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Luminometrische Verlaufskontrolle des ATP-Gehaltes von flowzytometrisch geschlechtsdifferenzierten bovinen Spermien

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Academic year: 2022

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Tierärztliche Hochschule Hannover

Luminometrische Verlaufskontrolle des ATP-Gehaltes von flowzytometrisch geschlechtsdifferenzierten bovinen Spermien

INAUGURAL-DISSERTATION zur Erlangung des Grades einer Doktorin

der Veterinärmedizin - Doctor medicinae veterinariae -

(Dr. med. vet.)

Vorgelegt von

Stephanie Sander, geb. Thebille Paderborn

Hannover 2016

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Wissenschaftliche Betreuung: Prof. Dr. Detlef Rath

Friedrich-Loeffler-Institut Mariensee Institut für Nutztiergenetik (ING) Neustadt am Rübenberge

1. Gutachter: Prof. Dr. Detlef Rath

2. Gutachter: Prof. Dr. Harald Sieme

Tag der mündlichen Prüfung: 12. Mai 2016

Angefertigt am: Friedrich-Loeffler-Institut

Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit Institut für Nutztiergenetik (ING)

Neustadt am Rübenberge

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Meiner Mutter

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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung ... 1

2. Literatur ... 3

2.1 Morphologie des Bewegungsapparates der Spermien ... 3

2.2 Physiologie der Motilität der Spermien ... 5

2.3 Stoffwechsel der Spermien ... 6

2.3.1 Glykolyse im Spermium ... 7

2.3.2 Mitochondrialer Energiestoffwechsel der Spermien ... 8

2.3.3 Einflüsse auf die ATP-Synthese ... 12

2.3.4 Einfluss der Energiesynthese auf die Fertilität ... 15

2.3.4.1 Beziehung zwischen dem ATP-Gehalt und der Fertilität ... 16

2.3.4.2 Der Einfluss der Mitochondrien auf die Fertilität ... 17

2.4 Bestimmung des Mitochondrienmembranpotentials ... 18

2.5 ATP – Gehalts Messungen ... 19

2.5.1 Luminometrische Bestimmung ATP-Gehaltes ... 19

2.5.2 Etablierung eines Testkits zur Bestimmung des ATP-Gehaltes in Spermien ... 21

2.6 Grundprinzip der durchflusszytometrischen Spermiensortierung und dessen Effekte auf den ATP-Gehalt und die Fertilität der Spermien ... 24

2.6.1 Die flowzytometrische Geschlechtsdifferenzierung von Spermien ... 24

2.6.2 Einflüsse des Sortiervorgangs auf die Motilität und den ATP-Gehalt von Spermien ... 26

2.6.3 Einflüsse des Hoechst 33342-Fluoreszenzfarbstoffes und des Lasers .... 27

2.6.4 Mechanische und hydrodynamische Einflüsse ... 29

2.6.5 Elektrische Aufladung und elektrostatische Ablenkung ... 30

2.6.6 Auswirkungen hoher Ejakulatverdünnungen auf die Motilität ... 30

V

(6)

3. Material und Methoden ... 33

3.1 Wiederkehrende Arbeitsschritte ... 34

3.1.1 Samenaufbereitung ... 34

3.1.2 Bestimmung des ATP-Gehaltes ... 35

3.1.3 Motilitätsanalyse ... 37

3.1.4 Mitochondrienaktivität ... 38

3.1.5 Morphologische Veränderungen an Spermien ... 40

3.1.6 Geschlechtsspezifische Differenzierung der Spermien ... 40

3.2 Versuche ... 42

3.2.1 Versuch 1: Etablierung weiterer Verdünnungsstufen für die Lumineszenzmessung ... 42

3.2.2 Versuch 2: Untersuchung des Einfluss des Sexcess®-Verdünners auf die Lumineszenzmessung ... 42

3.2.3 Versuch 3: Einfluss des Hoechst 33342-Farbstoff auf die Bestimmung des ATP-Gehalt ... 43

3.2.4 Versuch 4: Einfluss der flowzytometrischen Sortierung von Spermien auf das MMP, den ATP-Gehalt und weitere Motilitätsparameter ... 43

3.2.5 Versuch 5: Geschlechtsspezifische Differenzierung der Spermien unter Standardbedingungen und nach Deaktivierung des elektrostatischen Ablenkungsfeldes ... 44

3.2.6 Versuch 6: Minimierung der Schwingungsamplitude des Piezokristalls durch Spannungsabsenkung während der geschlechtsspezifischen Differenzierung ... 45

3.2.7 Versuch 7: Einfluss der Laserexposition auf die Motilitätsparameter von geschlechtsspezifisch differenzierter Spermien ... 46

3.3 Statistische Auswertung ... 47

4. Ergebnisse ... 49

VI

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4.1 Versuch 1: Verringerung der eingesetzten Spermienkonzentration zur Bestimmung des ATP-Gehaltes und der Einfluss auf die Motilität ... 49 4.2 Versuch 2: Beeinträchtigung der ATP-Gehaltsbestimmung, der Messung des MMP und der Motilitätsparameter durch eidotterhaltige Verdünner... 51 4.3 Versuch 3: Einfluss des Hoechst 33342 Farbstoffes auf Motilität, MMP und ATP-Gehalt von Spermien ... 52 4.4 Versuch 4: Veränderung des ATP-Gehalts, des MMP, der Gesamtmotilität, der Vorwärtsbeweglichkeit, der BCF und der ALH nach geschlechtsspezifischer Sortierung der Spermien im Flowzytometer ... 53 4.5 Versuch 5: Einfluss der Deaktivierung des elektrostatischen Feldes während der geschlechtsspezifischen Differenzierung im Vergleich zu standardsortiertem und unbehandeltem Spermien... 58 4.6 Versuch 6: Reduzierung der Schwingungsamplitude des Piezokristalls durch Senkung der Amplitudenspannung auf minimal 3 Volt im Vergleich zu den Standardsortierbedingungen (30 Volt) und unbehandelten Spermien ... 64 4.7 Versuch 7: Einfluss der Deaktivierung des Lasers während der geschlechtsspezifischen Sortierung auf die Spermienintegrität ... 70 5. Diskussion ... 77 5.1 Versuch 1: Verringerung der eingesetzten Spermien-konzentration zur

Bestimmung des ATP-Gehaltes und der Einfluss auf die Motilität ... 78 5.2 Versuch 2: Beeinträchtigung der ATP-Gehaltsbestim-mung, der Messung

des MMP und der Motilitätsparameter durch eidotterhaltige Verdünner ... 80 5.3 Versuch 3:Einfluss des Hoechst 33342 Farbstoffes auf die Motilität, das

MMP und den ATP-Gehalt von Spermien ... 82 5.4 Versuch 4: Beeinträchtigung des ATP-Gehaltes, des MMP und der

Standardmotilitätswerte durch die flowzytometrische Sortierung der Spermien ... 83

VII

(8)

5.5 Versuch 5 und Versuch 6: Einfluss der reduzierten Amplitudenspannung für den Piezokristall bzw. der deaktivierten elektrostatischen Ablenkung während der geschlechtsspezifischen Differenzierung im Vergleich zu standardsortierten

und unsortierten Spermien... 84

5.6 Versuch 7: Deaktivierung des Lasers während der geschlechtsspezifischen Differenzierung im Unterschied zu Standardsortierbedingungen und unsortierten Spermien ... 86

5.7 Abschließende Beurteilung ... 87

6. Zusammenfassung ... 90

7. Summary ... 92

8. Literaturverzeichnis ... 94

9. Anhang ...110

9.1 Materialien ...110

9.2 Parametereinstellungen CASA (Version 12 IVOS, Hamilton Thorne Bioscience, Beverly, USA) ...110

9.3 Parametereinstellungen Durchflusszytometer (GALLIOS 2/6 Beckman Coulter Inc., Brea, USA) ...112

9.4 Untersuchungsprotokoll für die morphologischen Veränderungen der Spermien ...113

10. Abbildungsverzeichnis ...114

11. Tabellenverzeichnis...115

VIII

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Abkürzungsverzeichnis

Acetyl-CoA Acetyl-Coenzym A

ADP Adenosindiphosphat

ALH Amplitude of lateral head displacement

AMP Adenosinmonophosphat

Anova Analysis of variance

AO Antioxidantien

ATP Adenosin-Triphosphat

BCF Beat cross frequenzy

BSA Bovines Serum Albumin

Ca2+ Kalzium

cAMP zyklisches Adenosinmonophosphat

CASA Computer Assisted Sperm Analysis

CO2 Kohlenstoffdioxid

DMSO Dimethylsulfoxid

DNA Desoxyribonucleic acid

EDTA Ethylindiamintetraessigsäure

et al. et alii

FACS Fluorescence activated cell sorting

FAD Flavin-Adenin-Dinukleotid

FADH2 Flavin-Adenin-Dinukleotid-Wasserstoff

g Gramm

h Stunde

H2O2 Wasserstoffperoxid

IX

(10)

