• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Karzinomserie: Genitalkarzinome der Frau — Das Uteruskarzinom" (02.02.1978)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Karzinomserie: Genitalkarzinome der Frau — Das Uteruskarzinom" (02.02.1978)"

Copied!
5
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

ÜBERSICHTSAUFSATZ

An den Vorsorgemaßnahmen, der Früherkennung und der Nachsorge beim Kollumkarzi- nom sind alle niedergelasse- nen Ärzte in der Bundesrepu- blik auf Grund der bestehen- den Vorschriften beteiligt. Die Vorsorgeuntersuchung ist für den Patienten über 30 Jahren kostenlos. Der Dezentralisie- rung der Vorsorge und der Nachsorge sollte eine Zentra- lisierung der Behandlung in optimal ausgerüsteten Klini- ken gegenüberstehen, die in der Lage sind, die Differential- diagnose und die gesamte kombinierte Krebstherapie mit einem onkologischen Team durchzuführen.

KARZINOMSERIE:

Genitalkarzinome der Frau — Das Uteruskarzinom

I. Kollumkarzinom

Peter Stoll

Aus der Frauenklinik (Direktor: Professor Dr. med. Peter Stoll) im Klinikum Mannheim der Universität Heidelberg

Das Karzinom der Cervix uteri (Kol- lumkarzinom) und das Karzinom des Corpus uteri (Endometriumkarzi- nom) unterscheiden sich fundamen- tal in Epidemiologie, Verursachung, Altersverteilung, Ausbreitung, fein- geweblichem Charakter, Diagnostik, Therapie und nachsorgender Be- treuung. Die Relation Koilumkarzi- nom zu Korpuskarzinom kann bei uns heute mit 2 zu 1 angegeben wer- den. Sie war vor einer Generation etwa 10 zu 1; die Ursachen für diese Verschiebung sind noch nicht voll erforscht. Jedenfalls beinhaltet die Zunahme des Korpuskarzinoms die Notwendigkeit, im Vorsorgebereich die diagnostischen Möglichkeiten für die Früherkennung dieser Krebs- lokalisation ebenso zu intensivieren und zu programmieren, wie dies für das Kollumkarzinom bereits gesche- hen ist.

1. Kollumkarzinom

0

Altersverteilung: Der Häufig- keitsgipfel der Erkrankung liegt im 47. Lebensjahr, also am Ende der Geschlechtsreife. Zunehmend sind Berichte über das Auftreten der Er- krankung bereits im Alter unter 30.

Bei Jugendlichen verhält sich das Karzinom besonders bösartig. Eine Ausdehnung der Vorsorgeuntersu- chung auch in den Bereich unter dem 30. Lebensjahr wäre wün- schenswert.

Q

Prädisposition: Sowohl aus der weltweiten Verteilung des Kollum-

karzinoms als auch aus der Vertei- lung im eigenen Beobachtungsbe- reich ergibt sich eine Bevorzugung der Patientengruppen mit niedrigem Einkommen. Neben dem ungünsti- gen Sozialstatus dürfte die Aufnah- me früher Kohabitationen von Be- deutung sein. Patientinnen mit Zer- vixkarzinom heiraten früher, heira- ten mehr als einmal und sind öfter

geschieden als die übrigen Frauen derselben sozio-ökonomischen Be- völkerungsgruppe. Da ein Zusam- menhang mit der Häufigkeit des Ko- itus vermutet wird, wurde auch die Genitalhygiene (kanzerogene Wir-

kung des Smegma) als prädisponie- render Faktor diskutiert. Mehrere Geburten und Fehlgeburten mit ent- sprechenden gutartigen Verände- rungen am Muttermund (Ektropio- nierung der Zervixschleimhaut, chronische Entzündung) könnten eine Rolle spielen. Hypothetisch ist die Auffassung der Genese des Kol- lumkarzinoms über eine Virusinfek- tion mit protrahiertem Verlauf.

