A3052 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 44⏐⏐2. November 2007
G E L D A N L A G E
V
or gut zwei Stunden läutete der Postbote und brachte, ne- ben der üblichen Hauspost, ein ge- heimnisvolles Päckchen. Es handele sich, so der Glück verheißende Auf- druck, um eine Schatzkiste. In der freudigen Erwartung, ein Anleger habe mir möglicherweise wegen ei- nes fetten Kursgewinns eine Fla- sche Champagner geschenkt, öffne- te ich voller Neugier das Päckchen.Doch welche Enttäuschung barg der tatsächliche Inhalt.
In dem auf Edel gemachten Holz- kästlein verbarg sich neben immen- ser Füllwolle und einigen Pralinen unter anderem Werbematerial, und zwar ein Prospekt der Morgan Stan- ley Bank AG, in dem für eine Geld- anlage in den „Morgan Stanley Schatzbrief“ geworben wurde, ge- nauer dafür, dass ich diese Papiere wohl unter die Leute bringen sollte.
Mein lieber Schwan, was sich Wer- bemenschen alles einfallen lassen!
Wenn ich den Prospekt richtig ver-
standen habe, tritt Morgan Stanley mit seinem Schatzbrief (auch mit Typ A und B) in Konkurrenz zu den bekannten Bundesschatzbriefen und hebt im Grunde darauf ab, besser zu sein. So gibt es unter bestimmten Umständen zum Laufzeitende einen Bonus von einem Prozent, und außerdem seien die eigenen Papiere
„im Gegensatz zu Bundesschatz- briefen“ an der Börse handelbar. Es existiere damit „keine Verkaufsbe- schränkung wie bei Bundesschatz- briefen“.
Das ist ein bisschen link formu- liert. In der Tat können nämlich bei Bundesschatzbriefen (soweit nach dem 1. 1. 2002 emittiert) binnen 30 Zinstagen jeweils Anteile bis 5 000 Euro kostenfrei und ohne jeden Kursverlust zurückgegeben werden.
Etwas schamhaft wird im Kleinge- druckten vermerkt, dass bei den Morgan-Stanley-Schatzbriefen zu- sätzliche Kosten für den Kauf und Verkauf sowie für die Verwahrung
entstehen können. Das nagt natür- lich auch ein wenig an den Erträgen.
Bundesschatzbriefe hingegen kön- nen neben dem kostenfreien Erwerb und der Einlösung bei der Bundes- wertpapierverwaltung völlig spe- senfrei verwahrt werden.
Es ist unmittelbar einsichtig, dass Morgan Stanley etwas höhere Ren- diten bietet (bieten muss), als Staats- papiere abwerfen. Je besser die Bo- nität eines Emittenten, desto weni- ger Rendite muss er bieten und kann seine Produkte trotzdem gut an den Mann bringen. Nicht umsonst er- werben die Notenbanken der Welt deutsche Bundeswertpapiere.
Da kein Schatz dem anderen gleicht, ist der Anleger sicher gut beraten, Offerten jedweder Art ge- nau zu prüfen. Wer so klappert wie Morgan Stanley, versteht zwar sein Handwerk und kann auch ein mehr oder weniger konkurrenzfähiges Produkt vorweisen. Es gibt gleich- wohl attraktivere Alternativen. I BÖRSEBIUS