Hz Hertz

JC-1 5,5‘,6,6’tetrachloro-1,1‘,3,3‘-

tetraethylbenzimidazolcarbocyaninjodid

l Liter

Mg2+ Magnesium

mg Milligramm

ml Milliliter

mM Millimol

MMP Mitochondrienmembranpotential

n Anzahl Beobachtungen

NAD+ Nicotin-Amid-Adenin-Dinukleotid

NADH Nicotin-Amid-Adenin-Dinukleotid-Wasserstoff

nm Nanometer

nM Nanomol

1O Singulettsauerstoff

O2 Sauerstoff

O2-

Superoxidradikalion

ODF Outer Dense Fibres

OH- Hydroxylradikal

p Irrtumswahrscheinlichkeit

Pi anorganisches Phosphat

PPi Pyrophosphat

PBS Phosphate buffered Saltsolution

PI Propidiumiodid

psi Pound per square inch (1 psi entspricht 0,0689 bar) RLU/s Relative Light Unit per Second

X

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ROS Reactive Oxygen Species

STD Standardabweichung

Sx Standardabweichung

TCA Trichloressigsäure

TRIS Tris-Hydroxymethyl-Aminomethan

UV Ultraviolett

µl Mikroliter

µm Mikrometer

Mittelwert

XI

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1 1. Einleitung

Die geschlechtsspezifische Sortierung von X- bzw. Y-Chromosomen tragenden Spermien basiert auf der flowzytometrischen Bestimmung des relativen DNA- Unterschiedes der beiden Spermienpopulationen. Die Technik wird mittlerweile z.B.

in der Milchrinderzucht kommerziell angewendet (RATH et al., 2013), aber die Trächtigkeitsraten erreichten bis vor Kurzem selbst bei optimalem Besamungsmanagement nur 80% im Vergleich zur Besamung mit unsortiertem Sperma (SEIDEL, 2014). Inzwischen sind die Verfahren soweit optimiert, dass zwischen gesextem und ungesextem Sperma lediglich bullenspezifische Unterschiede existieren. Hierbei ist die verringerte Fertilität von gesextem Sperma zu zwei Dritteln auf die geringere Spermienkonzentration in der Besamungsportion und zu einem Drittel auf Belastungen zurückzuführen, die die Spermien während des Sortiervorganges erfahren (FRIJTERS et al., 2009). RATH et al. (2013) nennen als mögliche Belastungsfaktoren für die Spermien eine hohe Ejakulatverdünnung während der Sortierung, Koinkubation mit einem DNA-spezifischen Farbstoff bei Körpertemperatur, Zentrifugationseffekte, Exposition mit Laser-Licht und mechanischen Stress durch hydrodynamische Scherkräfte.

Die Mitochondrien in den Spermien sind für die Motilität verantwortlich, welche sie durch die Produktion von ATP aufrechterhalten (PIOMBONI et al., 2012).

Untersuchungen an Hengstspermien ergaben Hinweise darauf, dass bei geschlechtsspezifisch differenzierten Spermien ein reduzierter Energiegehalt besteht, der durch luminometrische Messung des intrazellularen ATP-Gehaltes nachgewiesen wurde (BALAO DA SILVA et al., 2013). Besonders belastend für das Spermienschwanz-Mittelstück, dem zentralen Ort der ATP-Synthese in Spermien, wirkt sich das elektrostatische Feld aus, welches zur geschlechtsspezifischen Differenzierung benötigt wird (RATH et al., 2015).

Mögliche negative Auswirkungen des Sortiervorganges im Flowzytometer auf die Motilität der gesexten Spermien sollten in der vorliegenden Arbeit im Hinblick auf den

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2

Energiehaushalt der Spermien untersucht werden. Durch Messung des Adenosintriphosphat (ATP) - Gehaltes im Vergleich zu etablierten Motilitätsparametern und flowzytometrischer Messung des Mitochondrienmembranpotentials sollte überprüft werden, an welcher Stufe des Produktionsprozesses von geschlechtsspezifisch differenzierten Spermien ein Einfluss auf die Motilität, das Mitochondrienmembranpotential und den ATP-Gehalt genommen wird.

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3 2. Literatur

2.1 Morphologie des Bewegungsapparates der Spermien

Das Spermium kann in zwei morphologisch unterschiedliche Bereiche mit verschiedenen Aufgaben unterteilt werden, Spermienkopf und Flagellum. Der Spermienkopf besteht aus dem Akrosom und dem Nucleolus, er besitzt den überwiegenden Teil der Erbinformation und den Mechanismus zur Fertilisation der Ooozyte. Das Flagellum ist für die Motilität des Spermiums verantwortlich (MANN, 1964). Es besteht aus dem Hals, dem Mittel-, dem Haupt- und dem Endstück. Beide Teile werden durch das Zentriol voneinander getrennt (BISHOP, 1962).

Die Bewegung der Spermien geschieht durch eine sinusartige Krümmung des Spermienschwanzes. Als zentrale Struktur stellt sich hierin das Axonem dar, welches aus neun äußeren Mikrotubulipaaren (A- und B- Tubulus) und zwei zentralen Mikrotubuli gebildet wird (9 + 2 Struktur). Die Mikrotubulipaare verbinden sich über mehrere vom A-Tubulus ausgehende Dyneinköpfe, welche am benachbarten B- Tubulus ebenfalls in Dyneinköpfe münden. An die Mikrotubulipaare sind vom Hals bis zum Hauptstück Mantelfasern (Outer Dense Fibres, [ODF]) angelagert.

Ausgehend von jedem der äußeren Mikrotubulipaare ragen speichenartige Proteine in Richtung des inneren Tubulus und sind mit dessen Zentralhülle verbunden (FAWCETT, 1970). Im Mittelstück sind Mitochondrien spiralförmig in ca. 65 bis 75 Windungen um das Axonem gelagert. Durch einen Schlussring (Anulus) aus zirkulären Aktinfilamenten wird verhindert, dass sich die Mitochondrien in das Hauptstück verlagern. Gleichzeitig stellt der Anulus den Übergang zum Hauptstück dar (BUSCH und HOLZMANN, 2001). Im Hauptstück werden zwei gegenüberliegende ODF’s durch longitudinale Säulen der fibrillären Hülle ersetzt. Die fibrilläre Hülle besteht aus den längsverlaufenden Fibrillen und zahlreichen querverlaufenden

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4

Spangen, die die beiden Säulen miteinander verbinden (FAWCETT, 1970, BUSCH und HOLZMANN, 2001, SCHÜLKE et al., 1991, BUSCH und WABERSKI, 2007).

In Abbildung 1 ist der Aufbau eines Spermiums schematisch dargestellt. Im Längsschnitt des Spermiums wird die dichte Anordnung der Mitochondrien im Mittelstück sehr deutlich im Verhältnis zum kompakten Spermienkopf, welcher die Erbinformationen und das Akrosom enthält. Die beiden Querschnitte A und B zeigen die Anordnung der Mikrotubuli, welche aus einem der Zentriole der Spermien entstanden sind. Die ringförmige Anordnung der peripheren Doppeltubuli um das zentrale Mikrotubulipaar ist hier gut erkennbar.

1 Plasmamembran

2 Äußere akrosomale Membran 3 Akrosom

4 Innere akrosomale Membran 5 Kern

6 Proximales Zentriol

7 Reste des distalen Zentriols 8 Dichte äußere Längsfasern 9 Mitochondrium

10 Axonema 11 Anulus 12 Ringfasern

13 Periphere Doppeltubuli 14 Zentrale Einzeltubuli

Abbildung 1: Aufbau eines Spermiums, Stand 02/2016

<<http://www.embryology.ch/allemand/cgametogen/popupgametogen/03spermato/spermatome hr.html>>

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5

2.2 Physiologie der Motilität der Spermien

Spermien sind im Gegensatz zu allen anderen Zellen dazu bestimmt, außerhalb des sie produzierenden Körpers zu funktionieren (BISHOP, 1962). Die Beweglichkeit der Spermien ist für eine erfolgreiche Befruchtung essentiell (SCHÜLKE et al., 1991). Die Fähigkeit zur Vorwärtsbewegung der Spermien wird erst während der Reifung im Nebenhoden erlangt (SCHNORR und KRESSIN, 2006). Die strukturelle Basis für die Fortbewegung sind die longitudinalen Filamente des Spermienschwanzes (BISHOP, 1962). Die ATP-abhängige Verschiebung der Tubuli ist verantwortlich für die Spermienmotilität und findet im distalen Teil des Flagellums statt (SILVA und GADELLA, 2006).