Lokalisation: Das Karzinom und seine Vorstadien lokalisieren sich im Bereich der Zervix vorwiegend am Übergang zwischen Plattenepithel und Zylinderepithel. Diese Stelle ist bei jungen Frauen auf der Außenflä- che der Portio zu suchen. Nach Ab- schluß der Geschlechtsreife wird sie nach oben in den Zervixkanal hinein

retrahiert, so daß der Sitz des Karzi- noms bei älteren Frauen eher im Zervixkanal zu erwarten ist.

(J)

Vorstadien: Ohne Zweifel

kann

das Karzinom in einem Zuge aus ei- nem kaum veränderten Plattenepi- thel entstehen, häufig sind jedoch Vorstadien zu erfassen. Diese intra- epithelialen Vorstadien beginnen mit der Dysplasie des Epithels (leichte, mittlere und schwere Dys- plasie). Während die leichte und mittlere Dysplasie als fakultative Vorläufer gelten, gehören die schwere Dysplasie ebenso wie das Carcinoma in situ bereits zu den ob- ligatorischen Vorläufern des invasi- ven Karzinoms. Da in Einzelfällen ein unmittelbarer Übergang aus ei- ner leichten oder mittleren Dysplasie in ein invasives Karzinom beobach- tet worden ist, gilt auch den leichte- ren Epithelveränderungen die be- sondere Aufmerksamkeit des Unter- suchers.

Q

Manifestes Karzinom: Das Kol- lumkarzinom ist fast immer ein Plat- tenepithelkarzinom. Nur in sechs Prozent handelt es sich um Adeno- karzinome oder um Sonderformen, wie etwa das Gartner-Gang-Karzi- nom. Das Karzinom manifestiert sich dem Auge des Untersuchers als Ul- kus oder Exophyt, wenn es auf der

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 5 vom 2. Februar 1978 235

(2)

Kaliumkarzinom

Oberfläche der Portio lokalisiert ist.

Bei Lokalisationen im Zervikalkanal dagegen wird es dem Auge nicht zugänglich. Man beobachtet nur ge- legentlich Blutabgang aus dem Mut- termund, und erst bei der Palpation imponiert das Karzinom durch die Auftreibung des Keilums nach bei- den Seiten und die relative lmmobi- lität.

8

Einteilung: Das Kaliumkarzinom wird nach dem TNM-System einge- teilt. Zusätzlich wird der histologi- sche Charakter (Piattenepithel karzi- nom, Adenokarzinom) und der Grad der Bösartigkeit vermerkt.

8

Symptome: Das Kaliumkarzinom läuft praktisch symptomlos bis zu

einem weit fortgeschrittenen Sta- dium ab. Es ist bemerkenswert, daß desolate Fälle mit Ausbreitung des Karzinoms in die Nachbarorgane - Darm und Blase - heute noch zehn Prozent des klinischen Krankenguts ausmachen.

Charakteristisch ist eine Blutung oder blutiger Ausfluß zwischen den Perioden, beziehungsweise nach der Kohabitation oder Defäktion.

Hiermit kündet sich aber bereits das fortgeschrittene invasive Karzinom an. Da viele Patienten zeitlebens Fluor bemerkt haben und das für normal halten, entgeht diese Verän- derung ihrer Aufmerksamkeit. Früh- erkennung ist daher nur durch Vor- sorgeuntersuchung möglich.

Tabelle 1: Genitalkarzinom der Frau

Kaliumkarzinom Korpuskarzinom

(j) Diagnostik:

a) "Jede gynäkologische Untersu- chung ist gleichzeitig auch eine Vor- sorgeuntersuchung auf Krebs." Um diesen Ausspruch zu rechtfertigen, ist ein klar gegliederter und pro- grammierter Untersuchungsgang vorgeschrieben, der bei der Vorsor- geuntersuchung eingehalten und dokumentiert werden muß.

Er enthält anamnestische Angaben, den Untersuchungsbefund und er- gänzend die zytologische Untersu- chung des vom Muttermund ent- nommenen Sekrets. Der gesetzlich vorgeschriebene Untersuchungs- gang ist bereits Allgemeingut der deutschen Ärzteschaft geworden.

