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Entstehung Erfahrungen Ausblick. Jugendbegegnungen Ende der achtziger und Anfang der neunziger Jahre

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417 Jugendbegegnungen Ende der achtziger

und Anfang der neunziger Jahre

»Das Fundament für die Beziehungen unse- rer beiden Länder im nächsten Jahrtausend wird mit Sicherheit auf den Begegnungen der Jugend in der Türkei und der Bundesrepu- blik Deutschland aufbauen. Indem wir jetzt jeden Kontakt der jungen Menschen unserer Länder fördern, können wir auch gleichzeitig die Weiterentwicklung unserer Beziehungen fördern, in denen es uns nur noch in der Ge- schichte unserer Länder gibt.

Für den deutsch-türkischen Jugendaus- tausch bieten sich beste Voraussetzungen an, zumal von den 1,4 Millionen türkischer Staatsbürger in der Bundesrepublik Deutsch- land 500.000 Jugendliche, zum Teil in der 2.

und 3. Generation, eng mit Deutschland ver- bunden sind. Aber auch die Rückkehrerkin- der und Jugendlichen haben meist das gro- ße Bedürfnis, die Kontakte nach Deutschland nicht abreißen zu lassen. Hier besteht also ein natürlicher menschlich-kultureller Ver- bindungsfaktor, den wir gerade für einen deutsch-türkischen Jugendaustausch nutzen sollten.«

Diese Ideen, die die Bundestagsabgeord- nete Ingeborg Hoffmann in einem Schreiben vom 27. Januar 1989 dem damaligen Touris- musminister und späteren Ministerpräsiden- ten der Türkei, Dr. Mesut Yilmaz, vorschlug, hatten visionären Charakter. Sie griff ein Pa- pier aus dem Bundesministerium für Jugend, Familien, Frauen und Gesundheit (BMJFFG) auf, in dem Überlegungen für eine Auswei-

Deutsch-türkischer Jugend- austausch – 10 Jahre Ressort- vereinbarung 1994–2004

Entstehung – Erfahrungen – Ausblick

Alwin Proost

Uwe Finke-Timpe

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Forum Jugendarbeit International, Bonn 2005, S. 417-429

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tung des deutsch-türkischen Jugendaustausches skizziert waren. Sie waren ein Ergebnis einer 1988 durchgeführten Trägerkonferenz zum deutsch-türkischen Jugendaustausch, zu der auch die türkische Bot- schaft eingeladen war. Minister Yilmaz antwortete auf die Initiative mit der Einladung an Studentinnen und Studenten zu Sommercamps in der Türkei, die während der Semesterferien auf den Campi der Universitä- ten stattfinden sollten. Es war eine wichtige Geste, deren Symbolgehalt allerdings höher war als der faktische Nutzen, denn strukturelle Hin- dernisse standen noch einige Jahren einer substanziellen Ausweitung des deutsch-türkischen Jugendaustausches im Wege. Diese waren

das weitgehende Fehlen von Jugendverbänden und -strukturen in der Türkei. Die türkische Verfassung verbot sogar die Gründung von bestimmten gesellschaftlichen Vereinigungen, einschließlich Jugend- verbände. Ausnahmen galten lediglich für Jugendfolklore- und Sport- gruppen sowie bedingt Pfadfindergruppen.

Eine Ausreisesteuer von 100 US-Dollar für über 18-jährige und 50 US-Dollar für unter 18-jährige machten, gemessen an den Einkom- mensverhältnissen in der Türkei, eine Reise nur für Jugendliche aus wohlsituierten Elternhäusern möglich.

Es fehlte eine staatliche Förderung des Jugendaustausches auf tür- kischer Seite, was in Ergänzung zur Ausreisesteuer eine weitere Ein- schränkung bedeutete.

Deshalb verharrte der deutsch-türkische Jugendaustausch bis 1992/93 auf einem vergleichsweise niedrigem Niveau zwischen 40–50 Pro- grammen pro Jahr. Allerdings wurden auf Einladung des Jugendmi- nisteriums gezielt Fachprogramme mit hochrangigen Mitarbeitern des türkischen Generaldirektorats für Jugend und Sport in Deutschland durchgeführt, um sie mit den hiesigen Strukturen der Jugendhilfe ver- traut zu machen und immer wieder Anknüpfungspunkte für eine Aus- weitung der Kooperation auszuloten.

