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Archiv "Trends zur Symbiose von Medizin und Kommunikationsmedien in den Vereinigten Staaten" (19.02.1982)

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Hillier Krieghbaum weist in seinem Buch „Science and the Mass Media"

(London, New York 1968) darauf hin, daß bereits seit den dreißiger Jahren verschiedene sozialwissenschaftli- che Enqueten über Wissenschafts- publizisten und deren Arbeit in den Vereinigten Staaten angestellt wor- den sind.

Innerhalb dieser vielfältigen Bemü- hungen nahm von Anfang an der Sektor der Medizinpublizistik einen dominierenden Stellenwert ein, ver- fügten die amerikanischen Zeitun- gen doch schon seit geraumer Zeit über respektable Wissenschaftssei- ten mit zum Teil recht erheblichem Aufkommen an medizinischer Infor- mationsgebung. Im Zuge dieser Ent- wicklung trat bald auch die wissen- schaftliche Beschäftigung mit me- dizinhistorischen Fragestellungen zur Publizistik hervor. Als Beispiel hierfür sei nur die gründliche Aufar- beitung der Evolution medizinischer Fachorgane genannt, die Garrison H. Fielding im Jahre 1934 unter dem Titel „The medical and scientific pe- riodicals of the 17th and 18th Centu- ries" im „Bulletin of the Institute of History of Medicine" der John Hop- kins University publizierte. Zunächst erschienen Versuche historisch-de-

skriptiver Arbeiten dieser und ähnli- cher Art faktisch nur in medizini- schen Periodica, denn namhafte pu- blizistikwissenschaftliche Zeitschrif- ten kümmerten sich um den Bereich der Wissenschafts- bzw. Medizin- kommunikation zunächst recht we- nig — eine interdisziplinäre akademi- sche Kooperation zwischen der längst etablierten Universitätsmedi- zin und der relativ jungen Disziplin der Publizistikwissenschaft mußte erst einmal vorsichtig angebahnt werden.

Zur Etablierung anspruchsvoller universitärer Ausbildungsstätten für Kommunikationsberufe war es an einigen amerikanischen Hochschu- len faktisch erst gekommen, nach- dem der profilierte Publizist und Verleger Joseph Pulitzer im Mai 1904 folgende Prognose abgegeben hatte: „Before the century closes schools of journalism will be gene- rally accepted as a feature of specialized higher education like schools of law or of medicine" (neu- erdings vollständig wiederabge- druckt in „Heinz-Dietrich Fischer/

Christopher, G. Trump, Hrsg.: Edu- cation in Jou rnalism. The 75th Anni- versary of Joseph Pulitzer's Ideas at Columbia University, 1904-1979",

Bochum 1980). Mit dieser Initialzün- dung wurde quasi ein Startzeichen gegeben, und ab 1908 entstanden die ersten Publizistik-Fakultäten amerikanischer Universitäten. Die im Jahre 1924 gegründete fachwis- senschaftliche Zeitschrift „Journa- lism Quarterly" (JQ) sowie das 1937 entstandene forschungsorientierte Organ „Public Opinion Quarterly"

(POQ) waren geraume Zeit zu sehr an traditionellen Fragestellungen der Pressewissenschaft orientiert, bevor sie sich dann auch allmählich wissenschaftspublizistischen The- men zuwandten, was faktisch je- doch erst in der Zeit des Zweiten Weltkrieges erfolgte.

Eine gewisse Signalwirkung übte die in der JQ-Märzausgabe 1940 von Hillier Krieghbaum publizierte Grundsatzdiskussion „The Back- ground and Training of Science Writers" aus, die bereits einige curri- culare Empfehlungen enthielt. Im Jahrgang 1953 von JQ wurde von R. J. Tarleton über eine Inhaltsanaly- se des Jahres 1950 berichtet, in der erstmals Anteile der Wissenschafts- informationen in großen US-Zeitun- gen erhoben worden waren („Accu- racy and Comprehension in Science News Writing"). Das Autorenteam Charles F. Cannell/James C. MacDo- naldNVinifred F. Delchamps publi- zierte 1956 in der gleichen Zeit- schrift den Beitrag „The Impact of Health News on Attitudes and Beha- vior". Darin wurde u. a. ermittelt, daß

„the medium most trusted for accu- rate information on health and science is the magazine. The next is the newspaper. The other media fall considerably below these two in importance". Israel Light, ein PR- Fachmann, veröffentlichte 1960 in JQ seinen Beitrag „Science Writing

— Status and Needs", worin er auch die gezielte Förderung wissen- schaftlicher Beschäftigung mit der Wissenschaftspublizistik forderte und die Schaffung spezifischer Aus- bildungsprogramme für Wissen- schaftskommunikatoren anregte.