(ca. 60% aller Genitalkarzinome) (ca. 30% aller Genitalkarzinome)

Altersdisposition: auch schon in jugendlichem Alter, Altersdisposition: '/, im Senium,'/, im Klimakterium Durchschnittsalter: 47 Jahre Durchschnittsalter: 57 Jahre Prädisposition: ungünstiger Sozialstatus, frühe Prädisposition: endokrinalogische Erkranken, lang

Kohabitationen anhaltende hormonale Störungen,

mangelhafte Genitalhygiene (auch Diabetes

beim Partner) häufig keine Kinder, keine Fehlge-

mehrere Geburten bzw. Fehlgeburten burt,

entzündliche Veränderungen am auch bei Unverheirateten Muttermund

Vorstadien: fakultativ: Dysplasie der Portio Vorstadien: adenomatöse Hyperplasie der

obligat: Gareinoma in situ Uterussch Iei mhaut

(Ca. colli 0) präinvasiv Adenocarcinoma in situ

geht der Invasion bis zu 10 Jahren voraus

manifestes Plattenepithelkarzinom, selten manifestes Adenokarzinom verschiedener Karzinom: Adenokarzinom. Ulkus oder Exophyt. Karzinom: Reifegrade,

Bei älteren Pat. vorwiegend im Zervi- zunächst polypös in das Lumen, kalkanal (tiefer Knoten) später invasiv in die Wand wachsend

Krebsfahndung Krebsfahndung

Patient: 0 Arzt: + + + Patient: + + Arzt:(+)

keine eindeutige Symptomatik Inspektion der Portio Postmenopausenblutung Ort des Geschehens Kohabitationsblutung, bei guter Beleuchtung (je später, desto nicht sichtbar Defäkationsblutung Kolposkopie (fakultativ) gefährlicher) vaginale und endo- blutiger Fluor Zytologie (obligat) unregelmäßige, zervikale Zytologie Zwischenblutung Direktentnahme klimakterische Blutung unsicher

definitive Diagnose ~ endokarporale Zytologie

Probeentnahme nicht praktikabel

definitive Diagnose ~

Probeabrasio (Aus: P. Stoll, FdM Tabellen 5/1972)

(3)

Radikaloperation plus Radiotherapie (N1) 177

50

Radiotherapie, palliativ symptomatische Therapie

systematische Therapie Tabelle 2: Individuelle Therapie: Kollumkarzinom (Frauenklinik Mannheim, 779 Patienten)

schwere Dysplasie, Ca. in situ Plattenepithelkarzinom mit minimaler Invasion

(plumpes Vorwuchern) Mikro-Ca.

i

2501 Konisation oder vaginale Hysterektomie 12281

vaginale Hysterektomie 1 221

T1a N0-1M0 Plattenepithelkarzinom mit minimaler Invasion (netziges Vorwuchern) Mikro-Ca. mit Invasion in Lymphspalten und Blutgefäßen T1b NO-1M0 Plattenepithelkarzinom invasiv

T2 Nx MO

T2 Nx M1 T3 Nx Mx

T4 Nx Mx

alle Patienten

Radikaloperation (bei NO)

— plus Radiotherapie (bei N1)

81 1 Radikaloperation plus Radiotherapie

Radiotherapie, voll Radiotherapie, voll

729 invasiv 250 TIS/Ca „0"

277 TIS

T1a NO MO

100

44

b) Da die Vorsorgeuntersuchung in die Hände der gesamten Ärzteschaft gelegt worden ist, konnte die Kolpo- skopie in den Untersuchungsgang nicht mit hineingenommen werden und ist daher eine fachärztliche Spe- zialuntersuchung geblieben. Auch die Kolposkopie ist mit Vergröße- rungen von 1:6- bis 1:40fach in der Lage, die Veränderungen am Mut- termund als gutartig zu erkennen

und verdächtige Veränderungen herauszufinden.

c) Die Ergänzung der einfachen Un- tersuchung durch Kolposkopie und Zytologie schafft hinsichtlich der Früherkennung eines Kollumkarzi- noms die größte Sicherheit.

d) Daneben spielt auch der Tastbe- fund eine Rolle, da bei im Zervixka- nal verborgenen Karzinomen (tiefer Zervixknoten) die kautschukartige Beschaffenheit der Portio und die Einschränkung ihrer Beweglichkeit Hinweise geben.

e) Die Labordiagnostik spielt in der Frühdiagnose des Kollumkarzinoms keine Rolle, da weder Blutsenkung noch Blutbild, noch Blutchemie Hin- weise geben.

