Wie erkläre ich es nur den Prüfer*innen?
Q U A L I T Ä T
in der palliativen Versorgung in der stationären Altenhilfe
Kerstin Hummel
Fachstelle Palliativversorgung in der stationären Altenhilfe in Stadt und Landkreis München Christophorus Hospiz Verein e.V. München
Fachstelle Palliativversorgung in der stationären Altenhilfe
● Christophorus Hospiz Verein e.V. München (Projektstart 12/2018)
● Förderung durch das bayr. StMGP
● Wissenschaftliche Begleitung durch das Zentrum für
interdisziplinäre Gesundheitsforschung (Universität Augsburg)
● Zielgruppen
– Träger und Einrichtungen der stationären Altenhilfe in Stadt und Landkreis München
– Einrichtungen/Dienste, die an palliativen Beratung, Versorgung und Begleitung beteiligt sind (z.B. Hospizdienste, Haus- und Fachärzt*innen)
● Ziele
Aufgaben
Arbeitsgruppe „Qualität in der palliativen Versorgung in der stationären Altenhilfe“
● Vertreter*innen von Trägern und Einrichtungen der stationären
Altenhilfe, vom Medizinischen Dienst Bayern (MD Bayern), Fachstelle
Palliativversorgung
● Unterstützung durch das Referat 43 bayr. StMGP (Qualitätsentwicklung und -sicherung, Fachstellen für Pflege-
Ausgangspunkt
● seit 11/2019 neues Verfahren zur Qualitätsprüfung in der stationären Altenhilfe
– Indikatorengestützte Qualitätsbeurteilung
– kein Indikator für „Begleitung sterbender Heimbewohner*innen“
• indirekte Erfassung (z.B. Konzepte, Qualifikation) – Ausschluss von Menschen in der Sterbephase
● Expertenstandards
– definieren Ziele und Maßnahmen der pflegerischen Versorgung – palliative Pflegesituation nicht ausdrücklich berücksichtigt
Abweichungen können nötig sein
Ausgangspunkt
● Erfahrungen
– Prüfsituation von Seiten der Pflegenden oft angstbesetzt – unterschiedliche Vorstellungen bezüglich Qualität
– unterschiedliche Verwendung von Begrifflichkeiten
Mögliche Auswirkungen
● Missverständnisse
● Verunsicherung
● Konflikte
● …
Wünsche von Bewohner*innen werden
zu wenig beachtet und umgesetzt
Ziele der Arbeitsgruppe
● gemeinsames Verständnis
– zum Begriff „Sterbephase“
– Qualität in der palliativen
Versorgung in der stationären Altenhilfe
● Diskussionsgrundlage, Orientierungs- und Entscheidungshilfe
● Hilfestellung (z.B. für Dokumentation, Fachgespräch)
Sterbephase
Sterbephase
● keine einheitliche Definition
● S3-LL Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht-heilbaren Krebserkrankung
● Der Begriff Sterbephase wird dann verwendet, wenn aufgrund der pflegefachlichen Einschätzung mit dem
baldigen Versterben eines / einer Bewohner*in gerechnet wird. Diese Einschätzung sollte nachvollziehbar begründet und dokumentiert sein.
● bewusst auf Zeitangaben verzichtet
Hinweise auf Sterbephase
Beobachtungen aus der stat. Altenhilfe
● eine oder mehrere lebensbedrohliche Komplikationen (z.B.
Sepsis, Pneumonie) kurative Behandlung nicht gewünscht oder nicht indiziert
● Beendigung oder Nichtbeginn einer künstlichen Nahrungs- und Flüssigkeitsgabe orale Aufnahme nicht möglich
● plötzlich aufkommendes und anhaltendes Desinteresse an Essen und Trinken bei fehlendem Hunger- und Durstgefühl
● willentliche Verminderung bzw. Ablehnung von oraler Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme
Hinweise auf Sterbephase
Beobachtungen aus der stat. Altenhilfe
● vermehrtes Ruhe- oder Schlafbedürfnis
● zunehmende körperliche Schwäche
● deutlich verminderte Mobilität bis hin zu Immobilität / Bettlägerigkeit
● schwindendes Kontaktbedürfnis
● „Sterbebettphänomen“ z.B. … (vgl. Reisinger / Schärli-Purtschert 2018, S. 151)
● untypische emotionale Schwankungen
einzelne Anzeichen i.d.R. nicht ausreichend
Qualität in der palliativen Versorgung
Gliederung
● Einleitung
● Hinweise auf einen palliativen Versorgungsbedarf
● 6 Grundannahmen
– Empfehlungen – Beispiele
● Schlüsse für den MDK bzw. MD
● Beispiel einer Bewohnerin
● Anregungen für Leitsätze
Wodurch werden Qualitätsvorstellungen beeinflusst?