1963 stellte die Zeitschrift JQ sogar eine komplette Ausgabe als The- menheft für Fragen der Wissen- schaftskommunikation bereit. In na- hezu allen Beiträgen dieses Heftes

Trends zur Symbiose von Medizin

und Kommunikationsmedien in den Vereinigten Staaten

Heinz-Dietrich Fischer

Während in der Bundesrepublik Deutschland die wissenschaftliche Beschäftigung mit Problemen der Wissenschaftskommunikation eigentlich erst vor rund einem Jahrzehnt eingesetzt und — nach ver- schiedenen Initiativen dieser Art, beispielsweise an den Universitäten Bochum oder Mainz — neuerdings der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, Essen, sich schwerpunktartig der Förderung dieses Sektors verschrieben hat, können die USA bereits auf eine Tradition dieses Lehr- und Forschungssektors von rund einem halben Jahrhun- dert zurückblicken.

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Kommunikationsmedien

wurde die Medizinpublizistik ange- sprochen, im einzelnen handelte es sich um Abhandlungen zu folgen- den Themenkomplexen: „Reporting Science Information through the Mass Media" (Auto: Hillier Kriegh- baum); „Science in the Press — Newspapers vs. Magazines" (Earl Ubell); „Science an Television — A Challenge to Creativity" (E. G. Sher- burne, jr.); „Analyzing the Impact of Science Reporting" " (Edward J. Ro- binson); „Dimensions of Judgment of Science News Stories" (Kenneth G. Johnson); „The Education and Training of Science Writers" (Pierre C. Fraley); „Science Popularization in the Soviet Press" (Bryant Kearl) und „International Communication of Science Information" (Rhoda Me- traux). Als geradezu erschreckende Befunde wurden jene im Beitrag von E. J. Robinson referierten Befra- gungsresultate aus den frühen sech- ziger Jahren gewertet, wonach 40 Prozent der Interviewten offen zuge- geben hatten, daß sie „wenig oder nichts" aus wissenschaftsbezoge- nen Presseberichten verstanden, während 16 Prozent äußerten, nur etwa ein Viertel davon zu verstehen, weitere 11 Prozent etwa die Hälfte, andere 11 Prozent Dreiviertel und nur 2 Prozent der Befragten angeb- lich alles verstanden hatten; 20 Pro- zent der Interviewten hatten keine Angaben gemacht.

Spätestens von diesem Zeitpunkt an wurden Bemühungen zwecks Opti- mierung der Verständlichkeit von Wissenschaftsberichten stark for- ciert. Aber nicht allein das Problem der Rezeption massenmedial ver- breiteter Wissenschaftsinformatio- nen beschäftigte die Kommunika- tionswissenschaft nun stärker, son- dern auch die Diffusion von Fachin- formationen im Wissenschaftsbe- reich selbst. Bei einer Mitte der sechziger Jahre von Donald L. Shaw und Paul van Nevel durchgeführten Enquete unter Ärzten, Naturwissen- schaftlern und Veterinärmedizinern gaben immerhin 92 Prozent der Be- fragten an, daß sie ihre Primärinfor- mationen über Vorgänge aus dem eigenen Fachgebiet in erster Linie aus den Massenmedien bezogen, worunter Tageszeitungen, populäre

Zeitschriften oder Nachrichtenma- gazine verstanden wurden, da es den Befragten unmöglich erschien, den Großteil der Fachzeitschriften und Fachinformationsdienste konti- nuierlich zu verfolgen („The Infor- mation Value of Medical Science News", JQ 1967).

Starkes Kompetenzdefizit

Seit Ende der sechziger Jahre wand- te sich auch die Zeitschrift POQ Fra- gen der Wissenschaftskommunika- tion zu. Serena Wade und Wilbur Schramm publizierten darin eine Untersuchung zum Thema „The Mass Media as Sources of Public Affairs, Science, and Health Know- ledge", die auf demoskopisch erho- benen Daten basierte. Was Gesund- heitsinformationen anlangte, die vom Publikum aus Medien bezogen wurden, so lautete der Befund:

„Women are more likely than men to read about health, and better-educa- ted people more likely than less-edu- cated ones to do so. In fact, the more education a person has, the less likely he is to turn to Television for health information. Generally, more people report that they read health information .. .".