0 Intensivdiagnostik: Während die Vorsorgeuntersuchung lediglich die Aufgabe hat, aus einer großen Zahl unverdächtiger eine kleine Zahl ver- dächtiger Patienten herauszusu- chen, die dann der weiteren Abklä- rung durch einen Facharzt oder durch eine Fachklinik zugeführt werden, ist die prätherapeutische Diagnostik in der Fachklinik bedeu- tend umfangreicher. Sie schließt ei- ne erneute kolposkopische und zy- tologische Untersuchung ebenso ein wie eine Gewebsentnahme, die am zweckmäßigsten gezielt vorge- nommen wird oder mittels einer Ko- nisation den Gesamtbereich des äu- ßeren Muttermunds und des Zervix- kanais erfaßt. Darüber hinaus wird durch vaginale und rektale Palpa- tion die Ausdehnung des Karzinoms

nach beiden Seiten festgestellt, durch Zystoskopie und Rektoskopie die Beteiligung der Nachbarorgane und durch Lymphographie das Be- fallensein der regionären Lymph- knoten an der Beckenwand.

Therapie: Die Therapie wird in ihrem Ausmaß nach exaktester Dia- gnose dem Einzelfall angepaßt: Bei der schweren Dysplasie und beim Carcinoma in situ (CIS) genügt die Konisation, wobei die Veränderung im Ganzen entfernt sein sollte. Be- steht kein Kinderwunsch mehr, so ist statt dessen die vaginale Uterus- exstirpation vorzuziehen. Auch beim Mikrokarzinom (T1a/NO/M0) ist die einfache Uterusexstirpation ausrei- chend. Man wird jedoch bei netziger Infiltration mit Anschluß an Lymph- spalten und Blutgefäße auch schon beim Mikrokarzinom die Radikal- operation vorziehen.

Diese ist sonst angebracht beim Sta- dium T1b und T2. Wird sie abdomi-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 5 vom 2. Februar 1978 237

(4)

Kollumkarzinom

nal durchgeführt (Latzko, Wertheim- Meigs), so werden die regionalen Lymphknoten obligatorisch mit ent- fernt. Wird sie vaginal durchgeführt (Schauta), so kann die extraperito- neale Lymphadenektomie ange- schlossen werden.

Vom Stadium T3 an wird auf eine kombinierte Strahlenbehandlung umgeschaltet (vaginale Radiumein- lagen und perkutane Nachbestrah- lung). Selbstverständlich kann die Strahlentherapie auch bei früheren Stadien zum Einsatz kommen. Sie wird außerdem nach Ermessen des gynäkologischen Therapeuten zur Ergänzung der operativen Therapie herangezogen.

Das Stadium T4 (Übergang auf Blase und Darm, Fernmetastasen) läßt sich lokal nicht mehr behandeln, man muß sich daher auf allgemeine Maß- nahmen beschränken.

(I) Zusatztherapie: Zusätzlich zur operativen und zur Strahlentherapie tritt eine Allgemeintherapie im Sinne roborierender Maßnahmen. Eine Zu- satztherapie mit östrogenen und an- drogenen Hormonen ist in der Lage, das Zustandsbild der Patienten er- heblich zu verbessern und günstige subjektive Wirkungen zu erreichen.

Eine Heilung ist nicht mehr möglich.

Chemotherapeutische Maßnahmen kommen beim Kollumkarzinom nicht zum Einsatz, da sie sich nicht bewährt haben. Versuche zur Ver- besserung der Immunabwehr stehen noch am Anfang. Nachbehand- lungs-Erholungs- und Festigungs- kuren sind Bestandteile der Zusatz- therapie.

