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Ein Modell für die Lebensmittelforschung

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Academic year: 2022

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E R N Ä H R U N G

Das Joghurt – wissenschaftliche Reise (Teil 1)

Ein Modell für die Lebensmittelforschung

In Zusammenarbeit mit verschiedenen Forschungsinstituten in der Schweiz und im Ausland beschäftigen sich Forschende bei Agroscope intensiv mit Milchsäurebakterien in Joghurts. Das Kompetenzzentrum für landwirt- schaftliche Forschung möchte damit einen wesentlichen Beitrag zur Herstellung von gesundheitsförderndem Joghurt leisten. Die Forschenden wenden dafür innovative Methoden der Molekularbiologie und Bioinformatik an.

Guy Vergères ¹, Pascal Fuchsmann ¹ Joghurt gilt aus zahlreichen Gründen als gesundes Lebensmittel. Dazu zählen nicht nur wissenschaftliche Fakten, sondern auch eine günstige Wahrnehmung der Konsumentinnen und Konsumenten, die sich aus psychologischen Gründen positiv auf die Gesundheit auswirkt. Im Gegen- satz zu stärker industriell verarbeiteten Lebensmitteln können die Konsumenten die Verarbeitungsschritte der Joghurther- stellung leicht nachvollziehen. So besteht die Herstellung in der einfachsten Form in einer Inkubation von Milch mit Milchsäure- bakterien während einiger Stunden bei 45 °C. Joghurt ist jedoch nicht nur dank der einfachen Herstellung ein besonders attraktives Forschungsmodell, sondern auch, weil es eine grosse bakterielle und chemische Komplexität aufweist. Ein Ziel der Forschenden ist es, Milchsäurebakte- rien zu identifizieren, welche die Eigen-

schaften von Joghurt so verändern, dass ein Lebensmittel mit neuem ernährungs- physiologischem Nutzen für den mensch- lichen Organismus entsteht. Diese Aufga- be erfordert ein detailreiches Verständnis der Mechanismen der Fermentation von Milch.

Genotyp und Phänotyp

Diese interdisziplinäre wissenschaftliche Reise beginnt bei der Sequenzierung des Genoms von Milchsäurebakterien durch Mikrobiologen und schliesst die «in silico»- Identifikation (d. h. die Bestimmung mittels Bild 1: Ein grosser Kulturschatz: Agroscope archiviert und reproduziert Käsekulturen, die wäh- rend eines Jahrhunderts gesammelt wurden und für die Käseherstellung gebraucht werden.

Bild: Agroscope

¹ Agroscope, Bern

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E R N Ä H R U N G

Bioinformatik) des gesundheitlichen Poten- zials der sequenzierten Bakterien ein.

Agroscope verfügt über rund 10 000 Iso- late von Milchsäurebakterien – ein wert- volles Erbe aus einem Jahrhundert Käse- forschung in Liebefeld bei Bern. Im vergangenen Jahrzehnt wurden mehr als 700 dieser Isolate sequenziert und funk- tionell beschrieben. Jedes dieser Genome ist einzigartig, und die in der DNA gespei- cherte genetische Information (der Geno- typ) kann «in silico» analysiert werden, um zu prognostizieren, wie sich Unterschiede der Genotypen auf spezifische ernäh- rungsphysiologische Eigenschaften (der Phänotyp) von Joghurt auswirken, das mit diesen Bakterien hergestellt wird. Ein Bei- spiel für eine solche Eigenschaft ist die Produktion eines immunmodulierenden Vitamins.

In der Küche des Konsumenten ergibt sich der Phänotyp des von ihm hergestellten Jogurts aus den sensorischen Eigenschaf- ten (Aussehen, Textur im Mund, Geruch, Aroma und Geschmack). Auf der anderen Seite nutzt die Ernährungswissenschaft, die sich für eine objektive Charakterisie- rung eines solchen Produkts interessiert, extrem leistungsfähige Analysemethoden.