Zunehmend waren es bald auch an- dere wissenschaftliche Zeitschriften der USA von Rang außerhalb der Kommunikationswissenschaft, die sich dem Problem des publizisti- schen Transfers von Wissenschafts- meldungen thematisch zuwandten, so beispielsweise das renommierte Periodicum „Science", das die irre- führende Krebsheilungs-Berichter- stattung eines Blattes im Jahrgang 1971 zum Anlaß nahm, Nicholas Wa- de sich äußern zu lassen zum Thema

„Scientists and the Press — Cancer Scare Story that Wasn't". Etwas spä- ter, 1973, wurde dann in JQ von G.

Ray Funkhouser und Nathan Macco- by der Versuch unternommen, in ei- nem Beitrag „Tailoring Science Writing to the General Audience"

einige Kriterien zur Verständlichkeit von Wissenschaftsinformationen für ein Laienpublikum aufzustellen.

Eine von Michael Ryan und Sharon L. Dunwoody in JQ veröffentlichte

Studie („Academic and Professional Training Patterns of Science Writ- ers") stellte grundsätzlich fest, daß die Wissenschaftspublizisten um 1975 schon bei weitem besser aus- gebildet waren als noch in den vier- ziger Jahren. Unter jenen 149 Wis- senschaftsjournalisten, die den Fra- gebogen der Forscher beantworte- ten, befanden sich relativ viele, die sich in medizinischen bzw. naturwis- senschaftlichen Teilbereichen spe- ziell weitergebildet hatten, da sie bei diesen Fragen ein starkes Kompe- tenzdefizit empfanden.

Daß sich die Disziplinen der Medizin sowie der Kommunikationswissen- schaft in der Zwischenzeit auch auf anderen Pfaden schon längst auf- einander zubewegt hatten, dafür exi- stieren noch weitere Indikatoren. So nahm sich die Universitätsmedizin hin und wieder auch Fragen der me- dialen Umsetzung fachlicher Infor- mationen an. Es promovierte bei- spielsweise W. Russe' Wright an der medizinischen Fakultät der South- ern Illinois University mit einer Dis- sertation, über die er 1975 unter der Überschrift „Mass Media as Sources of Medical Information" im „Journal of Communications" berichtete.

Ebenfalls von der Medizin kom- mend, war es aber vor allem Profes- sor Dr. Stacey B. Day, der ganz we- sentliche Impulse setzte. Er gründe- te 1975 im Verlag S. Karger (Basel — München — Paris — London — New York — Sydney) die Vierteljahres- schrift „Biosciences Communica- tions" mit dem Untertitel „An Inter- national Interdisciplinary Journal of Communications Research and Theory in the Biosciences and Fields of Health Care Delivery". Die Zeit- schrift nahm 1979 den neuen Titel

„Health Communications and Infor- matics" an und hat inzwischen ei- nen internationalen Mitarbeiterstab aufzuweisen. Stacey B. Day, der bis 1979 am Department of Biomedical Communication and Medical Educa- tion des weltbekannten Sloan-Kette- ring Institute for Cancer Research in New York tätig war und heute als Präsident der International Founda- tion for Biosocial Development and Human Health fungiert, zählt ganz unzweifelhaft zu den maßgeblichen Ausgabe A/B DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 7 vom 19. Februar 1982 73

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amerikanischen medizinisch ori- entierten Kommunikationswissen- schaftlern, wovon namentlich sein Buch „Communication of Scientific Information" (Basel u. a. 1975) Zeug- nis ablegt.

Damit wurde zum erstenmal in der fachwissenschaftlichen Literatur ein umfassendes Überblickswerk über zahlreiche Aspekte der Interdepen- denzen von Medizin und Kommuni- kation(smedien) vorgelegt. In einem anderen seiner Bücher, betitelt

„Health Communications" (New York 1979), fügte Day die Medizin- und Gesundheitspublizistik in das allgemeine Sozial- und Kommunika- tionssystem sinnvoll und kenntnis- reich ein. Als Quintessenz für Medi- zin- und Wissenschaftskommunika- tion kann jenes von Stacey Day im zuerst genannten Buch enthaltene Kommunikationsschema betrachtet werden, das die Distribution fach- wissenschaftlicher Informationen vom Wissenschaftler mittels eines Systems konzentrischer Kreise ver- anschaulicht.