0 Beratung: Patienten mit einer günstigen Fernprognose (mehr als 70 Prozent Heilungsaussicht) wer- den im Anschluß an die Therapie und die Nachsorgekur mit einer zeit- lichen Begrenzung von einem Jahr vorübergehend berentet. Nach Ab- lauf dieser Zeit wird weiter entschieden.

Patienten mit einer ungünstigen Fernprognose (weniger als 70 Pro- zent Heilungsaussicht) wird man im allgemeinen auf Dauer berenten,

wenn die individuelle Lage nicht an- dere Maßnahmen erfordert.

Kontrolluntersuchungen: Es ist eine Selbstverständlichkeit, daß alle Kollumkarzinom-Patienten einer nachgehenden Fürsorge mit regel- mäßigen Kontrolluntersuchungen unterworfen werden. Die Kontroll- untersuchungen finden in den er- sten beiden Jahren alle drei Monate, danach halbjährlich, nach Ablauf des fünften Jahres einmal jährlich statt. Außer der lokalen gynäkologi- schen Untersuchung wird eine Zy- stoskopie und Rektoskopie durch- geführt sowie die entsprechenden Blutuntersuchungen und jährlich ein Urogramm.

0 Heilungsaussichten: Wir be- zeichnen als Heilung das Überleben des Patienten über einen Zeitraum von fünf Jahren nach Abschluß der Therapie, wobei er ohne Zeichen ei- nes Rezidivs sein muß. Folgende Leistungen werden erzielt: TIS (Ca.

colli 0): 100 Prozent. T1a (Mikro):

nahezu 100 Prozent. T1 b: 80 Pro- zent. T2: ca. 75 Prozent. T3: 25-30 Prozent. T4: 0 Prozent.

Internationale Statistik:

(Ergebnisse der Behandlung des Karzinoms der Cervix uteri in der Bundesrepublik Deutschland gemäß 16. Annual report [Stockholm] siehe D. Ärzteblatt 2/1977, S. 84: J. Zander

— München: Zur Situation der gyn.

Onkologie.)

Diese Angaben zeigen deutlich, daß die Heilung in erster Linie von der Ausbreitung des Tumors im Augen- blick der Therapie abhängt. Da eine erhebliche Verbesserung der Hei- lungsleistung durch therapeutische Maßnahmen (Operation, Bestrah- lung, Zusatzbehandlung, Zytostati- kabehandlung) nicht zu erwarten ist, gewinnt die Früherkennung eine au- ßerordentlich große Bedeutung.

0 Statistische Erfassung: In der Bundesrepublik Deutschland be- steht ein Krebsregister lediglich im Saargebiet und in Hamburg. In den übrigen Bundesländern sollten die

Institutionen, die Karzinome behan- deln, ihre Karzinomkranken stati- stisch erfassen, einheitlich regi- strieren und in der Nachsorge ver- folgen.

Wünschenswert wäre die Einfüh- rung eines allgemeinen Krebsregi- sters, wobei auch nicht geklärte epi- demiologische Fragen, Fragen in der Verbesserung der Vorsorge und Früherkennungsmaßnahmen sowie therapeutische Fragen einer weite- ren Klärung zugeführt werden kön- nen.

Zusammenfassend kann man sagen:

das Kollumkarzinom ist das hin- sichtlich der Epidemiologie, Diagno- se, Therapie und Nachbehandlung heute am eingehendsten studierte Karzinom des Menschen.

Nachfolgebeschwerden im Anschluß an die Therapie:

Da bei der Radikaloperation der Ute- rus mit beiden Adnexen das obere Drittel der Scheide und das Parame- trium bis zur Beckenwand entfernt werden, leiden Blutversorgung der Blasenhinterwand und des Rek- tums. Die Folge sind Durchblu- tungsstörungen und Innervations- störungen dieser Nachbarorgane, gelegentlich sogar mit Fistelbildung zur Vagina hin (vier Prozent). Glei- ches gilt für die Strahlentherapie, bei der zusätzlich noch Verklebun- gen im oberen Vaginalbereich und Narbenbildung im Parametrium mit narbiger Verziehung beziehungs- weise Sklerose und Harnleiterver- schluß auftreten können.

