.
Ber. Dt. Wetterdienst US-Zone 18 (1950); vgl. auch Erd
kunde IV (1950), 141?162.
n) J. Bluthgeny Das siidrussische Schutzpflanzungsvorhaben in landwirtschaftlicher und geographischer Betrachtung.
Urania 12 (1949), 209?220, 255?266.
12) W. Leimbachy Der Davydow-Plan der Sowjet-Union.
Z. f. Raumforschung 1950, 57.
TAGUNGEN UND KONGRESSE
Institute of British Geographers
Vom 5.?8. Januar 1951 fand in Oxford, England, das Treffen des "Institute of British Geographers"
statt. Dieses Treffen zeichnete sich durch grofie Teil nehmerzahl (161, oder 60 v. H. der Mitglieder) und durch lebhafte Diskussionen in privatem und offent lichem Kreis aus. Anschliefiend wurden sechs Exkur.
sionen in die Umgebung von Oxford veranstaltet.
Es wurden elf Vortrage gehalten. Auf dem Gebiet der Geomorphologie untersuchten R. Savigear und G. Dury die genaue Beschreibung der Hangprofile.
/. A. Taylor kartierte Boden und landwirtschaftlichen Anbau in Lancashire. Als Beitrag zur Klimatologie
und Meteorologie fiihrte Austin A. Miller drei neue Weltkarten der Temperatur und Feuchtigkeit vor, und E. M. Frishy entwickelte verfeinerte Methoden fiir
die Abschatzung der Sommerweizenertrage im "Spring
Wheat Belt" der Vereinigten Staaten. Wasserfragen
wurden in drei ganz verschiedenen Vortragen behan delt: R. J. Harrison Church berichtete iiber die kiinst liche Bewasserung im Binnendelta des Niger (abschlie fiende Plane fordern die Ansiedlung und Unterstiit zung von 1 Million Menschen in einem friiher unter
Hungersnoten leidenden Gebiet). W. K. Turner ver
folgte die entscheidende Rolle, welche die Wasserver sorgung fiir die Standortswahl der Textilindustrie in
Dundee spielte. E. M. Rawstron fiihrte die steigende Bedeutung der Wasserversorgung in Verbindung mit
dem Anwachsen der Grofie der Kohlenkraftwerke aus.
Auf dem Gebiet der Siedlungsgeographie beschrieb G.R.J.Jones den Zusammenhang von Siedlungsform und mittelalterlicherSozialstruktur in NW-Wales, und
Emrys Jones untersuchte deutsche, walisische und an
dere Emigrantensiedlungen in Utica, N. Y. Schliefilich stellte S. W. E. Vince die landliche Berufsgliederung von England und Wales dar und warnte, dafi ? bei Fortbestehen der gegenwartigen Tendenzen ? die Zahl der landwirtschaftlichen Bevolkerung in einigen Gebieten unter eine kritische Grenze sinken wiirde,
die Schulen und andere Versorgungsmoglichkeiten nicht mehr erlaubte. Auf Grund dieser geographi
schen Studien hat die Britische Regierung ihre Bestre bungen, nicht landwirtschaftliche Bevolkerung von den
landlichen Gebieten fernzuhalten, geandert und for dert nun Ansiedlung nicht landwirtschaftlicher Be
rufsgruppen in Agrargebieten, um die landliche Sied lungsdichte so hoch zu halten, dafi eine Gemeindever
waltung noch garantiert ist.
In der allgemeinen Sitzung hielt A. F. Martin einen philosophischen Vortrag iiber die grundlegenden Voraussetzungen der Geographie. Er stellte sich da
bei auf den Standpunkt eines Determinismus, in wel
Berichte und kleine Mitteilungen 181
chem die Geographie ? wie andere Naturwissenschaf
ten auch ? berechtigt ist, kausale Beziehungen zwi
schen den Phanomenen anzunehmen. Martin behaup
tet, dafi diese Beziehungen zwischen Umwelt und
Mensch eine Grundvoraussetzung der Anthropogeo graphie seien.
Es wurden neu gewahlt: A. G. Ogilvie (Edinburgh) als President (Nachfolger von S. W. Wooldridge);
A. E. Smailes (Department of Geography, Univer sity College, Gower Street, London, W. C. 1) zum Sekretar (Nachfolger von R. O. Buchanan); Robert W. Steel (Oxford) ist als zweiter Sekretar mit der
Herausgabe der "Publications of the Institute of Bri tish Geographers" betraut worden. Ch. D. Harris
Klima der Vorzeit Bericht iiber die
Jahresversammlung der Geologischen Vereinigung
am 6. und 7. Januar in Koln
Die Tagung der Geologischen Vereinigung in Koln am 6./7. Januar 1951 zeigte, dafi Themenstellung und Methoden der Geologie in den letzten Jahrzehn ten eine Erweiterung erfahren haben, die auch den Geographen interessiert: Nicht nur geographische
Forschungen, versehen mit dem Vorwort ?palao-a,
sondern auch geographische Methoden, die vielfach von Bodenkundlern, Botanikern und Geographen in
den verschiedenen rezenten Klimazonen entwickelt
wurden, finden Eingang in die Palaogeographie, zu der man auch das Thema der Kolner Tagung ?Klima
der Vorzeit" rechnen kann.