Die Fortbewegung der Spermien beruht auf dem Prinzip des Filamentgleitmodells (SCHÜLKE et al., 1991). Die Dyneinköpfe am B-Tubulus besitzen eine von zweiwertigen Kationen (Kalzium-, Magnesium- und Manganionen) abhängige ATPase-Aktivität. Adenosintriphosphat (ATP) wird hydrolisiert. Dadurch wird Energie freigesetzt und an den Dyneinköpfen entsteht eine Konformationsänderung. Als Folge wird der benachbarte Mikrotubulus in Richtung des Axonemendes verschoben (BUSCH und HOLZMANN, 2001, SCHÜLKE et al., 1991). Für die Geißelbewegung ist es zwingend notwendig, dass die Konformationsänderung an den Dyneinköpfen nicht über das gesamte Flagellum gleichzeitig abläuft. Eine gleichzeitige Dynein-Tubuli- Interaktion würde zu einer Kontraktion des Schwanzes führen. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird die Geißelbewegung durch die radiären Speichen und den zentralen Tubulus koordiniert (BUSCH und HOLZMANN, 2001). Bei Flagellen von Chlamydomonas flagella konnte ein entsprechender Koordinationsmechanismus nachgewiesen werden (WARGO und SMITH, 2003).

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6 2.3 Stoffwechsel der Spermien

Für die Motilität werden ca. 70-80% der in den Spermien vorhandenen Energie benötigt (RIKMENSPOEL, 1965, HALANGK et al., 1985). Die Energie wird durch Glykolyse im Flagellum und oxidative Phosphorylierung in den Mitochondrien des Mittelstücks in Form von ATP bereitgestellt (RIKMENSPOEL et al., 1969, SALISBURY et al., 1978, BUSCH und HOLZMANN, 2001). Bezüglich der Energiesynthese anhand dieser Stoffwechselwege gibt es große Unterschiede zwischen den Tierarten ATP bereitzustellen. Die Spermien des Ebers haben nur eine geringe Glykolyserate und können unter anaeroben Bedingungen nicht genügend ATP für die Motilität erstellen (MANN und LUTWAK-MANN, 1981). In bovinen Spermien können über 40% des gebildeten ATPs über die Glykolyse synthetisiert werden (GARRETT et al., 2008). Bei Bullenspermien sind keinerlei Motilitätsunterschiede unter aeroben oder anaeroben Bedingungen zu finden. Als Voraussetzung gilt das Vorhandensein von glykolysierbaren Substanzen (KRZYZOSIAK et al., 1999). Im Eileiter ist jedoch die Energieversorgung via Glykolyse vernachlässigbar (STOREY, 2008), da die dortige Glukose- und Fruktosekonzentration zu gering ist (CARLSON et al., 1970). Aber schon bei einer geringen Sauerstoffkonzentration sind die Spermien in der Lage, den aeroben Stoffwechsel aufrecht zu erhalten. Eine Einschränkung der aeroben ATP- Synthese ist im weiblichen Genitaltrakt somit nicht zu erwarten (SCHÜLKE et al., 1991).

Die Motilität der Spermien wird durch zyklisches Adenosinmonophosphat (cAMP), Kalziumionen (Ca2+) und dem intrazellulären pH-Wert reguliert (MAJUMDER et al., 1990). Bikarbonat, welches im Seminalplasma des Ejakulats enthalten ist, führt zu einem Anstieg des pH-Wertes. Die Adenylzyklase der Spermienmembran wird stimuliert und katalysiert die Umwandlung von ATP in cAMP (OKAMURA et al., 1985, NELSON et al., 2005d). Ein Anstieg der intrazellulären cAMP Konzentration führt zur Aktivierung der cAMP-abhängigen Proteinkinase A (SCHÜLKE et al., 1991). Das Zusammenspiel der cAMP-abhängigen und cAMP-unabhängigen Proteinkinasen sowie Proteinphosphatasen reguliert in Form einer Reaktionskaskade die

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Dephosphorylierung und Phosphorylierung der Stoffwechselenzyme im Flagellum.

Die Phosphodiesterase baut cAMP zu Adenosinmonophosphat (AMP) ab, die Motilität wird reduziert (SCHÜLKE et al., 1991).

2.3.1 Glykolyse im Spermium

Acht Reaktionsschritte beschreiben den Zitratzyklus. Dabei werden Elektronen erzeugt, die vom Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid (NAD+) und Flavin-Adenin- Dinukleotid (FAD) aufgenommen werden (NELSON et al., 2005b). Die Glykolyse der Monosaccharide zu Pyruvat besteht aus zwei Stufen (Abbildung 2). Als Vorbereitung muss die Glukose oder Fruktose in Fruktose-1,6-bisphosphat umgewandelt werden.

Während dieser Phosphorylierungsschritte werden zwei Moleküle ATP benötigt, die als Phosphatdonatoren dienen. Zwei weitere Reaktionsschritte führen dazu, dass Fruktose-1,6-bisphosphat in zwei Moleküle Glycerinaldehyd-3-phosphat gespalten wird. In der Ertragsstufe entstehen durch weitere Umwandlungsschritte zwei Moleküle Pyruvat und vier Moleküle ATP. Die erste Ertragsstufe wird durch das Enzym Glycerinaldehyd-3-phosphat-Dehydrogenase oxidiert und das Glycerin-3- phosphat wird in 1,3.Bisphosphoglycerat umgewandelt. Dabei dient der Cofaktor NAD+ als Elektronenakzeptor und wird zum reduzierten Nicotin-Amid-Adenin- Dinukleotid (NADH+) (NELSON et al., 2005c). NAD+ steht im Spermium nur begrenzt zur Verfügung. Deshalb muss NADH+ recycelt werden um die Glykolyse aufrecht zu erhalten. Eine direkte Einbindung des NADH+ in die Endoxidation an der inneren Mitochondrienmembran ist nicht möglich, denn NADH kann in freier Form nicht in die Mitochondrienmatrix aufgenommen werden (DAWSON, 1979, NELSON et al., 2005c).

Durch die Laktathydrogenase X (LDH-X) wird Pyruvat zu Laktat umgewandelt und dabei NAD+ regeneriert (CLAUSEN, 1969, HUTSON et al., 1977, VAN DOP et al., 1977).

Laktat kann die innere Mitochondrienmembran passieren, in der Matrix wird es durch LDH-X wieder in Pyruvat und NADH überführt. Pyruvat wird nun in den Zitratzyklus eingeschleust (HUTSON et al., 1977, HAMMERSTEDT und LARDY, 1983).

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Abbildung 2: Schematische Darstellung der Glykolyse, Stand 02/2016

<<https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/88/Homofermentative_Milchs%C3%A4ure g%C3%A4rung.png>>

2.3.2 Mitochondrialer Energiestoffwechsel der Spermien

Mitochondrien sind die Zellorganellen, welche eine primäre Rolle in der ATP- Generation in eukaryotischen Zellen einnehmen (MANNELLA,2008). Mitochondrien in Spermien sind längsoval (FAWCETT, 1970) und besitzen eine äußere glatte und eine innere stark gefaltete Membran, die nach innen ragenden Falten werden als Christae bezeichnet (PALADE, 1952). Zwischen den Membranen befindet sich der Intermembranraum, der von der inneren Mitochondrienmembran umschlossene Raum ist die Mitochondrienmatrix (PALADE, 1952).

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Abbildung 3: Aufbau eines Mitochondriums, Stand 02/2016

<<http://www3.hhu.de/biodidaktik/Zellatmung/dateien/mito/bilder/mtochondrium.gif>>

Die aerobe Energiesynthese in der Mitochondrienmatrix besteht aus drei Abschnitten. Als erstes wird Pyruvat durch oxidative Dephosphorylierung in Acetyl- Coenzym-A (Acetyl-CoA) umgewandelt. Durch den Abbau eines Moleküls Pyruvat wird ein Molekül NADH erzeugt. Das Acetyl-CoA wird in den Zitratzyklus eingeschleust und weiter prozessiert (LOEFFLER und GÄBEL, 2013). Das Resultat aus der Verstoffwechselung eines Moleküls Acetyl-CoA ist:

Acetyl-CoA + 3 NAD+ + FAD + GDP + Pi + 2 H2O

 2 CO2 + 3 NADH + FADH2 + GTP + 3 H+ + CoA

Energetisch gleichwertiges ATP entsteht aus Guanosintriphosphat (GTP) durch die Nucleosid-diphosphatkinase (NELSON et al., 2005b). In der mitochondrialen Innenmembran findet die oxidative Phosphorylierung durch vier Komplexe der Atmungskette und der F1F0-ATP-Synthase statt. Die Proteinkomplexe der Atmungskette übertragen die Elektronen vom NADH und FADH2 auf molekularen Sauerstoff. Die freiwerdende Energie während des Elektronentransportes entlang der Membran wird von den Enzymkomplexen der Atmungskette genutzt, um Protonen aus der Matrix in den Intermembranraum zu transportieren (SARASTE, 1999, NELSON

et al., 2005e). Der so entstehende H+-Ionen-Gradient führt zu einer negativ

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geladenen Membraninnenseite. Dieser Zusammenhang wird auch als elektrochemischer Protonengradient bezeichnet, welcher als Mitochondrienmembranpotential (MMP) zwischen der Innen- und Außenseite definiert ist. Bei intakten Mitochondrien beträgt das MMP -180 bis -200 mV (COSSARIZZA et al., 1996). Die F1F0-ATP-Synthase wird durch diesen Protonengradienten angetrieben. Mit Hilfe der freiwerdenden Energie wird ATP gebildet, indem anorganische Phosphate auf Adenosindiphosphat (ADP) übertragen wird (MITCHELL, 1961). Die Protonen werden durch die F1F0-ATP-Synthase wieder in die Matrix zurück gepumpt. Tabelle 1 gibt eine Zusammenfassung über die ATP- Ausbeute während des vollständigen Abbaus von Glukose.