Fisteln sollten dann geschlossen werden, wenn kein Verdacht mehr auf Rezidiv im Operations- bezie- hungsweise Bestrahlungsbereich besteht. Neben dem Fistelverschluß auf vaginalem oder abdominalem Wege, eventuell mit Gewebsver- schiebungen, kommen auch größe- re wiederherstellende Operationen, Vorlegung der Darmöffnung, Bil- dung einer künstlichen Blase in Fra- ge. Werden bei jüngeren Frauen die Ovarien mitentfernt oder im Zuge der Strahlentherapie inaktiviert, so

(5)

Die Arbeiten der meisten Chirurgen zeichnen sich durch eine knappe, einprägsame Diktion mit kurzgefaß- ten übersichtlichen Tabellen sowie engagiertes Eintreten für diese oder jene operative Methode aus. Dies ist für die „Fortbildungsserien" von ho- hem didaktischen Wert. Um so mehr sollte aber darauf geachtet werden, daß wichtige Details nicht diesem Betreben zum Opfer fallen.

Aus pathologisch-anatomischer Sicht dürfen deshalb folgende For- mulierungen in der Arbeit von Pichlmayr u. Mitarbeitern nicht „im Raum stehenbleiben":

• In der Tabelle 1 unter der Über- schrift „Lokale Krebsdisposition am Magen" muß die unter 3 angeführte

„Magenpolypose" definiert, d. h. es muß der histologische Typ der Poly- pen differenziert werden. So liegt z. B. einer völlig harmlosen „Polypo- se" der Korpusregion das histologi- sche Bild der Drüsenkörperzysten zugrunde. In zwei derartigen Fällen konnten wir eine Gastrektomie (!) verhindern, deren Indikation durch den „Kurzschluß" — Polypose = Präkanzerose — gestellt war. Eine Polypose im Sinne der Adenomato- se, analog der Dickdarmadenose, gibt es im Magen praktisch nicht.

(;) Die Größe eines „Polypen" ist kein Kriterium der „lokalen Krebs- disposition". Der gutartige hyper- plasiogene Polyp als häufigster Typ im Magen überschreitet nicht selten die „2-cm-Grenze". Das Adenom, als einziger Polyp mit „maligner Po- tenz" ist äußerst selten.

O Die gleichen Erwägungen treffen für die folgende Feststellung zu:

„bei polypösen Adenomen — nicht bei hyperplastischen Polypen — ist die endoskopische Abtragung und langfristige Kontrolle erforderlich."

AUSSPRACHE

Der makroskopische Befund, ganz gleich ob röntgenologisch oder en- doskopisch, wie auch der Histolo- giebefund von „Knipsbiopsien", ge- ben keinen Aufschluß, ob es sich um ein „polypöses Adenom oder um ei- nen hyperplastischen Polypen" han- delt; also ist diese „Alternativanwei- sung" illusorisch!

Offenbar wird unter Magenfrüh- karzinom immer noch das kleine, kaum sichtbare Karzinom verstan- den. Diese Mikrokarzinome, als Frühkarzinome, gibt es ohne Zwei- fel, jedoch kennen wir andererseits hühnereigroße Frühkarzinome vom Typ 1 (also die polypösen) und mehr als handtellergroße vom Typ II c. Die Formulierung, selbst Magenfrüh- karzinome können bei geeigneter Technik röntgenologisch

erfaßt werden, ist irreführend.

Eine klare Definition wie auch eine Differenzierung der Magenfrühkar- zinome ist auch unter anderem Aspekt zu fordern. Die Pauschalan- weisung „selbst bei Magenfrühkar- zinomen im mittleren oder oberen Magenabschnitt ist eine totale Ga- strektomie indiziert" kann und darf nicht akzeptiert werden, da

a) präoperativ die Diagnose: „Früh- karzinom" gar nicht gestellt werden kann,

b) bei Verdacht auf Frühkarzinom I (d. h. dem polypösen Typ) beim Risi-

kopatienten die endoskopische Schlingenektomie nicht nur eine diagnostische Maßnahme (zur Ob- jektivierung eines Frühkarzinoms), sondern auch ein therapeutischer Eingriff sein kann.