Über die Jahre hinweg gab es ebenfalls regelmäßig Vorstöße aus dem parlamentarischen Raum, vor allem vom Vorsitzenden des Aus- wärtigen Ausschusses Dr. Hans Stercken und dem Vorsitzenden der Deutsch-türkischen Parlamentariergruppe, Thomas Kossendey. Sie for- derten in Gesprächen mit türkischen Kolleginnen und Kollegen sowie mit Regierungsmitgliedern beständig die Abschaffung der Ausreisesteu- er oder zumindest den Erlass für Jugendliche, die an Programmen in Deutschland teilnehmen. 1992 wurde der Gestaltungsraum für zivilge- sellschaftliche Projekte in der bilateralen deutsch-türkischen Zusam- menarbeit erweitert. Der eigentliche Schub, der einen Durchbruch für den deutsch-türkischen Jugendaustausch brachte, kam allerdings aus innenpolitischen Entwicklungen. Verstärkte rechtsextremistische Ten-

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419 denzen und Strömungen in Deutschland führten zu fremdenfeindlichen Übergriffen mit Opfern in Rostock und Mölln.

Ausweitung des Jugendaustausches vor dem Hintergrund fremdenfeindlicher Anschläge in Deutschland

Die fremdenfeindlichen Anschläge Anfang der 90er Jahre richteten sich auch gegen Türkinnen und Türken. Die Übergriffe wurden im Ausland, besonders in Israel und in der Türkei, mit großer Besorgnis verfolgt.

Um eine bessere Verständigung zwischen türkischen und deutschen Ju- gendlichen zu fördern, verdoppelte das Bundesministerium für Frau- en und Jugend (BMFJ) 1993 die Sondermittel für den deutsch-türki- schen Jugendaustausch und unternahm im politischen Raum weitere Schritte. Die Parlamentarische Staatssekretärin Cornelia Yzer führte am 4.3.1993 mit dem türkischen Botschafter Öymen ein Gespräch über Möglichkeiten zur Ausweitung des deutsch-türkischen Jugendaustau- sches und schlug dabei u. a. die Schaffung einer vertraglichen Grundla- ge hierfür vor. Botschafter Öymen war damit einverstanden und warb bei der türkischen Regierung für die deutsche Initiative. Ein Vorschlag des BMFJ für eine Ressortvereinbarung über jugendpolitische Zusam- menarbeit wurde dem türkischen Generaldirektorat für Jugend und Sport am 15. Juni 1993 übermittelt, verbunden mit dem Angebot, die Vorstellungen in Ankara näher zu erläutern. Die türkische Seite willig- te sofort ein, und dies wohl besonders aufgrund des Brandanschlages auf das Wohnhaus einer türkischen Familie in Solingen, bei dem fünf Menschen umkamen.

Die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Renate Schmidt, unterbreitete dem Bundeskanzler am 7. Juni 1993 mehrere Vorschläge, welche Konsequenzen aus dem Brandanschlag gezogen werden sollten.

Sie schrieb:

»Am 4. Juni 1993 habe ich den Deutschen Bundestag bei den Trau- erfeierlichkeiten in der Türkei für unsere fünf in Solingen ermordeten türkischen Mitbürgerinnen vertreten. Meine Gespräche in der Türkei, aber auch mit Ausländerbeiräten, haben mir deutlich gemacht, dass die Erwartungen hoch sind, dass Parlament und Regierung geeignete Maß- nahmen ergreifen, die zur Befriedigung beitragen …

Ich schlage deshalb vor:

… 6. Ein Deutsch-Türkisches Jugendwerk ins Leben zu rufen, das von der Bundesebene bis zu den Kommunen sich zum Ziel setzt, das gegen- seitige Verständnis türkischer und deutscher Jugendlicher zu wecken.

Dabei sollten vor allem benachteiligte Jugendliche beider Nationalitäten einbezogen werden, Veranstaltungen und Reisen sollten je zur Hälfte

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von türkischen und deutschen Jugendlichen wahrgenommen werden, ebenso wie die Einbeziehung von Mädchen sicherzustellen wäre.«

Ein Jugendwerk sollte neben der Verbesserung der Begegnungsmög- lichkeiten vor allem ein weiteres politisches Signal sein. Allerdings wa- ren die Voraussetzungen, die für die Gründung eines Jugendwerkes er- forderlich sind, weder auf deutscher und schon gar nicht auf türkischer Seite gegeben, denn an den strukturellen Hindernissen aus dem Jah- re 1989 hatte sich bis dato nichts geändert. Bereits die mündlichen Er- läuterungen des deutschen Vorschlages für eine Ressortvereinbarung stießen in Ankara nicht nur auf ungeteilte Zustimmung. Den türkischen Gesprächspartnern war nicht im Detail klar, worauf sie sich mit der Ressortvereinbarung einließen. Insbesondere zwei Punkte der vorge- schlagenen Ressortvereinbarung dürften große Nachdenklichkeit her- vorgerufen haben:

Die Vertragsparteien eröffnen die Möglichkeiten des Jugendaustau- sches für Jugendliche aus allen gesellschaftlichen Bereichen und Schichten und ungeachtet der Sprache, der Religion und der ethni- schen Zugehörigkeit. Die Teilnahme an Programmen ist nicht von der Zugehörigkeit zu einem Jugendverband abhängig.