Tabelle 1: ATP-Produktion im Spermium aus einem Molekül Glukose (NELSON et al., 2005e)

Reaktion Produkt Moleküle ATP

Glykolyse 2 NADH 5

2 ATP 2

Pyruvatoxidation 8 NADH 20

Zitratzyklus 2 FADH2 3

2 GTP 2

Gesamtausbeute 32

Die ATP-Synthese wird über das zelluläre ATP/ADP Verhältnis reguliert (HALANGK et al., 1985). Die Produktion von ATP wird verringert, wenn ein ATP/ADP-Verhältnis von über fünf vorliegt. Steigt die Konzentration an ADP (ATP/ADP-Verhältnis < fünf), so wird die ATP-Synthese erhöht. Intakte Spermien verbrauchen bis zu 3,0µM ATP pro 100x106 Spermien pro Stunde (HAMMERSTEDT et al., 1988). 100x106 Spermien synthetisieren eine ATP-Menge zwischen 2,2 und 9,0µM ATP pro Stunde (INSKEEP und HAMMERSTEDT, 1985, GARRETT et al., 2008).

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Der absolute ATP-Gehalt von Bullenspermien wird in der Literatur in unterschiedlichen Höhen angegeben, Tabelle 2 zeigt einen Überblick aus verschiedenen Arbeiten. Die Menge des ermittelten ATP-Gehaltes wird durch äußere Einflüsse stark beeinflusst. Verschiedene Behandlungsmethoden und unterschiedliche Zusammensetzungen von verwendeten Spermaverdünnern können den ATP-Gehalt verändern (SÖDERQUIST, 1991). Weiterhin entscheidend sind die verwendeten Extraktions- und Messverfahren, was ebenfalls zu variierenden Messergebnissen führen kann (BROOKS, 1970, MAHMOUD et al., 1994, LONG und GUTHRIE, 2006, MÖNCH-TEGEDER, 2011b). Deutliche Unterschiede im ATP-Gehalt sind im Besonderen zwischen Frischsperma und wieder aufgetautem Tiefgefriersperma zu finden (FOULKES und MACDONALD, 1979, SÖDERQUIST und LARSSON, 1985).

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12 Tabelle 2: ATP-Gehalte boviner Spermien

Art des Spermas

Absoluter ATP-Gehalt in

(nM/100 x 106 Spermien) Quelle

Frischsperma 12,0 (BROOKS, 1970)

Epididymales Sperma 27,8 (HOSKINS, 1973)

Frischsperma 29,0 (CASCIERI et al., 1976)

Frischsperma 32,3 ± 3,3 (HAMMERSTEDT und

AMANN, 1976)

Frischsperma 76,5 ±38,2 (FOULKES und

MACDONALD, 1979)

Tiefgefriersperma 10,0 ± 4,7 (FOULKES und

MACDONALD, 1979) Frischsperma (nach

Inkubation für 60 Minuten bei 37°C)

28,0 ± 4,0 (HAMMERSTEDT und HAY, 1980)

Frischsperma 18,3 ± 2,2 (KÄHN et al., 1982)

Tiefgefriersperma 12,3 ± 3,8 (SÖDERQUIST und LARSSON, 1985) Tiefgefriersperma 18,7 ± 5,6 (SÖDERQUIST et al., 1991)

Frischsperma 34,4 (WHITE et al., 1992)

Frischsperma 30,8 (RIEGER, 1997)

Frischsperma 24,4 ± 5,3 (BILODEAU et al., 2002)

2.3.3 Einflüsse auf die ATP-Synthese

Der Stoffwechsel der Spermien ist von verschiedenen Parametern abhängig. Die Zusammensetzung des Suspensionsmediums (pH-Wert, Ionenkonzentration, Ionenarten und osmotischer Druck) und die Lagerungstemperatur des Spermas üben einen großen Einfluss aus (SCHÜLKE et al., 1991). Das pH-Optimum für

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Bullenspermien liegt zwischen 6,9 und 7,0. Ihre Vitalität können Bullenspermien im pH-Bereich von 6,7 bis 8,0 erhalten. Wenn hypotone Lösungen zur Verdünnung eines Ejakulats genutzt werden, bewirkt dies einen starken Abfall der ATP- Konzentration (SCHÜLKE et al., 1991). Die hohe Ca2+-Konzentration innerhalb der Spermien führt zu einer Alkalisierung des Zellmilieus, welches eine Hemmung der Enzymsysteme bewirkt. Des Weiteren werden zusammen mit anorganischen Phosphaten schwerlösliche Kalziumphosphate gebildet. Diese anorganischen Phosphate können nicht mehr zur ATP-Synthese genutzt werden (NELSON et al., 2005a). Ein Anstieg des pH-Wertes und eine Erhöhung der intrazellulären Kalziumkonzentration löst die Akrosomreaktion aus (BUSCH und HOLZMANN, 2001).

Sinkt die Temperatur auf 5°C kommt es zur Hemmung der in der Zellmembran verankerten Natrium-Kalium-ATPase. Als Folge steigt der intrazelluläre Natriumgehalt, zeitgleich erhöht sich auch die Ca2+-Konzentration im Zytosol (QUINN und WHITE, 1966, NELSON et al., 2005a). Werden Spermien bei einer Temperatur von 20°C gelagert, so ist ihre ATP-Konzentration am höchsten. Dies lässt sich aber auf den geringeren Energiebedarf durch die verringerte Motilität zurückführen. Durch höhere Temperaturen nimmt die Beweglichkeit der Spermien zu und ihr ATP-Gehalt ab. Erst ab Temperaturen von 40°C und mehr sinkt die Motilität der Spermien, analog sinkt auch der ATP-Gehalt (HAMMERSTEDT und HAY, 1980, SÖDERQUIST, 1991). Bei weiter steigenden Temperaturen setzt eine Denaturierung der Proteine ein, was zu einem Funktionsverlust bei der Energiebereitstellung führt (SCHÜLKE et al., 1991).

Reaktive Sauerstoffspezies (ROS) haben ebenfalls einen großen Einfluss auf die ATP-Synthese (DE LAMIRANDE und GAGNON, 1992, ARMSTRONG et al., 1999). Ein gestörtes Gleichgewicht zwischen Antioxidantien (AO) und ROS zu Gunsten der ROS führt zu oxidativem Stress (BANSAL und BILASPURI, 2010). Als ROS werden Superoxid-Radikale (O2--), Hydroxylradikal (OH), Singulett-Sauerstoff (1O) und Wasserstoffperoxid (H2O2) zusammengefasst (NELSON et al., 2005d). Diese Radikale weisen ein oder mehrere ungepaarte Elektronen auf und sind deshalb sehr kurzlebig und reaktionsfreudig. Lipide und Proteine der Membranen werden bevorzugt als

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Reaktionspartner genutzt, um durch die Aufnahme eines zweiten Elektrons eine chemisch stabilere Form zu erlangen (ALVAREZ et al., 1987, AITKEN et al., 1989a, AITKEN et al., 1989b, IWASAKI und GAGNON, 1992, KOKSAL et al., 2003). Kommt es zu einer Lipidperoxidation in den Membranen, werden diese geschädigt.

Morphologische Veränderungen, eine Beeinträchtigung der Zellfunktionen und eine reduzierte Motilität sind die Folge (DE LAMIRANDE und GAGNON, 1992, BANSAL und BILASPURI, 2010, BUCAK et al., 2010). Die reduzierte Motilität ist unter anderem durch einen sehr schnellen Verlust von Adenosintriphosphat (ATP) und den Schädigungen am Axonem des Spermienschwanzmittelstücks zu erklären (SIKKA, 1996). Das Gesamtresultat der Auswirkungen des oxidativen Stresses ist eine verkürzte Lebensfähigkeit der Spermien und eine Beeinträchtigung der Kapazitation und Akrosomreaktion (DE LAMIRANDE und GAGNON, 1992, OEHNINGER et al., 1995, ICHIKAWA et al., 1999). Zusätzlich führt die Lipidperoxidation zu Schädigungen an der Spermien-DNA (TWIGG et al., 1998).