Was die wissenschaftsjournalisti- schen Aktivitäten der publizistik- und kommunikationswissenschaftli- chen Universitätsinstitute der USA anlangt, so beziehen manche der im American Council an Education for Journalism zusammengeschlosse-

nen Ausbildungsstätten die Pflege der Wissenschaftspublizistik in ihre Lehr- und Forschungsprogramme ein, sowohl auf den Ausbildungsstu- fen des Bachelor-, als auch Magi- ster- oder Doktorats-Studiums. Die meisten dieser Ausbildungskonzep- tionen, so scheint es, konzentrieren sich auf Wissenschaftsjournalisten für Tageszeitungen und (Fach-) Zeit- schriften, weniger für Rundfunk und Fernsehen oder gar Film. Immer häufiger kommt es auch zu Tagun- gen, Konferenzen u. a., auf denen Mediziner und Kommunikationswis- senschaftler gemeinsam die anste- henden Lehr- und Forschungspro- bleme erörtern.

So veranstaltete beispielsweise die Annenberg School of Communica- tions der University of Pennsylvania im Oktober 1979 einen wissen-

schaftlichen Kongreß zum Thema:

„Public Views of Doctors and Law- yers — Media, Images, and the Pro- fessions". In sieben Panel-Diskus- sionen und zwei General-Sitzungen hörten und diskutierten mehr als 40 Experten über Fragen des Berufs- prestiges sowie der Stellung des Arztes in der Öffentlichkeit sowie im medienvermittelten Bild des Medizi- ners. Etwa zur gleichen Zeit trafen sich Kommunikationswissenschaft- ler und Mediziner an der Columbia University in New York, um gemein- sam über das aktuelle Thema

„Aging — Research and Perspec- tives. A Briefing for the Press" zu diskutieren. Eines der Referate hielt der Arzt Dr. Robert N. Butler unter dem Titel „Breaking Images — The Media and Aging". Ähnliche Bemü- hungen lassen sich für andere publi- zistikwissenschaftliche Fakultäten nachweisen, an denen zunehmend — auch unter gesundheits- und um- weltschutzpolitischer Perspektive — wissenschaftspublizistische Fragen abgehandelt werden. Der Trend zur Annäherung von Medizin und Kom- munikationsmedien steigt ständig, da hier ganz offensichtlich ein Be- richterstattungsfeld für künftige Me- dienmitarbeiter gegeben ist, das noch beträchtlich expandieren dürfte.

Um nur ein Beispiel dafür herauszu- greifen, welchen Stellenwert die Wissenschaftsjournalistik an nam- haften amerikanischen Publizistik- Fakultäten bereits innehat, mag die Ausbildungssituation in einer der re- nommiertesten Ausbildungsstätten dieser Art knapp skizziert sein, näm- lich an der von Joseph Pulitzer inau- gurierten Graduate School of Jour- nalism der Columbia University in New York. Hier ist es — neben ande- ren Dozenten — namentlich Profes- sor Kenneth K. Goldstein, der auf dem Sektor der Wissenschaftspubli- zistik lehrt und forscht. Zu seinen Spezialgebieten zählt die Medizin- publizistik, ein von ihm verfaßtes und weitverbreitetes Buch führt den Titel „New Frontiers of Medicine".

Um einen Eindruck davon zu vermit- teln, welche Themen von Columbia- Dozenten beispielsweise einigen Ab-

solventen des Jahrgangs 1980 für Magister-Graduierungsstudien ge- stellt worden sind, mögen folgende Arbeiten angeführt sein, die im wei- testen Sinne medizinsoziologische bzw. gesundheitspolitische Aspekte aufweisen: „Add more Life to Retire- ment — Be Creative and Productive"

(Verfasser J. S. Kennedy); „Deadline

— The Struggle over Harlem's Health Care" (R. D. Addams); „Pregnancy After 30 — Is it Worth to Wait?" (R.

Aikman); „Battling Sickness Before it Begins — Health Education and the Poor" (A. J. Amor); „Home Birth and the Crisis in Modern Obstetrics" (K.

L. Barrett); „Warning — Doctors have Determined that Meditation is good for Your Health" (J. Bennett-Doer- ner); „The Childbearing Center—An Alternative Birthing Experiment" (J.