Die Jugendverbände und Jugendgruppen sowie in der Jugendarbeit tätige Institutionen und Organisationen führen die Programme auf- grund direkter Absprache und in eigener Verantwortung durch.

Für die türkische Seite bedeutete ein Akzeptieren dieser Formulierun- gen, auch kurdischen Jugendlichen uneingeschränkte Teilnahme zu ermöglichen. Außerdem hatten die Regierungen die autonomen Ent- scheidungen der Träger hinsichtlich der getroffenen Absprachen zu re- spektieren, sowohl was die Teilnehmenden anbelangt als auch die The- men und die Orte. Dies waren ganz große Brocken für die türkische Seite, denn, so ein Abteilungsleiter im Generaldirektorat für Jugend und Sport in einem vertraulichen Gespräch: »Wir haben Angst vor unserer eigenen Jugend.« Offenbar war der Druck auf türkischer Seite, auf das deutsche Angebot einzugehen, sehr groß, und sie hatte keine eigenen Vorstellungen. Daher wurde der deutsche Vorschlag mit nur margina- len Veränderungen angenommen. Außerdem erklärte die türkische Re- gierung, sie können zwar aus prinzipiellen Gründen den Jugendaus- tausch nicht von der Ausreisesteuer ausnehmen; sie werde diese jedoch den Teilnehmenden an den Austauschprogrammen in Deutschland er- statten.

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421 Unterzeichnung einer Ressortvereinbarung am 18. April 1994

Am 18. April 1994 kam es zur Unterzeichnung der Ressortvereinbarung über den deutsch-türkischen Jugendaustausch durch die Ministerin für Frauen und Jugend, Dr. Angela Merkel und den türkischen Staatsmi- nister für Jugend und Sport, Sükrü Erdem. Die Unterzeichnung fand ein hohes Medieninteresse, insbesondere weil in einer erheblichen Auswei- tung des Jugendaustausches ein probates Mittel gesehen wurde, frem- denfeindlichen Strömungen bei Jugendlichen entgegen zu wirken. Dies ist ein zunächst verfängliches, aber durchaus ambivalentes Argument.

Diejenigen Jugendlichen nämlich, die ein Interesse an anderen Völkern und Kulturen haben und die für Begegnungen wichtige kulturelle Em- pathie mitbringen, sind in der Regel nicht anfällig für fremdenfeindliche Parolen. Es gab auch mehrfach einzelne sehr engagierte Betreuerinnen und Betreuer, die mit aus dem rechtsextremen oder fremdenfeindlichen Milieu stammenden deutschen Jugendlichen in die Türkei fuhren und damit sehr signifikante Einstellungsveränderungen bei diesen erzielten.

Jedoch wurden diese Fahrten in einem Teil der Medien sehr kritisch be- gleitet mit dem Tenor, ob es zu vertreten sei, dass jungen Leuten, die Ausländer/-innen in Deutschland verprügelten, zur Belohnung aus öf- fentlichen Mitteln Reisen in die Türkei gesponsert werden.

Bereits während des Aufenthaltes des türkischen Ministers wurde deutlich, dass die Ressortvereinbarung nicht die Lösung der Probleme im deutsch-türkischen Jugendaustausch ist, sondern erst der Einstieg zu deren Bewältigung. Auch Unterschiede in der politischen Kultur bei- der Länder traten während des Besuches, der unter hohen Sicherheits- vorkehrungen stand, hervor. So kam es ständig zu Veränderungen des Programms, einschließlich zweimaliger Unterbrechungen durch den Minister für private Einkäufe, was für etwa ein Dutzend Bundestags- abgeordnete längere Wartezeiten mit dem gemeinsamen Mittages- sen bedeutete. Trotz dieser Überraschungen, mit denen sich die deut- schen Gastgeber konfrontiert sahen – unterschiedliche Kulturmuster sind das Kernstück jeder internationalen Jugendbegegnung, weshalb Forscher/-innen von den Teilnehmenden eine hohe Ambiguitätstole- ranz für das Gelingen einer Begegnung fordern –, der politische Gewinn durch die Unterzeichnung war sehr hoch. So erklärte Staatsminister Er- dem, vor dem Hintergrund der Ressortvereinbarung wolle die türkische Regierung Jugendverbände, die gemäß Verfassung noch verboten wa- ren, nun aktiv fördern. Es sei klar, dass die Jugend eine wichtige Rolle in der Gesellschaft wahrnehme, und sie könne diese nur in vollem Um- fang erfüllen, wenn wieder Jugendverbände zugelassen würden.