Die „Pauschalierung" der Begriffe Polyp und (Früh-)Karzinom steht dem Bestreben der Chirurgen nach Anpassung der Therapie an Tumor- Kollumkarzinom

treten Ausfallserscheinungen auf.

die der hormonalen Behandlung bedürfen.

Das Sexualempfinden der Patienten ist nach Abschluß der Behandlung sehr häufig nicht gestört, es besteht volle Kohabitationsmöglichkeit.

Der psychologische Effekt auf die betroffene Patientin ist jedoch nicht einheitlich. Bei guter Heilungsaus- sicht wird man der Patientin eröff- nen, daß ein Unterleibskrebs vor- liegt. Bei ungünstiger Heilungsaus- sicht sollte das Wort „Krebs" unter allen Umständen vermieden werden, wenn auch der Patient selbst aus der Art der Behandlung wohl die Schwere seines Leidens erkennt. Im Einzelfalle wird man darauf hinwei- sen müssen, daß die Erhaltung des Lebens durch eine sehr eingreifende Therapie mit einer Verstümmelung einhergeht, welche den Menschen weiterhin somatisch und psychisch belastet.

Führt man sich vor Augen, daß die Krebskranke bei Aufnahme in das Krankenhaus gar nicht selten be- schwerdefrei oder fast beschwerde- frei ist, und nach Durchführung der

Radikaltherapie als Invalide das Haus verläßt, so wird das Ausmaß des Vertrauens klar, welches die Pa- tientin ihrem Arzt und der behan- delnden Institution entgegenbringt.

Dieses Vertrauen muß dadurch erwi- dert werden, daß Radikaloperatio- nen bei Krebs den dafür diagno- stisch und therapeutisch optimal eingerichteten Kliniken vorbehalten bleibt. Der Hausarzt, der die Ver- dachtsdiagnose stellte und der das Vertrauen der Patientin hat, ist selbstverständlich über den ganzen Verlauf der Erkrankung und der Nachsorge in die Betreuung des Pa- tienten eingeschaltet.

Literatur beim Verfasser

Professor Dr. med. Peter Stoll Universitäts-Frauenklinik 6800 Mannheim

Das Magenkarzinom

Zu einem Beitrag von Professor Dr. med. Rudolf Pichlmayr et al.

in Heft 42/1977, Seite 2505 ff.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 5 vom 2. Februar 1978 239

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Unterrichtsorganisation in äußerer Fachleistungsdifferenzierung gilt als Schulversuch; vor ihrer Ein- führung an der einzelnen Schule ist die Zustimmung des Senators für Bildung

Für die Ersteinstufung in die Fach-Leistungsniveaus spricht die Zeugniskonferenz auf Vorschlag des jeweiligen Fachlehrers oder der jeweiligen Fachlehrerin eine Empfehlung aus;

Die Studierenden sind während 20 bis 22 Wochen voll in einer Schule im Einsatz und erleben nebst dem Unterricht auch den Notengebungs- prozess und die Elternarbeit.. Ziel der

Gerald Gaß bestätigt die Einschätzung der Politik, dass ansonsten bei einem weiteren ungebremsten Wachstum die Krankenhäuser und deren Mitarbeiter

Gerald Gaß bestätigt die Einschätzung der Politik, dass ansonsten bei einem weiteren ungebremsten Wachstum die Krankenhäuser und deren Mitarbeiter die Versorgung

Zur Verstärkung unserer Regionaldirektion Rheinland in Düsseldorf suchen wir zum nächstmöglichen Zeitpunkt im Bereich der Hauptabteilung Rehabilitation und Entschädigung

Gegenanzeigen: Canephron® Uno, Canephron® N Dragees: Keine Anwen- dung bei Überempfi ndlichkeit gegen die Wirkstoffe, gegen andere Apiaceen (Umbelliferen, z. Anis, Fenchel),

Aber die Arbeit unter den Bedingungen der Pandemie ist auch eine große Chance: Wir haben neue Aufgabenfelder für die Apotheken er- schlossen?. Und es hat sich gezeigt, dass