Das Superoxid-Radikal entsteht in den Mitochondrien während der Reduktion von Sauerstoff zu Wasser in der Atmungskette durch das Austreten von Elektronen (CROSS und JONES, 1991). Zwischen 1 und 4% des umgesetzten Sauerstoffs werden nicht vollständig reduziert (CHANCE et al., 1979). Um negativen Einflüssen auf den Spermienmetabolismus zu begegnen, enthalten Spermien und Seminalplasma Antioxidantien (AOs), z.B. Katalase und Superoxid-Dismutase (BILODEAU et al., 2000). Der Gehalt an AO in Spermien ist eher gering, sie sind vorwiegend auf das sie umgebende Medium angewiesen, um den Einflüssen der ROS entgegenzuwirken (POTTS et al., 2000). Bisher werden unterschiedliche AOs den verwendeten Verdünnermedien zugesetzt, um ein Gleichgewicht zwischen AOs und ROS herzustellen. Durch die AOs wird die oxidative Kettenreaktion durchbrochen und Schädigungen vermieden (MILLER et al., 1993, BANSAL und BILASPURI, 2010).

Die Fertilitätseigenschaften der Spermien werden durch ROS beeinflusst, da sie bei vielen physiologischen Prozessen eine wichtige Rolle spielen. Sie nehmen Einfluss auf die Tyrosin-Phosphorylierung, Hyperaktivierung, Kapazitation, Akrosomreaktion, Spermien-Oozyten-Fusion und die Stabilisierung der mitochondrialen Kapsel

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(AITKEN, 1995, BAUMBER et al., 2003, O'FLAHERTY et al., 2006, BANSAL und BILASPURI, 2010). Tritt ein Ungleichgewicht aufgrund einer hohen ROS-Freisetzung zwischen Kapazität der Antioxidantien und den ROS auf, so entsteht oxidativer Stress für die Spermien (CHANCE et al., 1979). Ein schneller Abbau des zellulären ATP ist die Folge der ROS-Freisetzung. Zusätzlich wird die Lipidperoxidation stimuliert. Davon betroffen sind besonders die in der inneren Mitochondrienmembran verstärkt enthaltenen ungesättigten Fettsäuren. Irreversible Schäden entstehen an der Mitochondrienmembran und das MMP fällt ab. Die ATP-Synthese sinkt bis zum vollständigen Erliegen und führt zum Verlust der Motilität und zum Zelltod (DE LAMIRANDE und GAGNON, 1992, BILODEAU et al., 2000, ARMSTRONG et al., 1999).

2.3.4 Einfluss der Energiesynthese auf die Fertilität

Mitochondrien als Ort der Energiesynthese gelten als wichtigste Zellorganelle zur Beurteilung der Qualität von Spermien (LUO et al., 2013). Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen der Energiesynthese in den Spermien und ihrer Motilität (RIKMENSPOEL et al., 1969). Dies lässt vermuten, dass der ATP-Gehalt und die Funktionalität der Mitochondrien einen Bezug zur Befruchtungsfähigkeit der Spermien haben. In der Literatur wird dieses aber aus unterschiedlichen Blickwinkeln diskutiert (GOTTLIEB et al., 1987, SÖDERQUIST et al., 1991, JANUSKAUSKAS und RODRIGUEZ-MARTINEZ, 1995). Der folgende Abschnitt fasst Informationen zusammen, die den Bezug von ATP-Gehalt zu verschiedenen spermatologischen Parametern darstellen.

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2.3.4.1 Beziehung zwischen dem ATP-Gehalt und der Fertilität

Die Funktionalität der Mitochondrien kann mittels durchflusszytometrischer Untersuchungen des MMP überprüft werden (AUGER et al., 1989, COSSARIZZA et al., 1993). In verschiedenen Studien wurden Korrelationen von r = 0,55 bis r = 0,88 zwischen Anzahl lebender Spermien und ATP-Gehalt ermittelt (COMHAIRE et al., 1983, POUSETTE et al., 1986, GOTTLIEB et al., 1987, MAHMOUD et al., 1994). Eine Korrelation zwischen Motilität von Bullenspermien und der ATP-Konzentration variierte im Bereich von r = 0,28 und r = 0,85 (FOULKES und MACDONALD, 1979, SÖDERQUIST und STALHAMMAR, 1991). Anders als bei bovinen Spermien wurde in humanen Spermien ein höherer ATP-Gehalt bei verminderter Motilität nachgewiesen (DU TOIT et al., 1993, MENDELUK et al., 1997). Die Verfasser begründen ihre Ergebnisse mit dem hohen Verbrauch an ATP während der Vorwärtsbewegung der Spermien, welcher durch die ständige ATP-Neusynthese nicht ausreichend gedeckt werden kann (MENDELUK et al., 1997). Ein Zusammenhang zur Fertilität wurde durch die Beziehung zwischen ATP-Gehalt und Non-Return-Rate beobachtet (WOOD et al., 1986), wobei in diesen Untersuchungen eine positive Korrelation von r = 0,42 nachgewiesen werden konnte. In den Untersuchungen von SÖDERQUIST (SÖDERQUIST

et al., 1991) konnte eine signifikant negative Korrelation mit r = -0,24 zwischen ATP- Gehalt und der Non-Return-Rate festgestellt werden. Andere Autoren wiesen dagegen keinen signifikanten Einfluss des ATP-Gehaltes und der Motilität auf die Non-Return-Rate nach (VITT, 1997). Bei Ebern gibt es keinen Hinweis auf den Einfluss des ATP-Gehaltes und der Spermienmotilität auf die Fertilität (TARDIF et al., 1999).

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2.3.4.2 Der Einfluss der Mitochondrien auf die Fertilität

Die Mitochondrien in den Spermien haben einen kritischen Einfluss auf die Fertilität.

Motilität und mitochondriale Funktionalität stehen in engem Zusammenhang mit der physiologischen Funktion der Spermien (GARNER et al., 1997). Die während des Zitratzyklus frei werdende Energie wird als elektrochemischer Gradient mit Hilfe eines transmembranen - elektrischen Potentials in der mitochondrialen Atmungskette gespeichert (COSSARIZZA et al., 1996). Änderungen der mitochondrialen Funktionalität, wie z. B. ein niedriges Mitochondrienmembranpotential (MMP) korrelieren mit einem Verlust der Motilität (AMARAL et al., 2013).

Das MMP kann mit Hilfe eines durchflusszytometrischen Verfahrens bestimmt werden. Die Kombination von organell-spezifisch fluoreszierenden Farbstoffen und der Flowzytometrie ist ein schnelles und präzises Verfahren um tausende von Spermien in jedem Ejakulat zu untersuchen (GARNER et al., 1997). Hierzu werden unterschiedliche Farbstoffe genutzt, die speziell die Mitochondrien in den Spermien anfärben. Im Falle von JC-1 akkumuliert dieser Farbstoff in den Mitochondrien anhand des transmembranen Potentials. Mitochondrien mit einem hohen Membranpotential fluoreszieren rot-orange, während solche mit einem niedrigen bis mittlerem Membranpotential grün fluoreszieren (GARNER et al., 1997).

Der prozentuale Anteil der Spermien mit einem hohen MMP korreliert signifikant mit der Vorwärtsbeweglichkeit (r = 0,97) (AUGER et al., 1989, GARNER et al., 1997, HALLAP et al., 2005). Es besteht außerdem eine positive Korrelation zwischen den Spermien mit einem intakten MMP und der Morphologie der Spermien (r = 0,82) und ihrer Motilität (r = 0,78). Ein Zusammenhang mit der Non-Return-Rate bei Rindern konnte bisher nicht festgestellt werden (ERICSSON et al., 1993).

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2.4 Bestimmung des Mitochondrienmembranpotentials

Die Spermienmotilität hängt von der funktionellen Aktivität der Mitochondrien ab (PAOLI et al., 2011). Die Höhe des MMP gilt als sensitiver Indikator für den Energiestatus und die Motilität von Spermien (VOLPE et al., 2009). Zur durchflusszytometrischen Untersuchung des MMP wird häufig das Fluorochrom 5,5‘, 6,6‘ – tetrachloro -1, 1‘, 3, 3‘ – tetraethylbenzimidazolcarbocyanin-Jodid (JC-1) eingesetzt. Bei dem Cyanid JC-1 handelt es sich um ein lipophiles Kation, das in der Lage ist, die Plasmamembran zu penetrieren (REERS et al., 1991). Dieses Fluorochrom kann sowohl als Monomer vorliegen, als auch reversible Aggregate bilden (COSSARIZZA et al., 1996). Durch die positive Ladung des Moleküls ist der Einstrom der Monomere umso stärker, je höher das MMP ist. Erreicht es einen Schwellenwert von -80 bis -100 mV, so werden reversible JC-1 Aggregate gebildet.

