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2. Geophysikalische Messtechniken und der Aufbau des Erdkörpers

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Academic year: 2022

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Einführung in die Geophysik

2. Geophysikalische Messtechniken und der Aufbau des Erdkörpers

Unterschied zwischen Geophysik, Astrophysik und Experimentalphysik im Labor: Der Geo- physiker, Astrophysiker kontrolliert häufig das Experiment nicht selbst, sondern nimmt an ei- nem Experiment teil (als Beobachter), das die Natur macht. Beispiel hier: Die Beobachtung des radioaktiven Zerfalls und die Messung von Isotopenverhältnissen.

2.4. Altersbestimmung

Die Frage nach dem Alter der Erde ist weit über die Geophysik hinaus von grundsätzlichem Interesse. Vor der Aufklärung wurde dieses Alter häufig mit dem Alter der Menschheit gleich- gesetzt – in ähnlicher Weise wie auch das Weltbild anthropozentrisch war (Beispiel: Nach Bi- shop Ussher (1664) entstand die Erde im Jahr 4004 v. Chr.). Die Bestimmung einer von Glaubensvorstellungen unabhängigen Erdalters ist eine Leistung der Aufklärung. Vor der Entdeckung der Radioaktivität, der wir die heutigen Messmethoden sowie das Ergebnis,

Jahre

tErde 4.5109 verdanken, hat es bereits ‚physikalische’ Versuche zur Bestimmung des Erdalters gegeben, von denen einige kurz vorgestellt werden sollen.

2.4.1. Radioaktivität und Isotopenverhältnisse

Zur Datierung geologischer Formationen wird der radioaktive Zerfall e t

A

A° , t12=

 2 ln

von Elementen mit 'geologisch relevanter' Halbwertszeit t12 genutzt, z.B.

Pb U 206

238  , 4.47

12

t 109a

Pb U 207

235  , .704

12

t 109a

Sr Rb 87

87  , 48.8

12

t 109a

Ar K 40

40  , 1.25

12

t 109a

Wenn die ursprüngliche ZahlA° radioaktiver Atome bekannt ist, kann das Alter (die Zeit seit dem Beginn des Zerfallsprozesses) aus

0

1ln A t A



bestimmt werden. Wahrscheinlicher als die ursprüngliche ZahlA° radioaktiver Atome ist die Zahl B der entstandenen Tochteratome bekannt:

 







 

 

 

1 1ln

1 1

t

e e

A A A

B ° t t

(2)

Das ist die Grundgleichung für die radiometrische Altersbestimmung; sie enthält nur Größen, die sich „heute“ im Labor messen lassen. Radioaktivität führt das Problem der Altersbestim- mung auf die Messung eines Isotopenverhältnisses zurück.  Massenspektrometer,

m e -Ver- such .

Einspruch: Kann die Zahl der Tochteratome (=die Menge an Blei) nicht auch durch andere als radioaktive Prozesse, z.B. Transportprozesse, verändert werden? Ja, deshalb die Blei- Blei-Methode.

Wenn die Zahlen der zwei ursprünglichen Uranisotope mit A1 und A2 sowie die der sich er- gebenen Bleiisotope mit B1 und B2 bezeichnet werden, ergibt sich aus der zweimaligen An- wendung der Grundgleichung

1 1

2 1

2 1 2 1

tte e A A B B

Einspruch: Ist die Halbwertszeit (bzw die Zerfallskonstante ) wirklich über 109 Jahre kon- stant? Es gibt zwei Gründe dafür:

1) Kerne sind sehr klein, 1013m, und durch die Elektronenhüllen soweit von einander getrennt, dass sie nicht wechselwirken können. Chemische Prozesse verändern nur die äußere Atomhülle

2) Die Energien, die bei Kernspaltungen frei werden, bzw. für kernphysikalische Prozes- se benötigt werden, sind mit einigen MeV um 104größer als diejenige Energie, die ge- braucht würde, um Elektronen aus der inneren Hülle zu schlagen – und um 106größer als die Energien, welche zu chemischen Prozessen gehören. Insbesondere stellen alle natürlichen Prozesse in der Erde, auch Mantelkonvektion, solche Energien nicht be- reit.

2.4.2. Isotopenverhältnisse und Massenspektrometer Das Massenspektrometer ist eine Variante des Versuchs zur

m

e -Bestimmung

(Wiederholung: Elektronen werden durch Zuführung thermischer Energie aus der Kathode herausgeschlagen und durch ein elektrisches Feld zwischen Kathode und Anode beschleunigt.

Ihre Geschwindigkeit ergibt sich aus 2 2 v U m

ee zu

me

U

v 2e . In einem zum Elektronen- strahl senkechten Magnetfeld zwingt die Lorentzkraft die Elektronen auf eine Kreisbahn, die Umlaufkreisfrequenz ergibt sich aus evB

r v me

2

zu

e

e m

U e r m eB r

v  1 2

  und

2 2

2 B r

U m

e

e

 , oder die Masse des Elektrons ergibt sich zu

U B r me e

2

2

2 )

(3)

Im Massenspektrometer werden die Elektronen durch Ionen des zu untersuchenden Elements ersetzt. Praktisch hält man B und den Radius r der Kreisbahn fest und variiert U; gemessen wird der Ionenstrom (als Mass für die Zahl der Ionen) als Funktion von U.

Ergebnis (Auszüge) Sedimente im Leinetal t 0

Grauwacke im Harz t 380106a

Granit in Karelien t 3.1109a

Alter der Erde (Alter der ältesten Steinmeteoriten) t 4.5109a

2.4.3. Kurzer Rückblick auf Datierungsmethoden vor der Radioaktivität a) Abfall des Normal-Null Niveaus der Ozeane

Nach Benoit de Maillet (1656-1738) war die Erde ursprünglich zu 100% vom Ozean bedeckt.