Die Türkei notifizierte die Ressortvereinbarung sehr rasch, während sie in Deutschland aufgrund des erforderlichen Zustimmungsverfah-

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rens mit den Ländern erst am 10. August 1995 in Kraft trat. Das BMFJ verdoppelte die Mittel für den deutsch-türkischen Jugendaustausch, um damit der sehr stark einsetzenden Nachfrage nach Austauschprogram- men zu begegnen. Ebenfalls aus dem parlamentarischen Raum wurde der Austausch mit Interesse begleitet, das sich zum Teil in parlamen- tarischen Anfragen, zum Teil in aktiver Unterstützung etwa durch die Deutsch-türkische Parlamentariergruppe niederschlug.

Hohe Erwartungen und große Ernüchterung

Der Anfangseuphorie folgte die Ernüchterung. Auf türkischer Sei- te konnten nicht so schnell und so viele Partner angeboten werden, wie sich die deutschen Träger das wünschten. Außerdem waren die deutschen Jugendlichen vor allem an Partnern in den großen Städten und in den touristischen Küstenorten der Türkei interessiert, während die türkische Seite nachvollziehbar gerne Regionen auch in den östli- chen Landesteilen berücksichtigt sehen wollte. Gelegentlich hakte es bei der Erteilung der Visa für die türkischen Jugendlichen durch die deutschen Konsulate, die allerdings, wie in der Ressortvereinbarung vereinbart, keine Gebühren erhoben. Türkische Jugendliche in deut- schen Gruppen, die gemäß Ressortvereinbarung besonders berück- sichtigt werden sollten, empfanden ihre Position öfters als ambivalent.

In Deutschland als Türken bezeichnet und durchaus auch Diskrimi- nierungen ausgesetzt, wurden sie in der Türkei als Deutsche gesehen – auch wenn sie einen türkischen Pass hatten – und nicht unbedingt als Brüder und Schwestern empfunden. Als Sprachmittler rückten sie zwar in der deutschen Gruppe von einer Außenseiterrolle ins Zentrum, mussten jedoch öfters feststellen, dass sie uneingeschränkt weder als Türken noch als Deutsche akzeptiert wurden. Bei Begegnungen außer- halb der großen Städte und der Touristenorte in der Türkei wurde die Bekleidung deutscher Mädchen und Frauen von den Gastgebern öfters kritisch beurteilt.

Für den ersten gemeinsamen Fachausschuss, der vom 22.–26. Feb- ruar 1997 in Ankara tagte, gab es folglich eine Fülle von Themen und Problemen zu bearbeiten. Zwischenzeitlich hatte die Türkei die Ausrei- sesteuer abgeschafft und damit ein großes Hindernis für die Auswei- tung des Austausches beseitigt. Die Sitzung war gekennzeichnet durch ein vorsichtiges Herantasten und Versuche, die jeweils andere Posi- tion sowie die Möglichkeiten und Grenzen kennen und verstehen zu lernen. Während die deutsche Delegation die Pluralität der Jugendar- beit widerspiegelte, waren auf türkischer Seite Hochschulen vertreten, weil diese Studenten ansprechen und leichter mobilisieren konnten als

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423 sonstige Jugendliche, die sich außerhalb von Sport- und Kulturgruppen noch nicht zusammenschließen durften. Aufmerksamkeit beim türki- schen Gastgeber erregte vor allem ein deutsches Delegationsmitglied mit kurdischer Abstammung. Die türkische Seite wollte den Jugendaus- tausch über staatliche Jugendzentren, die sich im Aufbau befanden, an- kurbeln und steuern, während einzelne deutsche Delegationsmitglieder auf autonome Jugendverbände als Partner pochten. Der türkische Ab- teilungsleiter im Generaldirektorat für Jugend und Sport, der bereits an zwei Fachkräfteprogrammen in Deutschland teilgenommen hatte und daher die Anliegen der deutschen Seite verstand, bat um Vertrauens- vorschuss. Der Jugendbereich sei in der Türkei erst im Aufbau begrif- fen, und daher müsse man sich noch eine bestimmte Zeit der vorhande- nen staatlichen Strukturen bedienen.

Erste gemeinsame Schritte im gemischten Fachausschuss

Zentrale Vereinbarungen der Sitzung waren zwei Fachprogramme für Direktoren der staatlichen Jugendzentren in den türkischen Provinzen und eine deutsch-türkische Partnerbörse in Deutschland. Ansonsten war die Zahl der Programme, die von beiden Seiten gefördert werden sollten, gering. Die Provinzdirektoren – ausschließlich Männer – kamen gut vorbereitet nach Deutschland mit Portfolios ihrer Provinzen und ei- ner großen Anzahl von Wünschen nach Partnern. Diese konnten von deutscher Seite, trotz einer Partnerbörse, die viel Interesse bei den Trä- gern fand, nicht zur Gänze erfüllt werden. In 50 Provinzen der Türkei waren mittlerweile Jugendzentren errichtet worden. Außerdem war der Aufbau von Jugendorganisationen vorangeschritten. Ministerprä- sident Yilmaz hatte die Gründung eines Jugendrates zur Chefsache er- klärt und ein Gründungsverfahren bereits veranlasst.

