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Ein fahrlässiges Risiko für unsere hohe Versorgungsqualität | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik

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Academic year: 2022

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Wissenschaftspolitische Stellungnahmen

42 Die VolkswirtschaftDas Magazin für Wirtschaftspolitik 5-2006

Die «Financial Times» qualifizierte die Swisscom-Politik des Bundesrates als «mut- willig unfähig». Dies, weil der Bundesrat of- fenbar demonstrieren will, dass er zur strate- gischen Unternehmensführung unfähig ist.

Der Schaden für Swisscom, die Börsenverlus- te, die Ausfälle für die Bundeskasse, der Bruch gesetzlicher Spielregeln und der unsorgfältige Umgang mit Volksvermögen sind wohl ein- malig. Solche Inkompetenz wäre auf Dauer wirtschaftspolitisch verheerend, hätten wir nicht über Jahrzehnte andere Erfahrungen gemacht – und deshalb die Gewissheit, dass es wieder anders kommen wird.

Starker Netzanbieter

mit stabilem Mehrheitsaktionär

Eine zuverlässige Telecomversorgung braucht einen starken Netzanbieter mit einem stabilen Mehrheitsaktionär. Dafür eignet sich der Bund am besten. Ein Verkauf der Swiss- com führt zwingend in die Abhängigkeit von Finanzhaien im Ausland oder der Deutschen Telekom. Beides schadet der Versorgungs- und Qualitätssicherheit.

Eine moderne Volkswirtschaft muss auf höchste Qualität der Telecomdienste zählen können. Das ist in der Schweiz seit Jahrzehn- ten garantiert. Bis 1998 sorgte die PTT dafür, seither die Swisscom. Die 98% breitbandfähi- gen Anschlüsse in der Schweiz sind Weltspitze.

Das ist in voll privatisierten Telekommärkten nicht der Fall. Die Swisscom muss das Breit- band auf dem Kupferdraht noch verbessern und das Glasfaser-Netz ausbauen. ADSL – und bald auch VDSL – müssen allen zugänglich sein. Nur der Bund als strategischer Investor, der statt auf Profit zuerst auf Qualität schaut, kann langfristig dafür sorgen.

Grundversorgung wäre mit Privatisierung gefährdet

Eine Privatisierung der Swisscom kann die volkswirtschaftlich nötige Grundversorgung nicht sichern. Die Verpflichtung im Fernmel- degesetz (FMG) genügt ohne den konkreten Eignerauftrag gemäss Telecom-Unterneh- mensgesetz (TUG) nicht. Bisher ist nur die Swisscom zur landesweiten Versorgung fähig.

Mit der Bundesmehrheit würde auch das TUG – und damit der Bundesauftrag – verloren

gehen. Eine rein private Swisscom in ausländi- schen Händen kümmert sich kaum um die nicht rentable Grundversorgung in der Schweiz.

Das FMG alleine garantiert die heutige Qualität nicht, denn es regelt nur die minima- len Voraussetzungen für die Grundversor- gungskonzession. Es sieht vor, dass im freien Markt ein Anbieter zur Grundversorgung verpflichtet wäre, dafür aber entschädigt werden müsste. Das bedeutet: Ohne bundes- eigene Swisscom müssten Steuergelder die Grundversorgung sicherstellen. Nach dem alt- bekannten Motto: Die Profite privat, die Kos- ten dem Staat. Die Telecomversorgung würde zum finanzpolitischen Zankapfel. Politische Budgetlaunen entschieden über Umfang und Qualität der Telecomversorgung in der Schweiz. Das wäre ein infrastruktur- und wirt- schaftspolitischer Unsinn.

Bundesanteil rentiert

Der Swisscom-Verkauf macht auch finanz- politisch keinen Sinn. Gemessen an den bishe- rigen Einnahmen wäre er ein Verlustgeschäft für die Steuernzahlenden. Weniger Zinskosten von höchstens 400 Mio. Franken wiegen die geringeren Einnahmen der Bundeskasse nie auf: Seit dem Börsengang 1998 hat Swisscom dem Bund insgesamt 9 Mrd. Franken – das sind im Jahresdurchschnitt 1,2 Mrd. Franken – eingebracht. Allein die Dividenden an den Bund bewegten sich zwischen 500 und 700 Mio. Franken jährlich. Die Aktienverkäufe 2005 brachten der Bundeskasse weitere 1,35 Mrd. Franken ein. Der Bundesanteil von über 60% rentiert! Swisscom ist ein stabil gewinn- bringendes bundeseigenes Top-Unterneh- men.

Die Swisscom ist als eines der grössten Schweizer Unternehmen zudem wichtig für die Technologie-Arbeitsplätze und den tech- nischen Fortschritt in der Schweiz. Die Priva- tisierung würde viele gute und qualifizierte Arbeitsplätze in einer dynamischen Branche gefährden. Das TUG verpflichtet die Swiss- com zu einem Gesamtarbeitsvertrag. Er ist vorbildlich für die wirtschaftlich stabilisieren- de Sozialpartnerschaft hierzulande. Es gibt keinen Grund, daran zu rütteln, wollen wir die Prekarisierung in der Branche vermeiden.

Ein fahrlässiges Risiko für unsere hohe Versorgungsqualität

Die Gewerkschaften erachten die Bundesmehrheit an der Swisscom wirtschafts-, versorgungs- und finanzpolitisch als ein Erfolgsmo- dell, das nicht aufgegeben werden darf. Die umsichtige Eignerstra- tegie des Bundes hat bisher einer- seits für die technologisch hoch stehende, flächendeckende Ver- sorgung der Schweiz gesorgt und andererseits dem Unternehmen die nötige Freiheit gelassen, sich erfolgreich am Markt – auch im Ausland – weiterzuentwickeln.

Ein negatives Licht auf das Ver- hältnis zwischen Eigner und Un- ternehmen warfen erst die ab- sichtlich unqualifizierten Novem- berbeschlüsse des Bundesrats, welche die Verkaufspolitik brach- ten. Das ist gerade kein Grund, den bisher erfolgreichen Kurs zu verlassen. Die Gewerkschaften lehnen den Verkauf der Swisscom ab.

Rolf Zimmermann Geschäftsführender Sekretär des Schweiz.

Gewerkschaftsbundes (SGB), Bern

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