Erfolgt nun eine optische Anregung des mit JC-1 gefärbten Spermiums im Bereich von 488nm, so emittiert das Monomer grünes Licht mit einer Wellenlänge von 527nm. Liegt jedoch die Aggregatform vor, so fluoresziert diese bei einer Wellenlänge von 590nm in orange (REERS et al., 1991, SMILEY et al., 1991, THOMAS et al., 1998, GUTHRIE und WELCH, 2008). In der anschließenden durchflusszytometrischen Auswertung lassen sich Spermien mit einem hohen MMP, welche oranges Licht emittieren, von solchen mit niedrigem MMP, die ein grünes Licht emittieren, unterscheiden (COSSARIZZA et al., 1996). In einer Studie mit tiefgefrorenem Bullensperma konnten hohe Korrelationen zwischen dem prozentualen Anteil von Spermien mit hohem MMP, welches mittels JC-1 Färbung ermittelt wurde, und der Vorwärtsbeweglichkeit der Spermien festgestellt werden (r = 0,97; p < 0,001) (GARNER et al., 1997). Außerdem korrelierte in der gleichen Untersuchung der prozentuale Anteil der Spermien mit hohem MMP mit der Anzahl der Spermien, die mit Hilfe einer SYBR®14/PI-Färbung als plasmamembranintakt eingestuft wurden (r = 0,99; p < 0,001). In einer Studie mit caninen Spermien wurde dargestellt, dass JC-1 ein entsprechendes Werkzeug zur Detektion von Veränderungen des MMP darstellt. Es sollte aber immer in Zusammenhang mit einer objektiven Messung der Motilität gebracht werden, um eine fehlerhafte Beurteilung

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der potentiellen Fertilität vorzubeugen (VOLPE et al., 2009). In dieser Studie stellte sich heraus, dass Ejakulate mit einer geringen Motilität einen unerwartet hohen Anteil an Spermien mit einem hohen MMP besaßen. Die Autoren erklärten dieses Ergebnis damit, dass allein die Bestimmung des mitochondrialen Stoffwechsel nicht ausreicht, um eine Aussage über die Motilität zu treffen, es aber einen nützlichen Hinweis zur Überlebensfähigkeit der Spermien auf dem Weg zu Befruchtung liefert.

In einer weiteren Studie mit Rattenspermien korrelierte der prozentuale Anteil an orange gefärbten Spermien durch JC-1, also Mitochondrien mit einem hohen MMP, mit der erwarteten Lebensfähigkeit der Spermien (r = 0,99) (GRAVANCE et al., 2001).

Die Autoren sahen im Einsatz des JC-1 Farbstoffes eine nützliche Technik um Veränderungen der mitochondrialen Funktion in Rattenspermien schnell und effektiv beurteilen zu können, da mit dieser flowzytometrischen Methode in kürzester Zeit eine Aussage über den funktionellen Status der Mitochondrien in einer großen Anzahl an Spermien getroffen werden kann.

2.5 ATP – Gehalts Messungen

2.5.1 Luminometrische Bestimmung ATP-Gehaltes

Als Lumineszenz (lat.: lumen = Licht) bezeichnet man die optische Strahlung eines physikalischen Systems, die bei einem Übergang vom angeregten Zustand in den Grundzustand entsteht. Als Chemilumineszenz bezeichnet man die Emission von Licht, die durch eine chemische Reaktion hervorgerufen wird, ohne eine wesentliche Temperaturerhöhung. Biolumineszenz ist Chemilumineszenz von lebenden Organismen (KISSEL, 2009). Dieses Prinzip kann zur Messung des ATP-Gehaltes genutzt werden. Das Licht entsteht durch eine Reaktionskaskade, bei der ATP in Lichtenergie umgewandelt wird. Die Reaktion läuft nach folgendem Schema ab:

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ATP + D-Luciferin + O2 Luciferase + Mg2+ Oxyluciferin + AMP + PPi + CO2 + Licht

Die Carbonsäure D-Luciferin wird zunächst in Anwesenheit von Magnesiumionen (Mg2+) und ATP zu Luciferyladenylat umgewandelt. Dazu wird ein Diphosphat (PPi) vom ATP abgespalten. Durch das Enzym Luciferase wird das Luciferyladenylat unter Lichtfreisetzung oxidativ zu Oxyluciferin decarboxyliert (LUNDIN, 1982, NELSON et al., 2005f). Die Nutzung dieses Mechanismus für die Analyse der ATP-Konzentration wurde von MCELROY (MCELROY, 1947) entwickelt. Die Grundlage des Systems beruht auf der proportionalen Abhängigkeit des emittierten Lichtes zum ATP-Gehalt.

Das emittierte Licht ist proportional zur ATP-Konzentration und damit zur Anzahl der lebenden Zellen (KISSEL, 2009). Ein Luminometer kann das Lichtsignal photometrisch messen. Durch eine Kalibrierung der Messung mit einer ATP-Standardlösung kann die ATP-Konzentration der Probe berechnet werden (LUNDIN, 1982). Die Lumineszenz zeichnet sich durch eine sehr hohe Sensitivität, Linearität, hohe Analysegeschwindigkeit und Spezifität aus (KRICKA und STANLEY, 1992). Da die Messung auf einer enzymatischen Reaktion basiert, können Veränderungen der Reaktionsbedingungen allerdings schnell zu Messfehlern führen (SCHRAM und WEYENS-VAN WITZENBURG, 1989). Entscheidend für die Messgenauigkeit sind konstante Bedingungen, wie z. B. Temperatur, Probenzusammensetzung, pH-Wert und Enzymkonzentration. Ein weiterer kritischer Punkt ist die Stabilität der Luciferase, die durch ungünstige Lagerbedingungen in ihrer Aktivität abnehmen kann. Das führt dazu, dass bei gleicher ATP-Konzentration eine geringere Menge Licht emittiert wird. Das Auftreten von Messungenauigkeiten lässt sich minimieren, indem ein interner ATP-Standard anstelle einer Kalibrierkurve verwendet wird (LUNDIN, 1982, LUNDIN, 2000). Bei diesem Verfahren wird der Probe nach Messen des ATP-Gehaltes eine bekannte Menge an ATP hinzugegeben, und es erfolgt eine zweite Messung. Der Gehalt an ATP in der Probe kann durch die unterschiedliche Intensität der Lichtsignale berechnet werden.

Bevor eine Bestimmung des ATP-Gehaltes in einer Probe möglich ist, muss eine Extraktion des ATPs aus den Spermien erfolgen. Hierzu werden verschiedene

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Säuren genutzt, die das ATP aus den Spermien freisetzen. Zusätzlich muss eine Inhibierung der Phosphatasen des Seminalplasmas stattfinden (KÄHN et al., 1982, GOTTLIEB et al., 1987). Im Idealfall werden die Phosphatasen durch das Extraktionsverfahren abgebaut. Zu diesem Zweck eignen sich Perchlorsäure, Trichloressigsäure (TCA) und ein siedendes Wasserbad. Aus Gründen der Arbeitssicherheit ist jedoch die TCA der Perchlorsäure vorzuziehen (GOTTLIEB et al., 1987). Bei vergleichenden Untersuchungen zwischen der Extraktion mit TCA und dem siedenden Wasserbad wurden mit der TCA-Methode höhere Gehalte an ATP gemessen (GOTTLIEB et al., 1987). Da im Seminalplasma kein ATP enthalten ist, muss keine Trennung der Spermien vom Seminalplasma erfolgen (KÄHN et al., 1982, GOTTLIEB et al., 1987, LONG undGUTHRIE, 2006).

2.5.2 Etablierung eines Testkits zur Bestimmung des ATP-Gehaltes in Spermien

In einer voraus gegangenen Arbeit wurde durch M. MÖNCH-TEGEDER (2011b) eine Evaluierung verschiedener Testkits zur Bestimmung des ATP-Gehaltes in bovinem Sperma durchgeführt. Ziel war es, ein ATP-Messverfahren in bovinen Spermien mit einem kommerziell erhältlichen Testkit für die Laborroutine zu etablieren, da ein spezielles Messkit für die Untersuchung von Spermien auf ihren ATP-Gehalt momentan nicht am Markt erhältlich ist. Es wurden vier verschiedene ATP-Testkits für die Bestimmung des ATP-Gehaltes in somatischen Zellen und ein Kit für die Messung der ATP-Konzentration in Bakterien verwendet. An mehreren Wiederholungstagen wurde das Ejakulat eines Bullen mit allen zur Verfügung stehenden Testkits auf den ATP-Gehalt hin untersucht.

Die zuverlässigsten Ergebnisse für die Höhe der gemessenen ATP-Gehalte, die ATP-Extraktion, der Wiederholbarkeit der Messungen und die Stabilität der Luciferase wurden mit einem Testkit erreicht, welches einen internen Standard berücksichtigt. Dadurch können negative Einflüsse bei jeder Messung berücksichtigt

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werden (MÖNCH-TEGEDER, 2011b). Wird hingegen eine ATP-Standardkurve zur Kalibrierung der Messungen genutzt, so wird die Inhibierung der Luciferase durch die TCA nicht ausreichend berücksichtigt (LUNDIN, 1982). Veränderte Reaktionsbedingungen können nur durch die Anwendung eines internen ATP- Standards bei jeder Messung individuell erfasst werden (LUNDIN, 2000).