Auf der nächsten Sitzung des Fachausschusses 1998 in Bonn verein- barten beide Delegationen, dass der Aufbau von Jugendstrukturen in der Türkei eine Unterstützung durch den Austausch von Fachkräften erfahren sollte. Fachleute, die in den Jugendzentren der Provinzen ar- beiteten bzw. dort angestellt werden sollten, nahmen an Programmen teil, um sich mit der Arbeit in deutschen Jugendzentren vertraut zu machen und Anregungen zu holen. In den Gegenprogrammen besuch- ten deutsche Fachleute neu eingerichtete Jugendzentren in der Türkei und machten Vorschläge zur Entwicklung von Angeboten für die Ar- beit mit Jugendlichen. Die Deutsche Sportjugend, die bereits seit Jahren im deutsch-türkischen Jugendaustausch tätig war, hatte das deutsche Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) sowie ihre Jugendsatzung ins Türkische übersetzen lassen, um die deutschen Rechtsgrundlagen einer

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breiteren Zielgruppe in der Türkei zugänglich machen zu können. Auf diese Weise und aufgrund der immer zahlreicher werdenden Jugend- begegnungen wuchsen Vertrautheit und Vertrauen.

Der rechtliche Durchbruch, die regionale Vertiefung und das große Erdbeben

Mit dem In-Kraft-Treten der Verordnung zur Anerkennung von Ju- gendclubs am 20.4.1999 wurde die rechtliche Grundlage geschaffen, die nach dem Vereinsgesetz (Nummer 2908) bereits bestehende Mög- lichkeit zur Gründung von Vereinen auf solche Zusammenschlüsse aus- zudehnen, die im Jugendbereich tätig werden wollen.

In der Sitzung des Fachausschusses im Jahre 1999 in Aschaffenburg wurde diese Entwicklung in der Türkei von deutscher Seite mit Befrie- digung aufgenommen, hatte das fortwährende Drängen nach der Schaf- fung von Strukturen zur Gründung freier Träger doch nunmehr ers- te Erfolge. Von der deutsch-türkischen Partnerbörse in Konya gingen weitere Impulse für die Kooperation zwischen den einzelnen Trägern in Deutschland und der Türkei aus. Der Fachausschuss war sich zu- dem einig, dass eine breite Verankerung des Jugendaustausches nur erreicht werden kann, wenn eine Vertiefung und Erweiterung der Kon- takte auf regionaler Ebene erfolgt. Hierzu wurden Informations- und Fachprogramme für türkische Multiplikatoren/-innen vereinbart. Erst- mals wurde auch die Idee für ein gemeinsames Arbeitshandbuch dis- kutiert, das sowohl als Leitfaden für Teamer/-innen, als auch als In- formationsgrundlage über vielfältige praktische Fragen zum Umgang miteinander genutzt werden sollte.

Das Erdbeben im Jahre 1999 hatte ebenfalls Auswirkungen auf den deutsch-türkischen Jugendaustausch. Die Anzahl der durchgeführ- ten Maßnahmen ging in diesem Jahr signifikant zurück. Deutsche El- tern waren zurückhaltend, ihre Kinder in die Türkei zu schicken (der Tourismus brach ebenso völlig ein). Die türkische Seite reduzierte die staatliche Unterstützung für den Jugendaustausch, denn große Sum- men staatlicher Gelder wurden zum Wiederaufbau und zur Beseitigung der Erdbebenfolgen eingesetzt. Sie mussten an anderer Stelle einge- spart werden. Infolge des Erdbebens wurde deutlich, dass nur wenige Potenziale für Selbsthilfeaktivitäten erschlossen waren und damit die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen nur sehr begrenzt auf freiwilli- ge Zusammenschlüsse zurückgreifen konnten. Durch die Katastrophe wurden Überlegungen befördert, gesellschaftliche Kräfte auf der Basis von ehrenamtlichen Engagements zu unterstützen, woraus sich wiede- rum positive Folgen für die Zivilgesellschaft insgesamt ergeben können.

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425 Dies bedeutete natürlich auch einen Schub für die Bildung von Jugend- organisationen.

Die Kandidatur der Türkei für einen EU-Beitritt bestärkte das In- teresse des türkischen Staates an einem Auf- und Ausbau von Ju- gendstrukturen. Das Generaldirektorat berichtete während der Fach- ausschusssitzung, dass die Teilnahme der Türkei am Europäischen Aktionsprogramm JUGEND für die Jahre 2000–2006 sichergestellt und mit dem Aufbau einer Nationalagentur »Jugend für Europa« zur Um- setzung und Durchführung dieses Programms begonnen wurde.