M. Horowitz); „The Bail-Out of Brooklyn Jewish Hospital — the Res- cue of a venerable Medical, Social, Economic and Political Institution"

(W. H. Hamilton); „Health Foods — Natural Goodness or Nutritional Hoax?" (C. J. Roth); „Marijuana" (P.

Lara); „Taking Harlem's Pulse — Har- lem Hospital" (J. C. McBride).

Publizistikpraktische Fragen Diese elf aus etwa 150 Columbia Ma- gister-Absolventen des Jahrganges 1980 bearbeiteten somit — und das erscheint für deutsche Verhältnisse recht erstaunlich — Themen für ihre Graduierungsarbeiten, die weniger publizistikwissenschaftliche Aspek- te berühren als vielmehr publizistik- praktische Fragestellungen mit me- dizinischen Bezügen, welche exakte journalistische Recherche verlang- ten und zum größten Teil zu den

„heißen Themen" in New York wäh- rend des letzten Jahres zählten.

Durch die Kombination des Publizi- stik-Studiums mit anderen Fächern, beispielsweise aus dem medizini- schen und naturwissenschaftlichen Bereich, kommen derlei Orientierun- gen und Forschungsarbeiten häufig zustande, also bewußt infolge inter- disziplinärer Ansätze.

Da Wissenschaftspublizisten — in den USA häufig undifferenziert un- ter der Kurzformel „Science Writ- ers" etikettiert — jedweder Prove-

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Kommunikationsmedien

nienz von den publizistischen Me- dien des Landes ständig gesucht werden, hat sich die akademische Ausbildung auf diese Nachfrage teil- weise eingestellt. Wissenschaft wird

— häufig allerdings in sehr populari- sierter Form —von fast allen Massen- medien der USA ständig berücksich- tigt und von den Rezipienten offen- sichtlich auch geschätzt. Unter den Printmedien zählt die Wissen- schaftssparte der „New York Times"

zu den deutlich herausragenden pu- blizistischen Erscheinungen, die zum beträchtlichen Teil exklusiven Charakter aufweist.

Welch beträchtliches Berufsfeld für Wissenschaftsjournalisten in den USA generell gegeben ist, kann schon allein aus der Anzahl großer wissenschaftspublizistischer Be- rufsverbände abgeleitet werden, von denen hier nur die wichtigsten ge- nannt seien: Die 1934 gegründete National Association of Science Writers gilt mit ihren mehr als tau- send Mitgliedern als die umfassend- ste dieser Vereinigungen. Das Coun- cil for the Advancement of Science Writing (Oak Park, Illinois) vereint die Wissenschaftsjournalisten von 26 größeren Zeitungen des Landes.

Im hier relevanten Sinne muß jedoch vor allem auf die American Medical Writers Association (AMWA) in Be- thesda/Maryland hingewiesen wer- den, die beträchtliche Aktivitäten entfaltet, von denen nachfolgend einige aufgezeigt werden mögen: „If you are a physician, a nurse, or a pharmacist who wants to submit a readable and publishable article to a professional journal", so heißt es in einer Eigendarstellung der Zielset- zungen der AMWA, dann könne und solle man die Mitgliedschaft erwer- ben. Und die Selbstdefinition der Aufgaben fährt über die angespro- chenen Zielgruppen fort: „If you are a professional writer, an editor, or a graphics designer in the health care field who wants to become even more creatively productive . . .If you are a medical communicator who wants to know and use the best con- temporary verbal/visual techniques for conveying information ...If you want to meet, on social and profes- sional levels, the many kinds of

people described who conduct and participate in relevant, stimulating workshops and seminars in all parts of the country" — für all diese Berufe sei die Mitgliedschaft in der AMWA anzuempfehlen und faktisch unent- behrlich.

Aus dem Umkreis dieser medizinpu- blizistischen Vereinigung stammen auch zahlreiche fachliche Veröffent- lichungen, die dazu beitragen, die Interdependenzen zwischen Medizin und Kommunikationsmedien zu er- läutern oder praktische Hilfen für die Umsetzung des bisweilen fachtermi- nologisch gespickten Forschungs- output in medienadäquate Sprache und Form anzubieten. So publizierte der Arzt Dr. Lester S. King eine viel- verbreitete Anleitung zum publi- kumsnahen wissenschaftsjournali- stischen Schreiben unter dem Titel

„Why not say it Clearly", und ein anderer Autor, Dr. med. John H.