Die Wiederholbarkeit der Messungen wurde durch die Ermittlung des Variationskoeffizienten bei zehnmaliger Wiederholung der Messung ermittelt.

MÖNCH-TEGEDER (2011b) geht ab einem Variationskoeffizient von unter 10% von einer akzeptablen Wiederholungsgenauigkeit aus. Andere Untersuchungen zeigten einen Variationskoeffizienten von 4,3% (SÖDERQUIST und LARSSON, 1985). Das hier etablierte Messkit zeigte einen Varationskoeffizienten von unterhalb 4,0% (MÖNCH- TEGEDER, 2011b). Es kann also von einer hohen Wiederholungsgenauigkeit ausgegangen werden, welche durch die interne Kalibrierung der ATP-Messung erreicht wird. Die Verwendung von ATP-Standardkurven zeigte schlechtere Übereinstimmungen bei den Wiederholungsmessungen, da veränderte Reaktionsbedingungen bei diesem Verfahren nicht berücksichtigt werden können (LUNDIN, 2000).

Eine grundsätzliche Forderung an eine in der Praxis anwendbare Messmethode ist, dass nach einer Eichung oder Kalibrierung über einen möglichst langen Zeitraum mit diesen Einstellungen gearbeitet werden kann. Für die Messung des ATP-Gehaltes in der praktischen Anwendung ist es demnach wichtig, dass mit den Ergebnissen einer ATP-Standardkurve über einen möglichst langen Zeitraum gearbeitet werden kann.

Grundvoraussetzung dafür ist eine hohe Stabilität der Luciferase (MÖNCH-TEGEDER, 2011b). Durch die Instabilität der Luciferase ist die Bestimmung einer Standardkurve vor jeder Messung notwendig, was im Gegensatz zu der Messung mit einem internen Standard, deutlich mehr Material verbrauchen und einen erheblich höheren Zeitaufwand benötigen würde. Das erschwert die Routinebestimmung des ATP- Gehaltes. Die Arbeit mit einem Testkit, welches einen internen Standard verwendet, zeigte in den Untersuchungen von MÖNCH-TEGEDER (2011b) insgesamt die besten

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Ergebnisse. Die negativen Einflüsse durch die Instabilität der Luciferase werden durch den Einsatz des internen Standards auf ein Minimum reduziert.

Weitere Untersuchungen zum ATP-Gehalt von bovinen Spermien wurden in einem Lagertest über fünf Stunden von MÖNCH-TEGEDER (2011b) durchgeführt. Es konnte gezeigt werden, dass nach einstündiger Inkubation eine Reduktion der ATP-Gehalte um nahezu 40% gegenüber den initial bestimmten ATP-Konzentrationen sowie ein leichter Anstieg des prozentualen Anteils vorwärtsbeweglicher Spermien beobachtet wurde. Ähnliche Ergebnisse lieferten schon frühere Untersuchungen (SCHOFF und LARDY, 1987, JEULIN und SOUFIR, 1992, MINELLI et al., 1999). Durch die Inkubation der Spermien bei 37°C kommt es zu einer erhöhten Aktivität der Spermien, demzufolge zu einem starken ATP-Verbrauch (MÖNCH-TEGEDER, 2011b). Einen höheren ATP-Gehalt und eine verminderte Motilität der Spermien konnte bei der Inkubation der Spermien bei Raumtemperatur anstelle von 37°C nachgewiesen werden (HAMMERSTEDT und HAY, 1980, SÖDERQUIST, 1991). Es scheint, dass die Spermien in Phasen geringerer Motilität bzw. vor der Ejakulation ATP in der Zelle akkumulieren können (MÖNCH-TEGEDER, 2011b). Kommt es z.B. durch eine Temperaturanpassung auf 37°C oder durch die Ejakulation zu einem starken Anstieg der Motilität, wird das zuvor akkumulierte ATP schnell abgebaut. Es kann sein, dass aufgrund der hohen anfänglichen ATP-Gehalte der Energiestoffwechsel der Spermien erst ab einem deutlich niedrigeren ATP-Level sein Maximum erreicht und sich der Energiehaushalt ab diesem Punkt einem Gleichgewichtszustand nähert und die starke Abnahme der ATP-Konzentrationen begrenzt wird (MÖNCH-TEGEDER, 2011b). Nach der deutlichen Reduktion der ATP-Konzentration in der ersten Stunde bleiben die gemessenen ATP-Konzentrationen im Sperma über den restlichen Zeitraum von insgesamt fünf Stunden Lagerzeit nahezu konstant. Dieser Zustand wird von MINELLI et al. (1999) als dynamisches Gleichgewicht zwischen ATP- Synthese und –Verbrauch bezeichnet. MÖNCH-TEGEDER (2011b) konnte einen Zusammenhang zwischen ATP-Gehalt und weiteren Motilitätsparametern nachweisen. So konnte gezeigt werden, dass die hohen initialen ATP- Konzentrationen nur eine begrenzte Aussagekraft bezüglich der Gesamtmotilität

haben. Mit zunehmender Inkubationszeit stieg der Korrelationskoeffizient von

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r = 0,56 zur Nullstundenmessung auf r = 0,79 zur Messung nach fünf Stunden zwischen ATP-Gehalt und dem prozentualen Anteil motiler Spermien. Dieses Ergebnis unterstreicht die These, dass sich erst nach einer gewissen Lagerungsdauer ein Produktionsmaximum für ATP in den Spermien einstellt, während Messungen frühzeitig nach der Ejakulation durch akkumuliertes ATP in den Spermien einen erhöhten ATP-Gehalt im Vergleich zur Produktionsleistung wiederspiegeln. Die absolute Höhe des ATP-Gehaltes hat somit keinen Einfluss auf die Motilität und die Vorwärtsbeweglichkeit der Spermien (MÖNCH-TEGEDER, 2011b).

Die luminometrische Bestimmung des ATP-Gehaltes der Spermien stellt aber ein hochsensitives Verfahren zur Überprüfung des Energiestoffwechsels der Spermien dar. Sie kann weniger eine Aussage zur Vorwärtsbeweglichkeit der Spermien treffen, jedoch gibt die Messung des ATP-Gehaltes Auskunft darüber, ob die Energiesynthese in den Spermien intakt ist und ATP produziert wird. MÖNCH- TEGEDER (2011b) verweist zudem auf einen Einfluss der verwendeten Bullen. Die ermittelte Höhe des ATP-Gehaltes war stark abhängig vom eingesetzten Bullen.

Zudem vermutet er eine Wirkung von anderen Spermaverdünnern mit besseren Konservierungs-eigenschaften auf den Energiestoffwechsel. Der Einsatz solcher Verdünner könnte sich positiv auf die Produktion von ATP in den Spermien auswirken.

2.6 Grundprinzip der durchflusszytometrischen

Spermiensortierung und dessen Effekte auf den ATP-Gehalt und die Fertilität der Spermien

2.6.1 Die flowzytometrische Geschlechtsdifferenzierung von Spermien

Der unterschiedliche DNA-Gehalt von X- und Y-Chromosomen macht eine geschlechtsspezifische Differenzierung von Säugetiersperma mit Hilfe der Flowzytometrie möglich (JOHNSON et al., 1987, JOHNSON et al., 1999). Der relative Unterschied ist tierart- und teilweise rassespezifisch und liegt bei unseren Nutztieren

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zwischen 3,5% und 4,2% (GARNER et al., 1983, GARNER,2006). Eberspermien haben einen Unterschied von 3,5 – 3,7% in ihrem DNA-Gehalt, Rinderspermien zeigen eine Differenz von 3,8 – 3,9%. Spermien mit einem Y-Chromosom von Schafen haben hingegen einen um bis zu 4,2% geringeren relativen Gehalt an DNA als X- Chromosom tragende Schafspermien (GARNER undSEIDEL JR,2003).

Die Aufschlüsselung in eine X- und Y-Chromosom tragende Population ist ein aufwendiges Verfahren, bei dem die Spermien mechanischen und elektrostatischen Belastungen ausgesetzt werden (JOHNSON et al., 1999, MAXWELL et al., 2004, RATH und JOHNSON, 2008). Mittels des Fluoreszenzfarbstoff Hoechst 33342 werden die Spermien zunächst für den Sortiervorgang angefärbt. Dazu werden sie ca. eine Stunde bei 34°C bis 38°C mit dem Farbstoff inkubiert (KLINC und RATH, 2005). Im Anschluss werden die Spermien im Durchflusszytometer hydrodynamisch ausgerichtet und passieren in einem diskontinuierlichen Tröpfchenfluss den Strahl eines UV-Lasers. Bei der Ausrichtung werden die Spermien einem Druck von ca.

