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A2594 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 40½½½½5. Oktober 2001
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enn sich gleiche Inter- essen und Sammellei- denschaft von einer Generation auf die nächste übertragen, können private Kunstsammlungen wie die Sammlung Thyssen-Borne- misza entstehen, die zu den herausragendsten der Welt zählt. August Thyssen (1842–1926) begann im fortgeschrit- tenen Alter, Skulpturen zu sammeln. Sein Sohn Heinrich Thyssen-Bornemisza (1875–
1947) baute eine Kollektion deutscher, flämischer, hollän- discher, spanischer und fran- zösischer Meister aus dem 13.
bis 18. Jahrhundert auf. Des- sen Sohn, Hans Heinrich Ba- ron Thyssen-Bornemisza, erb- te deren größten Teil und er- weiterte sie vor allem durch Meisterwerke des 19. und 20.
Jahrhunderts.
Ursprünglich in der Villa Favorita in Lugano dem inter- essierten Publikum zugäng- lich, fand die auf mehr als 1 500 Werke angewachsene Kollek- tion, die inzwischen vom spa- nischen Staat erworben wurde, 1992 in Madrid im Palacio de Villahermosa gegenüber dem Museo del Prado ihr endgülti- ges Domizil. Carmen Thyssen- Bornemisza teilt das Kunstin- teresse ihres Mannes. Ihre ei- gene Sammlung, die sich auf die spanische, französische und amerikanische Malerei des 19. und 20. Jahrhunderts konzentriert, soll in den kom- menden Jahren auch in das Museo Thyssen-Bornemisza integriert werden.
Da die Vorliebe des Ba- rons der Landschaftsmalerei
gilt und diese auch Schwer- punkt seiner Kollektion ist, wählte man für die zu Ehren des Sammlers ausgerichtete Bonner Ausstellung 84 Mei-
sterwerke dieses Genres aus dem Museum Thyssen-Bor- nemisza und der Sammlung Carmen Thyssen-Bornemisza aus. Sie verschaffen einen Überblick über die Entwick- lung, Stellung und den Be- deutungswandel der Land- schaftsmalerei von der flämi- schen und niederländischen Kunst des 16. Jahrhunderts bis zu den Expressionisten Anfang des 20. Jahrhunderts.
Die Ausstellung unterglie- dert sich in folgende Sektio- nen: Die Autonomie der Landschaft (Der flämische Bereich/Der niederländische Bereich/Bukolische Inspirati- on), Das 18. Jahrhundert (Jardins d'amour/Der Unter- gang der klassischen Stadt), Das 19. Jahrhundert (Die Erforschung von Eden/Die Wiederentdeckung des Länd- lichen), Impressionistische Blicke (Paris und seine Um- gebung/Die Ausstrahlung des Impressionismus), Die Farbe in Freiheit (Die Fauves/Ex- pressionismus). Neben her- ausragenden Künstlern der Alten Welt sind auch ausge- wählte Werke der in Europa nur selten ausgestellten ame- rikanischen Meister der Landschaftsmalerei des 19.
Jahrhunderts zu sehen, etwa Frederic Edwin Church, Mar- tin Johnson Heade und Tho- mas Cole. Sie erinnern an die europäische Malerei der Ro- mantik und dürften manchen Betrachter fesseln. Emotio- nalität, Träumerei, Allegorie und Spiritualität sind deren Ursprung.
Wer sich intensiver über die Geschichte der Sammlung Thyssen-Bornemisza und der Landschaftsmalerei informie- ren will, dem sei die in der Aus- stellung gezeigte 45-minütige Filmdokumentation und der 250 Seiten umfassende, mit 90 Farbabbildungen ausgestat- tete Katalog empfohlen. Eine Vortragsreihe von und mit namhaften Wissenschaftlern zu ausgewählten Themen der Landschaftsmalerei findet je- weils dienstags um 19 Uhr statt. Ein interessantes, aus- stellungsbegleitendes Work- shopprogramm führt auch Kinder und Jugendliche auf anregende und aktiv kreative Art auf die Wege zur Kunst.
Dr. med. Stephanie Krannich
Landschaftsmalerei
Von Brueghel bis Kandinsky
84 Meisterwerke aus dem Museum Thyssen- Bornemisza und der Sammlung Carmen Thyssen- Bornemisza werden zurzeit in Bonn präsentiert.
Die Ausstellung „Landschaften von Brueghel bis Kandinsky“ ist noch bis zum 25. November in Bonn in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Museumsmeile Bonn, Friedrich-Ebert-Allee 4, 53113 Bonn, zu se- hen. Öffnungszeiten: dienstags und mittwochs 10 bis 21 Uhr, donnerstags bis sonntags 10 bis 19 Uhr, montags geschlossen. Weitere Informationen: Telefon:
02 28/91 71-2 00, Internet: www.bundeskunsthalle.de
Antonio Canal, genannt Canaletto (1697–1768): „Il Bucintoro“ in Ve- nedig, um 1745/50, Öl auf Leinwand, 57 x 93 cm
Emil Nolde (1867–1956): Marsch- brücke, 1910, Öl auf Leinwand, 73 x 89,5 cm Fotos: Kunst- und Ausstel- lungshalle der Bundesrepublik Deutschland
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