Dirckx, legte das speziell für publi- zierende Mediziner gedachte Buch

„A Physician's Guide to Medical Wri- ting" vor. Die AMWA selbst hatte be- reits 1957 eine kleine Publikation unter der Bezeichnung „A Group of Papers on Medical Writing" heraus- gebracht, und erst jüngst veröffent- lichte sie als Fazit eines Jahrzehntes die „Medical Writing Bibliography, 1970 — June 1979".

Als wichtigste Aufgabe erachtet die AMWA indes ihre alljährlich veran- stalteten Kongresse, auf der Wissen- schaftler und Praktiker aus Medizin und Publizistik gemeinsam zentrale Fragen medizinischer Kommunika- tion erörtern. In der Zeit vom 30.

September bis 4. Oktober 1980 fand die 40. Jahrestagung der AMWA in Atlanta/Georgia statt. In Plenarsit- zungen, Workshops und Intensiv- kursen wurden dort wiederum ver- schiedenste Probleme von medizin- publizistischer Relevanz erörtert, diskutiert und vertiefend erarbeitet.

Namentlich einige Arbeitskreise des Kongresses erschienen für ange- hende Mediziner recht attraktiv, wer- den sie doch gemäß einer Überein- kunft mit der American Medical As- sociation — in gewissem Umfange auf die ärztliche Ausbildung aner- kannt.

Der knapp einwöchige Kongreß, der zugleich Aus- und Fortbildungsan- gebote für Medizinpublizisten ent- hielt, beschäftigte sich zum Teil mit recht praxisbezogenen Themen, so z. B. „Creativity in Science Writing",

„Medical English — Usage and Ab- usage", „Organization of Medical Papers", „Scope of Medical Com- munications", „Health Communica- tion in the 1980's", „Medical/Phar- maceutical Advertising", „Medical Statistics", „Bibliographic Resour- ces to Medical Communications",

„It's Turtles all the way down — the Editorial Office in a University or Re- search Center", „Writing for the Public", „Effective Scientific/Educa- tional Exhibit Writing and Design",

„Ethical Perspectives on Medical Writing in the Pharmaceutical Indus- try", „Writing for Medical Magazi- nes" usw. In einer speziellen Ar- beitsgruppe, „Forum on Communi- cations" genannt, wurden Vorträge angeboten u. a. zu folgenden The- men: „Better Ways to communicate

— How to get your Message across in the 1980's", „Medical Media— State- of-the Art'', „Which Medium for the Message?", „Expanding Role of the Medical Writer" oder „Demystifying Media — First Define the Need".

Mit diesem breitgefächerten Ange- bot wird, so scheint es, gewisserma- ßen eine symbiotische Beziehung von Medizinern und Journalisten in- tendiert, wie sie in ähnlicher Ausprä- gung vermutlich kaum irgendwo au- ßerhalb der USA zu vergleichbaren Kooperationsformen geführt haben dürfte und — was nicht unerwähnt bleiben sollte — für eine erfolgreiche Tätigkeit im medizinpublizistischen Bereich schon quasi so etwas wie ein „essential" darstellt.

Viele

interdisziplinäre Kooperationen

Diese und ähnliche Formen der Zu- sammenarbeit zwischen Hochschul- und Praktiker-Medizin einerseits so- wie Hochschul- und Praktiker-Publi- zistik auf der anderen Seite ließen sich möglicherweise noch anhand weiterer Befunde in den USA ausma- chen, können jedoch hier keine be- Ausgabe A/B DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 7 vom 19. Februar 1982 79

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sondere Berücksichtigung mehr fin- den. Wagt man den Versuch eines vorläufigen Fazits und einer Inter- pretation der existierenden Gege- benheiten, so kann man abschlie- ßend zu einigen gravierenden Fest- stellungen gelangen: Trotz der in den USA durchweg bei Mediziner- und Publizistenausbildung an den Universitäten zu registrierenden

"Verschulung" des Lehrangebots hat der pragmatische Sinn der Ame- rikaner doch eine Menge interdiszi- plinärer Kooperationen dort bewerk- stelligt, wo sie - wie im Grenzbe- reich von Medizin und Publizistik - sinnvoll erscheinen.

Auf der einen Seite existieren die empirisch arbeitende Medizin sowie die analytisch vorgehende Kommu- nikationsforschung, daneben oder dazu aber finden sich anwendungs- bezogene gemeinsame Ausbil- dungskonzepte für Mediziner und Publizisten, die zum Ziel haben, me- dizinische Informationen über den Kreis der relativ enggezogenen Grenzen der Fachpresse in breitere Publikumskreise zu transportieren, wozu sich am ehesten die soge- nannten Massenmedien eignen.