F. E. Zeuner (London) gab eine Obersicht iiber die Strandlinien und Kiistenebenen in Siid- und West
europa: Monastirian (5?8 und 15?20 m), Tyrrhe
nian (35 m), Milazzian (58 m) und Sicilian (103 m) werden als Folge der Klima- und Meeresspiegel
schwankungen untersucht. S. Venzo (Milano) refe
rierte iiber glazialmorphologische Studien in Brianza
und Bergamo. Er fand mehrere Vorgiinzeiszeiten, wie
sie auch schon in Holland und am Niederrhein ver mutet werden. Ob man diese nach dem Vorschlag von Venzo Donau I, II und III nennen soil, sei offen ge
lassen.
Eine speziellere morphologische Methode wurde von A.Cailleux (Paris) aus der ?Morphoscooie der Schotter
und Sande" entwickelt. Abplattungsindex, Dissymme
trieindex und Abstufungsindex der Gerolle in den
einzelnen geoloeischen Formationen geben charak
teristische Werte iiber das Verhaltnis von Wind- und
Wasserwirkung wahrend der Sedimentation. E. Acker mann (Gottingen) referierte iiber ?Subrezente For
men an Wellenkalk-Steilhangen". Er stellt die jungen Erdbewegungen bei Gottingen ursachlich in eine feuchtere postglaziale Epoche (Atlantikum oder Sub atlantikum), in der im Untergrund infolge starkerer
Auswaschung Hohlraume entstanden sein sollen.
C. Troll (Bonn) machte jedoch darauf aufmerksam, dafi die Entwaldung im Mittelalter oder zu anderer Zeit in viel en Gegenden Rutschun^en ausgelost habe.
In einem Referat ?Geologie und Mikroklima" zeigte
er an Hand der Sandsteinverwitterung und der Wii
stenrinden- und Wiistenlackbildungen, dafi ?aride"
Verwitterungsformen durchaus nicht immer brauch
bare Zeugen eines fossilen Klimas sind. Diese Erschei nungsformen konnen zum Teil in wenigen Jahrzehn ten unter bestimmten mikroklimatischen Bedingungen im jetzigen mitteleuropaischen Klima entstehen.
H. Louis (Koln) gab mit pflanzengeographischen Beobachtungen einen Beitrag,, Zur eiszeitlichen Klima
anderung in den ariden Beckenlandschaften". Es gibt in Nordamerika heute keine abflufilose Hohlform oberhalb der unteren Waldgrenze. Die eiszeitliche untere Waldgrenze lag nur um 300 m tiefer als die heutige. Seen, die in dieser Hohenstufe liegen, be fanden sich also in der Eiszeit im humiden Bereich,
ihr fruherer Abflufi ist auch heute noch erkennbar.
Tiefer liegende Seen waren dagegen auch in der Eis zeit abflufilos und sind Zeugen eines ariden Klimas.
Weitere Anhaltspunkte fiir eine eiszeitliche Klima karte konnen Vergleiche der oberen Waldgrenze und
Schneegrenze geben.
Der Palaogeographie stehen aufier diesen geogra phischen Untersuchungen und den Beobachtungen
iiber Bodenfrosterscheinungen noch chemische, pollen analytische und stratigraphische Methoden zur Ver fiigung. R. Weyl (Kiel) gab einen Hinweis zur Alters bestimmung von Ablagerungen aus ihrem Gehalt an Schwermineralien (z. B. Granat, Titanit, Andalusit) und dem Zustand der Minerale (Ausfransung und Atzung). Uber die mittlere Temperatur in geologischer
Zeit sagen nach dem Referat von C. D. Ovey (Lon don) ("The validity and use of planctonic foramini fera in the interpretation of past climatic changes from a study of Deep-sea cores") die marinen Abla
gerungen etwas aus. Wenn die Tonsedimentation
gleichmafiig ist, dann entspricht der Calziumkarbo natgehalt der Sedimente der mittleren Jahrestempe
ratur (Bohrkerne aus Aquatornahe), da die Schwan
kungen der Temperatur bei Meerwasser gering sind.
Nachdem man in diesen und anderen Referaten iiber die Wirkung der Klimaschwankungen und ihre Erfassung diskutiert hatte, berichtete W. Wundt
(Freiburg) iiber ?die in der Erde selbst liegenden Moglichkeiten zur Klimaanderung". Die < zahlreichen
Theorien, die eine Polverlagerung und Aquatorver schiebung, eine Anderung der Solarkonstanten, Warm
wasserheizung oder Reliefanderun^en zu Hilfe nah men, geben keine allgemein befriedigende Erklarung.
Jedoch hatte man nach dem Referat von H. Flohri (Bad Kissingen) (?Allgemeine atmospharische Zirku lation und Palaoklimatologie") die Uberzeugung, dafi sich die Eiszeiten weitgehend erklaren lassen aus den beiden Zirkulationsformen, die noch heute das Grofi
wettergeschehen beherrschen. Was allerdings das Her
vortreten der meridionalen Zirkulation in den Eiszeiten verursacht hat (Schwankungen in der Ultraviolett
strahlung?) ist noch nicht befriedigend geklart. Jeden falls gaben die Ausfiihrungen von H. Flohn der Pa laoklimatologie wertvolle Stiitzen. R. Keller
Sonderausstellung ?Neue Welten"
im Germanischen National-Museum
Das Germanische National-Museum in Niirnberg hat im Dezember 1950 eine Sonderausstellung unter dem Thema ?Neue Welten, Kulturdokumente aus der Zeit der Pilgerfahrten und Entdeckungsreisen" er