Wissen, fachlicher Hintergrund eigene Erfahrungen
Ressourcen Standards , Vorgaben
Ideale, Vorstellungen (z.B. wenn… dann …)
Indikator für Qualität in der palliativen Versorgung
Subjektiv empfundene persönliche Lebensqualität
Qualitätsverständnis im Rahmen der palliativen Versorgung
● 6 Grundannahmen
1. Die von der betreffenden Person (= Bewohner*in) empfundene Lebensqualität ist ein wichtiger Indikator für gute Qualität in der palliativen Beratung, Versorgung und Begleitung.
2. Was für den Einzelnen in der aktuellen Situation eine gute
Lebensqualität ausmacht, kann nur von der betreffenden Person selbst definiert und beurteilt werden.
3. … 4. … 5. … 6. …
● Förderung und Erhalt von Lebensqualität sind zentrale Anliegen der
Empfehlungen und Beispiele zu den Grundannahmen
● Annahme 2: Was für den Einzelnen in der aktuellen Situation eine gute Lebensqualität ausmacht, kann nur von der
betreffenden Person selbst definiert und beurteilt werden.
● Empfehlungen:
– bei Definition und Beurteilung der Lebensqualität hat
Selbsteinschätzung immer Vorrang vor der Fremdeinschätzung – Mitarbeitende können ihr Handeln aus Sicht der betroffenen
Person begründen
● Beispiele:
– …
Lebensqualität bzgl. Essen und Trinken
● Frau M. , Multiple Sklerose, seit 14 Monaten im Pflegeheim
● „Ich möchte …
– nur essen und trinken, worauf ich Appetit habe.
– nicht zum Essen und Trinken überredet werden (1x nachfragen).
– mich nicht rechtfertigen müssen, wenn ich nach zwei Bissen satt bin.
– meine Tabletten mit Cola einnehmen.“
Was ist für den MD Bayern wichtig?
● Abweichungen von den Vorgaben der
Expertenstandards müssen begründet sein, d.h.
– dem Wunsch der betreffenden Person entsprechen – nachvollziehbar sein (z.B. Dokumentation)
– fachlich begründet sein
– unter Einbeziehung aller (relevanten) Beteiligten festgelegt werden
Wie kann Qualität in der palliativen Versorgung erfasst werden (z.B. i.R. der Prüfung)?
● qualitative Befragung der Beteiligten
– Bewohner*innen
– An- / Zugehörige, rechtliche Vertreter*innen – Mitarbeitende
● teilnehmende Beobachtung z.B. im Rahmen der Prüfungssituation
● nachvollziehbare Dokumentation von Aushandlungs- und Abwägungsprozessen
Ideen für den Praxistransfer am Beispiel der Münchenstift GmbH
● Formulieren von Leitsätzen
● Diskussion der Leitsätze auf den einzelnen Wohnbereichen
Wir bereiten uns auf mögliche Krisen vor.
Wir bitten den Arzt einen ausführlichen Bedarfsplan zu erstellen.
Ideen für den Praxistransfer am Beispiel der Münchenstift GmbH
● gemeinsame Suche von Beispielen
Bei einem Bewohner ist mit starken Blutungen zu rechnen.
Es werden dunkle Handtücher bereitgelegt, um diese im Falle einer Blutung nutzen zu können.
Auf einem dunklen Handtuch wirkt Blut weniger bedrohlich als auf einem hellen.
Ideen für den Praxistransfer
● Übertrag der Leitsätze auf Strukturen und Abläufe der Einrichtung
Wer nimmt an Fallbesprechungen teil?
Wer wird in Palliative Care geschult?
Zusammensetzung von Arbeitsgruppen
Palliative Care geht alle an.
Was hilft bei der Verständigung zwischen
Prüfer*innen und Mitarbeitenden des Pflegeheims?
● gemeinsames fachliches Interesse
● geschützter Raum
● Perspektivenwechsel
● kritische Reflexion eigener „Glaubenssätze“, Annahmen
● Fachkompetenz in Palliative Care
● konkrete Beschreibungen, Beispiele
● stimmige, nachvollziehbare Schilderungen bzw. Dokumentation