Wenn überhaupt irgendwo von ei- nem quasi-symbiotischen Charakter von Medizin und Publizistik gespro- chen werden kann, dann trifft dies zweifelsohne auf die Verhältnisse in den USA zu. Angestammtes akade- misches Scheuklappendenken so- wie berufspragmatische Überlegun- gen ansonsten mancherorts strikt voneinander getrennter Ressorts bzw. Fakultäten scheinen weniger stark ausgeprägt zu sein und haben zu bisweilen erstaunlich anmuten- den Kooperationsformen über enge fachliche Grenzen hinaus geführt- zur Annäherung und partiellen Inte- gration medizinischer und publizisti- scher Ambitionen in ein relativ gut- funktionierendes Gesamtsystem der medial distributierten Medizinkom- munikation.

Anschrift des Verfassers: Prof. Dr. phil. Dr. paed.

Heinz-Dietrich Fischer Äskulapsweg 28 4630 Bochum 1

Mobilisierung gegen den Risikofaktor Nr. 1

der Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Bundesweite Aktion der Bundesärztekammer und der Deutschen Liga gegen Bluthochdruck

Klingt es nicht paradox, wenn trotz der Häufigkeit der Bluthoch- druckerkrankungen und trotz des vergleichsweise bescheidenen Be- handlungs-Aufwandes bisher eine energische Kampfansage dem Ri- sikofaktor Nr. 1 der Herz-Kreislauf- Erkrankungen ausgeblieben ist?

Die Erklärung lautet ganz einfach:

Die Bevölkerung weiß zu wenig über die Besonderheiten der Krankheit, ja glaubt vielleicht gar nicht, daß es sich um eine Krank- heit handelt. Ein Grund liegt si- cherlich darin, daß Bluthochdruck in seinem Anfangsstadium kaum Beschwerden verursacht. Außer- dem herrschen über die Folge- erkrankungen im Herz-Kreislauf- Bereich nur vage Vorstellungen.

Eine Aufklärungskampagne ist deshalb vonnöten. Vor kurzem ga- ben Bundesärztekammer und die Deutsche Liga zur Bekämpfung des hohen Blutdrucks den Start- schuß. Mit Empfehlungen und Aufklärungsschriften (beispiels- weise "Biutdruckpaß" und "Zehn Regeln für Hochdruck-Patienten") richtet sich ihre gemeinsame Ak- tion an Arzt und Patient gleicher- maßen.

Informationsdefizit unter der Bevölkerung

Eine "Biutdruckstudie", 1980 vom Medis-lnstitut in München unter Leitung von Professor Dr. Ulrich Keil durchgeführt, brachte folgen- de Ergebnisse:

~ 31 Prozent der rund 2100 un- tersuchten Männer und Frauen

mit Blutdruckwerten über 160/95 mmHg wußten nichts von ihrem hohen Blutdruck

~ 22 Prozent waren in keiner Be- handlung

~ 16 Prozent gaben die Einnah- men von blutdruckwirksamen Me- dikamenten an, ohne daß der Blut- druck auf normale Werte gesenkt war, und

~ nur rund 30 Prozent waren in einer erfolgreichen Behandlung.

Angesichts der Tatsache, daß rund die Hälfte aller Todesfälle auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu- rückzuführen sind, dessen wich- tigster Risikofaktor der hohe Blut- druck ist, müssen diese Ergebnis- se, die im übrigen durch eine sorg- fältige, standardisierte Untersu- chungsreihe zustande kamen, sehr ernst genommen werden. ln einem Memorandum des Deut- schen Instituts zur Bekämpfung des hohen Blutdrucks (DIBHB), Heidelberg, wird das Grundübel beim Namen genannt: "Es fehlt in der Bundesrepublik Deutschland an einer gesundheitspolitischen Konzeption zur systematischen Erkennung und Bekämpfung des hohen Blutdruckes. Es fehlt aber auch an der Infrastruktur, eine sol- che Konzeption durchzusetzen, und es bestehen grundsätzliche Bedenken, ob die Deutsche Liga zur Bekämpfung des hohen Blut- druckes als private Institution Auf- gaben der genannten Größen- ordnung und gesundheitspoliti- schen Bedeutung auf der Basis

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