Als forschungsintensive Hochschule hat sich die Universität Bielefeld zum Ziel gesetzt, Studie- renden „Forschendes Lernen“ zu ermöglichen.
Wie kann dieses anspruchsvolle Ziel durch for- schungsnahe Lehre umgesetzt werden? Mit dem Konzept der forschungsnahen Lehre zie- len wir darauf ab, in allen Phasen des Studiums Lernaktivitäten der Studierenden an der Ar- beitsweise von forschenden Expert_innen im Fach zu modellieren. Studierende sollen früh- zeitig Gelegenheiten erhalten, zu lernen, auf fachlich angemessene Weise mit Wissen um- zugehen. Es wurde ein Fortbildungsprogramm entwickelt, in dem Lehrende fach- und studien- gangsspezifische Varianten forschungsnaher Lehrkonzepte entwickeln.
Vorgehensweise und Durchführung
Die Teilnehmer_innen entwickeln im Laufe der Fortbildung das Gesamtkonzept für eine for- schungsnahe Lehrveranstaltung und haben abschließend Gelegenheit, einzelne Lehr-Lern- sequenzen mit den anderen Teilnehmenden zu erproben und Feedback zu erhalten. Das Fort- bildungsprogramm besteht aus einer Reihe von aufeinander abgestimmten Workshops zu fol- genden Themen:
Varianten und Möglichkeiten der Verknüpfung von Forschung und Lehre Grundlagen der integrierten Lehrver- anstaltungsplanung
Forschungsnahe Lernziele formulieren Studienaktivitäten identifizieren und planen
Feedbackmethoden, Prüfungsformen und Leistungsnachweise
Gesamtstruktur einer Lehrveranstaltung und schriftliches Lehrveranstaltungs- programm
Rückmeldung auf das Gesamtkonzept der Lehrveranstaltung
Bedarfsorientierte Zusatzthemen (z.B. Motivation, eLearning, Einsatz von Lernportfolios)
Praxisphase: Erprobung der Lehrkonzepte
Um eine Vorstellung von dem Begriff der for- schungsnahen Lehre zu bekommen, reflektie- ren die Teilnehmer_innen im Einstiegswork- shop über ihre Erfahrungen mit „Forschendem Lernen“ als Studierende und als Lehrende sowie im Austausch mit Kollegen und Kolleginnen.
Sie leiten daraus relevante fachspezifische und -übergreifende Forschungskompetenzen ab, die sie den Studierenden vermitteln möchten.
Anhand des von Healey (2005) entwickelten
„research-teaching nexus“ werden Erfahrungen und Ideen für forschungsnahe Lehr-Lernsettings vorgestellt und entwickelt. Für die konkrete Lehrveranstaltungsplanung ist es essentiell, Lernziele, Studienaktivitäten sowie Feedback- und Prüfungsstrategien gut aufeinander abzu- stimmen. Für die gesamte Lehrveranstaltung soll sowohl hinsichtlich der Aktivitäten im als auch außerhalb des „Klassenzimmers“ ein trag- fähiges und realisierbares Gesamtkonzept ent- wickelt werden, das in Form eines schriftlichen Lehrveranstaltungsprogramms („Syllabus“) an die Studierenden kommuniziert wird.
Rahmenbedingungen
Es handelt sich um eine semesterbegleitende Fortbildung, die einmal im Jahr angeboten wird. Die Treffen finden regelmäßig alle zwei Wochen statt. Der erste Termin sowie das sechste Treffen zur Planung der Gesamtstruktur einer Lehrveranstaltung sind ganztägig ange- legt, alle weiteren Workshoptage haben einen Umfang von drei Stunden. Die Praxisphase, in der die Teilnehmer_innen Lehr-Lern-Sequenzen erproben und sich gegenseitig Rückmeldung geben, findet abschließend je nach Anzahl der Teilnehmenden an zwei bis drei ganzen Tagen
statt. Nachdem die Teilnehmenden ihre in der Fortbildung erarbeitete forschungsnahe Lehr- veranstaltung im darauffolgenden Semester durchgeführt und evaluiert haben, findet ein Abschlusstreffen statt. Die Lehrenden lassen gemeinsam mit den Workshopleiter_innen die gesamte Fortbildungszeit Revue passieren und tauschen sich über ihre Erfahrungen mit den entsprechenden Veranstaltungen aus.
Besonderheiten
Die während der Fortbildung entwickelten Lehrkonzepte werden auf der Website des Ar- beitsbereichs Lehren & Lernen der Universität Bielefeld veröffentlicht. Die erfolgreiche Teil- nahme am Fortbildungsprogramm kann als Teilleistung im Rahmen des Bielefelder Zertifi- kats für Hochschullehre angerechnet werden.
Es wird angestrebt, auch die Fortbildung selbst zertifizieren zu lassen. Da der zeitliche Auf- wand des gesamten Fortbildungsprogramms für die Lehrenden relativ hoch, das Interesse an forschungsnaher Lehre jedoch sehr groß ist, wird seit dem Sommersemester 2012 zusätzlich einmal pro Semester ein Kurzworkshop ange- boten, der (neue) Impulse für die Verknüpfung von Forschung und Lehre gibt; auch hier bieten wir ein weiteres Treffen zum Erfahrungsaus- tausch an. Dieses Format ist insbesondere für erfahrenere Lehrende interessant.
Ergebnisse und Wirkungen
Die Rückmeldungen zeigen, dass die relativ kleinschrittige Arbeit an der Konzeption einer Lehrveranstaltung mit regelmäßigen Treffen in einer festen Gruppe über einen längeren Zeitraum als besonders wertvoll erachtet wird.
Auch die Möglichkeit, bestimmte Lehr-Lernse- quenzen zu erproben und kollegiale Rückmel- dung zu erhalten, wird als hilfreich eingeschätzt.
Die Lehrenden arbeiten von Anfang an an einer
Forschen(d) lehren und lernen.
Ein Fortbildungsprogramm für Lehrende
Universität Bielefeld
eigenen Lehrveranstaltung(sidee) und machen nicht nur „Trockenübungen“. Sie sind wechsel- seitig und fachübergreifend häufig ihre besten Berater_innen. Insbesondere dieser Aspekt des kontinuierlichen kollegialen Austauschs wird durch die regelmäßigen Treffen über ein Se- mester unterstützt und schafft so die Möglich- keit für einen offenen Umgang mit dem Thema Lehre an einer Forschungsuniversität.
PROJEKTPRÄSEnTATIOn 7
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PROJEKTPRÄSEnTATIOn 7
47Dr. PETrA WEISS
Arbeitsbereich Lehren & Lernen
MAIL: petra.weiss@
uni-bielefeld.de
Dr. kErrIN rIEWErTS
Arbeitsbereich Lehren & Lernen
MAIL: kerrin.riewerts@
uni-bielefeld.de
Universität Bielefeld Professionalisierung Personal- entwicklung für Hochschullehre Forschende und Lehrende (PEP)
WEB: uni-bielefeld.de/
Lehren-Lernen
LITERATUR
Healey, M. (2005). Linking research and teaching:
disciplinary spaces. In R. Barnett (ed.). Reshaping the university: new relationships between research, scholarship and teaching (pp. 30 – 42). Maidenhead:
McGraw-Hill.
Fink, L. D. (2003). Creating significant learning experiences. An integrated approach to designing college courses. San Francisco: Jossey-Bass.