Im ersten Jahr nach In-Kraft-Treten der Verordnung zur Annerken- nung von Jugendclubs wurden nach Angaben des Generaldirektorats für Jugend und Sport bereits 59 Jugendclubs anerkannt. Gleichzeitig bekundeten viele Jugendorganisationen hinsichtlich des erforderlichen Registrierungsverfahrens große Skepsis. Vielerorts wurde befürchtet, dass durch dieses Instrument doch wieder staatlicher Einfluss bzw.

Kontrolle ausgeübt werden wird.

Schwerpunkte der gemeinsamen Zusammenarbeit

In den folgenden Sitzungen des gemeinsamen Fachausschusses wur- den zwei große Kooperationsfelder herausgestellt, die besondere Auf- merksamkeit erfordern. Einerseits gilt es, den deutsch-türkischen Ju- gend- und Fachkräfteaustausch auf eine möglichst breite Basis zu stellen, andererseits bedarf es weiterhin einer ständigen Qualifizierung des Austausches. Mit der wachsenden Zahl anerkannter Jugendclubs in der Türkei, mittlerweile ist deren Zahl auf über 150 angestiegen, gibt es auch mehr potenzielle Partner für deutsche Träger, denn von Seiten türkischer Träger besteht ein großes Interesse an der Zusammenarbeit mit Deutschland. Der Qualifizierung dienen auch Partnertreffen, bei de- nen gemeinsam Standards für die Programmplanung und -durchfüh- rung festgelegt werden. Angesichts der Vielzahl türkischer Teamer/-in- nen werden so genannte »Trainings of the Trainer« durchgeführt.

Die zwischenzeitlich erschienene Arbeitshilfe soll überarbeitet und ins Internet gestellt werden, um sie einem möglichst großen Kreis be- teiligter Organisationen zugänglich zu machen. Der Deutsche Bundes- jugendring (DBJR) hat eine türkische Delegation nach Deutschland ein- geladen, um über gesetzliche Grundlagen, Aufbau und Struktur des Dachverbandes und seiner Untergliederungen zu informieren.

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Projekte und die Förderung des Jugendaustausches in der Praxis Immer wieder kamen einzelne Programme von besonderer Bedeu- tung zustande. Der Frankfurter Träger »Deutsch-Türkisches Jugend- werk e. V.« hat sich u. a. der Überzeugungsarbeit mit gewaltbereiten Jugendlichen verschrieben. Unter großer Anstrengung und mit sehr ho- hem Engagement realisierte der Verein eine Maßnahme in der Türkei mit »Skins« aus Ostdeutschland und aus Frankfurt/Main. Die Unsicher- heit und Skepsis über den Ausgang dieses Projekts wurden durch viel versprechende Ergebnisse widerlegt. Durch eine Reflexion der Erfah- rungen, einschließlich des Erlebnisses, selbst Fremde in einem ande- ren Land zu sein, wandelten sich die Ansichten der »Skins« über türki- sche Jugendliche und die Türkei. Die Deutsche Sportjugend wiederum führt mit einer türkischen Organisation Programme zur Resozialisie- rung straffälliger Jugendlicher durch.

Mit der Registrierung und Anerkennung privater Jugendclubs ver- band sich die Erwartung, dass mit einer staatlichen Förderung durch das Generaldirektorat ein weiterer Schritt zur Verstetigung der Aus- tauschbeziehungen erfolge. Entsprechende Ankündigungen gab es vie- le. In der Praxis stellte sich jedoch schon bald heraus, dass die Mittel bei weitem nicht ausreichen. Auch auf deutscher Seite gibt es aller- dings trotz eines wesentlich erhöhten Mittelvolumens stets einen An- tragsüberhang. Das Generaldirektorat konzentriert seine Förderung im Wesentlichen auf »seine« Jugendzentren. Die anerkannten Jugendclubs sind daher auf ihren Einfallsreichtum und Sachmittelsponsoring vor Ort angewiesen, was bei Rückzug entsprechender Zusagen auch schon zu einem Ausfall der vereinbarten Maßnahmen geführt hat.

Während der Sitzung des gemeinsamen Fachausschusses im Januar 2004 berichtete die türkische Seite, dass die Ausarbeitung der Richtli- nien zur Förderung anerkannter Jugendclubs in der Schlussphase sei.

Von einem sich in der Vorbereitung befindlichen Gesetz zum Thema

»Sponsoring« könnten auch Jugendorganisationen profitieren. Eine fi- nanzielle Unterstützung türkischer Träger durch das Generaldirektorat wird sicherlich weiterhin auf der Tagesordnung künftiger Sitzungen des gemeinsamen Fachausschusses bleiben.