Messungen im Mittelmeer ergaben einen Abfall des NN Niveaus um 8cm pro 100 Jahre (die heutige Erklärung für diese Erscheinung ist die tektonische Hebung Italiens). Maillet fand alte Gebäude in 2000 m Höhe, die er als ursprüngliche Seehäfen deutete; das Alter dieser Besied-

lung ist also a

m

m a 2.5 106 08

. 0

2000  100   . Veröffentlichung posthum (1748) wegen Wider- spruchs zur kirchlichen Lehrmeinung.

b) Analogexperiment zur Abkühlung

G.L. Leclerc, Comté de Buffon (1707-1788) hatte Eisenkugeln unterschiedlichen Durchmes- sers d, die er erhitzte und dann auf Raumtemperatur abkühlen ließ. Er fand, dass die zur Ab- kühlung notwendige Zeit t linear mit d ging (nach der DGL der Wärmediffusion (siehe c)) wäre tconstd2 korrekt gewesen). Buffon skalierte sein lineare Gesetz naiv auf den Durchmesser der Erde hoch und fand das Abkühlalter der Erde tErde 75000a (1778,

‚Epochs of Nature’)

c) Lösung der DGL der Wärmediffusion

William Thomson (1824-1907, später Lord Kelvin) beschrieb die Abkühlung der Erde richtig mit der Differentialgleichung der Wärmediffusion

t T

dT 2

 

Allerdings hängt das Ergebnis von der gewählten Anfangstemperatur (Thomson: 3871°) , der Temperaturleitfähigkeit  (Thomson: 0.012 cm2/s, ein Mittelwert der Temperaturleitfähig- keit an der Erdoberfläche) und von der sog. Geothermischen Tiefenstufe (Thomson: 1°/28m)

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ab. Thomson erhielt tErde 98106a. Die Rechnung wurde von King (1893) und Perry (1895) mit anderen Anfangsbedingungen wiederholt, sie erhielten 24106a bzw. 29109a!

Thomson, King, Perry wussten nicht: 1) Wärmequellen im Erdinneren wegen der Radioakti- vität. 2) Der wichtigste Wärmetransportmechanismus im Erdmantel ist gar nicht Wärmelei- tung, sondern Konvektion (s. Kap. 3.2).

d) Die Sedimentationsrate

C.D. Walcott (1850-1927) bestimmte für einige erdgeschichtliche Perioden die Dauer der Se- dimententstehung durch Vergleich der Sedimentationsrate mit der Mächtigkeit der Sedimente;

er erhielt 7106a für das gesamte Mesozoikum in Nordamerika und gab 55106a als Erdalter an.

Walcott wusste nicht, dass wir nur die jüngsten Sedimente ‚sehen’ können, die meisten Sedi- mente sind bei plattentektonischen Prozessen wie Subduktion oder Gebirgsbildung (Kap 3.4)

‚verbraucht’ worden.

e) Versalzung des Meerwassers

E. Halley (1656-1742) schlug bereits vor, durch mehrfache Messung des Salzgehaltes des Meerwassers die Zunahme der Versalzung zu messen; durch Rückwärtsinterpolation würde sich dann der Zeitpunkt, zu dem der Salzgehalt 0 war, ergeben. (H. beklagte das Fehlen von antiken Daten zum Salzgehalt!).

J. Joly (1851-1933) verglich die gegenwärtige Versalzung mit dem jährlichen Zugang an Salz durch (alle!) Flüsse und erhielt tErde 90106a.

Joly wusste nicht, dass NaCl durch Verdunstung (50%) und durch Einbau in die Sedimente (50%) abgeht, d.h. sein Erdalter ist eine mittlere Verweildauer des Salzes im Meerwasser.

f) Der Ursprung des Mondes und Gezeitenreibung

G. H. Darwin (1853-1912) bestimmte das Alter des Systems Erde-Mond mit Gezeitenreibung.

Gezeiten entstehen durch das Zusammenwirken von Zentrifugal- und Gravitationskräften (ge- nauer: Kap. 3.1) und führen z.B. bei den Gezeiten der Sonne zu zwei Flutbergen, auf der der Sonne zu- bzw. abgewandten Seiten der Erde. Wegen der Erdrotation ‚wandern’ diese Flut- berge.

Wegen der Viskosität des Wassers und der Behinderung durch enge Meeresstraßen verbraucht das Wandern der Flutberge Energie, welche der Rotationsenergie der Erdrotation entnommen wird. Wenn die Drehfrequenz E der Erde abnimmt, dann auch der Drehimpuls IE der Erde, wegen der Drehimpulserhaltung im System Erde-Mond muss der Drehimpuls des Mondumlaufs zunehmen. Dies führt auf eine Vergrößerung des Durchmessers der Mondbahn (Rechnung in Kap. 3.1).

Darwin (1879, 1898) nahm an, dass der Mond sich von der Erde abgespalten hat und dass un- mittelbar danach die Rotationsperiode der Erde und die Umlaufperiode des Mondes gleich waren (nämlich 3h) und berechnete die Zeit bis zum heutigen Zustand, er erhielt

(5)

Darwin nahm implizit an, dass die Gezeitenreibung (die der Erdrotation entnommene Leis- tung) zu allen Zeiten gleich war. Er wusste nicht, dass wegen der Plattentektonik die Form der Kontinente und Ozeane in früheren geologischen Epochen völlig anders war. Insbesondere während der Zeit des Superkontinents Pangäa sehr viel geringere Gezeitenreibung….

Referenzen

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