3bar ausgesetzt (SUH et al., 2005). Zusätzlich treten bei der Passage der Keramikdüse erhebliche Scherkräfte auf. Eine elektrische Spannung von 180 Volt wird nach der Identifizierung der Spermien zur Sortierung benötigt. Je nachdem, ob ein X- oder Y-Chromosom tragendes Spermium den Laser passiert, wird dem Flüssigkeitsstrom eine positive oder negative elektrische Ladung aufgelegt.

Unmittelbar im Anschluss reißt der Tropfen ab und befindet sich für die Ablenkung im elektrostatischen Feld (3000 Volt) im freien Fall. Der übrige Teil des Flüssigkeitsstroms wird elektrisch neutralisiert und für den nächsten Spermientropfen aufgeladen. Die Ladungen übertragen sich entlang des Flüssigkeitsstroms, wodurch die Spermien mehrmals wechselnde, unterschiedliche Aufladungen erfahren (SEIDEL

et al., 1996, JOHNSON et al., 1999, RATH et al., 2003a, MÖNCH-TEGEDER, 2011a).

Die Spermien befinden sich nach der Ablenkung im freien Fall und besitzen eine Geschwindigkeit von ca. 50km/h. Sie werden mit einer großen Menge Trägerflüssigkeit in einem Gefäß aufgefangen (JOHNSON und WELCH, 1999). Zur Minderung des Aufpralls sowie zum Schutz der Spermien gegenüber katabolischen Prozessen enthält das Auffangmedium Seminalplasma und Antioxidantien (MAXWELL

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et al., 1998, CENTURION et al., 2003). Das so entstehende hohe Volumen der Trägerflüssigkeit mit dem Auffangmedium und den hoch verdünnten Spermien muss durch Zentrifugieren reduziert werden. Im Anschluss erfolgt eine Resuspendierung der Spermien in einer definierten Menge Kühl- oder Frischspermaverdünner (MAXWELL und JOHNSON, 1999).

2.6.2 Einflüsse des Sortiervorgangs auf die Motilität und den ATP-Gehalt von Spermien

Die Fertilität sortierter Spermien ist im Vergleich zu unsortierten Spermien vermindert (SEIDEL et al., 1999, BUCHANAN et al., 2000, DE GRAAF et al., 2009). Als mögliche Ursache werden die hohe Verdünnung der Spermien und der Verlust des Seminalplasmas während des Sortiervorganges genannt. Die Zugabe von Seminalplasma kann die Lebensfähigkeit von Spermien in hohen Verdünnungsstufen durch die zytoprotektiven Eigenschaften des Seminalplasmas verbessern (GARNER et al., 2001b). Nach dem Sortierprozess ist zusätzlich eine Verschlechterung des Membranstatus der Spermien nachzuweisen (DE GRAAF et al., 2009). Der prozentuale Anteil an toten Spermien und Spermien mit beschädigter DNA wurde durch den Sortierprozess signifikant erhöht. Sogar die Versuchsgruppe, die ohne Laserbehandlung und ohne Hoechst 33342-Färbung den Sortierprozess durchlief, zeigte signifikant mehr tote Spermien und Spermien mit DNA-Schädigung (GARNER

et al., 2001a). Es konnte nachgewiesen werden, dass durch das Sortieren der prozentuale Anteil an vorwärts beweglichen Spermien reduziert wird, wohin gegen der Anteil motiler Spermien gleichbleibend war (BALAO DA SILVA et al., 2013). Im schrittweisen Vergleich der unterschiedlichen Behandlungsstufen während des Sortiervorganges zeigte sich, dass der mechanische Stress während des Spermientransit durch den Sorter den größten negativen Einfluss am prozentualen Anteil der beschädigten Bullenspermien hatte (SEIDEL und GARNER, 2002). Als entschiedenster Punkt werden hier die Scherkräfte während der hydrodynamischen Ausrichtung und der Nadelpassage vermutet.

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Weitere wichtige Einflussfaktoren sind die Behandlung mit Hoechst 33342 und die UV-Lichtexposition. Hinzu kommt noch die elektrische Aufladung abhängig vom DNA-Gehalt der Spermien und die Passage des elektrischen Feldes als Stressfaktoren (RATH et al., 2013). Es wurde eine beschleunigte Abnahme der Motilität von geschlechtsspezifisch differenziertem Sperma im Gegensatz zu konventionellem Sperma im Thermoresistenztest beobachtet (HOLLINSHEAD et al., 2003, RATH et al., 2003b). Weiterhin wurden veränderte Geschwindigkeitsparameter gegenüber unsortiertem Sperma sowohl bei Bullenspermien (KLINC, 2005), als auch in Eberspermien (PARRILLA et al., 2005) beobachtet. Hierzu gehören die Reduzierung des Anteils an vorwärtsbeweglichen Spermien, die Abnahme von schnell vorwärtsbeweglichen Spermien, sogenannten „Rapid cells“, und der reduzierte Energiestatus, nachgewiesen durch Abnahme des intrazellulären ATP-Gehaltes (BALAO DA SILVA et al., 2013). Die Autoren vermuten, dass der Sortierprozess zu kinematischen und plasmalemmalen Änderungen in den Spermien führt und diese führen dann zu einem verminderten Energiestatus der Spermien mit einem signifikant geringeren ATP-Gehalt. Hinzu kommt noch eine deutliche Reduktion des Gehaltes an AOs durch die hohe Verdünnung des Seminalplasmas während des Sortierprozesses (MAXWELL und JOHNSON, 1999).

2.6.3 Einflüsse des Hoechst 33342-Fluoreszenzfarbstoffes und des Lasers

Der Fluoreszenzfarbstoff Hoechst 33342, der an die Spermien-DNA an Adenin- Thymin reiche Stellen der Chromosomen bindet, wird genutzt, um unter UV- Anregung eine Unterscheidung von X- und Y-Chromosom tragenden Spermien zu ermöglichen (JOHNSON und PINKEL, 1986). Eine Stressbelastung der Spermien durch diesen Farbstoff ist unter energiereicher Exposition möglich (JOHNSON et al., 1989, JOHNSON et al., 1999, RATH et al., 2013). Zwar wurde an somatischen Zellen beobachtet, dass Hoechst 33342 eine Zellbelastung hervorruft (ERBA et al., 1988).

Allerdings waren die Expositionszeiten und die Farbstoffkonzentration höher als für die flowzytometrische Identifizierung der Geschlechtschromosomen erforderlich. In

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der vorliegenden Arbeit wurde eine Konzentration von 8,9nM/ml in der Hoechst 33342 - Stocklösung eingesetzt. Von dieser Ausgangslösung wurden wiederum nur 25µl/ml Spermienlösung eingesetzt. VAZQUEZ et al. (2002) konnten in Untersuchungen mit Eberspermien einen negativen Einfluss des Hoechst Farbstoffes ab einer eingesetzten Menge von 60µM zu 30x106 Spermien/ml feststellen. Erst ab dieser Farbstoffmenge konnte ein signifikanter Abfall der Gesamtmotilität und weiterer Motilitätsparameter wie des lateralen Kopfausschlages der Spermien und der Frequenz der Kopfbewegung festgestellt werden, bis hin zur Immobilität der Spermien bei einer eingesetzten Konzentration von 90µM Hoechst 33342 zu 30x106 Spermien/ml. Der Motilitätsabfall kann nach Aussage der Autoren mit der veränderten Aufnahme von Sauerstoff und der beeinflussten metabolischen Aktivität zusammenhängen.

Am wahrscheinlichsten ist eine Kombination aus der Färbung mit Hoechst 33342 und der UV-Licht Exposition, die theoretisch zu einer Schädigung der Spermien führen könnte (RATH et al., 2009). Bei Versuchen, in denen Spermien mit und ohne Hoechst 33342 Behandlung den Sortierprozess durchlaufen haben, wurden keine Unterschiede in Bezug auf die Motilität und DNA-Integrität ermittelt (SEIDEL und GARNER, 2002). CATT et al. (1997) konnten in der Untersuchung von humanen Spermien und dem Einfluss von UV-Strahlung und/oder Hoechst 33342 Färbung keine Erhöhung der endogenen DNA-Strang Brüche nachweisen.

Die Intensität des Lasers spielt hier eine entscheidende Rolle. Höhere Laserintensitäten führten zu stärkeren Schädigungen an Kaninchensperma (JOHNSON, 1996) und Bullensperma (SCHENK und SEIDEL, 2007), wie Doppel- und einfache Strangbrüche der DNA. Die Auswirkungen der Laserintensität auf die Motilität der Spermien stellen sich wie folgt dar. Bei einer Energie von 0,25mJ wurden 12% der Spermien dauerhaft und 66% der Spermien zeitweise (0,5 – 2,5 Minuten) immobilisiert. Wenn die Intensität auf 2mJ erhöht wurde, kam es zu einer dauerhaften Immobilisierung aller Spermien (MONTAG et al., 2000).

Referenzen

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