Hürden gibt es immer wieder auch außerhalb von Förderangele- genheiten. Bei der Auswahl der Teilnehmenden an Programmen in Deutschland, die sich über die regionalen Jugendzentren rekrutieren, hat beispielsweise der entsprechende Provinzgouverneur das letzte Wort; er ist nicht in die »Weisungskette« des Generaldirektorats ein- gebunden. Auch nehmen Provinzdirektoren für Jugend und Sport ger- ne Einfluss auf die Ausgestaltung der Maßnahmen, denn sie werden als wichtige Projekte betrachtet. Zuweilen sind sie mit vielen offiziellen

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427 Programmpunkten überfrachtet, was zulasten der pädagogischen Ziele geht. Während deutsche Träger ihre Gäste aus der Türkei auf aktuelle und strukturelle Probleme in Deutschland hinweisen und oftmals gera- de Fachkräfteprogramme auf Defizitbereiche ausgerichtet sind, möch- ten die Provinzdirektoren lieber die »Schokoladenseite» zeigen. Vor die- sem Hintergrund hat der gemeinsame Fachausschuss vorgesehen, von Zeit zu Zeit ein Programm für Provinzdirektoren durchzuführen, um ihnen das Anliegen eines pädagogisch unterlegten Austausches nahe zu bringen.

Trotz insgesamt positiver Entwicklungen in den Jahren der gemein- samen Kooperation tauchen in der Zusammenarbeit der Träger selbst immer wieder Missverständnisse auf, die bereits als überwunden gal- ten. Hier sind insbesondere die nicht ausreichende Kommunikation und Verständigung über Termine, Programmabläufe und -inhalte zu nen- nen, deren Wurzeln auch in einem kulturell bedingten unterschied- lichen Verständnis gründen dürften. Daher bedarf es permanenter gemeinsamer Anstrengungen zu deren Überwindung. Die Kommuni- kation scheint dort am besten zu funktionieren, wo auf deutscher Sei- te Organisator(inn)en mit einem türkischen Hintergrund am Austausch beteiligt sind.

Neuerdings wird von türkischen Teilnehmenden am Jugendaus- tausch wieder eine Ausreisesteuer von rd. 50 $ erhoben, was zu großen Schwierigkeiten bei weniger gut situierten Jugendlichen führt. Die tür- kische Seite hat hier schnellstmögliche Abhilfe zugesagt.

Ein Ausblick

Die Fortentwicklung der Internationalen Jugendarbeit durch das BMFSFJ wird auch die deutsch-türkische Zusammenarbeit tangieren.

Die Kooperation mit der Türkei wird weiterhin einen herausgehobenen Stellenwert haben. Die hohe Zahl türkischer Migrant(inn)en und Mit- bürger/-innen türkischer Herkunft und die Kandidatur der Türkei zur EU sind neben den jugendpolitischen Aspekten zusätzliche Gründe für diese Prioritätensetzung.

Wie in der Zusammenarbeit mit anderen Ländern auch sollen zu- künftig noch stärker Erfahrungen aus internationalen Begegnungen für die nationale Jugendhilfe genutzt werden. Vor diesem Hintergrund ist auch die Teilnahme des Abteilungsleiters für Kinder und Jugend im BMFSFJ an der Sitzung des Fachausschusses im Dezember 2004 in Istanbul zu sehen, die besonders unter dem Zeichen des 10-jährigen Be- stehens des 1994 unterzeichneten Ressortabkommens stand. Neben der weiteren Qualifizierung des Austausches wurde umfassend das Schwer-

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punktthema »Migration« behandelt. Obwohl dieses Thema vordring- lich ein deutsches Interesse reflektiert, zeigte auch die türkische Sei- te hieran ein großes Interesse. In den vergangenen Jahren haben zum Thema Migration bereits Fachprogramme unter Leitung des IJAB (Pro- gramme mit Pädagog(inn)en aus Häusern der offenen Tür, Programme mit Jugendarbeiter(inne)n, die überwiegend mit männlichen türkischen Jugendlichen arbeiten) und in Kooperation mit der Thomas-Morus-Aka- demie stattgefunden. Ein weiteres, während der Sitzung vereinbartes Programm für deutsche und türkische Jugendarbeiter hat zum Ziel, so- wohl in Deutschland als auch in der Türkei neben politisch-kulturellen Entwicklungen über bestehende Migrationsmaßnahmen zu informie- ren und diskutieren, um nach Auswertung des Austausches Vorschläge zur Verbesserung bestehender Konzepte zur Arbeit mit Migrant(inn)en in Deutschland zu machen. Auf deutscher Seite werden hieran Mitar- beiter/-innen der Jugendmigrationsdienste teilnehmen, die zudem als Multiplikator(inn)en die gewonnen Erkenntnisse und Erfahrungen an die Fachkräfte vor Ort weitergeben können.