Namentlich die Metabolomik ermöglicht die schnelle und gleichzeitige Quantifizie- rung der Tausenden von verschiedenen Molekülen eines Lebensmittels. Das Ziel dieser Forschung ist es, unter diesen Tau- senden von Stoffen diejenigen Moleküle zu finden (und davon gibt es nicht weni- ge!), deren Konzentration sich beim Um- wandlungsprozess von Milch zu Joghurt verändert, oder die ganz verschwinden oder neu entstehen. Wenn Moleküle wie das oben erwähnte immunmodulierende Vitamin identifiziert werden können, lässt sich das Lebensmittel möglicherweise in ernährungsphysiologischer Hinsicht ver- bessern.

Durch den einfachen und schnellen Her- stellungsprozesses von Joghurt und die Verfügbarkeit von stark automatisierten Analysesystemen können die Forschenden die Selektion der Bakterien im Labor vor- nehmen. Sie können jedes der 700 mit diesen sequenzierten Stämmen produzier- ten Joghurts analysieren. Im Vergleich mit der Herstellung von Käse ist die für die Joghurtherstellung erforderliche Fermen- tationszeit sehr kurz. Aus diesem Grund können die Mechanismen, die den Phäno- typ eines Joghurts festlegen, das heisst die durch den Fermentationsprozess verän- derten Moleküle der Milch, effizienter auf der Grundlage des Genotyps der verwen- deten Stämme identifiziert werden. Jo- ghurt bietet sich folglich als Modelllebens- mittel an, um in der Zukunft auch Zusammenhänge zwischen Genotyp und Phänotyp bei komplexeren fermentierten Lebensmitteln wie Käse herzustellen.

Neue Technologien – neue Herausforderungen

Wie oft in einer Wissenschaft, die sich stark auf Innovation stützt, treffen neue Strategien auch auf neue Herausforderun- gen. So stösst auch die Strategie, den Ge- notyp von Bakterien mit der stofflichen Zusammensetzung der Joghurts zu verbin- den, an gewisse Grenzen. Von der alleini- gen Kenntnis des genetischen Codes ei- nes Milchsäurebakteriums lässt sich nicht linear auf den Phänotyp des Joghurts schliessen, das durch Bakterien dieses Ge- notyps hergestellt wurde. Mit anderen Worten: Die Forschenden können nicht exakt vorhersagen, welche in diesem Bak- terium vorhandenen Gene exprimiert wer- den und wirklich zur Umwandlung der Milchinhaltsstoffe beitragen.

Die ernährungsphysiologische Charakteri- sierung von Joghurt – und Lebensmitteln

im Allgemeinen – lässt sich nicht auf eine kleine Auswahl von Nährstoffen beschrän- ken, sondern ist das Ergebnis der Gesamt- zusammensetzung. Die Metabolomik ist ein Schlüsselwerkzeug für den Erfolg des phänotypischen Ansatzes. Die überwie- gende Mehrheit der Tausenden von Mole- külen, die in einem Joghurt gemessen werden, können aber noch nicht identifi- ziert werden. Die analytische Chemie stösst heute noch an Grenzen, weshalb weltweit zahlreiche Forschungsgruppen nach Wegen suchen, diese grosse Heraus- forderung zu meistern.

Welche Auswirkungen die Umwandlung von Milch zu Joghurt auf den Metabolis- mus und die Gesundheit der Konsumen- ten hat, wird das Thema der zweiten Etap- pe der hier in diesem Artikel vorgestellten wissenschaftlichen Reise bilden. In dieser zweiten Reiseetappe werden ähnliche Werkzeuge zur Anwendung kommen wie in der Mikrobiologie und den Lebensmit- telwissenschaften – diesmal jedoch ein- gesetzt von Forschenden der Ernährungs- wissenschaften. Doch diese Geschichte wird in einer anderen Episode erzählt.

Originalpublikation

T. Roder et al., «In silico comparison shows that the pan-genome of a dairy-related bacterial culture collection covers most re- actions annotated to human microbiomes», Microorganisms (2020); DOI: 10.3390/

microorganisms8070966.

Kontakt

PD Dr. Vergères Guy Agroscope

Schwarzenburgstrasse 161 CH-3003 Bern

+41 58 463 81 54

guy.vergeres@agroscope.admin.ch www.agroscope.ch

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