Die Vereinbarungen während der Fachausschusssitzung im Dezem- ber 2004 waren somit ein weiterer Schritt vorwärts in der Kooperation mit der Türkei. Von der Unterstützung beim Aufbau von Strukturen der Jugendarbeit und der Verbreiterung der Kooperation insgesamt rückt nunmehr eine für beide Seiten im Hinblick auf die nationale Jugendar- beit befruchtende Zusammenarbeit stärker ins Blickfeld.

Dies zeigt sich insbesondere an einem praktischen türkischen Bei- spiel. Während des Fachausschusses besuchte die Delegation die 1995 gegründete Stiftung »Educational Volunteers Foundation of Turkey«

Sie verfolgt folgende Ziele: Förderung bürgerschaftlichen Engage- ments; Überwindung der »Bildungslücke« in unterentwickelten Regio- nen; der Förderung von Lebens- und Arbeitsfertigkeiten sowie innova- tivem Lernen; Förderung der Demokratie und der Zivilgesellschaft. Eine der Hauptaufgaben des besuchten stiftungseigenen »Bildungsparks« in Istanbul liegt in der Betreuung von Kindern und Jugendlichen wäh- rend des Tages mit einem breiten Kursangebot. Auch an vielen weite- ren Orten in der Türkei wird durch die Stiftung jungen Menschen vor und nach der Schule eine Vielzahl von Kursen angeboten. Auf dem Lan- de werden diese Angebote mithilfe umgebauter Lkw’s unterbreitet. Sie fahren für mehrere Monate vor Ort und arbeiten dort mit jungen Men- schen. Beachtenswert ist der kleine Stamm bezahlter Mitarbeiter/-in- nen im Vergleich zur überwiegenden Mehrzahl (im Jahr 2004: 13.500 Personen) ehrenamtlich Tätiger.

Die Arbeiten des Bildungsparks haben die Delegation nachhaltig be- eindruckt, so dass nunmehr geprüft wird, ob sich dieser Ansatz auch für die Betreuung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland eignet.

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429 Die Bemühungen auf türkischer Seite zum Aufbau eines nationalen Jugendrates will der DBJR unterstützen. Der Besuch einer türkischen Delegation in Deutschland und eine längerfristige Hospitation eines Vertreters türkischer Jugendorganisationen beim DBJR sollen hierzu dienen.

Resümierend lässt sicht feststellen, dass die deutsch-türkische Ju- gendzusammenarbeit auch 10 Jahre nach Unterzeichnung der Verein- barung noch jung und auf gutem Weg ist. Sie startete mit großer Ver- zögerung; die erste Sitzung des gemeinsamen Fachausschusses fand erst im Jahre 1997 statt. Anstrengungen zum besseren Verstehen und zur Verständigung sind auf beiden Seiten notwendig. Die jetzt einge- schlagene Richtung ermöglicht eine tiefere fachliche Zusammenarbeit im Sinne einer verstärkten Unterstützung der nationalen Jugendpoliti- ken. Neben der Förderung von Jugendbegegnungen und Fachkräfte- maßnahmen wird die Kooperation auf Regierungsebene zukünftig ver- stärkt Maßnahmen vorsehen, die diesen Ansatz verfolgen.

Abstract

Die hohe Zahl türkischer Mitbürgerin- nen und Mitbürger und die langjähri- gen freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei sollten eigentlich beste Voraussetzun- gen für umfangreiche und problemlose Jugendbegegnungen bilden. Aber der Jugendaustausch führte lange Jahre fast ein Nischendasein. Als Folge frem- denfeindlicher Anschläge in Deutsch- land Anfang der neunziger Jahre, deren Ziel häufi g die türkische Bevölkerung war und Todesopfer zur Folge hat- te, wurde 1994 eine Ressortvereinba-

rung über den deutsch-türkischen Ju- gendaustausch unterzeichnet. Noch einige Jahre lang erschwerten struk- turelle Hindernisse, insbesondere das Verfassungsverbot zur Gründung frei- er Jugendverbände in der Türkei, eine erhebliche Ausweitung des Jugendaus- tausches. Inzwischen ist die Türkei ein regionaler Schwerpunkt der jugend- politischen Zusammenarbeit Deutsch- lands. In der fachlichen Kooperation wird der Arbeit mit Migrationsjugend- lichen ein besonderes Augenmerk ge- widmet.

Korrespondenzadressen:

Alwin Prost, Uwe Finke-Timpe Alwin Prost, Uwe Finke-Timpe

c/o Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, D–53107 Bonn;

E-Mails: alwin.proost@BMFSFJ.BUND.DE, Uwe.Finke-Timpe@BMFSFJ.BUND.DE.

forum 2004 - endfassung.indb 429

forum 2004 - endfassung.indb 429 17.02.2005 16:15:3117.02.2005 16:15:31

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